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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 14.1922

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Heft 24
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Basler, Adolphe: Die neue Plastik in Frankreich
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https://doi.org/10.11588/diglit.33342#1002

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Morts“, das in diefen Cagen in Mont de Massau enthüllt worden ift, [teilt rechts eine
alte Bäuerin dar, deren Kopf mit dem gedrungenen Fjals in einer Kappe fteckt, eine
[tämmige [tumme Maffe, links eine junge Frau, die ein Kind trägt, ein niedergedrückter
gebeugter Block, der pich an eine Mauerecke [tüt^t. Man fielet, wieviel Despiau über
die Gefetje der Architektur nachgedacht hat- Die großen Proportionen machen den
lüert eines Monumentes aus. Die Form muß vereinfacht werden und die Einzelheiten
zurücktreten. Dennoch weiß Despiau darin Feinheiten zu fchaffen, zart gegliederte
Formen, die das Licht an flc±) reißen und durch freie Ausdehnung die Oberflächen ver-
einigen und Erhabenheiten als Flachrelief erfcheinen laffen.“
Von Rodin gänzlich unabhängig zeichnet Maillol der Bildhauerkunft Richtlinien, die
Form von dem Gefeb des benutzten Materials beftimmen zu laffen. Er war den Jüng-
ften der eigentliche Bahnbrecher; fo Archipenko und Brancousi, deren ftrenge
Form auf mathematifche Proportionen und fubjektive Darftellung der Naturelemente
gegründet ift, in gleicher Cöeife bei dem Polen Elie Nadelmann. Dem Beifpiel
Despiaus und Maillos folgte Lehmbruck, deffen Kunft in ihrer reinen 3ar*heit an die
Lyrik rheinifcher Skulpturen des 14. und 15. Jahrhunderts erinnert, in gleicher Cüeife
der Spanier Manolo, der Franzofe tülairick, der fid) eng an Despiau lehnt, endlich
Gimond und Chana Orlof.
Ich übergehe den verächtlichen Archaismus eines Jofeph Bernard, ebenfo die minder-
wertige Artifterie des Engländers Epftein und ende mein Effay mit dem wiederholten
ßinweis auf die ard)itekturale Cendenz, die pich zuerft in Brancousis und Ärchipenkos1
tüerken klar ausprägte, der der verftorbene Duchamp-Villon, Laurens, Csaky,
Gudfreund und Jaques Lipfchife folgten. Bei ihnen wird die Skulptur zum Syftem,
zu einer gedanklichen Kombination, einem Mechanismus von Profilen und Ornamenten;
ihre abftrakten Ideen, die pie zu materialifieren beftrebt Pind, verlangen baukünftlerifche
Anwendung von einer Architektur, die jede lüillkür ausfchließt und nur unbedingt
Konftruktives zuläßt. Aber fchließlich wird die Entwicklung fetbft einen (Lieg nehmen,
auf dem die Scheidung von Architektur und Plaftik ihr Ende findet.

1 Archipenko ift es, welcher als Erfter die Eigenfchaften des gement (Steingut, Beton), von
Metall und Blech fchäjjt und deren welttragende Fähigkeiten vorausfab.


Max P. Cüatenphul. Radierung.

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