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Heidelberger Volksblatt (5) — 1872

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Nr. 62 - Nr. 70 (3. August - 31. August)
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Nr. 64.

Samſtag, den 10. Auguſt 1872.

5. Jahrg.

Errcheint Mittwoch und Samſcag. Preis monatlich 12 kr.
und bei den Trägern.

Einzelne Nummer à 2 kr.
Auswärts bei den Landboten und Poſtanſtalten.

Man abonntrt in der Druckerei, Schiſg. ſſel

Johannes Guttenberg und Peter Schöffer.
ö (Fortſetzung.)

9.

„Ihr kommt zur guten Stunde,“ ſaͤgte der Meiſter,
deſſen Geſicht ſich gleich aufhellte, ſo wie er den wer-
then Freund erblickte, „und könnt mir vielleicht helfen.
Seht her, welchen Schaͤden die neuen Lettern, auf die

ich ein ſo großes Vertrauen ſetzte, angerichtet haben;

ſie ſind, wie ich jetzt leider zu ſpät einſehe, völlig un
brauchbar, und wieder ſind Geld und Mühe verloren.
Habt⸗ Ihr von den Eurigen bei Euch, daß wir damit
eine Probe machen können?“

„Sie ſind im Hauſe, aber ich hole ſie Euch gleich,“ *

verſetzte Schöffer.

„So thut das, und ſo ſchnell als möglich, damit
ich mich über dieſe Sache beruhige, die mir die Laune

verdirbt.“ —
Schöffer ging und kehrte bald mit einem Käſtchen
wieder, in dem er die in Paris gegoſſenen Lettern auf-
bewahrt hatte. Ulrich Zell, der flinke Gehülfe, ſetzte
gleich einige Zeilen davon, und Johannes Medinbach
druckte ſie erſt auf Pergament,

berg ſeinen Freund vor Freude umarmte.

bens gearbeitet und Eure edle Zeit nicht an Unnützes
verloren habt?
mir zugeführt wurdet,
Euch? Auch beſſer geſtaltet, ſchärfer und klarer ſind
Eure Lettern, als die meinigen, dies muß der Neid
ihnen ſelbſt laſſen; das kommt daher‚ bl Ihr ein weit
beſſerer Schreiber ſeid, als ich. Ihr ſolltet aber jetzt

Euer früheres Gef ſchäft nur ganz an den Ragel hän-

gen und zu dem meinigen übertreten, denn vereint
werden wir, ſo hoffe ich zu Gott, etwas recht Tüchti-
ges liefern; was ſagt Ihr zu dem Vorſchlage, Freund
Schöffer?“

Ich willige freudig ein, und Ihr kamet nur mei-
nem eigenen Wunſche entgegen, 5* war Schöffers Ant-

wort.

„Da redet Ihr ein Wort, das mir Freude macht;

alſo topp, Ihr ſeid von nun an mein wackerer Ge-
hülfe?“

„Mit Leib und Seele, auf Leben und Tod!“ rief

fragte Schöffer betroffen.

dann auf Papier ab,
und ſie entſprachen ſo ſehr dem Zwecke, daß Gutten“

Geſegnet ſei die Stunde, in der Ihr
denn was wäre ich jetzt ohne

ſich Alles erlauben wuͤrde, ſelbſt das Unedelſte.

Schöffer und ſchlug freudig ein. „Jetzt aber gönnt
mir, ſofern es Eure Zeit erlaubt, einige Augenblicke
geheimes Gehör, denn ich habe Euch etwas zu ſagen,“
fügte er hinzu.
„Für Euch habe ich immer Zeit, mein wackerer
Geſelle; folgt mir, wenn Ihr wollt, in den Garten
hinab; dort unter den grünen Bäumen ſchwatzt es ſich

noch einmal ſo traulich. 0

Beide gingen in den Garten, und hier ſchloß Schöf-
fer ſein ganzes Herz vor dem Freunde auf, bat und
beſchwor ihn, durch kluges Geheimhalten ihrer Kunſt
und Beſtrebungen der Schutzengel ſeiner Liebe zu Chri-

ſtinen werden zu wollen.

Guttenberg hörte ihm aufmerkſam, und ohne ihn
zu unterbrechen zu; dann ſagte er ernſt, ja faſt be-
kümmert:
„Eure Stunde hat alſo auch geſchlagen, Herr Pe-
ter? Ich wollte, daß es anders, daß die Kunſt Eure
einzig Geliebte wäre, wie ſie in Wahrheit die einzige

iſt, die uns treu bleibt und keinen Kummer macht.“

„So haßt Ihr die Liebe, Meiſter? ſo haltet Ihr
ſie für unvereinbar mit einem künſtleriſchen Leben?“
„Wie, Ihr, den die Natur
in jeder Hinſicht ſo bevorzugt hat, Ihr hättet nie die
Süßigkeiten der Liebe geſchmeckt?“ ö
„Auch ich wurde, eben wie Ihr jetzt, in jüngern
Jahren ihre Beute; denn wer entgienge ihr wohl?“

ö Jbverſetzte Guttenberg; allein nur kurze Zeit hat ſie
„Seht Ihr,“ rief er, „daß Ihr doch nicht verge⸗ ich

ihre Zauber über mich ausgeübt, und glücklich fühlte

ich mich erſt dann, als ich ihre Feſſeln abgeſtreift und

mich ganz wieder zu meiner erſten Geliebten, der gött⸗—
lichen Kunſt, hingewandt hatte. Doch laſſen wir das,
mein Freund, denn dieſe n e berühren mich
auf eine unangenehme Weiſe, weil, ſo recht ich für
mich ſelbſt, doch ſo unrecht gegen das Weſen handelte,
dem ich die erſten und einzigen Geſühle meines Her-
zens weihte. Es iſt dies ein wunder Fleck in meinem
Leben, ja wohl gar ein faufer — darum nichts mehr
darüber! Was aber Eure Wünſche in Hinſicht unſerer
Kunſtgeheimniſſe betrifft, ſo gehe ich um ſo williger
darauf ein, da ich ſelbſt immer mehr Mißtrauen gegen
Herrn Johann Fuft faſſe, und ihn mehr und mehr
als den Mann erkenne, der aus gemeiner Gewinnſucht
Er·
wartet aber — dies ſage ich Euch offen — in Hinſicht
Eures Liebesverhältniſſes weiter keinen Vorſchub von
mir, denn ich betrachte es viel mehr für ein Unglück,
denn für ein Glück für einen Mann von Talent und
 
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