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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 14.1922

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Heft 8
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Rosenberg, Marc: Zwei Werke über antike Kleinkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.33342#0357

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Für die brennenden Emailfragen, befonders für die Entpebung des
3ellenfd)melzes aus der Einlage, bietet das Buch ungemein viel. Das
Email wird beim Schmetterlingsanhänger, Nr. 28Ä, Caf. 7, dem Anhänger
mit dem propbglaktifcben Äuge, Nr.30, Caf. 19, und vor allem bei den
beiden Ärmbändern aus dem großen Fund von Olbia, Nr. 92 Ä, Caf. 24,
fowie dem Grillenpaar, Nr. 88, Caf. 19, befprocben.
Es wird nie möglich fein, die Geburtsftunde der Einlage (orfevrerie
cloisonnee) zu finden, denn es bandelt pcb dabei nur um den künftleri-
fd>en Gebrauch, den man von bereits Vorhandenem macht, fo etwas
verliert pcb im Dunkel der Präbiporie. Email aber verfprid)t in diefer
5inpd)t mehr, es ip eine Erfindung, und zwar eine zweifache. Erft
wurde der farbige Schmelz entdeckt, und dann wurden ihm in mehr-
hundertjähriger Arbeit die Eigenfcbaften verliehen, die ihn zur engen Ver-
bindung mit dem Golde befähigen. Das vollzieht pcb in pcbtbaren Etappen,
die wir wabrfcbeinlid) fo weit werden zurückverfolgen können, daß wir
imftande fein werden zu fagen: hier ip der erpe Glasfluß, kalt auf die
Unterlage befepigt, hier das erfte Email, heiß mit dem Golde verbunden.
Dort der imitierte Edelftein, hier das echte Email. Die Entwicklung ver-
läuft fo, daß der Kampf zwifeben der alten und neuen Richtung oft
auf ein und demfelben Gegenftand ausgefochten wird. So feben wir es
auch auf einigen Stücken der v. Gans-Sammlung. In den Flügeln des
Schmetterlings, Caf.7, pgt noch kein Schmelz, aber der ftrenge Einlage-
charakter ip durch das Auftreten eines neuen Materials neben den Glas-
ftückchen febon verlapen. Auf den Ärmbändern, Caf. 24, kommt wirk-
liches Email vor, aber es berrfebt noch nicht und ip vor allem noch nicht
zum 3ellenfdbmelz ausgebildet, es ftebt vielmehr dem alten Drahtemail noch
nahe. 3ahu vergleicht diefe Stücke feljr richtig mit den Ärmbändern von
Meroe in München. Bei diefen ift in der Cat das Email zum erpenmal weder
muldenförmig, noch über die Stege binausgewölbt, fondern eben. Aber es
fehlt noch das einheitliche Bedecken der ganzen Fläche mit Email, es fteben
die fchmelzgefüllten Rhomben noch ifoliert da, und die 3wickel neben ihnen
pnd leer geblieben: der legte Schritt zum 3edenfcbmelz bleibt noch zu tun. An den v. Gans-
Armbändern ift er aber auch noch nicht gemacht. CUobl haben pe in ihren vier Streifen die ebene
gefd)loffene Fläche, aber in diefen glatten Partien pgt kein Email, fondern wie von altersber kalt
eingelegte Maffe. Sie pnd alfo keine Denkmäler des Fortfehritts wie die Armbänder von Meroe
fondern zeigen einen Rückgriff auf die alte Einlagetechnik und das Drahtemail. ttlie ftark diefer
Rückgriff ift, erkennt man daran, daß richtig aufgefchmolzenes Email zwar auf den Stücken febon
vorkommt, aber ohne den 3ellenfcbmelzcbarakter, wenn auch der Drahtemailcharakter febon
etwas verwifebt ip. dir können daraus tbeoretifcb fchließen, daß die Schule, aus der fie hervor-
gegangen pnd — die griechifche Kolonialfcbule von Olbia — die Richtung auf den 3ellenfchmelz
gar nicht einfehlägt. Die Catfachen bepätigen es, denn der 3elienfchmelz tritt auch fpäterhin im
fkgtifchen Scbwarzen-Meer-Gebiet nicht auf.
Über die emaillierten Grillen, die nicht leicht unterzubringen waren, fagt 3abn entfebieden das
Richtige, indem er pe in die griechifche email en ronde bosse-Schule einreiht. Ich habe pe in
meinem „3ellenfcbmelz I u. II“ ebenfalls behandelt, ftand aber damals unter dem Eindruck einer
Mitteilung, die Stücke ftammten aus einer der älteren kretifeben Schichten und freue mich nun,
bei 3abn eine Beftätigung für die 3weifel zu pnden, die ich dort S. 16 ausgedrückt habe.
Der Makedonifcbe Fund, Nr. 91, Caf. 22 und 23, vielleicht aus der Umgegend von Saloniki,
umfaßt zehn Stücke, eigentlich fogar nur fünf Nummern, aber es ift fo ziemlich das Befte, was
uns von griechifcher Goldfcbmiedekunft aus der 3eit bald nach der Mitte des 4. Jahrhunderts v. Chr.
erhalten ift. Es foll aber nicht unbeachtet bleiben, daß kein einziges Stüde Email hat. Das kann
3ufall fein, aber es deckt fid) mit der Beobachtung, daß die Griechen im allgemeinen das Email
ebenfo vernaebläffigt haben wie die Granulation.


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