Sie ſchleppte ſich nun langſam fort, bis ſie ein zwei-
tes Dorf erreichte. Doch gelangte ſie nicht eher dahin‚
als bis ſchon die Mittagszeit eingetreten war. Wieder
kehrte ſie in einem dort befindlichen Wirthshauſe ein,
und ſtellte an die Wirthin dieſelbe Rede, wie ſie an
diejenige gerichtet, von der ſie ſo numenſchlich fortge-
wieſen worden. Dem Anſcheine wurde ſie hier beſſer
aufgenommen, obgleich das Geſicht dieſer Frau denſel-
ben Charakter, wie das der andern trug.
(Fortſetzung folgt.)
Mannichfaltiges.
(Klagelied für die ganze civiliſirte Welt.) Eine
Zeitung in Waſhington ſchrieb kürzlich: Die Jagd auf
den Hyppopotamus an den Ufern des Nil, auf den
Alligator in der Bai von Louiſiana, auf den Löwen
in Numidien, auf den Gorilla in Afrika, auf den Ti-
ger in Bengalen, den Bären in Schweden, den Wolf
in den Steppen Rußlands — ſolche Jagd iſt ein rei-
nes Kinderſpiel gegen die Jagd nach einem treuen,
fleißigen und beſcheidenen Dienſtmädchen!
(Räthſelfragen der Neger.) Auch halbgeſittete Völ-
ker, Kopt⸗-Neger und die Indianerſtämme Amerika's
lieben es, hren Verſtand an Räthſelfragen zu wetzen.
Daß es vielen derſelben weder an Geiſt, Witz und tie-
fen Gedankens mangelt, mögen folgende Fragen und
Antworten beweiſen. Was wird am meiſten benutzt
und nutzt ſich nie ab? Das Tageslicht. — Welches
Uebel hat die größte Herrſchaft? Der Geiz. — Wie
heißt die ſchönſte Tugend? Selbſt den Feind gaſtfrei
aufnehmen. — Welches Gold hat keinen Glanz und
viel höheren Werth? — Die Treue. — Welcher Feind
kämpft ſtets mit der größten Siegesgewißheit? Der
Tod. — Was ſchlägt ſich ſtets untereinander und braucht
ſich doch am nothwendigſten? Die Zunge und die
Zähne. — Was trinkt ſehr viel und zeigt ſich nie be-
trunken? Die Erde. — Wem iſt kein Renner gleich,
wem erreicht kein Vogel im Fluge? Die Zeit. — Was
brennt mehr als Branntwein und wird von den Wei
ßen noch mehr geliebt? Der Pfeffer. ö
(Bequemlichkeiten früherer Tage.) Im Jahre 1234
ſchlief der König von England zum erſten Mal auf
einem Strohſack, früher auf bloßen Brettern. 1246
waren die Häuſer größtentheils mit Stroh gedeckt und
im Jahre 1400 kannte man in England noch keinen
Kamin, geſchweige denn einen Ofen. Man wärmte
ſich darum nur an Gluthpfannen. Wein wurde als
Arznei in den Apotheken verkauft. Man kannte noch
keinen Wagen. Die Vornehmen ritten auf Pferden.
mit den Damen hinter ſich. Im Jahre 1340 betrugen
die Steuern 30,000, nicht etwa Pfund Sterling, ſon-
dern Wollſäcke. Die Richter und Advokaten wurden
mit Zimmt und Pfeffer bezahlt, woher es auch wahr-
ſcheinlich kommt, daß heutigen Tages die Advokaten-
rechnungen noch ſo gepfeffert ſind. Im Jahre 1343
kamen die erſten Stecknadeln auf, bis bahin bedienten
ſich die Damen hölzerner Stifte. 1344 wurde das
erſte Geld in England geprägt. Die erſten ſeidenen
Strümpfe trug die Königin Eliſabeth im Jahre 1561,
nachdem der König von Frankreich dieſe Mode im Jahre
1517 zuerſt eingeführt hatte.
Der Marquis de Pombal, einer der größten
Staatsmänner des vorigen Jahrhunderts, der in Por-
tugal unter dem ſchwachen Könige Joſeph Emanuel der
eigentliche Regent war, bewies ſich nach dem Erdbeben
von Liſſabon (1. November 1755) ſo großherzig, ſo
wahrhaft menſchenfreundlich, daß manche ſtrenge, harte,
ja grauſame Maßregel, mit der er in die verwahrloſten
Zuſtände des Reiches gewaltſam eingriff, dadurch ge-
ſühnt wird. Als ihm der König im Palaſt von Belem
unmittelbar nach der furchtbaren Kataſtrophe, rathlos,
zitternd und weinend entgegenrief: Was iſt zu thun,
um dieſem Strafgericht des Himmels zu begegnen?
ſprach Pompal die unvergeßlichen Worte: „Die Todten
begraben und für die Lebenden ſorgen.“ Worte, die
er ſofort mit raſtloſer Hingebung zur That machte.
Dieſe einfachen Worte zeichnen mit einem Zuge den
großen Charakter des Mannes. Sie enthalten aber
auch für Jeden und zu aller Zeit die rechte Lebens-
maxime: Dem einbrechenden Verhängniß ſofort die
Kraft des Geiſtes und des Willens entgegenzuſtellen,
vorwärts zu ſehen, ſtatt rückwärts, zu handeln, ſtatt
zu klagen.
Hans Sachs. Einen fruchtbareren Poeten mag
es wohl nimmer gegeben haben, als weiland den Nürn⸗—
berger Hans Sachs, den Zeitgenoſſeu Martin Luther's,
den biedern Meiſterfinger, welcher neben dem Schuh-
macherhandwerk die edle Dichtkunſt ſo erfolgreich be-
trieb. Er verfaßte 4275 Meiſterſchulgeſänge, 1700
Schwänke, 208 Tragödien und Komödien und 22 geiſt-
liche Kriegs- und andere Lieder, Summa 6205 Poeme.
Die meiſten davon wären ſicherlich vergeſſen, hätte nicht
der große Goethe durch ſein Gedicht „Hans Sachſens
poetiſche Sendung“ das Andenken des ehrſamen Mei-
ſterſingers wieder zu Ehren gebracht.
Die Buchdruckerei von G. Geisendörfer
in Heidelberg Schiffgaſſe 0
empfiehlt sich in allen in dieses Geschäft einschlagenden
Arbeiten, namentlich im Druck von Visiten-, Verlobungs- und
Adress-Karten, Rechnungen, Circularen etc. etc.
ö
tes Dorf erreichte. Doch gelangte ſie nicht eher dahin‚
als bis ſchon die Mittagszeit eingetreten war. Wieder
kehrte ſie in einem dort befindlichen Wirthshauſe ein,
und ſtellte an die Wirthin dieſelbe Rede, wie ſie an
diejenige gerichtet, von der ſie ſo numenſchlich fortge-
wieſen worden. Dem Anſcheine wurde ſie hier beſſer
aufgenommen, obgleich das Geſicht dieſer Frau denſel-
ben Charakter, wie das der andern trug.
(Fortſetzung folgt.)
Mannichfaltiges.
(Klagelied für die ganze civiliſirte Welt.) Eine
Zeitung in Waſhington ſchrieb kürzlich: Die Jagd auf
den Hyppopotamus an den Ufern des Nil, auf den
Alligator in der Bai von Louiſiana, auf den Löwen
in Numidien, auf den Gorilla in Afrika, auf den Ti-
ger in Bengalen, den Bären in Schweden, den Wolf
in den Steppen Rußlands — ſolche Jagd iſt ein rei-
nes Kinderſpiel gegen die Jagd nach einem treuen,
fleißigen und beſcheidenen Dienſtmädchen!
(Räthſelfragen der Neger.) Auch halbgeſittete Völ-
ker, Kopt⸗-Neger und die Indianerſtämme Amerika's
lieben es, hren Verſtand an Räthſelfragen zu wetzen.
Daß es vielen derſelben weder an Geiſt, Witz und tie-
fen Gedankens mangelt, mögen folgende Fragen und
Antworten beweiſen. Was wird am meiſten benutzt
und nutzt ſich nie ab? Das Tageslicht. — Welches
Uebel hat die größte Herrſchaft? Der Geiz. — Wie
heißt die ſchönſte Tugend? Selbſt den Feind gaſtfrei
aufnehmen. — Welches Gold hat keinen Glanz und
viel höheren Werth? — Die Treue. — Welcher Feind
kämpft ſtets mit der größten Siegesgewißheit? Der
Tod. — Was ſchlägt ſich ſtets untereinander und braucht
ſich doch am nothwendigſten? Die Zunge und die
Zähne. — Was trinkt ſehr viel und zeigt ſich nie be-
trunken? Die Erde. — Wem iſt kein Renner gleich,
wem erreicht kein Vogel im Fluge? Die Zeit. — Was
brennt mehr als Branntwein und wird von den Wei
ßen noch mehr geliebt? Der Pfeffer. ö
(Bequemlichkeiten früherer Tage.) Im Jahre 1234
ſchlief der König von England zum erſten Mal auf
einem Strohſack, früher auf bloßen Brettern. 1246
waren die Häuſer größtentheils mit Stroh gedeckt und
im Jahre 1400 kannte man in England noch keinen
Kamin, geſchweige denn einen Ofen. Man wärmte
ſich darum nur an Gluthpfannen. Wein wurde als
Arznei in den Apotheken verkauft. Man kannte noch
keinen Wagen. Die Vornehmen ritten auf Pferden.
mit den Damen hinter ſich. Im Jahre 1340 betrugen
die Steuern 30,000, nicht etwa Pfund Sterling, ſon-
dern Wollſäcke. Die Richter und Advokaten wurden
mit Zimmt und Pfeffer bezahlt, woher es auch wahr-
ſcheinlich kommt, daß heutigen Tages die Advokaten-
rechnungen noch ſo gepfeffert ſind. Im Jahre 1343
kamen die erſten Stecknadeln auf, bis bahin bedienten
ſich die Damen hölzerner Stifte. 1344 wurde das
erſte Geld in England geprägt. Die erſten ſeidenen
Strümpfe trug die Königin Eliſabeth im Jahre 1561,
nachdem der König von Frankreich dieſe Mode im Jahre
1517 zuerſt eingeführt hatte.
Der Marquis de Pombal, einer der größten
Staatsmänner des vorigen Jahrhunderts, der in Por-
tugal unter dem ſchwachen Könige Joſeph Emanuel der
eigentliche Regent war, bewies ſich nach dem Erdbeben
von Liſſabon (1. November 1755) ſo großherzig, ſo
wahrhaft menſchenfreundlich, daß manche ſtrenge, harte,
ja grauſame Maßregel, mit der er in die verwahrloſten
Zuſtände des Reiches gewaltſam eingriff, dadurch ge-
ſühnt wird. Als ihm der König im Palaſt von Belem
unmittelbar nach der furchtbaren Kataſtrophe, rathlos,
zitternd und weinend entgegenrief: Was iſt zu thun,
um dieſem Strafgericht des Himmels zu begegnen?
ſprach Pompal die unvergeßlichen Worte: „Die Todten
begraben und für die Lebenden ſorgen.“ Worte, die
er ſofort mit raſtloſer Hingebung zur That machte.
Dieſe einfachen Worte zeichnen mit einem Zuge den
großen Charakter des Mannes. Sie enthalten aber
auch für Jeden und zu aller Zeit die rechte Lebens-
maxime: Dem einbrechenden Verhängniß ſofort die
Kraft des Geiſtes und des Willens entgegenzuſtellen,
vorwärts zu ſehen, ſtatt rückwärts, zu handeln, ſtatt
zu klagen.
Hans Sachs. Einen fruchtbareren Poeten mag
es wohl nimmer gegeben haben, als weiland den Nürn⸗—
berger Hans Sachs, den Zeitgenoſſeu Martin Luther's,
den biedern Meiſterfinger, welcher neben dem Schuh-
macherhandwerk die edle Dichtkunſt ſo erfolgreich be-
trieb. Er verfaßte 4275 Meiſterſchulgeſänge, 1700
Schwänke, 208 Tragödien und Komödien und 22 geiſt-
liche Kriegs- und andere Lieder, Summa 6205 Poeme.
Die meiſten davon wären ſicherlich vergeſſen, hätte nicht
der große Goethe durch ſein Gedicht „Hans Sachſens
poetiſche Sendung“ das Andenken des ehrſamen Mei-
ſterſingers wieder zu Ehren gebracht.
Die Buchdruckerei von G. Geisendörfer
in Heidelberg Schiffgaſſe 0
empfiehlt sich in allen in dieses Geschäft einschlagenden
Arbeiten, namentlich im Druck von Visiten-, Verlobungs- und
Adress-Karten, Rechnungen, Circularen etc. etc.
ö