die ſchöne Bürde empfing. Wie der Brillant aus ſeiner
goldenen Faſſung, ſtrahlte Nataliens reich geſchmücktes Haupt
aus der umgeworfenen Enveloppe hervor. Unter einem
ſüßlichen, zufriedenen Lächeln nahm der General an ihrer
Seite Platz. Seine Rechte wagte ſich ſchützend um des
Mädchens Achſel zu legen, indeß die Linke eine brennende
Kerze trug. Dieſelbe verloſch, ob abſichtlich oder durch
den Luftzug der ſchnellen Auffahrt, bleibt unerwieſen. Un-
ter dem Schutze der ſie umgebenden Dunkelheit und be-
geiſtert durch die Nähe der ſchönen Nachbarin, unterſtand
ſich der eitle Franzmann, derſelben eine feurige Liebeser-
klärung zu machen und ſolche mit einem kühneren Umfaſ-
ſen zu begleiten.
Ein Glück war es, daß der Schwan ſein Ziel erreicht
hatte. Voll Abſcheu über die unverſchämte Zudringlichkeit
des Gecken wäre Natalie vielleicht rückſichtslos über Bord
geſprungen. Sie würde ohne Weiteres die Treppen wie-
der hinunter geeilt ſein, hätten nicht die beiden jungen
Männer ſie ſofort in Empfang genommen. Zorngeröthet,
erhitzt, nach Faſſung ringend, vermochte das arme Mäd-
chen kaum eine kleine Entſchuldigung und die Bitte her-
vorzuſtammeln, ihr das brennende Dorf zu zeigen. Beide
Freunde beeilten ſich, ihren Wunſch zu erfüllen und ge-
leiteten ſte nach dem Punkte, von wo aus man die Feuers-
brunſt überſehen konnte. Der General ſah ſich verlaſſen,
hintenangeſetzt und murmelte Flüche zwiſchen den Zähnen.
Indeß füllte ſich der Platz mit Ballgäſten. Die ſtille
Sternwarte geſtaltete ſich in ein lautes Konverſationszim-
mer. Natalie aber verſuchte, ſich unbemerkt davon zu
ſtehlen. Mit Ausnahme Korks gelang ihr dies.
„Wollen Sie ſich ſchon wieder entfernen, mein Fräu-
lein ?“ ſprach er mit ſanfter, wohlthuender Stimme.
„Ja, mein Herr! ich fürchte, daß mir die Nachtluft
nicht bekommen möchte.“
„Wollen Sie nicht Gebrauch von der Flugmaſchine
machen?“
„Nein! nein! rief Natalie mit Heftigkeit. „Ich bin
ſehr ſchwindlich“ — ſetzte ſie, über ihre eigene Haſt er-
ſchreckt, ſanfter hinzu.
»„So erlauben Sie mir wenigſtens, daß ich Ihnen vor-
leuchte.“ Er ergriff eine Kerze und ſchritt voran. Stumm
folgte Natalie. Unverwandt heftete Kork ſeine Augen auf
die kleinen Füße, welche über die Stufenreihe hinab hüpf-
ten. Ein leiſer Seufzer entglitt ſeiner Bruſt, als die
Wanderung beendigt war. Er hätte es lieber geſehen,
wenn das Haus der babyloniſche Thurm geweſen wäre.
„Ich danke ſehr,“ ſprach Natalie an der Thür ihrer
Wohnung. „Gute Nacht, Herr Kork!“
Gedankenvoll ſtieg dieſer wieder hinauf. Die Leuchte
in ſeiner Hand war verlöſcht. Da hörte er oben den Ge-
neral bei ſeinem Einſteigen in die Maſchine zu dem zwei-
deutigen Chaſſeloup ſprechen: „Wer ſind dieſe beiden jun-
gen Abenteurer, mit denen die Schönen des Hauſes ſo
vertraut umgehen?“
Die Abfahrt verſchlang die gegebene Antwort. Die
Sternwarte war geräumt und Adolph ſelig. Wonnetrun-
ken preßte er ſeinen Freund an die hochſchlagende Bruſt.
„Saheſt Du die Himmliſche leuchten in ihrem hehren
Glaze?“ rief er. „Nie erblickt' ich ein ſchöneres, aber auch
—
kein befferes Weſen. Die Herzensgüte ſpricht aus ihrem
ſeelenvollen Auge und mich Unbedeutenden würdigte ſie ih-
rer Unterhaltung. Mein muß ſie werden und länger nicht
verſchiebe ich mein Glück, das ſo hold mir lächelt. Wich-
tiges hab ich Dir entdecken.“ ö
Bis zum Morgen faſt plauderten die Freunde.
Der Ueberfall.
Der eingetretene Waffenſtillſtand hatte den kriegeri-
ſchen Parteien Ruhe geboten. Die Nichten des Geheime-
raths benutzten dieſelbe zu einem Ausfluge auf das Land-
gut, dadurch den fortgeſetzten Werbungen des Generals zu
entgehen. Ihre Abweſenheit hatte das Haus todt und die
Sternwarien Bewohner traurig gemacht. Einige Tage er-
trug Adolph dieſe Pein, dann ließ er durch den Aufwär-
ter, einen angenommenen, zuverläſſigen Menſchen, zwei
Pferde miethen.
„Komm,“ ſprach er zu Hugo, „laß uns die Kataſtro-
phe beſchleunigen. Der heutige Tag möge entſcheiden
Allein ich fühle mich zu ſchwach dem Unternehmen. Zum.
Kinde bin ich geworden, das hinter die Mutter ſich ſtellt,
will es vom Vater einen Wunſch erfüllt haben. Sei Du
mir eine ſolche. Führe meine Sache bei Eugenien. Dir
iſt die ruhige Beſonnenheit geblieben, — mir nicht. Ver-
trauensvoll lege ich die Entſcheidung meines Geſchicks in
Deine Hand. Vergiß nicht, daß mein Glück mit dem
Deinigen auf das Innigſte verknüpft iſt.“
Sie ſtiegen auf und trabten davon. Noch vor der
Mittagszeit hatten ſie das Gut erreicht. Adolph blieb im
Gaſthof zurück, wo er mit eiligen Schritten das verlangte
Zimmer maß. Hugo begab ſich nach dem Schloſſe und
ließ Fräulein Natalie um eine kurze Unterredung bitten.
Jungfer Babet kam ihm mit der Nachricht entgegen, daß
Fräulein Natalie mit der Comteſſe nach der Inſel gefah-
ren ſei, und beſchied ihn um halb ein Uhr wieder. Be-
vor Kork zum Wirthshauſe zurückkehrte, ſuchte er die Ufer
des maleriſchen See's auf. Freudig ſchrack er zuſammen,
als er auf ſeinem früheren Sitze Natalie in Gedanken
verſunken erblickte. Der Schall ſeiner Schritte weckte ſie
aus ihrem Traume.
„Sie hier, Herr Kork?“ ſprach ſie überraſcht und er-
hob ſich. „Es iſt doch meinem Onkel kein Unglück zuge-
ſtoßen?“ ö
„Nein, mein Fräulein,“ entgegnete Hugo. „Wenn ich
es wagte, Ihre Ruhe zu ſtören, ſo geſchah es nur aus
dem Grunde, Gewißheit über eine höchſt wichtige Sache
von Ihrer Güte zu erhalten.“
„Von mir? Welche wichtige Sache?“ entgegnete Na-
talie ganz betreten.
„Erlauben Sie mir, die Sache in aller Kürze vor-
zutragen. Meinen Freund Adolph verzehrt eine unbe-
iwingliche Leidenſchaft zu Ihrer erhabenen Fräulein Cou-
ſine. Wiewohl ſonſt nicht furchtſam, iſt er in dieſer al-
lerdings höchſt entſcheidenden Angelegenheit zu ſchüchtern,
um dieſelbe allein zu betreiben. Er hat mich daher mit
dem Auftrage beehrt, Sie, mein Fräulein, auszuforſchen,
ob er wohl bei ſeiner Bewerbung um die Hand Ihrer
„Conſine eines nicht ungünſtigen Erfolges ſich erfreuen
werde oder nicht. Sie ſehen, mein Fräulein, daß ich die
goldenen Faſſung, ſtrahlte Nataliens reich geſchmücktes Haupt
aus der umgeworfenen Enveloppe hervor. Unter einem
ſüßlichen, zufriedenen Lächeln nahm der General an ihrer
Seite Platz. Seine Rechte wagte ſich ſchützend um des
Mädchens Achſel zu legen, indeß die Linke eine brennende
Kerze trug. Dieſelbe verloſch, ob abſichtlich oder durch
den Luftzug der ſchnellen Auffahrt, bleibt unerwieſen. Un-
ter dem Schutze der ſie umgebenden Dunkelheit und be-
geiſtert durch die Nähe der ſchönen Nachbarin, unterſtand
ſich der eitle Franzmann, derſelben eine feurige Liebeser-
klärung zu machen und ſolche mit einem kühneren Umfaſ-
ſen zu begleiten.
Ein Glück war es, daß der Schwan ſein Ziel erreicht
hatte. Voll Abſcheu über die unverſchämte Zudringlichkeit
des Gecken wäre Natalie vielleicht rückſichtslos über Bord
geſprungen. Sie würde ohne Weiteres die Treppen wie-
der hinunter geeilt ſein, hätten nicht die beiden jungen
Männer ſie ſofort in Empfang genommen. Zorngeröthet,
erhitzt, nach Faſſung ringend, vermochte das arme Mäd-
chen kaum eine kleine Entſchuldigung und die Bitte her-
vorzuſtammeln, ihr das brennende Dorf zu zeigen. Beide
Freunde beeilten ſich, ihren Wunſch zu erfüllen und ge-
leiteten ſte nach dem Punkte, von wo aus man die Feuers-
brunſt überſehen konnte. Der General ſah ſich verlaſſen,
hintenangeſetzt und murmelte Flüche zwiſchen den Zähnen.
Indeß füllte ſich der Platz mit Ballgäſten. Die ſtille
Sternwarte geſtaltete ſich in ein lautes Konverſationszim-
mer. Natalie aber verſuchte, ſich unbemerkt davon zu
ſtehlen. Mit Ausnahme Korks gelang ihr dies.
„Wollen Sie ſich ſchon wieder entfernen, mein Fräu-
lein ?“ ſprach er mit ſanfter, wohlthuender Stimme.
„Ja, mein Herr! ich fürchte, daß mir die Nachtluft
nicht bekommen möchte.“
„Wollen Sie nicht Gebrauch von der Flugmaſchine
machen?“
„Nein! nein! rief Natalie mit Heftigkeit. „Ich bin
ſehr ſchwindlich“ — ſetzte ſie, über ihre eigene Haſt er-
ſchreckt, ſanfter hinzu.
»„So erlauben Sie mir wenigſtens, daß ich Ihnen vor-
leuchte.“ Er ergriff eine Kerze und ſchritt voran. Stumm
folgte Natalie. Unverwandt heftete Kork ſeine Augen auf
die kleinen Füße, welche über die Stufenreihe hinab hüpf-
ten. Ein leiſer Seufzer entglitt ſeiner Bruſt, als die
Wanderung beendigt war. Er hätte es lieber geſehen,
wenn das Haus der babyloniſche Thurm geweſen wäre.
„Ich danke ſehr,“ ſprach Natalie an der Thür ihrer
Wohnung. „Gute Nacht, Herr Kork!“
Gedankenvoll ſtieg dieſer wieder hinauf. Die Leuchte
in ſeiner Hand war verlöſcht. Da hörte er oben den Ge-
neral bei ſeinem Einſteigen in die Maſchine zu dem zwei-
deutigen Chaſſeloup ſprechen: „Wer ſind dieſe beiden jun-
gen Abenteurer, mit denen die Schönen des Hauſes ſo
vertraut umgehen?“
Die Abfahrt verſchlang die gegebene Antwort. Die
Sternwarte war geräumt und Adolph ſelig. Wonnetrun-
ken preßte er ſeinen Freund an die hochſchlagende Bruſt.
„Saheſt Du die Himmliſche leuchten in ihrem hehren
Glaze?“ rief er. „Nie erblickt' ich ein ſchöneres, aber auch
—
kein befferes Weſen. Die Herzensgüte ſpricht aus ihrem
ſeelenvollen Auge und mich Unbedeutenden würdigte ſie ih-
rer Unterhaltung. Mein muß ſie werden und länger nicht
verſchiebe ich mein Glück, das ſo hold mir lächelt. Wich-
tiges hab ich Dir entdecken.“ ö
Bis zum Morgen faſt plauderten die Freunde.
Der Ueberfall.
Der eingetretene Waffenſtillſtand hatte den kriegeri-
ſchen Parteien Ruhe geboten. Die Nichten des Geheime-
raths benutzten dieſelbe zu einem Ausfluge auf das Land-
gut, dadurch den fortgeſetzten Werbungen des Generals zu
entgehen. Ihre Abweſenheit hatte das Haus todt und die
Sternwarien Bewohner traurig gemacht. Einige Tage er-
trug Adolph dieſe Pein, dann ließ er durch den Aufwär-
ter, einen angenommenen, zuverläſſigen Menſchen, zwei
Pferde miethen.
„Komm,“ ſprach er zu Hugo, „laß uns die Kataſtro-
phe beſchleunigen. Der heutige Tag möge entſcheiden
Allein ich fühle mich zu ſchwach dem Unternehmen. Zum.
Kinde bin ich geworden, das hinter die Mutter ſich ſtellt,
will es vom Vater einen Wunſch erfüllt haben. Sei Du
mir eine ſolche. Führe meine Sache bei Eugenien. Dir
iſt die ruhige Beſonnenheit geblieben, — mir nicht. Ver-
trauensvoll lege ich die Entſcheidung meines Geſchicks in
Deine Hand. Vergiß nicht, daß mein Glück mit dem
Deinigen auf das Innigſte verknüpft iſt.“
Sie ſtiegen auf und trabten davon. Noch vor der
Mittagszeit hatten ſie das Gut erreicht. Adolph blieb im
Gaſthof zurück, wo er mit eiligen Schritten das verlangte
Zimmer maß. Hugo begab ſich nach dem Schloſſe und
ließ Fräulein Natalie um eine kurze Unterredung bitten.
Jungfer Babet kam ihm mit der Nachricht entgegen, daß
Fräulein Natalie mit der Comteſſe nach der Inſel gefah-
ren ſei, und beſchied ihn um halb ein Uhr wieder. Be-
vor Kork zum Wirthshauſe zurückkehrte, ſuchte er die Ufer
des maleriſchen See's auf. Freudig ſchrack er zuſammen,
als er auf ſeinem früheren Sitze Natalie in Gedanken
verſunken erblickte. Der Schall ſeiner Schritte weckte ſie
aus ihrem Traume.
„Sie hier, Herr Kork?“ ſprach ſie überraſcht und er-
hob ſich. „Es iſt doch meinem Onkel kein Unglück zuge-
ſtoßen?“ ö
„Nein, mein Fräulein,“ entgegnete Hugo. „Wenn ich
es wagte, Ihre Ruhe zu ſtören, ſo geſchah es nur aus
dem Grunde, Gewißheit über eine höchſt wichtige Sache
von Ihrer Güte zu erhalten.“
„Von mir? Welche wichtige Sache?“ entgegnete Na-
talie ganz betreten.
„Erlauben Sie mir, die Sache in aller Kürze vor-
zutragen. Meinen Freund Adolph verzehrt eine unbe-
iwingliche Leidenſchaft zu Ihrer erhabenen Fräulein Cou-
ſine. Wiewohl ſonſt nicht furchtſam, iſt er in dieſer al-
lerdings höchſt entſcheidenden Angelegenheit zu ſchüchtern,
um dieſelbe allein zu betreiben. Er hat mich daher mit
dem Auftrage beehrt, Sie, mein Fräulein, auszuforſchen,
ob er wohl bei ſeiner Bewerbung um die Hand Ihrer
„Conſine eines nicht ungünſtigen Erfolges ſich erfreuen
werde oder nicht. Sie ſehen, mein Fräulein, daß ich die