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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 14.1922

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Heft 22
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Göbel, Heinrich: Holländische Wandteppich-Manufakturen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.33342#0906

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Wie lange die Nauwinckfdje Manufaktur in Amfterdam beftand, entzieht flct) zu-
nädjft meiner Kenntnis; der Meifter verheiratet fiel) 1633 zum zweiten Male mit Marijke
van Wynbergen.
Am 26. Juli 1650 erwirbt Jan van ßagen von dem Amfterdamer Wirker und Händler
Pieter de Cradjt die Folge des Decius Mus nach Rubens — 9 Behänge mit insgefamt
358 Quadratellen — zum Einljeitspreife von 10 Gulden 8 Stuivers; ferner die „ßistorie
van Ephigenia ende Orestes“ — 8 Wirkereien, 270% Quadratellen, zu lOf. die Elle —;
eine Gefehlte „van Celadon ende Astria“ — 6 Stück, 200 Quadratellen, 8f. 10 ft. Ein-
heitspreis —; fchließlid) vermiedene Verdüren und Cierftücke zu 7 f. 18 ft. bzw. 4 f.
5 ft. die Quadratelle1.
Pieter de Cracht (Graecht), „tapissier“, fteht bereits im voraufgegangenen Jahre mit
den Stockholmer Händlern Aernout und Jan van ßagen in gefchäftlicher Verbindung.
Am 22. Juni 1649 liefert der Meifter nicht weniger als fechs vollftändige Wandteppich-
folgen. Die „Fjistorie van Marcus Antonius en de Cleopatra“ umfaßt 2827/s Quadrat-
ellen; die f)öhe beträgt einheitlich 6 Vs Ellen, die Längen der acht Behänge 8, 7, 65/16,
63/iö> 5%6, 5, 45/10, 4%6 Ellen, der Einheitspreis wird mit 9 f. 10 ft. normiert. Die
Gefd)ichte von Paris und Fjelena, gleichfalls 8 Ceppiche — 8, 7, 61/a6, 6V8, 5 Vis» 5, 4,
4 Ellen lang, 578 Ellen hod) — erfcheint mit 8 Gulden im Anfa^e; de Cradjt quittiert
für 232 Quadratellen mit f. 1856. Etwa die gleichen Abmeffungen nennt die Efther-
gefd)id)te (2305/s Ellen, 5% Ellen hod), 8, 7, 6, 6, 5, 5, 4, 4 Ellen lang), die allerdings
wefentlid) niedriger — 4 gld. 10 ft. — bewertet wird. Als Wiederholung erfd)einen
die „landfd)appen met een historie daerin gemaeckt van Geladon (Celadon) en de Asria
(Asträa)“; die fechs Behänge meffen diesmal nur 185% Quadratellen (5% Ellen hod),
8, 7, 6, 6, 5, 4% Ellen lang), der Einheitspreis ift mit 8 Gulden 10 Stuivers der gleiche.
Verhältnismäßig teuer ftellt fid) die „camer fyne lantsdhappen sonder (ohne) historien
alleenlyck maar met vevogelte (Vögel) ende bestjens (Gieren)“, deren fieben üeppiche
(8, 7, 6 V4, 6, 5, 472, 4x/8 Ellen lang, 51fg Ellen hoch, 209% Quadratellen Inhalt) gleich-
falls mit 8 Gulden 10 Stuivers normiert werden. „Een grove camer van ses stukken
landfd)appen met groote ved)tende gedierte lande 8, 7, 6, 6, 5, 4 eil inhoudende 184%
eil tot 4 gld. 5 st. d’el“ fdjließt den Reigen. Die Gefamtvergütung beläuft fid) auf nicht
weniger als 9719 Gulden 17 Stuivers3. Der Gedanke liegt nahe, die Mehrzahl der
aufgeführten Folgen als ßandelsware, nicht als Erzeugnis des Crad)tfd)en Ateliers zu
bewerten; die ftändige Wiederholung ein und derfelben Reihe fd)ließt die Annahme
aus. Bereits am 20. Juni 1648 liefert der Meifter an Friedrich Wilhelm von Branden-
burg, den Großen Kurfürften, die aus acht Behängen zufammengeftellte Gefd)id)te der
Iphigenia und des Orestes. Der Inhalt bleibt mit 271 Quadratelien ziemlich der gleiche,
der Einheitspreis wird für feine „Ceurvorstelicke Doorluchtigheyt“ etwas in die F)öt)e
gefchraubt (11 gld. 10 ft.). Auch die „feinen Landfdhaften“ mit der rührfamen FJiftorie
C61adons und Afträas finden wir wieder. Es kommen diesmal nur fünf Behänge —
8,7%, 6, 5, 4 Ellen lang, 5% Ellen hoch — zum Normalpreife von 10 gld. 5 ft., gegenüber
8 gld. 10 ft., zur Ablieferung. Eine „fyne“ Landfd)aftsfolge — fieben Behänge mit
196% Quadratellen — fdjließt mit einem Anfafee von 10 Gulden 5 Stuivers den Auftrag.
Der Mittelsmann, ein Rentmeifter Konrad Mol, fcheint nicht fonderlich gefchickt im
Einkäufe verfahren zu fein, oder füllten feine Provifionsfähe fid) allzu ftark bemerkbar
machen? Jedenfalls läßt er fich vorfichtshalber eine notarielle Beglaubigung des Kauf-
preifes ausfertigen3.

1 A. Bredius; Prijzen van tapijten omstreeks 1650: in Oud holland 1911, s. 191 ff.
a 1. July 1649. Amfterdam, Not J. v. Swieten. Id) verdanke die notariellen Auszüge dem Ent-
gegenkommen des herrn Direktor Dr. Bredius. Das Amfterdamer Nederlandfd)e Mufeum ftellte mir
liebenswürdiger ttleife Abfd)riften zur Verfügung.
8 6. July 1648. Notaris J. van 3wieten. 51,

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