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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 14.1922

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Heft 16
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Schumann, Paul: Jahresschau deutscher Arbeit in Dresden
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https://doi.org/10.11588/diglit.33342#0716

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geftaltet bat. Die Hauptquerwand ziert das monumentale Biid eines Glasbläfers von Otto
Gußmann.
(Inter den Räumen einzelner Ausfteller ftel)t einzigartig Haas Pölzigs Pavillon für die Ältefte
Volkftedter Porzellanfabrik da, ein pbantaftifcbes Bauwerk, deffen gefdjweiftes in eine Spitze
auslaufendes Dach auf fed)s porzellanenen Crägern ruht, die ßd) aus übereinandergeftellten Blüten-
keldjen zufammenfetjen. Das Innere enthält einen Kamin mit Spiegel, Leuchter und Ubr, einen
Brunnen, feftlidje Ranken (als Ketten für die Lid)tkabel), die von dem kegelförmigen Innern des Daches
berabfcbweben, Vafen, Lampen, Ampeln, an den (Händen weiße Vögel — das alles aus Porzellan.
Von manchen Fachleuten in ihrer Berechtigung beftritten, find diefe Gebilde faft die einzigen
Erzeugniffe in Porzellan in der Ausftellung, die etwas ganz Neues und Entwicklungsfähiges dar-
ftellen, ganz felbftändige Formen, die an nichts Dagewefenes erinnern, ganz aus dem Stoff und
aus felbftändiger Pbantaße geboren find.
(Heiter hebt ßd) der prächtige Raum der drei ftaatlicben Porzellanmanufakturen Meißen, Berlin
und Nymphenburg, ein (Herk des Dresdner Architekten (Hilly Meyer heraus: auf den erdbeer-
roten (Händen hängen wundervolle Bildteppiche der Pillni^er Geppid)mariufaktur von Profeffor
(Hislicanus; das köftlicbe Porzellan ftebt in Glasfchränken in echtem braunem F)olz auf Cifcben
und Fenfterbänken in gefcbmackvoller Anordnuug. Dann folgen eine Reihe kleinerer Räume für
Porzellan, die mit mehr oder meift weniger Gefchmack mit der Mehrzahl der darin ausgeftellten Er-
zeugniffe wetteifern. Groß und ftattlid) ift aber wieder — der Eckpavillon mit einem achteckigen
leichtpbantaftifcben Mittelturm der Qellerauer Deutfchen (Herkftätten nach Entwurf des Architekten
Karl Bertfd) für die Forfd)ungsgefellfd)aft vereinigter Porzellanfabriken m. b. 5- (Strupp-Konzern-
Meiningen).
Einen wunderfdbönen Raum hat dann der Dresdner Architekt Dr.-Ing. Otto Schubert für die Por-
zellanfabrik Pb. Rofentbal& Co. A.-G., Selb in Bayern und für die Porzellanfabrik Fraureuth A.-G.
(Fraureuth in Reuß) gefcbaffen: Spiegelfcbeiben, olivfarbene Poftamente, graue (Hände, ein gelbes
3eltdad) ergeben einen wirkfamen Hintergrund für die mit viel Gefchmack, ohne jede Überladung
aufgeftellten 'Porzellane der beiden Fabriken.
Einen ganz eigenartigen trefflichen Gedanken hat endlich der Architekt Guftav Partj (Blanken-
burg) für die Ältefte Volkftedter Porzellanfabrik A.-G., die Porzellanfabrik C. M. Hutfcftenreuter
A.-G., Hohenburg a. d. Eger und die Porzellanfabrik C. Cielfd) & Co. (Altwaffer in Schießen) aus-
geführt. Der ganze Raum hat nur künftiges Licht. Rings um zwei rundgewölbte Räume ßnd
bühnenartige Nifchen angeordnet, in denen treffliche Erzeugniffe der Porzellanplaftik durch unßd)t-
bare elektrifd)e Lampen in mildem hellem Licht fteben — eine treffliche ruhige (Hirkung, die man
freudig begrüßt. Die Mitte des zweiten Gewölbes aber nimmt ein weiter Brunnen ein, in dem ßd)
ein (Hunderbaum mit breit herabfallenden Riefenblättern und einer durchbrochenen Lichtkuppel
erhebt. Freilich können ßch die Blätter nicht aus eigener Materialkraft tragen, aber die Kühnheit
der phantafievollen Erßndung und die reizvolle Gefamtwirkung des glänzenden Porzellans, des
fprudelnden (Haffers und des daraus emporßrebenden Lichts im Verein mit der tecbnifcben Glanz-
leiftung überwinden alle Bedenken angeßd)ts diefes Geftalt gewordenen Porzellantraumes, der an
Auguft des Starken großartige Pläne in feinem Lieblingsftoff erinnert.
Ein befonderer 3ug der Dresdner Jahresfchau ift ihre Lehrhaftigkeit. In einem befonderen
Raume ift eine (Herkftätte der Porzellanerzeugung eingerichtet, die von der ftaatlicben Porzellan-
manufaktur Meißen betrieben wird. Sämtliche Mafchinen ßnd im Betrieb, Porzellandreher und Former,
Bildhauer und Maler ßnd tätig und fo ßeht man von den Rohftoffen an die Porzellanmaffe, Ge-
fäße, Geller, Gaffen, Figuren entftehen. Nur das Brennen kann natürlich nicht gezeigt werden.
Aber ein vollftändig gebrauchsfähiger Rundofen fteht da, daneben auch das Modell eines modernen
keramifcben Cunnelofens.
(Hie unfer gewöhnliches Kücbengefd)irr entfteht, feben wir in den Räumen der Keramifcben
(Herke Hfer & Co. (Königsbrück) und Conwarenfabrik Johannes Reh (Kamenz), wo ein Arbeiter
Gag für Gag an der Drehfeheibe ßfet und zur Belehrung und Freude der Befucher, fcbnell und
gefchickt aus dem bildfamen naffen Gon allerlei Gefäße dreht, um ße dann, wenn fein Plalj nicht
mehr reicht, mit noch größerer Schnelligkeit in ihren klumpigen Urzuftand zu verfemen. (Heiter
zeigt die Äktiengefellfcbaft für Glasinduftrie vorm. Friedrich Siemens, Dresden-A. täglich in ein-
ftündiger Kinovorführung die gefamte Glasfabrikation. Hnd von der Größe einfdßägiger Unter-
nehmungen zeugen die großen Modelle der Vereinigten H°6enbockaer Glasfandgruben, die mit
ihrem hochwertigen Quarzfand fo zahlreiche deutfebe Glashütten verforgen, fowie das nicht minder
reizvolle Modell der Deutfchen Fenßerglasbütten Heinrich Hüdebrand, Griebel, Kreis Sorau.
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