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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 14.1922

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Heft 7
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Hofmann, Friedrich Hermann: Verschollene Nymphenburger Figuren
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https://doi.org/10.11588/diglit.33342#0287

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Verfdjollene Nympßenburger Figuren

Von FRIEDRICH H. HOFMANN

Mit acht Abbildungen

> dem reichen archivalifcßen Material, das id) für die „Gefd)id)te der bayerifcßen


Porzellanmanufaktur Nympßenburg“1 in Archiven und Beßördenregiftraturen auf-

■*’ fand, ergaben fiel) aud) genaue Liften der plaftifdjen Produktion, befonders für
die wichtige Frühzeit vom Jahre 1754 ab, da in der Münchener Vorftadt Neudeck ob
der Äu zum erften Male echtes Porzellan ßergeftellt wurde, bis zum Ende der erften
Blütezeit, die 1767 mit der „Reduktion“ in Nympßenburg abfcßließt.
Als arcßivalifcße Grundlagen für den Nachweis der plaftifcßen Produktion in der
Münchener Fabrik überhaupt kommen folgende Aufzeichnungen in Betracht:
1. Die amtlichen Jahresrecßnungen der Fabrik von 1747 bis 1767 (1766 fehlt).
2. Das erfte Porzellaninventar über den Vorrat an fertigen Porzellanftücken in Neu-
deck vom 8. Auguft 1755.
3. Das erfte Inventar über die Boffier- und Dreherformen von 1760.
4. Der gedruckte Preiskurant der Manufaktur von 1767.
5. Gelegentliche Erwähnungen von Modellen in anderen Aktenftücken, auch — aber
fpärlicher — in der gedruckten Literatur, befonders in den Biographien der beteiligten
Künftler.
Erfreulicherweife ift es gelungen, weitaus die Mehrzahl der in diefen Nachrichten er-
wähnten Figuren und Gruppen wieder aufzufinden und zu identifizieren.
Allerdings—eine befeßränkte Anzahl von plaftifcßen Stücken aus allen Fabrikations-
epochen, die in den Quellen aufgeführt werden, ift heute noch als verfcßollen zu be-
trachten. Von diefen Modellen gebe ich im folgenden eine kurze 3ufammenftellung
in der Hoffnung, daß es vielleicht auf diefe tüeife doch noch gelingen wird, das eine
oder andere Stück ausfindig zu machen, das bis jetjt den Nachforfchungen entgangen ift2.
Denn es ereignet fid) ja von 3eit zu Seit immer wieder der Fall, daß auch heute
noch, troh der in den lebten Jahren fo eifrig betriebenen Forfcßung auf dem Gebiete
der keramifchen Produktion, ein bislang unbekanntes Modell zum Vorfchein kommt.
Es fei nur verwiefen auf die überrafchende Entdeckung der Daimßaufen-Büfte, eines
fo prominenten Kunftwerkes, das fid) bis zum Jahre 1909 der Öffentlichkeit zu ent-
ziehen wußte3.
I. Modelle von Franz Änton Biiftelli, 1754—1763
Der erfte, als künftlerifcße Perfönlichkeit greifbare Modellmeifter der kurbayrifeßen
Manufaktur, die zu Neudeck ob der Au bei München im Jahr 1747 begründet worden
war, ift der aus Intragna bei Lugano ftammende Bildhauer Franz Anton Buftelli. Der
Künftler, einer der bedeutendften Porzellanplaftiker des 18. Jahrhunderts fcßlecßthin,
war vom 3. November 1754 bis zu feinem Code am 18. April 1763 ununterbrochen
in der bayrifchen Fabrik tätig und hat während diefer acht Jahre rund 140 figürliche
Modelle geliefert.
1 Das erfte und zweite Buch find foeben erfeßienen (Leipzig, F)ißrfemann); das dritte Buch wird
noeß im Laufe diefes Jahres ausgegeben werden.
2 Für gütige Mitteilungen in diefer Frage an das Refidenzmufeum in München wäre id) feßr
zu Dank verpflichtet. Hm zweckmäßigften wäre woßl eine genaue Durd)fid)t der Beftände in
öffentlichen und privaten Sammlungen an Fjand der hier aufgeftellten Lifte. Dabei ift zu be-
achten, daß keineswegs alle gefuchten Stücke die Nymphenburger Marke tragen müffen. Be-
fonders die frühen Modelle und unter diefen wieder die größeren, wie z. B. „Der Schlitten mit
Pferd“, werden fogar wahrfcheinlid) keine Marke tragen. Ebenfowenig die fpäteren Biskuit-
figuren vom Hnfang des 19. jabrhunderts.
3 Vgl. Friedr. 5. Fjof mann, Eine Nymphenburger Porträtbüfte; Münchener Jahrbuch der bilden-
den Kunft, Jahrg. 1909, S. 66 ff.

Der Cicerone, XIV. ]al)rg., ßeft7

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