Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

DOI Artikel:
Heilbut, Emil: Kleine Ausstellungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0350

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
275

Meine Ausstellungen.

von Lerman Lelkerich.

n der letzten Zeit waren mehrere kleine Ausstellungen
in London nnd Paris, moderne Kunst betreffend.
Maler stellten aus, dann war es eine etwas uniforme
Sekte, Kunsthändler stellten aus, dann war es ein Salat
— von keiner einzigen dieser Ausstellungen könnte ich
aber berichten, daß ich einen irgend Liefern Genuß im
ganzen gehabt hätte, wenn ich nicht die beiden in Paris,
die Meissonier betrafen (die eine bei George Petit mit
vielen Bildern, die andere in der Kunstschule mit einigen
Studien) — und gewissermaßen die Ausstellung Burne
Jones in London ausnehme.

Wenn ich indessen all das Talent berücksichtige, das
sich mir in der Craftonstreet-Ausstellung in London, wo
man exzellente Beispiele neuer Kunst sah, wie in der des
d>e>v Lnglisb /Vrt Oud, wo die jungen Engländer unter
dem Zeichen der Schotten, und die Schotten unter dem
Zeichen des Splleus — eines talentvollen aber —- zu
stehen schienen, wenn ich an das Talent denke, das mir
in diesen Ausstellungen sowie in der der „Jndependants"
in Paris, welche das Exzellentsein wenigstens versuchten,
entgegentrat, so muß ich mir sagen, daß das geringe
Quantum des Vergnügens (es war allerdings auch sehr
heiß in der Zeit), das ich an ihnen gehabt, im Vergleich
zu dem Genüsse, den die Bilder der Jahrhunderte in den
schönen Räumen der National-Gallery und des Louvre
der Seele gewährten, davon herkam, daß unsere Maler
nicht so sehr weniger begabt sind, als zu sehr als Maler
unter sich leben, an ihren Tischen nur verkehren, nur
ihre Gespräche, ihre Ansichten hören und selbst wenn
sie allein in ihrem Atelier bleiben, doch leider sich nicht
so allein halten, daß sie nicht vorher die Ausstellungen
und technischen Erfolge der andern mit lebhaftem Interesse
ausgenommen hätten. Durch alles das gelangen aber
unsere Maler nicht allein dazu, nicht mehr vom Publikum
verstanden zu werden, sondern auch dazu, daß sie sich
stets von dem weiter entfernen, was die ältere Ästhetik,
mit doktrinären Konturen das Herz der Sache umschließend,
die „eigentliche Aufgabe der Kunst" genannt hat. Selbst
auf die Gefahr hin, daß man mich einen Philister (an
den Tischen, wo die Maler nur ihre Ansichten hören
nnd dennoch diesen Aufsatz zu lesen geruhen) nenne, möchte
ich den Ausspruch thun, daß wir in der neueren Zeit
wahrlich künstlerischer in unserer Ausdrucksweise geworden
sind, daß aber eine so fieberhafte Neigung, nur ja nicht
sich Philiströs auszudrücken, Platz gegriffen hat, daß die
Herren sich wirklich nur noch um die Ausdrucksweise
kümmern; und das heißt doch den feinen Gedanken über-
treiben: Iss intentions ne coinptent guere en peinture,
c'eM le inerite cte l'execution gut classe l'artiste.

Unsere Zeit übertreibt alles. Und so haben wir
denn wirklich auf der einen Seite jetzt „Jntentionisten"
und auf der andern Seite Leute, welche nur Virtuosen
sind. Ohne uns dem Reize zu verschließen, der sich
manchmal von den Arbeiten selbst der weitestgehenden
Künstler der ersteren Art ablöst, und andererseits ohne
den Reiz zu leugnen, der in der unglaublichen Virtuosität
und Fertigkeit liegen kann, halten wir doch daran fest,
daß die gesunden Kunstwerke uns keine Zeit geben, Rich-
tungen und Parteien zu haben.

Nachdruck verboten.

Ganz entschieden ist jetzt eine Hyperkultur in den
Kreisen der Maler, ihre technische Ausdruckswcise be-
treffend, eingetreten und es kommt diese dadurch her,

Lingrschlasenr marokkanische Schildwachr.
von Th. Lybaert.

Akotogr.-Verlag von Fr. Hanfstaengl in München.

daß zu viel ausgestellt, zu viel gelehrt, gelernt, gesprochen
wird, daß zu viel Leute Maler werden, die nicht ein
innerer Drang treibt, sich mitzuteilen, sondern die nur
ein gutes Auge, eine geschickte Hand und viel Geschmack

25*
 
Annotationen