kungsmöglicfykeiten erkannt, die gewandte Kraft, mit der fie dargeftellt werden, fichert
Radziwills Bildern eine indiskutable dekorative Hlirkung. Nebeneinander wirken fie
wie die Seiten eines prächtigen, aber naiven Bilderbuchs.
Äber es geht dem Künftler nicht um den dekorativen Effekt allein, um ein gefchmäck-
lerifch ausbalanziertes Nebeneinander, es geht ihm durchaus auf Darftellung. Die Farben
„ftehen“ nicht nebeneinander, fie veranfchaulichen eine (Heit neuer Gefichte. Der Ge-
halt der „reinen“ Farbenkompofition wird immer entweder etwas individuell Überfpitjtes
oder etwas Äbftraktes haben, das dann, gerade je vollkommener und entfd)iedener es
ift, vereinzelt und fozufagen abgemagertes Ideal bleiben muß. Bei Radziwill ftehen
die Elemente der Farbe im Dienft eines Hlillens, der Vifionen geftaltet, die wie alle
erften Vifionen elementar und damit unerklärlich find. Niemand kann fagen, wer diefer
„Mann“ ift, weshalb er Figur und Buch hält. Man kann über ihn dichten, man kann
über ihn weisfagen, man kann verfuchen, ihn pfychologifd) zu erklären, aber all diefe
Erklärungen werden immer nur dazu dienen, diefe abfolut neue Erfcheinung mit unferer
eigenen Ideenwelt zu verknüpfen, ihn affoziativ zu binden.
Äber gerade weil es fiel) hier nicht um Bekanntes und Äbftraktes, fondern um Neues
und ürwüchfiges handelt, darf die Kompofition nichts Starres bekommen, fondern muß
fozufagen das Gewordene ausdrücken. Die Farbe, gefeftigt durch die einfache Äbfolge
einer elementaren Honleiter, brodelt im Strich, wo es gilt Bewegung darzuftellen und
wird ftimulierend durchfprenkelt teils farbig, teils durch kleine fkizzierende zeichnerifche
Beigaben, wo die einfache Ruhe mager, nüchtern, kahl wirken würde. Ähnlich wie beim
fpäten Enfor wird die urfprüngliche Vifion, der Äusdruck des Ewigen mit kleinen Im-
provifationen durchfetjt, der 3wang des einmaligen Großen auf das reizvollfte von kleinen
Gufälligkeiten umfpielt. Dies ift es, das den Kompofitionen Radziwills das immer Neue,
aber auch das Überzeugende gibt.
Dabei ift er beftrebt, ihnen alles Eigenwillige, Subjektive zu nehmen durch eine gleich-
fam aus plaftifchen Klumpen fid) herausformende Monumentalität der 3eid)nung und
durch Einführung von die Kompofition feftigenden, die Vifion gewiffermaßen als Natur-
gefetj manifeftierenden Ornamenten. Der üppig aus durch den Eifel) belebter Leere des
Sintergrundinterieurs hervorquellende „Mann“ ift eingefd)loffen zwifchen die Ornament-
ftreifen der (Hände. Neben der Feuergarbe der Pflanze, die ein Äkkompagnement durch
die im Leeren fd)webenden auffpringenden Fifche erhält, ftet)t die gebundene dunkle
Silhouette der Flafche. Der mächtig tünfließende HIeg Oftfrieslands wird eingedämmt
von wiederkehrenden Ornamenten, über den Säufern die Ornamente der Geftirne und
die Eapete eines Fifchers. Die Sügellandfdjaft wird überftreut mit den Ornamenten der
Büfdje, wobei es fiel) von felbft verfteht, daß die 3ßict>nuncj hier wie überall nichts
Illufioniftifches im alten Sinn mehr hat. fondern das urfprünglich Äbftrakte des Kinderftils,
Gerade diefer Reichtum an Kunftmitteln aber befähigt den Künftler zu jenem ge-
fättigten inneren Reichtum der Kompofition. Der große Kontraft wird im kleinen abge-
wandelt, durch kleinere bereichert oder verftärkt. Vor einer Landfchaft fteht ein Still-
leben. Vor der Ferne das Nahe. Neben dem Hlucßtigen das Liebliche. Äus dem orna-
mentativ gebundenen Gefäß flutet die Macht des Hluchfes, deffen üngebundenl)eit wieder
durch die Feftigkeit der Flafche vorn verftärkt wird. Den Raum kennzeichnet der Eifel)
mit den drei Männern, deren Körperlichkeit in Frage gestellt wird durch die flad)e
Sintergrundfigur, während das Ganze zufammengehalten wird durch die Sorizontalen
vorn des Eifctjkaftens. Die bunten Flammen der Motorfahrt branden an der weißen
HIand des Saufes, über dem Lärm des Fahrers die Ruhe des Sees.
Hlieviel von dem, wie gefagt, noch fel)r jungen Künftler zu erwarten ift, zeigte die
große Monumentalkompofition auf der Berliner Juryfreien von 1920. Sier erweift fid)
der ganze innere Reichtum Radziwills, die urfprüngliche gefunde Pracht feiner Farbe,
die Kraft feiner Vifion, die HIud)t feiner Darftellung, die Originalität feines HIefens in
vollem ümfange. Hier gibt ihm Hlände?
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Radziwills Bildern eine indiskutable dekorative Hlirkung. Nebeneinander wirken fie
wie die Seiten eines prächtigen, aber naiven Bilderbuchs.
Äber es geht dem Künftler nicht um den dekorativen Effekt allein, um ein gefchmäck-
lerifch ausbalanziertes Nebeneinander, es geht ihm durchaus auf Darftellung. Die Farben
„ftehen“ nicht nebeneinander, fie veranfchaulichen eine (Heit neuer Gefichte. Der Ge-
halt der „reinen“ Farbenkompofition wird immer entweder etwas individuell Überfpitjtes
oder etwas Äbftraktes haben, das dann, gerade je vollkommener und entfd)iedener es
ift, vereinzelt und fozufagen abgemagertes Ideal bleiben muß. Bei Radziwill ftehen
die Elemente der Farbe im Dienft eines Hlillens, der Vifionen geftaltet, die wie alle
erften Vifionen elementar und damit unerklärlich find. Niemand kann fagen, wer diefer
„Mann“ ift, weshalb er Figur und Buch hält. Man kann über ihn dichten, man kann
über ihn weisfagen, man kann verfuchen, ihn pfychologifd) zu erklären, aber all diefe
Erklärungen werden immer nur dazu dienen, diefe abfolut neue Erfcheinung mit unferer
eigenen Ideenwelt zu verknüpfen, ihn affoziativ zu binden.
Äber gerade weil es fiel) hier nicht um Bekanntes und Äbftraktes, fondern um Neues
und ürwüchfiges handelt, darf die Kompofition nichts Starres bekommen, fondern muß
fozufagen das Gewordene ausdrücken. Die Farbe, gefeftigt durch die einfache Äbfolge
einer elementaren Honleiter, brodelt im Strich, wo es gilt Bewegung darzuftellen und
wird ftimulierend durchfprenkelt teils farbig, teils durch kleine fkizzierende zeichnerifche
Beigaben, wo die einfache Ruhe mager, nüchtern, kahl wirken würde. Ähnlich wie beim
fpäten Enfor wird die urfprüngliche Vifion, der Äusdruck des Ewigen mit kleinen Im-
provifationen durchfetjt, der 3wang des einmaligen Großen auf das reizvollfte von kleinen
Gufälligkeiten umfpielt. Dies ift es, das den Kompofitionen Radziwills das immer Neue,
aber auch das Überzeugende gibt.
Dabei ift er beftrebt, ihnen alles Eigenwillige, Subjektive zu nehmen durch eine gleich-
fam aus plaftifchen Klumpen fid) herausformende Monumentalität der 3eid)nung und
durch Einführung von die Kompofition feftigenden, die Vifion gewiffermaßen als Natur-
gefetj manifeftierenden Ornamenten. Der üppig aus durch den Eifel) belebter Leere des
Sintergrundinterieurs hervorquellende „Mann“ ift eingefd)loffen zwifchen die Ornament-
ftreifen der (Hände. Neben der Feuergarbe der Pflanze, die ein Äkkompagnement durch
die im Leeren fd)webenden auffpringenden Fifche erhält, ftet)t die gebundene dunkle
Silhouette der Flafche. Der mächtig tünfließende HIeg Oftfrieslands wird eingedämmt
von wiederkehrenden Ornamenten, über den Säufern die Ornamente der Geftirne und
die Eapete eines Fifchers. Die Sügellandfdjaft wird überftreut mit den Ornamenten der
Büfdje, wobei es fiel) von felbft verfteht, daß die 3ßict>nuncj hier wie überall nichts
Illufioniftifches im alten Sinn mehr hat. fondern das urfprünglich Äbftrakte des Kinderftils,
Gerade diefer Reichtum an Kunftmitteln aber befähigt den Künftler zu jenem ge-
fättigten inneren Reichtum der Kompofition. Der große Kontraft wird im kleinen abge-
wandelt, durch kleinere bereichert oder verftärkt. Vor einer Landfchaft fteht ein Still-
leben. Vor der Ferne das Nahe. Neben dem Hlucßtigen das Liebliche. Äus dem orna-
mentativ gebundenen Gefäß flutet die Macht des Hluchfes, deffen üngebundenl)eit wieder
durch die Feftigkeit der Flafche vorn verftärkt wird. Den Raum kennzeichnet der Eifel)
mit den drei Männern, deren Körperlichkeit in Frage gestellt wird durch die flad)e
Sintergrundfigur, während das Ganze zufammengehalten wird durch die Sorizontalen
vorn des Eifctjkaftens. Die bunten Flammen der Motorfahrt branden an der weißen
HIand des Saufes, über dem Lärm des Fahrers die Ruhe des Sees.
Hlieviel von dem, wie gefagt, noch fel)r jungen Künftler zu erwarten ift, zeigte die
große Monumentalkompofition auf der Berliner Juryfreien von 1920. Sier erweift fid)
der ganze innere Reichtum Radziwills, die urfprüngliche gefunde Pracht feiner Farbe,
die Kraft feiner Vifion, die HIud)t feiner Darftellung, die Originalität feines HIefens in
vollem ümfange. Hier gibt ihm Hlände?
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