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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 14.1922

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Heft 15
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Die Zeit und der Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.33342#0688

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Äusftellungen

New York
Güährend der leßten Monate find im Metro-
politanMufeum mehrere fehrbedeutfameNeu-
erwerbungen zur Aufteilung gelangt, vor allem
in der Abteilung für mittelalterliche Kunft. Unter
den letzteren ragt ein herrliches Glasfenfter
aus dem unteren Rheinland, 13. Jahrhundert, den
Baum Jeffes darftellend, befonders hervor. So-
dann findet pch eine Statue des Apoftel Paulus,
die dem Neffen Claus Sluters, Claus de Ulerre
zugefchrieben wird und aus dem Dominikaner-
klofter zu Poligny ftammt. Der Übergangsperiode
vom romanifchen zum gotifchen Stil gehört ein
thronender König an, der vielleicht aus einer
der zerftörten Kirchen Avignons ftammt, in welcher
Stadt die Statue vor etwa 30 Jahren gefunden
worden war.
Die Bilderabteilung ift um einen van Dyck,
„Bildnis der Mademoiselle de Gottignies“, aus der
3eit kurz nach feiner Rückkehr nach Antwerpen
aus Genua, ein glanzvolles Koftümftück, und eine
„51- Familie“ Andrea del Sartos aus der
Fairfax Murray-Kollektion bereichert worden,
ebenfalls ein Bravourftück, in dem das bloße
Können fo ziemlich alles bedeutet. Auch eine
große, fonnendurd)lid)tete Landfdrjaft von Claude
Lorrain gehört zu den Neuerwerbungen fowie
einige Gemälde von Daumier, Manet, Monet,
Degas und öühiftler.
Die Stadt hat jeßt dem Mufeum eine Million
Dollars angewiefen, um deffen Südflügel aus-
zubauen, was einen Raumzuwachs um volle
30 Säle bedeutet. In mehreren von ihnen foll
die bisher nur proviforifch aufgeftellte Altman-
Kollektion ihr dauerndes Qeim fincjen< F.
Äusftellungen
Dresdner Äusftellungen
Felixmüller, Hofer, Jacob, Rudolph
Die großen Sommerausftellungen Dresdens
haben immer noch ein gutes Niveau. Daß fie
daneben auch für die Kunftentwicklung Beachtung
verdienen, liegt an dem Gefchick, mit dem fie
fich befondere Anziehungspunkte von unbeftreit-
barem Rang zu verfchaffen wiffen und diefe
gute Gewohnheit mit rühmlichem Inftinkt all-
jährlich und überrafchend erneuern. Die Künftler-
genoffenfdjaft, im Kunftverein auf der Brühlfchen
Uerraffe, bringt eine Kollektion ttlilhelm Bufch
und ausgezeichnete neue Arbeiten von Felix-
müller; die Künftlervereinigung an der Lenne-
ftraße einen Saal voll erlefener Bilder Karl
Fjofers, daneben einen folchen mit Fjettner und
Sammlungen zweier Starker vom Nachwuchs:
ttlalter Jacob und Cüilhelm Rudolph.
Damit der Brühlfchen Uerraffe nicht derFjumor
fehle, ift dort auch der fällige 3yklus des teu-
tonifchen Propheten Richard Guhr, „fatum ger-
manicae“ betitelt, frifd) lackiert eingetroffen.
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Die kleinen Ölftudien GCIilh- Bufchs rufen
uns die 3eit ins Gedächtnis, da in München fich
in der Schule von Diez und um den Leibikreis
eine phänomenale Malkultur aufgetan hatte
(von der die Epigonen dann bis heute zehren).
CUie gut Bufch da mitzumachen und das hol-
ländifche Braun zu variieren, bisweilen fogar
farbig aufzulichten verftand, zeigen diefe kleinen
Cäfelchen; daß er im übrigen recht daran tat,
3eid)enftift und Vershumor über das Ölmalen
zu ftellen und dies am Ende ganz aufzugeben,
wird auch der unbelehrbarfte Anhänger der
Münchner Sauce wohl zugeben. Und fo find als
das eigentlich Intereffante der Schau die mäch-
tigen Aquarelle und Ölbilder Felixmüllers
anzufehen, der fich hier auf einem Ulege zu
großer und felbftändiger Form zeigt. Alles ku-
biftifche und ekftatifche Getue ift von ihm ge-
wichen, und übrig ift eine ftrenge Kargheit ge-
blieben, die fich bis zur Monumentalität und
zu lyrifcher Feinheit fteigert. Fjier zum erften-
mal kann man vor feinen Malereien mit unge-
teilter Eingebung verweilen; er fcheint feinen
Uleg gefunden zu haben.
Auch von den merken Karl Fjofers in der
Künftlervereinigung ift Ähnliches zu fagen. Cüer
den langen und fchwankenden ötteg diefes inner-
lich Bedeutenden kennt, wird doppelt überrafcht
und bewegt vor diefer lebten Synthefe ftehen.
Vorbei die 3eit der Anlehnungen an Cezanne
und Marees; was von ihnen geblieben ift, be-
deutet eine eminente Feftigung und Klarheit des
Bildaufbaues. Diefe Strenge und hohe Einfalt
in Kompofition, Ausdruck, Farbe, diefe Größe
der Anfchauung ruht auf der langen Reihe feiner
Verfuche, ift nun endlich als fchwer errungene
Reife zu bezeichnen. Der bittere Kern, die ftarre
Monumentalität birgt eine Frifche und Süßigkeit
des Empfindens, die man fchon oft hinter den
Verwandlungen Fjofers geahnt, nie fo belebend
gefpürt hat, wie vor diefem merke des Voll-
endeten. Es find nicht die fchlechteften Meifter,
die fpät zu fich felber kommen; und fo fteht
hier Meifterwerk neben Meifterwerk in beglük-
kender Reihe.
Otto Fjettners merk fcheint nach rückwärts
zu blicken; was von ihm hier zu fehen ift, er-
hebt mehr den Anfprud) auf Abgeklärtheit, bei-
nahe auf Sichbefdjeiden, als auf Eroberung.
tUie anders führt die Malerei von öüalter
Jacob weiter! Diefer junge ungeftümeDränger,
der fich aus anfänglich felbft eroberter Natur
in Nachfolge von Chagall, Nolde, Kokofdjka
verlor, hat fich in der Einfamkeit der Nordfee
und der winterlichen Laufiß wieder auf fein
eigentliches Selbft befonnen, das ihn zur Gefolg-
fchaft der Natur verpflichtet. Auch Jacob gehört
unftreitig zu denen, in welchen fich eine inten-
fivere Rückkehr zum Naturalismus und zu ge-
lieferter Palettenkultur ankündet; und wie „Ex-
preffioniften“ einft fich vom Impretionismus löfen
 
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