Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 26.1928

DOI issue:
Heft 10
DOI article:
Luzzatto, Guido Lodovico: Die Italienische Kunst der Gegenwart: gelegentlich der XVI. internationalen Kunstausstellung in Venedig
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7393#0422

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
ARTURO DAZZI (ROM), PFERDCHEN

ERCOLE DREI (ROM), ALLEGORISCHE FIGUR

DIE ITALIENISCHE KUNST DER GEGENWART

GELEGENTLICH DER XVI. INTERNATIONALEN KUNSTAUSSTELLUNG

IN VENEDIG

GUIDO LODOVICO LUZZATTO

Die Kunstausstellung in Venedig verdient schon darum
Beachtung, weil sie alle zwei Jahre die bedeutendsten
Werke der italienischen Künstler vereinigt, weil keine der
übrigen italienischen Ausstellungen mit ihr wetteifern kann,
und weil das lebhafteste Bedürfnis nach dieser Zusammen-
fassung herrscht.

In der italienischen Kunstproduktion scheint augenblick-
lich eine gewisse Einheitlichkeit zu herrschen, insofern bei
allen Künstlern die Vorliebe für starkbetonte Körperlichkeit
und Komposition hervortritt. Doch ist in dieser scheinbaren
Ubereinstimmung die vielfältigste Verschiedenheit.

Feiice Casorati ist der Interessanteste unter den bekann-
ten italienischen Malern, der einzige, der überraschend zu
wirken weiß.

Casorati steht allein. Es hat den Anschein, als wären
seine Werke die Frucht tiefer Versenkung und mühseliger
Vorbereitung, während sie nicht selten in einem einzigen
Tag, in wunderbarer Selbstverständlichkeit angesichts der
Modelle, entstehen.

Die starre Stofflichkeit, die Unbeweglichkeit, die unwirk-
liche Atmosphäre ist seiner Phantasie unentbehrlich.

Anselmo Bucci hingegen strebt danach, das monumentale
Kunstwerk zu erschaffen, das die Errungenschaften des Im-
pressionismus mit Ausdrucksfülle und Bestimmtheit vereint.

Die Komposition seines Bildes „Uscita dall'Arca" (Aus-
zug aus der Arche), die bedeutend flüchtiger scheint als die
der Werke Casoratis, ist das Resultat von endlosen Studien,
von einem angestrengten Schöpfungsprozeß. Von einer Un-
zahl von Arbeiten nach der Natur im Jardin des Plantes
angefangen, bis zu den Entwürfen für die Komposition, ist
alles ein einziges langwieriges Studium, das dem Werden
des Gemäldes selbst vorangehen mußte.

Mit schöner Bewegtheit stürzen sich besonders die Rehe
und Hirsche links aus der Arche. Glücklich ist auch die Ver-
teilung der Hauptmotive, der Baum im Vordergrund und die
im Hintergrund zwischen Erde, Himmel und Wasser auf-
gestellte Arche.

Die ungeheueren Ausmaße des Gemäldes „Das Atelier"
von Feiice Carena stellen uns einem dritten Fall gegenüber.
Wenn Bucci noch bewußt nach der vollendeten Komposition
seines Gemäldes strebt, so bleibt Carena freiwillig bei einer
Art genialer Skizze stehen.

396

\
 
Annotationen