von dem bud)ted)nifd)en Caktgefühl des Heraus-
gebers.
Durch die innige Verbindung von Cext und
Bild wird das Buch zu einem neuen Kunftwerk,
das gelefen und betrachtet fein will. Das Äuge
gleitet mühelos von derCype zum Buchfchmuck,
es empfindet diefen nicht als eineBeigabe, fondern
als einen Beftandteil des Ganzen, (Hie die Illu-
ftrationen in den Cext eingeftreut find, werden
fie zum akkordierenden Moment desfelben, laffen
jlch nicht herauslöfen, ohne daß das ganze Ge-
bäude einftürzt. Es find keine Bilderbücher und
keine Lefebücher im landläufigen Sinne, fondern
eben neuartige künftlerifche Gewächfe, hinter
denen kein zirkelnder und auspendelnder Faktor
mitRidßtmaß und Satjfpiegel fteht; es find Kunß-
gebilde frei fchaffender Künftler mit pcherem
graphifchen Gefühl, die aber das Maß diefer
Ungebundenheit richtig zu werten wiffen.
Die Bücher find in einer erftaunlid) billigen
allgemeinen und einer Luxusausgabe erfchienen.
(Iler den ganzen Eindruck von ihnen haben will,
muß allerdings zu den Luxusbänden greifen;
aber auch die allgemeinen in einem Großquart-
format gehaltenen, auf vorzüglichem Filterbütten
gedruckten Bücher können jeder Bibliothek zur
3ierde gereichen.
Corinths gefammelteSchriften, eines derviel-
feitigften und launigften Künßlerbücher, die es
wohl gibt, enthalten die im Laufe der 3eit ent-
ftandenen Äuffä^e des Meifters, die in 3eit-
fcßriften und 3eitungen erfchienen pnd. Die
verfdßedenßen Chemen werden hier behandelt.
Über Kunft im allgemeinen und über Kollegen
werden treffende Urteile gefällt; ungeniert fagt
er feine Meinung und übt fcharfe Kritik. Er er-
zählt von Reifeeindrücken und perfönlicßen Er-
iebniffen, die von der Jugend bis zu den Schreckens-
tagen der Revolution reichen, er befchreibt fein
Heimatsörtchen und das Berlin der Vor- und
Nachkriegszeit, erhebt feine Stimme zu kernigen
(Horten, mit denen er pd) an die Jungen in der
Kunft wendet und ihnen den CUeg zu gedeih-
licher Entwicklung der deutfcßen Kunft weift.
Mit farkaßifchen Änfpielungen geißelt er die
Äuswüchfe der modernen Hitzköpfe und verßeht
es, durch einen oft liebenswürdigen Humor die
Lefer gefangen zu nehmen. Eine Änzahl geiß-
voller und witjiger Lithographien, viele Repro-
duktionen nach bisher unveröffentlichten 3ei<h~
nungen dienen dem Buche zum Schmuck.
Robert Genin berichtet tagebuchmäßig von
feinem Leben. Er beginnt nach einer fchweren
Operation, da ihm das Leben wie durch ein
Ulunder wiedergefchenkt wird, und läßt von da
die Gedanken rückwärts fdjreiten. Viele 3ei(4)-'
nungen durchweben den Cext, der nicht in der
üblichen Form des Satffpiegels fchematißert, fon-
dern durchaus frei aufgelöß zur Umrahmung des
Bilderfchmuckes wird.
Ebenfo iß der dritte Band der Serie, Richard
See walds Ciere und Landfchaften, gefegt. Esift
ein gelungener Einfall, den Cext zum tektoni-
fchen Unterbau der hingeworfenen Skizzen zu ver-
werten. CUie diefe 3ieoenböcke an den feilen
emporklettern, ift ein luftiges Bild. Seewald ift
von glühender Liebe für die Cierwelt durch-
drungen; wo er auch hinkommt, betrachtet er
zunächft die Ciere und fchreibt z.B. viel Bemer-
kenswertes über die in dem Sonnenland Italien
fo fehr gefdjundenen Efel, die feißen 3iegen-
herden und die mageren Pferde. Seewald iß in
jeder Beziehung ein guter Beobachter, der Land-
fchaft, Menfchen, Kunftwerke und Ciere ßudiert
und intereffant über alles plaudert.
Schließlid) Kokofd)kas Gefeffelter Columbus,
eine gehaltvolle, fchwere Dichtung. Das Ganze
von E.R.tüeiß in einer befonders komponierten
lateinifchen Schrift gefchrieben, monumental im
Äufbau, im einzelnen aber doch etwas befd)wer-
lid) zu lefen. Befonders in der allgemeinen Äus-
gabe ift die photolithographifche Übertragung der
Platten manchmal etwas ßau ausgefallen. Äber
es ift wiederum ein neuer Verfuch der Buchge-
ßaltung, zu deffen Beurteilung man die Luxus-
ausgabe heranziehen muß, die allerdings von
dem kongenialen Schaffen der beiden hier zu-
fammenwirkenden Künftler einen bedeutenden
Eindruck vorwärtsftrebenden Suchens gibt.
Karl Schwarz.
Graphiker der Gegenwart. Bd. 6: Käthe
Kollwitz von Alfred Kuhn; Bd.9: Lesser
Ury von Lothar Brieger. Verlag Neue
Kunsthandlung. Berlin 1921.
Die Reihe der kleinen Bändchen, deren erfte
Folge wir bereits früher befprochen haben, wird
mit einer intereffanten Äuslefe aus dem tUerke
von Käthe Kollwitj fortgefegt. Älfred Kuhn hat
einen kurzen Lebensabriß, in dem befonders auf
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