der Doctor Volkmann besuchte mich
mit seiner jungen Frawe.
Kühn macht jetzt zwei Löwen
4 Ellen groß so am Eingang des
großen Gartens kommen sollen. Auch
sind zwei andere Löwen von glei-
cher Größe bei Kühn bestellt so an
der Treppen zu liegen kommen die
jetzt von den Platz bei der Brücke
nach dem Brülschen Garten hinauf
geführt wird.
Leben Sie wohl und kommen Sie
bald zu uns.
Viele Grüße an Kügelgens--
Frdch
Dieser Brief, seit einiger Zeit im
Besitz des Dresdener Kupferstich-
kabinetts, ist unter den bisher be-
kannten Briefen Friedrichs einer der
wichtigsten.
Friedrich, der „Unpaarste aller Un-
paaren", schon von früh an der Ein-
samkeit ergeben, war wortkarg in seiner Kunst
ebenso wie im Reden und Schreiben. Abgesehen
von den zahlreichen Briefen familiären Charakters
an seine Greifswalder Verwandten hat er nur we-
nige Briefe geschrieben, und die wenigen sind meist
sehr kurz.
Dieser Brief vom 2. Mai 1814 gibt uns Kunde
von einem vorläufig noch verschollenen Gemälde
Friedrichs, und wir erhalten zugleich — und das
ist um vieles bedeutsamer — einen Einblick in die
Entstehungsgeschichte dieses Bildes und damit in
die Schaffensart Friedrichs. Zwischen der ersten
Idee dieses Bildes und seiner endgültigen Erschei-
nung hat sich eine Umgestaltung von Grund auf
vollzogen. An die Stelle des anfangs durch ethische,
patriotische Ideen bedingten Bildinhalts ist im Ver-
laufe des Schaffens ein reines Landschaftsbild ge-
treten, an die Stelle der Allegorie eine Darstellung
des Angeschauten, Sichtbaren, die durch die reine
Anschauung zur Seele des Beschauers spricht.
Das verschollene Gemälde, das in der düsteren
Stimm ung wohl dem Wiener Sepiablatt mit dem „Aas-
geier auf dem Gräberfeld" nahe verwandt war, ge-
hört zu der Gruppe der „Vaterlandsbilder" Friedrichs;
sie sind wohl fast die einzigen Gebilde dieses Künst-
lers, die ihr Entstehen einem äußeren, zeitgeschicht-
lichen Anlasse verdanken. In Kleistischer Leiden-
C. D. FRIEDRICH, GRÄBERFELD MIT EINEM GEIER. SEPIAZEICHNUNG
ALBERTINA, WIEN
schaff, im Haß gegen den Unterdrücker und die
Verräter, und in der Begeisterung für die Freiheit
und die Freiheitskämpfer sind diese Bilder gezeugt.
Die beiden „Arminiusbilder" (in Hamburg und
Bremen) und der „Tannenwald mit dem franzö-
sischen Dragoner und dem Raben" (früher Schloß
Puttbus, jetzt rheinischer Privatbesitz) sind die be-
kanntesten Werke dieses Zyklus. Außer dem von
Friedrich so eingehend beschriebenen „Verräterbild"
möchten wir an dieser Stelle ein andres, noch kaum
bekanntes Bild im Schloßmuseum zu Weimar an-
reihen, das demselben Vorstellungskreise angehört.
Dargestellt ist der Chor einer verfallenen gotischen
Kirche; das Frührot scheint durch die leeren Fenster
herein und beleuchtet einen Jüngling in altdeut-
scher Tracht, der in Andacht vor einem alten Grab-
mal, wohl der Ruhestätte eines Helden, steht.
Auch dieses Bild, zu dem die Hamburger Kunst-
halle eine ausführliche Naturstudie vom Juni 1810
besitzt, ist wohl, wie die übrigen Werke dieser
Gruppe, um 1813/14 entstanden.—Friedrich hat auch
noch in späteren Jahren gelegentlich einmal auf
diese Gegenstände zurückgegriffen. Im Juli 1819
sah Karl Förster bei ihm „ein neues Bild, zum An-
denken eines bei Waterloo gebliebenen, jungen
Freiwilligen. Im Vordergrunde ein Hügel, wie ein
zerstörtes Hünengrab, dann mehr links einen höl-
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mit seiner jungen Frawe.
Kühn macht jetzt zwei Löwen
4 Ellen groß so am Eingang des
großen Gartens kommen sollen. Auch
sind zwei andere Löwen von glei-
cher Größe bei Kühn bestellt so an
der Treppen zu liegen kommen die
jetzt von den Platz bei der Brücke
nach dem Brülschen Garten hinauf
geführt wird.
Leben Sie wohl und kommen Sie
bald zu uns.
Viele Grüße an Kügelgens--
Frdch
Dieser Brief, seit einiger Zeit im
Besitz des Dresdener Kupferstich-
kabinetts, ist unter den bisher be-
kannten Briefen Friedrichs einer der
wichtigsten.
Friedrich, der „Unpaarste aller Un-
paaren", schon von früh an der Ein-
samkeit ergeben, war wortkarg in seiner Kunst
ebenso wie im Reden und Schreiben. Abgesehen
von den zahlreichen Briefen familiären Charakters
an seine Greifswalder Verwandten hat er nur we-
nige Briefe geschrieben, und die wenigen sind meist
sehr kurz.
Dieser Brief vom 2. Mai 1814 gibt uns Kunde
von einem vorläufig noch verschollenen Gemälde
Friedrichs, und wir erhalten zugleich — und das
ist um vieles bedeutsamer — einen Einblick in die
Entstehungsgeschichte dieses Bildes und damit in
die Schaffensart Friedrichs. Zwischen der ersten
Idee dieses Bildes und seiner endgültigen Erschei-
nung hat sich eine Umgestaltung von Grund auf
vollzogen. An die Stelle des anfangs durch ethische,
patriotische Ideen bedingten Bildinhalts ist im Ver-
laufe des Schaffens ein reines Landschaftsbild ge-
treten, an die Stelle der Allegorie eine Darstellung
des Angeschauten, Sichtbaren, die durch die reine
Anschauung zur Seele des Beschauers spricht.
Das verschollene Gemälde, das in der düsteren
Stimm ung wohl dem Wiener Sepiablatt mit dem „Aas-
geier auf dem Gräberfeld" nahe verwandt war, ge-
hört zu der Gruppe der „Vaterlandsbilder" Friedrichs;
sie sind wohl fast die einzigen Gebilde dieses Künst-
lers, die ihr Entstehen einem äußeren, zeitgeschicht-
lichen Anlasse verdanken. In Kleistischer Leiden-
C. D. FRIEDRICH, GRÄBERFELD MIT EINEM GEIER. SEPIAZEICHNUNG
ALBERTINA, WIEN
schaff, im Haß gegen den Unterdrücker und die
Verräter, und in der Begeisterung für die Freiheit
und die Freiheitskämpfer sind diese Bilder gezeugt.
Die beiden „Arminiusbilder" (in Hamburg und
Bremen) und der „Tannenwald mit dem franzö-
sischen Dragoner und dem Raben" (früher Schloß
Puttbus, jetzt rheinischer Privatbesitz) sind die be-
kanntesten Werke dieses Zyklus. Außer dem von
Friedrich so eingehend beschriebenen „Verräterbild"
möchten wir an dieser Stelle ein andres, noch kaum
bekanntes Bild im Schloßmuseum zu Weimar an-
reihen, das demselben Vorstellungskreise angehört.
Dargestellt ist der Chor einer verfallenen gotischen
Kirche; das Frührot scheint durch die leeren Fenster
herein und beleuchtet einen Jüngling in altdeut-
scher Tracht, der in Andacht vor einem alten Grab-
mal, wohl der Ruhestätte eines Helden, steht.
Auch dieses Bild, zu dem die Hamburger Kunst-
halle eine ausführliche Naturstudie vom Juni 1810
besitzt, ist wohl, wie die übrigen Werke dieser
Gruppe, um 1813/14 entstanden.—Friedrich hat auch
noch in späteren Jahren gelegentlich einmal auf
diese Gegenstände zurückgegriffen. Im Juli 1819
sah Karl Förster bei ihm „ein neues Bild, zum An-
denken eines bei Waterloo gebliebenen, jungen
Freiwilligen. Im Vordergrunde ein Hügel, wie ein
zerstörtes Hünengrab, dann mehr links einen höl-
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