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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 14.1922

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Heft 22
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Pazaurek, Gustav Edmund: Die Wiener Gläserausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.33342#0920

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größte Überrafchung der ganzen Äusftellung bildeten, befinden, wenn ficb das Farbenglas vom
Goldrubin und den vermiedenen Überfängen bis zu den einzelnen Varianten der Lafur- und Äz-
gläfer fo gut verfolgen läßt, und wenn audb die unglaubliche Mannigfaltigkeit der Sd)lifformen
fo ftattlid) zu Gage tritt, wird man mit folcben Ergebniffen überaus zufrieden fein können, zumal
fie an Mannigfaltigkeit und Qualität die beiden vorangehenden Onternehmungen auf diefem Ge-
biete, die das Prager Kunftgewerbemufeum fchon früher, zum Geil vor dem Kriege veranftaltet
hatte, erheblich überragen. Jedenfalls beweift die fd)öne Cüiener Mufeumsausftellung, daß gerade
die Biedermeierzeit auf den Gebieten, für die das Monumentale nicht in Betracht kommt, überaus
liebenswürdige Gegenftände hervorgebrad)t hat, die die Beliebtheit diefer Periode verftändlid)
machen, find juft das Glas hat fo recht die anmutige, mitunter auch etwas füßlidje 3eitftimmung
ganz vortrefflich getroffen und gerade darin die anderen Materialgruppen erheblich überragt, felbft
die der Qauptfpezialität jener Gage, nämlich der tüunfchkarten, die unfere Glasdekorateure fo
häufig in ihren Arbeiten ausgenu&t haben.
Man kann pich kaum einen größeren Gegenfatj vorftellen, als eben die genannte, harmlos fym-
phatifdje 3eit, die nun rund 100 Jahre hinter uns liegt und in welcher GCIien die Hauptrolle fpielte,
und unfere Gage, in denen die ehemalige Kaiferftadt an der Donau politifd) und wirtschaftlich
von ihrem Chron geftürtjt wurde und von allerhand ungebetenen Gäften aus der Ferne nichts
weniger als harmlos nach allen Richtungen ausgepowert wird. Vielleicht aber auch gerade darum
wird der Befucb diefer Äusftellung manchem, der das lebensluftige und kunftfrobe tüien von glück-
licheren Gagen her kannte, noch eine kleine, allerdings wehmutsvolle Freude bereiten können.
Ende November wird diefe mühevolle Veranftaltung wieder in alle Klinde zerftoben fein. Aber
wenigjtens eins wird uns dann zum ewigen Gedächtnis Zurückbleiben, ein über 3 hahundert Seiten
umfaffender, ungemein forgfältig verfaßter und reich illuftrierter Katalog, auf den das Öfterreichifche
Mufeum, und fpeziell Hofrat von Grenkwald, auf deffen Schultern die ganze Arbeit allein lag,
ftolz fein kann. Der Preis von 50000 Kronen für einen Ausftellungskatalog ift allerdings in der
Gefcbicbte unferer Mufeen etwas Neues; früher hat die größte Mufeums-Äusftellung kaum foviel Aus-
lagen verurfacht, wie heute ein einziges Exemplar des Katalogs koftet. Doch die Reichhaltigkeit und
Gediegenheit des Cextes, der durch 39 zum Geil farbige Abbildungen unterftütjt wird, rechtfertigt
bei den derzeit pbantaftifcben H^ftellungskoften folcher Druckwerke den ungewöhnlichen Buch-
preis. Man muß befürchten, daß diefer Ausftellungskatalog innerhalb unferer Mufeen wohl leider
auf abfehbare 3eit nicht fehr viele Nachfolger finden wird, da es immer eine tüagnis bleibt, mit
derartigen Summen zu rechnen. Aber erfreulicherweife findet der Katalog, wie man hört, trotj
feines hohen Preifes ungemein viel Änklang, fo daß man doch die Hoffnung ausfprechen darf
daß das Öfterreichifche Mufeum für die riefige Mühe diefer Äusftellung nicht noch durch befondere
Auslagen geftraft werde. Gleiches andere Mufeum würde es fonft noch wagen, eine ähnliche, für
die wiffenfchaftliche Forfchung wie für die Befruchtung moderner Produktion gleichbedeutende
Äusftellung zu unternehmen?

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