ließen fid) in der Stunde 300 (alfo +150) einfache Fjolzfchnitte und 150 (+80) Drucke auf ißr
abzietjen. Huch Vielfarbendrudte konnten auf diefer Preffe hergeftellt werden.
Sehr fcßwierig und kompliziert geftaltete fiel) der Letternguß, der durch die ebenfalls von den
Gefangenen felbft kongruierte Letterngießmaf+ine (fieße Hbb. S. 126) erfolgte, fliegen des Scßrift-
materials mußte jede Seite einzeln gefegt und gedruckt werden. die die Lettern wurden aud)
dinkelhaken, Seftkaften und fjandwalze im Lager felbft hergeftellt.
Die Druckerei übte etwa acht Monate ihre Cätigkeit aus, von Juli 1919 bis Hpril 1920, wo das
Lager, das zuletzt unter amerikanifctjem und japanifdjem Sd)ut> geftanden i)atte, aufgelöft wurde.
Im ganzen find in diefer 3eit 95 Drucke erfdjienen, davon 90 „Akzidenzdrücke“ und 5 Bücher
oder vielmehr Brofcßüren. Von diefen fünf bibliophilen Drucken bepften die Deutfche Bücherei in
Leipzig und die Cypographifcße Bibliothek in Hmfterdam die drei erften. Der abgebildete Citel-
holzfchnitt zum dritten Druck ift dem auf der Deutfchen Bücherei beßndlichen Originalholzfchnitt
entnommen. Er zeigt, wie ftark das dollen diefer kleinen Druckergemeinfdjaft war, die in kurzer
3eit gleichfam aus dem Nichts eine Druckerei gefchaffen hat, deren Erzeugniffe als recht eigen-
artige Kulturdokumente aus fehr bewegter Jeit, alfo als bibliophil im ftrengen Sinne, anzufeßen
wir durchaus berechtigt find.
Noch ein paar (Horte über 3eit des Erfdbeinens und Inhalt der Drucke! Drude I, ausdrücklich
als Erftdruck oder nach dem feinen Inhalt bildenden Huffaft als „Überwindung der 3eit“ bezeichnet,
erfdjien in 45, davon 35 numerierten Exemplaren am 15. Juli 1919. Druck II unter dem Eitel
„Ende Äuguft“, mit dreifarbigem ümfchlagholzfchnitt, erfeßien Ende Huguft 1919 in 150, davon
zehn numerierten Exemplaren. Er enthält zwei Huffätje von Kriegsgefangenen, außerdem drei Sonette
von Shakefpeare und „Von der Qnterredung mit einem Phantom über die Fjerkunft des Hipha-
beis“ von Hnatole France; die beiden lebten in deutfeßer Überfettung. Druck III trägt den Eitel
„März 1920“, nach dem Datum feines Erfcßeinens (peße Äbb. S. 127). Von ihm wurden 150 Exem-
plare, davon 20 numerierte, abgezogen. Seinen Inhalt bilden die Huffätte „Der örentwurf des
Laokoon“ und „Polonia irredenta in der neuen Literatur“, außerdem zwei aus dem üngarifeßen
ins Deutfcße übertragene Skizzen, von denen ich vor allem die erfte, „Sleeping-car“ betitelte, her-
vorheben möchte, weil hier jene eingangs gefcßilderte Seelenftimmung des Kriegsgefangenen in
fehr feiner und künftlerifcßer Form zum Äusdruck gelangt. Diefe drei Brofcßüren wurden in deutfeßer
Sprache gedruckt; fämtliche Originalauffäfte und Überfettungen ftammen von Kriegsgefangenen des
Lagers Krasnaja-Rietfchka. Druck IV erfeßien unter dem Citel „Select Specimens of Literature“ in
monatlichen Lieferungen zu 20 Seiten von Oktober 1919 bis März 1920, eine englifcße Cßrefto-
mathie, die englifcßen Lehrkurfen im Lager zugrunde gelegt wurde. Intereffant ift die Einleitung,
in der der Verfaffer in englifcßer Sprache ein Bild des geiftigen Lebens im Lager entwirft. Die
Huflage umfaßte 80 Exemplare. Druck V endlich, ein Gedichtband in ungarifeßer Sprache
„Miert bümtetsz engem?“ (darum ftrafft du mich?) erfcßien in einer Hußage von 100 Exemplaren,
davon zehn numerierten, im Hpril 1920, alfo wahrfcheinlich kurz vor dem Hbtransport. Diefe
Gedichtfammlurig eines üngarifchen Kriegsgefangenen enthält auch die beiden Skizzen „Sleeping-
car“ und „Mein Mädel war hier“, deren deutfche Überfettung wir in Druck III kennen lernten.
Hus der Skizze „Sleeping-car“ fette ich hier die Scßlußfäjte her, die das feelifche Leiden des
Gefangenen fo ergreifend fcßildern: „dir werden von niemand mehr gefeßen und wir denken an
nichts mehr, dozu auch? fjier ift eine Umzäunung, und was war, ift völlig vorbei. Ift verloren
und verfeßwunden . . .“ Julius Rodenberg.
128
abzietjen. Huch Vielfarbendrudte konnten auf diefer Preffe hergeftellt werden.
Sehr fcßwierig und kompliziert geftaltete fiel) der Letternguß, der durch die ebenfalls von den
Gefangenen felbft kongruierte Letterngießmaf+ine (fieße Hbb. S. 126) erfolgte, fliegen des Scßrift-
materials mußte jede Seite einzeln gefegt und gedruckt werden. die die Lettern wurden aud)
dinkelhaken, Seftkaften und fjandwalze im Lager felbft hergeftellt.
Die Druckerei übte etwa acht Monate ihre Cätigkeit aus, von Juli 1919 bis Hpril 1920, wo das
Lager, das zuletzt unter amerikanifctjem und japanifdjem Sd)ut> geftanden i)atte, aufgelöft wurde.
Im ganzen find in diefer 3eit 95 Drucke erfdjienen, davon 90 „Akzidenzdrücke“ und 5 Bücher
oder vielmehr Brofcßüren. Von diefen fünf bibliophilen Drucken bepften die Deutfche Bücherei in
Leipzig und die Cypographifcße Bibliothek in Hmfterdam die drei erften. Der abgebildete Citel-
holzfchnitt zum dritten Druck ift dem auf der Deutfchen Bücherei beßndlichen Originalholzfchnitt
entnommen. Er zeigt, wie ftark das dollen diefer kleinen Druckergemeinfdjaft war, die in kurzer
3eit gleichfam aus dem Nichts eine Druckerei gefchaffen hat, deren Erzeugniffe als recht eigen-
artige Kulturdokumente aus fehr bewegter Jeit, alfo als bibliophil im ftrengen Sinne, anzufeßen
wir durchaus berechtigt find.
Noch ein paar (Horte über 3eit des Erfdbeinens und Inhalt der Drucke! Drude I, ausdrücklich
als Erftdruck oder nach dem feinen Inhalt bildenden Huffaft als „Überwindung der 3eit“ bezeichnet,
erfdjien in 45, davon 35 numerierten Exemplaren am 15. Juli 1919. Druck II unter dem Eitel
„Ende Äuguft“, mit dreifarbigem ümfchlagholzfchnitt, erfeßien Ende Huguft 1919 in 150, davon
zehn numerierten Exemplaren. Er enthält zwei Huffätje von Kriegsgefangenen, außerdem drei Sonette
von Shakefpeare und „Von der Qnterredung mit einem Phantom über die Fjerkunft des Hipha-
beis“ von Hnatole France; die beiden lebten in deutfeßer Überfettung. Druck III trägt den Eitel
„März 1920“, nach dem Datum feines Erfcßeinens (peße Äbb. S. 127). Von ihm wurden 150 Exem-
plare, davon 20 numerierte, abgezogen. Seinen Inhalt bilden die Huffätte „Der örentwurf des
Laokoon“ und „Polonia irredenta in der neuen Literatur“, außerdem zwei aus dem üngarifeßen
ins Deutfcße übertragene Skizzen, von denen ich vor allem die erfte, „Sleeping-car“ betitelte, her-
vorheben möchte, weil hier jene eingangs gefcßilderte Seelenftimmung des Kriegsgefangenen in
fehr feiner und künftlerifcßer Form zum Äusdruck gelangt. Diefe drei Brofcßüren wurden in deutfeßer
Sprache gedruckt; fämtliche Originalauffäfte und Überfettungen ftammen von Kriegsgefangenen des
Lagers Krasnaja-Rietfchka. Druck IV erfeßien unter dem Citel „Select Specimens of Literature“ in
monatlichen Lieferungen zu 20 Seiten von Oktober 1919 bis März 1920, eine englifcße Cßrefto-
mathie, die englifcßen Lehrkurfen im Lager zugrunde gelegt wurde. Intereffant ift die Einleitung,
in der der Verfaffer in englifcßer Sprache ein Bild des geiftigen Lebens im Lager entwirft. Die
Huflage umfaßte 80 Exemplare. Druck V endlich, ein Gedichtband in ungarifeßer Sprache
„Miert bümtetsz engem?“ (darum ftrafft du mich?) erfcßien in einer Hußage von 100 Exemplaren,
davon zehn numerierten, im Hpril 1920, alfo wahrfcheinlich kurz vor dem Hbtransport. Diefe
Gedichtfammlurig eines üngarifchen Kriegsgefangenen enthält auch die beiden Skizzen „Sleeping-
car“ und „Mein Mädel war hier“, deren deutfche Überfettung wir in Druck III kennen lernten.
Hus der Skizze „Sleeping-car“ fette ich hier die Scßlußfäjte her, die das feelifche Leiden des
Gefangenen fo ergreifend fcßildern: „dir werden von niemand mehr gefeßen und wir denken an
nichts mehr, dozu auch? fjier ift eine Umzäunung, und was war, ift völlig vorbei. Ift verloren
und verfeßwunden . . .“ Julius Rodenberg.
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