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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 14.1922

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Heft 6
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Basler, Adolphe: Pariser Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.33342#0269

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Parisurteil von Renoir neben einem ftarken Courbet und Bonnard, Matiffe, Derain,
Picaffo neben Ingres, Puvis de Cßavannes, Odilon Redon, Degas, Lautrec....
Man vermißte ßier einen Akt Modiglianis, diefes vor zwei Jahren jung verftorbenen
Malers, deffen Nad)laßausftellung bei Bernheim Jeune einen großen Erfolg brachte.
Das bildßauerifdje Calent Modiglianis ift faft pßönizifd) raffiniert zu nennen und er-
regt die ftärkfte Bewunderung, während feine Bilder, ftecßend und feßr verfüßrerifd),
nur von einem geiftvollen Menfcßen 3eugnis ablegen, der pch mit einer bemerkens-
werten Intelligenz auszudrücken weiß, aber keine eigentliche Malernatur ift. Id) liebe
die elegante 3eichnung Modiglianis und ziehe feiner etwas oberflächlichen, aber leicht
perverfen Malerei, feine wenigen, direkt in Stein gehauenen Skulpturen vor.
Auf diefe Ausftellung folgte in den gleichen Räumen eine Matiffe-Scßau. Diefe
Malerei wird immer jung und frifch bleiben. Die Qualität des Meifters behauptet
pch noch mehr in feinen letzten Akten, Interieurs und Landfcßaften voll Einfachheit
und Klarheit, eine wahrhaft heidnifcße Lebensfreude ausftrömend.
Die junge polnifche Schule zeigte im Musee Crillon einige der Formiftengruppe
naßeftehende gute darfchauer und Krakauer Maler, wie ülafowicz und den alten
Krakauer Profeffor Pankiewicz, der mit Podkowinfki, einem jung verftorbenen großen
Calent, Vorläufer des Impreffionismus in Polen und Erzieher mehrerer Malergenerationen
war, und Fjalicka, die unter die begabteften hier lebenden fremden Künftler zu zählen ift.
Die Galerie Simon hat ülerke von Cogores, einem jungen 28jährigen Katalonier,
ausgeftellt. Vorläufig zeigt Cogores Malerei mehr Cecßnik als Empßndung. Sein Aka-
demismus ift fogar aufrichtiger als der Neo-Akademismus der Lhote & Cie. Realiftifd),
was ße fein will, ift diefe Kunft nicht. Denn mit den dürftigen Schulmitteln, fo gut
diefe auch maskiert fein mögen, ift das nicht zu erreichen. Der Realismus kann nur
von einer wahrhaft fd)öpferifchen Kraft ausgehen, von wahrhaft freien und unab-
hängigen Geiftern, die großartig die Stärken reines Aufbaues verfteßen, die einen Stil
einleiten, nicht nacßtreten.
Einfacher als die heutigen Künftler wußten die alten Meifter Stil zu wahren. So ift
die Landfcßaft in den Kompofitionen Pouffins ftets eine Syntßefe aus unzähligen
Studien, die der große Maler in der Umgebung Roms nach der Natur gemacht hatte. Im
Grunde ift der vielbewunderte Stil in feinen Gemälden nur Konvention. Aber die natür-
liche Empßndung ßerrfcßt vor, deshalb erinnern feine Gemälde wie „Les Funerailles de
Phocion“, das kürzlich in den Louvre gekommen ift1, an Corot, denn trot} des Seit-
raumes von zwei Jahrhunderten begegnet pch ißr Geift. Stärkfte religiöfe Empßndung erfüllt
diefes Bild, das gleiche Gefühl durcßdringt die italienifcßen Ulerke Corots, in denen pch
ungeachtet des verfcßiedenen Stiles derfelbe edle Aufbau wie bei Pouffin wiederßndet.
1 Vgl. Cicerone 1922, Fjeft 4, Seite 178.


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