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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 14.1922

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Heft 3
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Der Büchersammler
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https://doi.org/10.11588/diglit.33342#0153

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Der Büd)erfammler

fid) bemühte. Dod) es ruhten zwei Seelen
in feiner Bruft, neben der gefchäftlichen eine
bibliophile, und er war in fteter Gefahr, daß die
letztere die Überhand gewann. Seine Cocbter
Mieze, die übrigens eifrigen Anteil an den Inter-
effen des Vaters nimmt, muß es ihm einmal
Vorhalten, daß ein Antiquar nicht zu fehr Biblio-
phile fein dürfe 1
DerVerfaffer läßt uns aus dem reichen Schale
feiner Kenntniffe heraus genauen Einblick nehmen
in die Materie, mit der ein Bücherantiquar arbeitet.
Schmunzelnd führt er die erlefenften bibliophilen
Leckerbiffen auf, die im Gefchäftszimmer des
FjerrnKern aufgeßapelt liegen, — der bibliophile
Lefer wird feine helle Freude an all den Citeln
haben.
Äber die Bücherliebhaberei Daniel Kerns hört
mit dem 30jährigen Kriege auf. 6CIas diesfeits
liegt, intereffiert ihn perfönlich nicht mehr, felbft
nicht die erfte Ausgabe der Räuber. Die gibt
er leichten Fjerzens für 2800 Mark ab; aber in
den Eichenfehränken feiner Privatbibliothek, die
vier 3iaimer feiner üLIohnung füllt, hält er
die fchönften Bücher aus dem 15. und 16. Jahr-
hundert ängftlid) zurück und denkt nicht daran,
welches Kapital fie ihm eintragen können. Er
hat z. B. den Cbeuerdank von 1517 zwar in
einen Katalog aufgenommen, telegraphiert aber
auf die telegraphiere Beftellung doch zurück:
„Cbeuerdank leider fchon verkauft“ und [teilt
beglückt das fchöne Exemplar in feinen eigenen
Bücherfchrank.
Durch diefe übergroße Bücherliebe des Melden
entfteht nun der Konflikt des Romans.
Nämlich er kauft die alte Bibliothek auf Schloß
Crumpftein, findet darin die unfehäßbarften Sinn-
lien, vor allem, zu feiner unfagbaren Freude,
einen Reiberdruck des Symbolum Apostolicum,
in einer Ausgabe, von der nur noch ein einziges
Exemplar in der Münchener Staatsbibliothek
exiftiert. Damit der überglückliche Finder einen
Defekt in diefem Schale komplettieren kann, hat
der Verfaffer alle möglichen fchwierigen, zum
Ceil humorvollen Verwicklungen erfonnen, bei
denen es fich immer um literargefd)id)tlid)e,
bibliographifche, bibliothekarifche und bibliophile
Dinge handelt.
Der „Seelenvogel“, nach dem [ich die ganze
Erzählung tituliert, ift ein fingiertes Goethegedicht,
das Mieze in einer übermütigen Laune in ein
köftliches Exemplar der Erftausgabe des weftöft-
lid)en Divan von 1819, das auch aus der Crump-
fteinfehen Schloßbibliothek ftammt, in täufchend
vollendeter Goethehandfchrift einfehreibt. Sie
will fid) damit einen Scherz mit ihrem heim-
lichen Verlobten, dem ßilfsbibliothekar an der
fürßlicben Bibliothek, Dr. Möbus, machen. Un-
glücklich er weife gelangt diefer Band in die Fjände
des Nebenbuhlers, des anderen Fjilfsbibliothekars
Dr. Schlud), und diefer arbeitet in feinem Glück
über den vermeintlichen Fund eines gänzlich

unbekannten Goetbefcben Gedichts, eben diefes
„Seelenvogels“, eine fulminante, literarifche Ab-
handlung aus. Diefes gibt 3obelti^ Gelegenheit,
aus feinen literargefd)ichtlichen Fachkenntniffen
heraus, die übertriebene Goetheforfchung ganz
allerliebft zu perpßieren.
Doch halt, nun habe ich genug von dem In-
halt verraten, jetjt bitte ich den Lefer diefes,
das Buch felbft zur Fjand zu nehmen und fein
bibliophiles Fjerz, ich nehme an, er hat ein
folches, — daran zu erfreuen.
Die Gefellfchaft der Bibliophilen hat dem Büch-
lein, fo wie peh’s gehört, eine bibliophile Aus-
ftattung gegeben, die pcb wunderhübfeh dem
anmutigen Inhalte anfchließt. Die Meißerdruckerei
Poefchel und Crepte hat es gedruckt, Adelheid
Sd)imz hat es fein und zierlich illuptriert, Gott
fei Dank nicht übermodern. Den Einband hat
in neuartigem Material: I^olzdeckeln mit Fjand-
bemalung und Pergamentrücken, gar gefällig die
Buchbinderei F. A. Enders ausgeführt.
Fjans Loubier.
„Das Deutfcfye Bud)“ im ßaag
Am 7. Januar wurde die Ausftellung „Das
Deutfche Buch“ im Fjaag durch den Vorftand
derNiederländifch-Deutfchen Gefellfchaft eröffnet.
Der deutfche Verlag war durch ein Vorftandsmit-
glied der deutfeben Gefellfchaft für Aus-
landsbuchhandel vertreten. Außer der Deut-
feben Gefandtfdbaft im Fjaag, dem niederländifcben
Minißer des Auswärtigen und dem Kultus-
minißer, fowie den ftädtifchen Behörden waren
die verfd)iedenen Ortsgruppen der Niederlän-
dißh-Deutfcben Gefellfchaft, der niederländifche
Verlegerverein, Vertreter der niederländifcben
Gelehrten weit, fowie verfebiedene bibliophile
und künßlerifche Verbände und die Preffe ein-
geladen. Die Aufßellung der ausgewählten tüerke
aus dem deutfeben Verlag, der Buchgraphik und
dem Buchgewerbe im Kunßbaufe Kleykamp
konnte unter der künftlerifcben Leitung von
Profeffor Cie mann rechtzeitig zu Ende geführt
werden. Anläßlich der Ausßellung gibt die
Deutfche Gefellfchaft für Auslandsbuchhandel
eine Feßnummer der 3eitfd)rift „DasDeutfdbe
Buch“ heraus mit Beiträgen bekannter Buch-
künftler und namhafter Schriftßeller. Profeffor
Fjugo Steiner-Prag und Prof. Fri£ Göij
erörtern vom fachmännifchen Standpunkt aus
grundlegende Fragen künßlerifcber Bucbaus-
ßattung. Prof. Dr. Julius 3eitler gibt einen
Überblick über die deutfche Schriftkunß, Dr. Max
Osborn über die deutfeben Kunftzeitfcbriften,
und Ludwig Sternaux widmet den deutfeben
Privatpreffen eine fachgemäße Betrachtung. Als
Kunftbeilagen pnd Fjans Meids „Barmherziger
Samariter“ und Rembrandts „Lefer“ wieder-
gegeben.
CQie wir hören, hat inzwifeben die Ausftellung
einen alle Erwartungen übertreffenden Erfolg

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