Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 14.1922
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Heft 11
DOI Artikel:Schudt, Ludwig: Die Florentiner Ausstellung der Malerei des 17. und 18. Jahrhunderts
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des Palazzo Ducale in Mantua nad) Florenz gebracht worden iß, eine förmliche Offenbarung. Von
riefigen Dimenfionen und mit der Kraft eines Cintoretto gemalt, nimmt dies Gemälde an manchen
Stellen das Settecento vorweg und gibt mehr als die allgemein bekannten Bilder eine Vorftellung
von dem genialen Können diefes Meifters.
Eine weitere höchft beachtenswerte Erfcheinung ift Giufeppe Bazzani (1690—1769). Än Rubens,
Feti und den Venezianern gefchult, hat er fich einen völlig originalen Stil gebildet. Eine ganz
eigenartig auf reine impreßioniftifch wirkende Farbzufammenftellungen beruhende Malweife tritt
uns in den 15 Bildern, die der Bazzani-Saal birgt (Slg. Publio Podio in Bologna), vor Äugen. Es
ift eins der größten Verdiente der Äusftellung, diefen Meifter aus feiner Vergeffenheit hervor-
geholt zu haben.
Bergamo: Carlo Ghislandi, den fchon die Mostra del ritratto bekannt gemacht hat, ift durch
fünf ausgezeichnete Porträts vertreten. Äuch auf eine Genrefzene wie die Näherin des Äntonio
Cifrondi mag befonders hingewiefen werden, weil folche Bilder tatfächlich bislang unbekannte
Seiten der Kunft des Settecento offenbaren. Eine ebenfo ganz ungewohnte Note in den Ärbeiten
der ganzen Epoche bietet eine Serie von Cotentanzbildern des P. V. Borromini (f 1839), die in
Cempera breit hingemalt von unheimlicher Lebenswahrheit find.
Piemont, Modena, Ferrara, Cirol: Guter den piemontefifchen Künftlern ift an erfter Stelle
Claudio Beaumont zu nennen, deffen recht akademifche Ärbeiten allerdings keine Offenbarungen
bedeuten. Pikanter wirkt ein fkizzenßaftes Stück des Bernardino Galliari mit der Darftellung von
Bacchus und Äriadne (Curin).
ünter den modenepfchen Künplern ift die reiche Sammlung von Bildern des Bartolommeo
Schedone zu nennen, die eine gute Vorftellung von dem „Stile tremendo“ des Meifters vermitteln.
Schließlich find noch Ferrara, woher einige Stücke von Bonone und dem feßr beachtenswerten
Giufeppe Galetti gekommen pnd und einige Ciroler Maler zu nennen. Die verfchiedenen önter-
berger und Croger erfcheinen mit einer Änzahl prächtiger Skizzen, die in einem kleinen Kabinett
vereinigt zu glänzender Klirkung gelangen.
Stilleben: Man ip bei dem Durchwandern der Säle von der 3abl der Stilleben überrafcht.
Faß alle Schulen haben folche gegeben. Von Luca Giordano wurde bereits in diefem 3ufammen-
hang gefprochen. 3U nennen ift noch der Bruder Guercinos, P. Ä. Barbieri, der mit vier fehr
fchönen Bildern vertreten iß. Äber auch auf die Blumenftüdce eines Mario de’ Fiori, auf die
Mupkinftrumente des Bafchenis (Bergamo) oder auf die Cierftücke eines Bofelli (Piacenza) muß
nachdrücklich hingewiefen werden. ünabfehbar iß die 3ahl der einfach als „Scuola italiana“
bezelchneten Klerke, die dem Äuge zum Ceil die erlefenßen Genüße bieten.
Damit iß unfer Rundgang beendet. Nicht entfernt konnte hier alles, was erwähnenswert ge-
wefen wäre, befprochen werden. Es mußte genügen, mit ßüchtigen Strichen anzudeuten, welche
ungeheuren malerifchen Gierte die Kunft diefer zwei Jahrhunderte in fich birgt, und wie außer-
ordentlich das Studium diefes 3eitalters lohnt. Sicherlich wird diefe Äusftellung, für deren Ge-
lingen die CCIißenfchaft der ganzen Kielt der Commune di Firenze dankbar fein muß, den Änßoß
zu neuen Studien und Entdeckungen geben und damit Lzu einem neuen Ruhmestitel der Stadt
Florenz werden.
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riefigen Dimenfionen und mit der Kraft eines Cintoretto gemalt, nimmt dies Gemälde an manchen
Stellen das Settecento vorweg und gibt mehr als die allgemein bekannten Bilder eine Vorftellung
von dem genialen Können diefes Meifters.
Eine weitere höchft beachtenswerte Erfcheinung ift Giufeppe Bazzani (1690—1769). Än Rubens,
Feti und den Venezianern gefchult, hat er fich einen völlig originalen Stil gebildet. Eine ganz
eigenartig auf reine impreßioniftifch wirkende Farbzufammenftellungen beruhende Malweife tritt
uns in den 15 Bildern, die der Bazzani-Saal birgt (Slg. Publio Podio in Bologna), vor Äugen. Es
ift eins der größten Verdiente der Äusftellung, diefen Meifter aus feiner Vergeffenheit hervor-
geholt zu haben.
Bergamo: Carlo Ghislandi, den fchon die Mostra del ritratto bekannt gemacht hat, ift durch
fünf ausgezeichnete Porträts vertreten. Äuch auf eine Genrefzene wie die Näherin des Äntonio
Cifrondi mag befonders hingewiefen werden, weil folche Bilder tatfächlich bislang unbekannte
Seiten der Kunft des Settecento offenbaren. Eine ebenfo ganz ungewohnte Note in den Ärbeiten
der ganzen Epoche bietet eine Serie von Cotentanzbildern des P. V. Borromini (f 1839), die in
Cempera breit hingemalt von unheimlicher Lebenswahrheit find.
Piemont, Modena, Ferrara, Cirol: Guter den piemontefifchen Künftlern ift an erfter Stelle
Claudio Beaumont zu nennen, deffen recht akademifche Ärbeiten allerdings keine Offenbarungen
bedeuten. Pikanter wirkt ein fkizzenßaftes Stück des Bernardino Galliari mit der Darftellung von
Bacchus und Äriadne (Curin).
ünter den modenepfchen Künplern ift die reiche Sammlung von Bildern des Bartolommeo
Schedone zu nennen, die eine gute Vorftellung von dem „Stile tremendo“ des Meifters vermitteln.
Schließlich find noch Ferrara, woher einige Stücke von Bonone und dem feßr beachtenswerten
Giufeppe Galetti gekommen pnd und einige Ciroler Maler zu nennen. Die verfchiedenen önter-
berger und Croger erfcheinen mit einer Änzahl prächtiger Skizzen, die in einem kleinen Kabinett
vereinigt zu glänzender Klirkung gelangen.
Stilleben: Man ip bei dem Durchwandern der Säle von der 3abl der Stilleben überrafcht.
Faß alle Schulen haben folche gegeben. Von Luca Giordano wurde bereits in diefem 3ufammen-
hang gefprochen. 3U nennen ift noch der Bruder Guercinos, P. Ä. Barbieri, der mit vier fehr
fchönen Bildern vertreten iß. Äber auch auf die Blumenftüdce eines Mario de’ Fiori, auf die
Mupkinftrumente des Bafchenis (Bergamo) oder auf die Cierftücke eines Bofelli (Piacenza) muß
nachdrücklich hingewiefen werden. ünabfehbar iß die 3ahl der einfach als „Scuola italiana“
bezelchneten Klerke, die dem Äuge zum Ceil die erlefenßen Genüße bieten.
Damit iß unfer Rundgang beendet. Nicht entfernt konnte hier alles, was erwähnenswert ge-
wefen wäre, befprochen werden. Es mußte genügen, mit ßüchtigen Strichen anzudeuten, welche
ungeheuren malerifchen Gierte die Kunft diefer zwei Jahrhunderte in fich birgt, und wie außer-
ordentlich das Studium diefes 3eitalters lohnt. Sicherlich wird diefe Äusftellung, für deren Ge-
lingen die CCIißenfchaft der ganzen Kielt der Commune di Firenze dankbar fein muß, den Änßoß
zu neuen Studien und Entdeckungen geben und damit Lzu einem neuen Ruhmestitel der Stadt
Florenz werden.
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