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Heidelberger Volksblatt (5) — 1872

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Nr. 62 - Nr. 70 (3. August - 31. August)
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Nr. 66.

Samſtag, den 17. Auguſt 1872.

— 5. Jahrg.

Erſcheint Mittwoch und Samſca g

Preis monatlich 12 kr. Einzelne Nummer à 2 kr.. Man abonnirt in der Druckeret, Schi,gaſſea

und bei dea Trägern. Auswärts bei den Landboten und Poſtanſtalten.

Selbſtachtung.

Die Menſchen ringen nach des Lebens Gütern,
Und Jeder ſucht das Gut vom höchſten Werthe,
Der mit der Waage, dieſer mit dem Schwerte,
Und machen ſich u eines Götzen Hütern.
Dein Ideal ſei auch dein höchſtes Gut!
In ihm liegt deines Lebens höchſter Werth.
Dein Ideal, — es werde Fleiſch und Blut!
Und dein iſt Alles, was die Welt begehrt.

Dein höchſtes Gut — ſuch's in des Geiſtes Schätzen,
Die dir kein äußerer Unfall kann zerſtören,
Die immer dein ſind, ſtets dir angehören
Und in den Stand des reinſten Glücks dich ſetzen.
Ein Menſch zu ſein, — das iſt das höchſte Glück,
Ein guter Menſch, der ſeiner That ſich freut,
Der immer vorwärts ſtrebt und nie zurück
Und wo er kann des Guten Saamen ſtreut.

Hoch ſteht das Leben, dem wir Alles danken,
Jedoch am höchſten nicht, wo das Gemeine,
Des Edlen Feind, verdrängt das Gute, Reine,
Kann wahres Glück am Lebensbaum nicht ranken.
Der Menſch iſt Geiſt, und für des Geiſtes Licht
Giebt willig hin der edle Menſch ſein Blut.
Das Laben iſt der Güter höchſtes nicht —
Selbſtachtung iſt des Lebens höchſtes Gut!

Johannes Guttenberg und Peter Schöffer.
(Fortſetzung.) ö

Von dieſem ſtillen Glücke, von dieſem beglückenden
Verkehr der Liebenden hatte Johann Fuſt keine Ahnung,
und ſo ängſtigte ihn jetzt um ſo mehr der Gedanke,
daß dieſe Liebe, die zu degünſtigen er nun geneigt war,
jetzt völlig in den Hintergrund der Herzen der beiden
jungen Leute getreten ſei. Dies mußte er zu erfor-
ſchen, ſich darüber Licht zu verſchaffen ſuchen.

10.

An einem Tage, als Schöffer, der mit der Adju-
ſtirung einer neuen Matrize eifrig“ beſchäftigt war, ſich

allein noch in der Werkſtatt befand, da die übrigen

Gehilfen ſich zum Vesperbrod entfernt hatten, trat
Ichann Fuſt zu dieſem ein.
Seine heiteren Geſichtszüge verriethen, daß er den
Zufall ſegnete, der ihn den jungen Mann allein an-
treffen ließ; er trat zu Schöffer, betrachtéte, nachdem
dieſer ihn flüchtig gegrüßt hatte, eine Weile die Arbeit,
und ergoß ſich dann in Lobreden über die große Ge-
ſchicktichkeit, die Schöffer an den Tag legte, und durch
die allein, wie er ſich ausdrückte, die neue Kun ſt zu.
etwas geworden ſei.
Schöffer lehnte kalt, aber entſchieden das ihm ge-
ſpendete Lob ab, und meinte, der Me ſter würde auch
wohl ohne ſeine Beihilfe auf dieſe Verbeſſerungen in
Hinſicht des Verfahrens gekommen ſein.
„Nicht doch,“ verſetzte Fuſt mit mehr Lebhaftigkeit,
als ihm ſonſt äußer lich eigen war; „nicht doch, Ihr
denkt allzu gering von Euren Fähigkeiten, Herr Peter,
und ſeid in der That zu beſcheiden.“
„Ich bin nur gerecht gegen den Meiſter, dem die
Kunſt alles zu verdanken hat,“ verſetzte Schöffer, „wäh-
rend mein Verdienſt ſtets nur ein kleines, untergeord-
netes ſein und bleiben wird. Dem geſchickten Bau-
meiſter, der den Riß eines ſchönen und ſtattlichen Ge-
bäudes entwirft, ihm die rechte Stelle anweist, den
Grund ſorgfältig bereiten läßt, ihm gebührt allein Lob
und Bewunderung, nicht aber denen, die nach ſeiner
Anweiſung dieſen Bau dann aufführen.“ ö
„Doch wenn die Hand eines geſchickten Malers die
Gemächer in dieſem Gebäude durch ſeinen Pinſel ſinn-
reich verziert, werdet Ihr ihm nicht auch ſeinen Theil
des Ruhmes zukommen laſſen müſſen, nicht auch ſeinen
Theil der Bewunderung?“ verſetzte Johann Fuſt. „Einen
ſolchen Künſtler achte ich Euch gleich, Herr Peter Schöf-
fer, mag auch Eure rühmliche Beſcheidenheit dagegen
einwenden, was ſie will.“ .
Schöffer ſchwieg, deun ſelbſt ein gerechtes Lob aus
ſolchem Munde, und nun gar auf Koſten ſeines ver-
ehrten Meiſters zu empfangen, behagte ihm nicht, und
Fuſt fuhr fort, indem er einen zutraulichen Ton an-
nahm: ö ö
„Mir iſt ſeit lange, Herr Peter, als hättet Ihr
etwas gegen mich, und das betrübt mich mehr, als Ihr
vielleicht glaubt. Sollte es Euch gekränkt haben, daß
der für den Ruf ſeiner einzigen Tochter beſorgte Va-
terL.
„Ich denke nicht mehr daran!“ verſetzte Schöffer
raſch und bog ſich auf ſeine Arbeit nieder, um die

brennende Röthe, welche ſeine Wangen bei dieſer un-
 
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