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Heidelberger Volksblatt (5) — 1872

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Nr. 62 - Nr. 70 (3. August - 31. August)
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Nr. 63.

Mittwoch, den 7. Auguſt 1872.

deh

Erſcheint Mittwoch und Samſeag. Preis monatlich 19 kr. Einzelne Nummer K 2 kr. Man abonntrt in der Druckerei, Schi, aa ſſea ö
ö und bei den Trägern. Auswärts bei den Landboten und Poſtanſtalten.

Johannes Guttenberg und Peter Schöffer.
(Fortſetzung.) ö
Er hatte alſo wenigſtens den letzten Theil ihrer
Unterredung mit angehört vund war mehrere Male in
Verſuchung geweſen, hervorzutreten und ſein verwege-
nes Kind durch ſein Erſcheinen zu Boden zu ſchmet-
tern; allein die Beſonnenheit, welche ihn auszeichnete,
er ſich verborgen, bis Beide in das Haus zurückkehr-
ten, worauf er ihnen unbemerkt nachfolgte. Die erſte

der Schreiber ſelbſt; er kam, um Chriſtinen, wie ſonſt,
Unterricht zu ertheilen, eine Pflicht, dié er jetzt nur zu
gern übte. ö

Jene verrätheriſche Ader, die den Zorn in ihnt

Allen, die ihn kannten, verkündeten, zeigte ſich auf

Fuſts Stirne bei dem unerwarteten Anblicke des jun-

gen Mannes; doch beherrſchte er ſich auch jetzt und
gebot Schöffer, ihm in ſein eigenes Zimmer zu folgen,
ſtatt ſich zu ſeiner Schülerin zu begeben.
„Her Peter,“ ſagte er, als er ſich dieſem allein

Anſtrengung, die er machte, durch ein leiſes Beben
ſeine innere Aufgeregtheit kund that, „Herr Peter,
meine Tochter bedarf Eures Unterrichts nicht ferner,

jetzt alles Ernſtes an eine paſſende Vermählung Chri-

die arge Welt vielleicht Anſtoß daran nehmen, wenn
ſie noch ferner Euren Unterricht genöſſe: ich denke,
Ihr verſteht mich, Herr Schöffer,“ fügte er mit einer
etwas ſtärkeren Betonung der letzten Worte hinzu, und
jungen Mans, daß dieſer verwirrt den feinigen zu
Boden ſchlug.
Es war ihni unmöglich, zu antworten; das Her
zog ſich ihm krampfhaft in der Bruſt zuſammen: er ſah

ſein zartes, ſich kaum ſelbſt geſtandenes Geheimniß er-

rathen, und das von einem Manne, vor dem er es
gern auf immer hätte verbergen mögen!

Fuſt ſchien ſeine Verwirrung nicht bemerken zu

wollen, und fuhr mit anſcheinder Ruhe fort:

verkenne, dis Ihr mir bisher, theils in Geſchäften,

Euch und mir in der Folge bringen kann.“
gewann die Oberhand über ſeinen Zorit, und ſo hielt

warf zugleich einen ſo durchdringenden Blick auf den

ertheilt habt, geleiſtet, noch daß ich ſie mit Undank

belohnen will; vielmehr bleiben wir, ſo hoffe ich, nach

wie vor Freunde und unterſtützen uns gegenſeitig mit

Rath und That; auch wünſche ich, daß ihr noch wei-

tere Fortſchritte in der vom Junker Guttenberg erfun⸗—

denen Kunſt machen und Euch davon ſo viel als mög-
lich aneignen möget, denn man kann nicht wiſſen, wo-

hin das noch einmal führen und welche Vortheile es

Er verbeugte ſich bei dieſen Worten gegen Sch

öffer,

reichte ihm die Hand, und forderte ihn auf dieſe Weiſe.
auf, ſich zu entfernen.
Perſon, welche ihm bei der Rückkehr begegnete, war

Schöffer ging — nein, er ſtürzte gleichſam die

Steige der Wendeltreppe, welche aus dem Hauſe führte,
hinunter, mit welchen Gefühlen, läßt ſich denken.

Alle ſeine Hoffnungen waren wie mit einem Schlage
vernichtet und er ſah ſich und ſeine Liebe rettungs-
tos verloren; denn wie hätte er hoffen ſollen, den
Kampf mit einem Manne, wie Johann Fuſt, zu be-

ſtehen? Hätte dieſer ihm gezürnt, ihm gedroht ob ſei-
ner Liebe zu Chriſtinen, die, das wußte er jetzt mit
Gewißheit, ihrem Vater kein Geheimniß mehr war; ſo
hätte er noch hoffen dürfen, den Sturm, der ſich gegen
gegenüber befand, mit einer Stimme, die trotz aller ſein

ſein Glück erhob, zu beſchwören; allein wie eine tücki-

ſche Zugluft, die heimlich das Leden uns ſiiehlt, hauchte

Fuſt ſeine Liebe, und mit dieſer zugleich ſein ganzes
ö irdiſches Glück an; wie eine Schlange ziſchtée, kaum
und ſo bitte ich Euch hiemit, denſekben aufgeben zu ö
wollen. Um offen gegen Euch zu ſein, ſo denke ich

vernehmbar, aus ſeinem Hinterhalte hervor, in dem er
den tödtlichen Stich vollführte, und entwand ſich, gleich

Err einer ſolchen, der nach ihm zugreifenden Hand.
ſtinens mit einem Manne meiner Wahl, und da dürfts

Johann Fuſten war nicht beizukommen, ihm nicht,

der mit feſtem⸗ unverwandtem Auge ſtets auf das ſich
vorgeſteckte Ziel ſah, und der als Sieger aus jedem
Kampf hervorgehen mußte, weil er ſich ſelbſt zu be⸗ ö

herrſchen verſtand, wie kein Anderer. ö ö
Dieſe und ähnliche Vorſtellungen und Gedanken
waren es, die den jungen Mann auf ſeinem Wege nach

Hauſe beſchäftigten.

Als er mit eiligem Schritte, um zu ſeiner Herberge
zu gelangen, an der Behauſung des Meiſter Jacob
vorüberſtreifen wollte, hörte er ſich bei Namen rufen,

und als er ſich nach dem Rufenden umſah, erblickte er

den Meiſter ſelbſt in der Thüre ſeines Hauſes.
„Wohin ſo eilig, Herr Schreiber, als ob Euch der

Aund ſu E ühe fort: (Kopf brennte?“ fragte ihn dieſer; „was gibt's denn,
„Wähnt nicht, Herr Schreiber, daß ich die Dienſte Pdaß Ihr nicht einmal auf den Gruß eines Freundes
erkenne, dis Ihr bört?“ ö
theils durch den Unterricht, den Ihr meiner Tochter

„Verzeiht, edler Meiſter, ich ſah Euch nicht,“ ſtam-
 
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