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Heidelberger Zeitung (60) — 1918 (Juli bis Dezember)

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Fernsprecher Nr. 82

Nr. 155

Heidelberger Zeitung

Samstag, den M Ju:r r.9is

Sei e 2

schweigen oder Austritt veranlaßt. Der unse-
beuers Gewinn für die Partei wird darin bestehen
Das; die politischen Gegner nicht mehr imstande sein
werden. die Partei in ihrer Gesamtheit für Arm-
ierungen und Reden verantwortlich zu machen,
die dann erweislich keinen parlamentarischen Rück-
halt in einer irgendwie nennenswerten Gruppe
der Fraktionen der großen Parlamente haben.
Diese natürliche Entwicklung liegt- so zu Tage, daß
es geradezu eine unverzeihliche Torheit wäre,
wenn die Freunde des gleichen Wahlrechts eine
gewaltsame Entfernung.der Wahlrechtsgegner und
die daraus entstehenden Kämpfe auf sich nehmen
wollten. Der Führer der Reickstagsfraktion, der
Abgeordnete Dr. Stresemann. hat deshalb
auch nicht, wie ihm nachgesagt worden ist, die
Sprengung der Partei angeduoht, sondern nur die
Entfernung derjenigen, es gibt solche, die das
ausgesprochen haben, die dis heutige Regierung
und den langjährigen Führer der Partei, den
j^'nen Vizepräsidenten des Staatsministeriums,
stürzen wollen. .
Ts unterliegt ferner keinem Zweifel, daß im
Falle einer Auflösung des preußischen Ab-
geordnetenhauses der Preußentag die Wahlparole
ausgeben wird, daß nur solche Kandidaten, die sich
zum gleichen Wahlrecht bekennen, als National-
Liberale zu gelten haben, eine einheitliche Front
der Partei hergestellt werden muß. Auch die Geg-
ner des gleichen Wahlrechts werden zugeben müs-
sen, daß eine andere Stellung der Partei unmöglich
ist, daß nicht in dem -einen Wahlkreis das gleiche
Wahlrecht, im anderen die ZufMti-mme die Pa-
role der nationallibevalen Partei sein kann. Wer
die Auflösung durch sein Verhalten herbeiführt,
scheidet auch aus der Partei. Auch in einem sol-
chen Fall sind die Zukunftsaussichten. ganz abge-
sehen von den zeitweiligen Störungen dieser Aus-
einandersetzung. keine ungünstigen.
Die national-liberale Partei wird die große
Ausgabe haben jene Rückstände ein-e-r
Versa noenheit zu beseitigen, die der äußere
Ausdruck-der Zurücksetzung erheblicher Teile un-
seres Volkes waren. Sie wird entfernen helfen,
was an überlebten Privilegien, insbesondere auch
auf dem flachen Lange, Fideikommiss. Krsisvsr-
sassung, Wahlrecht zur LandwirMaftskainmer,
vorhanden ist. Sie wird freie Bahn schaffen für
den sozialen und wirtschaftlichen Wettkampf der
Staatsbürger, von denen dann kein Teil inZukunft
das Recht haben wird, über ernennende Schranken
zu klagen. Sicher ist es. daß sie auch dann nicht
der Sozialdemokratie ihre Massen, dem Zentrum
seine Wähler abspenstig machen wird, -aber außer-
halb dieser Parteien wird ihre Werbekraft erstar-
ken. Nichts ist irrtümlicher als anzunehmen. daß
politische Demokatie im schlechten Sinns den Cha-
rakter der Partei nach dein Ausscheiden der Alt-
nationalliberalcn bestimmen wird. Nach wie vor
werden vorwiegend ländliche Wähler den Charak-
ter der Partes beeinflussen, das durch den Krieg
«M schwersten geschädigte Beamtentum und der
Mittelstand ihr Rückhalt in den Städten sein Da-
init verträgt fick einseitige Politik und Radikalis-
mus am wenigsten. Die Politik der konservati-
ven Partei, die sich selbst schwächt, wird dm N-a-
tionalliLeralen Aufgaben zuführen von einer sol-
chen Bedeutung, daß der gemäßigte, ausglerchende
Grundzug nationalliberaler Politik mehr denn je
im Vordergrund praktischer Betätigung heben
«Erd
« L-———r
Der Fliegerangriff auf Paris
Beim letzten Fliegerangriff auf Paris fiel, wie
der Petit ParSsten berichtet, eins Bombe in ein
Staatsgebäude, in dem ein wichtiger
Verrvaltungszweig untergebracht ist. Das
Gebäude wurde säst vollständig zerstört.
Die Abwanderung aus Paris
wächst lawinenartig. Msan schätzt die Zahl der Ge-
flüchteten auf 3—400000. Die Arbeitslosig-
keit wird von Tag zü Tag größer, weil viele
Fabriken und Läden ihren Betrieb nicht mehr auf-
recht erhalten konnten. Viele Besitzer haben Re
Schaufenster verrammelt und die Toreingänge ver-
barrikadiert.
Paris im Feuer der deutschen
Ferngeschütze
Ein Däne. Andreas Winding. der einige Zeit
in Paris zugebracht hat, entwirft in der Kopen-
hagener Politiken anschauliche Bilder vom
Leben in Paris, während der Beschießung
durch die deutschen Ferngeschütze. Daß di« Zivil-
bevölkerung die französische Hauptstadt räumt,
weiß man bei uns schon lange. Mit den ZiigFn
mitzukommen. ist nach -der Schilderung des Dünen
unmöglich. Täglich wird auf den Bahnhöfen förm-
lich gekämpft, Alan rechnet, daß innerhalb des
letzten Monats eine halbe Million Menschen Paris
verlassen hat. Auf dein Gare de Lyon stehen die
Koffer Stockwerke hoch gestapelt. Man kämpft dar-
um, eine Nacht auf den Puffern zwischen den Wa-
gen liegen zu dürfen, und die Gasthäuser in. der
Provinz sind gestopft voll. Die Schulen sind ge-
schlossen — ferienhalber — und werden sicherlich
einstweilen nicht wieder den Unterricht beginnen.
Viele Lüge gehen täglich -ab in denen Kinder wach
Orten an der See in Sicherheit gebracht werden.
Viele Kinder -aber ziehen es vor. in Paris zu
Kleiden und Granatsplitter zu verkau-
fen. Zu Anfang betrug der Preis für einen
Granatsplitter 5 Franken, aber bald sank er —
„wegen reichlicher Zufuhr" — auf 10 Sous.
Ueber die Verheerungen, dis die deutt
scheu Ferngeschütze in Paris ungerichtet haben, be-
richtet der Däne aus eigener Anschauung, aller-
dings nicht viel. Einer seiner Bekannten war
---am Karfreitag in der Kirche, die durch ein Fern-
Mschoß getroffen wurde; die beiden Männer tra-
fen sich kurz nach diessm Unglück, der Bokannte
mar noch mit Kalkstaub bedeckt, hatte sich aber so
weit wieder gefaßt, daß er ganz ruhig und sach-
lich berichten konnte. Im ersten Augenblick meinte
man, in der Kirche, alles-fei vorbei: Getötete^
Verletzte und Gerettete waren in eins gewaltige
Kalkstaubwolke gehüllt und es wurde stockdunkel.
Mau hörte lautes Hilfegeschrei, schieß,lich kamen
.Geistliche und Chorknaben mit Licht, und allmäh-
lich erschienen amerikanische Soldaten, die mit den
RsjtunLsarbeiten bescnm-en, Dsv Freund des Dä--

Dis Opfer
Nach einer Mitteilung des Pressebüros des fran-
zösischen Kriessministeriums würden in Paris in-
folge -der Beschießung durch feindliche Batterien
oder feindliche Flieger vom 1. Januar bis zum 30.
Juni 1918 141 Personen getötet und 432 ver-
w -u nd e t. Die meisten Zeitungen fügen in er-
kennbarer Absicht hinzu, daß es sich um amtliche
Ziffern handle.
Wie man in London dis Gefahr der
Beschießung für Paris einschätzt!
Der Glasgow Herold schreibt: Als die große
Kanone im März zum ersten Male Paris beschoß,
konnten Versicherungen gegen Bombenschaden nur
mit ISO v. H. Jahresprämie s75 Schilling v. H. für
6 Monates abgeschlossen werden. Jetzt findet sich
in, London überhaupt niemand mehr, der Baris ge-
gen Bombenschaden versichert. Und für Luftschaden
werben 30 v. H. Jahresprämie gefordert. Der Lon-
doner Mkrkt wundert sich, daß Anfragen überhaupt
kommen, denn bei Beginn der Offensive wollte die
französische Regierung die privaten Versicherungen
unterbieten.
Amerikanischer Bluff
Der amerikanische Kriegsmini,ster Baker stellt
in einem! Schreiben an den Präsidenten W i l s o n
zusammen, in welchem Zeitmaße fick die Beförde-
rung amerikanischer Truppen nach Eurova voll-
zogen bat:
„Das erste Schiff verlieb Amerika am 8. Mai
-917; es hatte nur Lazarettpers-onal an Bord. Der
Stab Les Generals Pershing fuhr ab am 2V. Mai
1917. Dann wurden -befördert: im Mai 1917 1718
Mann, im Juni 12 000 (wir runden die Zahlen zu
glatten Tausenden ah), im Juli 13 000. im Mu-gust
18 000, im September 33 000, im Oktober 38 000,
im November 23 000, im Dezember 49 000. im Ja-
nuar 1918 47 000. im Februar 48 009. im März
84 000. im April 117 000. im Mai 244 000 wird im
Juni 276 000, soibie 14 000 Mannschaften der Motte
Zusammen sind das 1019116. Zurückgekehrt oder
aus See oder zu Lande ums Leben -gekommen sind
8165 Mann. Davon gingen nur 291 auf See ver-
loren."
Mit diesen genauen Angaben will Herr Baker
alle Zweifel an ihrer Richtigkeit aus dem Felde
schlagen. TroWem bleiben sie der richtige ameri-
kanische Vlusfversuch. Es gehört su den unausrott-
baren Eigenarten der amerikanischen Volksseele,
daß in den Vereinigten.Staaten alles am großar-
tigsten ist.' Wir wissen genau, daß die angegÄenen
Zahlen maßlos übertrieben sind und nicht annä-
hernd der Wirklichkeit entsprochen.
Die Verluste der Amerikaner
Der Kriegsminister der -Vereinigten Staaten
teilt mit. daß sich die Verluste der amerika-
nischen Armee bis zum 1. Juli auf 9131 Mann be-
laufen. Davon wurden 1970 getötet. 5024 verwun-
det und 2137 sind vermißt. In diese Zahlen sind
dis Verluste der Marine nicht inbegriffen.
Das Berner Jntelligenzblatt bemerkt hierzu, es
gehe daraus deutlich hervor, wie gering eKon-
tingente amerikanischer Truppen erst Lei den
bisherigen Kämpfen eingesetzt wurden.
Die Deutschezchetze in Amerika
Bezeichnend für die Stimmung in Amerika ist ein
zu Anfans des Monats Juni dem Kongreß zuge-
gangener Gosetzesantrag, daß in Städten-
namen wie Gerinantown und Derlinsville die
Worte Germania und Berlin durch Liberty und
Vitorra ersetzt werden sollen, da diese Namen die
Loyalität und Liebe für das alte Vaterland dar-
tun-sollen. Dis Chicago Tribuna rügt, daß der
Antrag den Namen Bismarck übergehe, nach dem
zwölf Städte Nordamerikas hießen und meint, daß
bei Annahme des Antrages achtundsünfzig Orte
ihren Namen ändern müßten. Aehnlick wird al-
lenthalben das Doppel wort EermanMmerican
beseitigt. Bei Firmen, wo dies nicht freiwillig
geschieht, greift der Pöbel -ein. wie in HMngs in
Minnesot a, wo von 150 Rekruten das Wort German
auf dem Firmenschild der German American-Bank

nen mußte auch anzugeben, wie das Unglück ge-
schehen sei: das Geschoß hat einen der äußeren
Strebebogen zerschmettert; dis Folge war. daß
eins Säule im Innern der Kirche unter dem
Uebergemicht das nun auf ihr lastete, zusammen-
brach.
Der „Lange Wilhelm,", wie der Däne die deut-
schen Ferngeschütze nennt, schickt täglich 30 bis 40
Granaten über dis Stadt und manchmal auch in
der Nacht ein Dutzend. Bei Tage macht Paris, wie'
Winding von einem Morsenkpaziersange schreibt,
einen wunderlich leeren Eindruck. Alle Stand-
bilder sind mit aSndsäcken verkleidet, die Fenster-
scheiben sind mit gekreuzten Pavierstreifen über-
klebt. damit die zerspringenden Gläser kein Un-
heil anrichten können. Ein Geschoß schlug in ei-
ner Hundeausstellung im Tuilleriengarten ein,
ein anderes auf dem Vaubcm-Platzs. Das Palais
de Bourbons liegt also in gerader Linie zwischen
zwei Granateinschlägen. Von der Pont de la
Coneorde ans sah der Däno eine Granate in die
Seine einschlagen. Ein Hund, den- die Hunde-
scherer am Flusse gerade in Arbeit hatten, riß sich
los und sprang ins Wasser, als sollte er apportie-
ren! Das große graus Gebäude des Kriegs-
ministeriums am Boulevard SV. Germain
bekam Winding bei diesem Sasiergange auch zu
Gesicht, und er berichtet darüber eine sehr fesselnde
Einzelheit. Es ist durch Schrapnellkngeln
gesprenkelt. Hier gingen deutsche Flieger in
einer Nacht bis auf 60 Meter herunter und war-
fen drei Bomben ab. Es brach ein Vrand in
dem militärischen Archiv aus; die Urkunden des
großen Conds und der ^Briefwechsel Na-
poleons des Ersten gingen in Flammen auf,
und der Offizier, der gerade bei der Abfassung des
Abendberichts beschäftigt war, wurde getötet.

Kunst und Wissenschaft
* Zum Tods Nathanael Schmitts. Am 80. Juni
verstarb, wie bereits gemeldet, in Karlsruhe nach-
kurzen!, schwerem Leiden der Sohn der Stadt Hei-
delberg, der Porträtmaler Nathanael
Schmitt, der jüngere Bruder des Kunstmalers
Guido Schmitt. Er war geboren am 21, Februar

gewaltsam entfernt wurde. Auch das vielfach in
Firmen und an Gebäuden vorkommende Wort Ger-
mania wird überall durch Liberty und andere zeit-
gemäße Schlagwörter ersetzt. Die bekannte deutsche
Zeitung Germania Herold wandelte ihren Namen
in .Milwaukee Herold" um.
Wilsons Kriegsziele
Rach einem Neutertelerrramm hielt Präsident
Wilson am Donnerstag -am Grabe Washingtons
in Mount Veron eine Rede, dis sich in den jetzt üb-
lich gewordenen phrasenhaften Redewen-
dungen bewegt. Der Grundgedanke war, daß
Washington für die ganze Menschheit gearbeitet
habe und daß auch jetzt die Amerikaner für das
gleiche Ziel kämpfen wie ihre Vorfahren. Auf der
einen Seite stehen die freien Völker, auf der
anderen Seite eine isolierte Gruppe von
Regierungen, die sich bekleiden mit dem Ge-
wand und der primitiven Autorität eines Jahr-
hunderts das uns fremd ist. Vergangenheit und
Gegenwart stehen im tätlichen Kampf. Die Rege
lung muß endgültig sein. Von einem K o in-
p: omiß kann nicht die Rede sein.
Dann formulierte Wilson die Kriegsziele
der Vereinigten Staaten wie folgt:
1. Die Vernichtung ieder Willkür einer
Macht, die im geheimen zur Zerstörung des Welt-
friedens Pläne schmiedet.
2. Regelung -aller Fragen von Grundgrbiet, Sou-
veränität. der politischen und wirtschaftlichen Be-
zichungen auf Grund des freien Völker-
willens.
3. Versprechungen aller Nationen, daß sie sich ge-
genseitig an die Gesetze der zivilisierten
Welt halten weLven; es muß gegenseitig Ver-
trauen herrschen.
4 Es ioll ein Völk e r bund gogründ. t werden.
Was wir erstreben, das ist mit einem Mort gesagt,
die Herrschaft des Gesetzes und des Rechtes,
gegründet auf der Zustimmung der beherrschten Völ-
ker und unterstützt von einer organisierten
Bereinigung des ganzen Menschengeschlechts.
Wenn Wilson nicht zu unseren Gegnern Zählte,
könnte man fast meinen, daß die ersten 3 Forde-
rungen auf — England gemünzt seien
Englische Gewalttat gegen einen
BolschewM-Gesandten
Die Werlinske Tuende meldet aus Kristiania:
Der Bolschswiki-Gesandte in Kristiania Bettler,
ist letzten Miontag über Vardö nach Rußland abge--
reist. Bei Kirkenes wurde der Dampfer, auf dem
er sich befand, von einem englischen Torpedsjäger
augehalten. Bettler und drei andere Russen wur-
den auf den Torpedojäger gebracht, der sie in Pet-
schensa an Land setzte, wo sie interniert wur-
den. Bettler befand sich auf dem Wege nach Mos-
kau, um sich mit Lenin zu beraten.
..... ..
Deutsches Mich
* Der Stand der Gerverkschasten. Die jüngste
der von der GeneralkommWon veranstalteten Er-
hebung über den Stand der Zenträlverbände weist
wiederum! eine Vermehrung der Mitgliederzahl
auf. Es hatten am Schlüsse des ersten Viertel-
jahres 1918 die der Generalkommission anMchlos-
senen Zentralverbände (ohne die Verbände der
Chorsänger und Deutschen Eisenbahner) zusam-
men 1386 SIS Mitglieder, darunter 981783 männ-
liche und 354 786 weibliche. Gegen des 'vierte
Vierteljahr 1S17 hat sich die Mitglieder,zahl Um
69 887 — 4,7 v. H. vermehrt. Am Schlüsse des 2.
Vierteljahrs 1914, also kurz vor Ausbruch des
Krieges, zählten die gleichen Verbände 2 289 614
männliche, 221071 weibliche, zusammen 2 510 685
Mitglieder. Ende des Jahres 1916 war mit
949 638 Mitgliedern der tiefste Stand -erreicht. Bon
da ab ging es wieder aufwärts. Bemerkenswert ist
daß die Zahl der weiblichen Mitglieder gegenwär-
tig um 133 7IS höher ist, als vordem Kriegs,

1847 als Sohn des Heidelberger Porträt- und- Hi-
storienmalers Georg Philipp Schmitt. Wie seinen
Vrudex Gmdo wies ihn die ersten Wegs der
Kunst sein eigener Vater, dieser ein Schüler u-"Lr
Anhänger von Peter von Cornelius. Seine Stu-
dien führten ihn über dis Karlsruher Akademie
nach Paris. London. Wien und schließlich nach
Rom. woselbst er von 1872 bis 1880 lebte. Nach
Deutschland zurückgekehrt, hielt er ück Lis 1886 in
Saarbrücken -auf. von da ab in Karlsruhe. Seine
Kunst fand sowohl in Rom wie in Saarbrücken und
Karlsruhe viele Anhänger und Verehrer. Wäh-
rend seines römischen Aufenthalts schuf er zahl-
reiche, durch feine Erfassung der PerßönliÄLeit
ausgezeichnete Porträts deutscher und ausländi-
scher Romfahrer und hoher geistlicher Würden-
träger. Familisnbeziehungen, geknüpft durch seine
Verehelichung niit einer Tochter des Kölner Ge-
heimen Justizvats von Ammann. Myrten ihn nach
Saarbrücken. Diese Zeit war reich an trefflichen
Bildnissen hervorragender industrieller Persönlich-
keiten des Saargebiets.
Aus seinem Karlsruher Atelier, das er kick in
feinem stimmungsvollen Heim geschaffen hatte,
gingen Jahr für - Jahr wertvolle Porträts und an-
devs bedeutende Schöpfungen seiner Kunst -hervor.
Ein Freund der Natur und der Schönheit, war
sein Hauptstreben. Natur und Schönheit in der
Vollendung darMstellen. Der Tod holte ihn mitten
aus seinem Schaffen heraus, und viele Freunde
und Verehrer seiner Kunst wie auch feines liebens-
würdigen, edlen und schönen Menschentums
trauern -um den Heimgegangenen. Seiner Vater-
stadt Heidelberg bewahrte er stets die Liebe und
Anhänglichkeit, dis ihm in seinem elterlichen
Hause in der Klingenteichstraße eingepflanzt wor-
den war. Auch in Heidelberger Kreisen, in denen
man seine Schöpfungen kannte, wird ihm ein blei-
bendes Gedächtnis sicher sein.
* Verein blinder Akademiker in Marburg.
Dio Tätigkeit des Vereins hat sich im vergangenen
Jahr beträchtlich erweitert, idem die Blinden-
studienanstalt eröffnet wurde. Sie wurde
von 24 Herren und einer Dame in Anspruch ge-
nommen, Und zwar hatten fünf eine -abgeschlossene
akademische Vildung. 10 waren Studenten und 0
Schüler. 6 Schüler haben ihr Abiturientewexa-

Aus-

genommen ist-


K
3
Z

große Schiffe als versenkt gemeldet werden, -so liegtj
darin die Gewähr, daß die Wirksamkeit dec 1
U-Bootkrieges nicht nachgelassen hat

men. 6 ihr Staatsexamen oder ihren Doktor ge-
rnacht. In der Blindenbücherei sind 1200
Bande vorhanden, die sich auf die verschiedensten
wissenschaftlichen Zweige beziehen. Für Hebräisch,
Griechisch und Lateinisch ist ein Piunktschri-ftsysb-M
abgeschlossen und der Druck dieser Systeme in Vor-
bereitung, so daß der Druck hebräischer Texte, einer
Grammatik, einiger antiker Schriftsteller und de-
Neuen Testaments in griechischer Svrach« in
sicht

Theater und Musik
Mannheimer Aos-Theater
„Philotas." — „Der zerbrochene Krug".
In einer sorgfältigen Neueinstudierung
Lessings „Philotas" <' '
-aus. Fehlt diesem Drama „. ,
würdige Wärme auch vollkommen, so weist es LoKH^Z
viele Stimmungen auf. die in unseren Tagen ein - th L
kräftiges Echo finden. Die bald schwärmerische Ge- .§8
mütsart Philotas" eine bald opfermutige BegeWK ZZ L
rung. die reinstem Patriotismus entspringt, reich-
net unsere eigenen Kämpfer in nicht geringem
Mähe -aus: sie mutet uns Lei diesen nur viel na» ZAZ
tür-licher cm, da wir an den heiligen Zweck glauben
können, während sich Philotas im Grunde doch.^8^
zwecklos opfert. Fritz Odem ar. der sich am wo- «
dornen ex-statischen Drama für solche Rollen schult H ZH
spielte den Philotas mit überzeugender, jugen-d» H H
sicher Begeisterung. Alberts würdevolle Rnhe§
gab dem König Arrdäusein angenehmes L-cht. LHy
Noch größer gestaltete sich der Erfolg bei dent ZT-s
KlsMchen Lustspiel „Der zerbrochene Krug", da»^ Z
s-odann gespielt wurde. Das lückenlose ZutzlM-j^s»^
mensviel unter Gsells Leitung schuf ein präch- HL H
tig-es niederländisches Cbarakter-bild. der Humot Z Z -Z
wurde lebenswahr zur Geltung gebracht; Robert
E a r r i son als Dorfrichter Adam kräftigte dtt
Dichtung übrigens durch eine ausgezeichnete Maske,
Ungemein echt stand Franz Evert-Hs Rupr cht
neben ihm-, aber -auch von den übrigen Hauptrolles
i!t nur das Weste zv sagen.
Alfred M-aderno.

übte
eine beachtenswerte Wirkung
rama ohne -Frauen eine glaub- Z

KW'

U-BoErreses lwo Der AUverMsrme Ma-WaD ors M
amtlichen Veröffentlichungen des Adm.iralstabeS 88
über die Versenkungen. Wenn jetzt noch, nachdem -Ä 'ZLHZ
bereits rund 18 Millionen Tonnen, die unseren Z » K«>
Feinden zur Verfügung gestanden haben, versenkt F WALZ
sind, durchschnittlich Tag für Tag vier bis Mu! KZ 8^'8^

Aus-den Parlamenten
Der Weich stag
befaßte sich Lestern zunächst mit kurzen- An-
fragen, von denen zwei erwähnenswert sind.
Vog. Müller-Meiningen (F. V-) fragte an. ol
nicht, um der Verwilderung der Jug»nd
entgegenzutreten, die g.-v. und a.-v. Lehrer aus
dein Heeresdienst entlassen werden könnten.
Oberst von Braun: Die g.-v. und a.-v. Lehrst
werden entlassen, wenn nicht besondUo mili
tärische Gründe dagegen sprechen. Von -einem Aus-
tausch durch k.-v. Leute wird Abstand seno-miMn.
Aüg. Trimborn Zentr.) fragt nach der Stel-
lungnahme des Reichskanzlers zu der in der feind-
lichen Presse gegen die deutsche Oberste Heeres-
leitung erhobenen Beschuldigung, daß diese am
F r 0 n l e i chn ams t a ge Paris beschossen
habe.
General von Wrisberg: Paris ist auf Befehl
der Obersten Heeresleitung am Tage der französi-
schen Feier des Tages, am Sonntag, den 2. Junft
nicht beschossen worden. Die Franzosen
feiern diesen Tag nicht an dem kalendermäßigen
Festtage, sondern an dem darausfolgenden Sonn-
tage. Auf diese Tatsache hat der Kardinal von
Hartmann die Oberste Heeresleitung rechtzeitig
aufmerksam gemacht.
Sodann wird der
Etat des Reichsaknzlers
beraten. In Verbindung mit -der zweiten Bera-
tung der Gesetzentwürfe zur Heranziehung von
Heeresunfähigen zum militärischen Ar-
beitsdienst und betreffend Milderungen
im Strafgesetzbuch.
Die Abgg. Wirth (Ztr.), Stücklen (Soz.). und
Müller (F. V.) bringen Beschwerden und Wünsche
vor. Nachdem noch die ALL. von Graefe (Kons.)!
und Behrens (D. Fr.) zum Heeresetat gesprochen
haben, sagte
Kriegsrmmsier von Stein: Die aus Ruß-
land zurückkehrenden Kriegsgefangenen
sind natürlich prieder an der Front zu ver-
wenden, Mit Rußland haben wir Frieden und
keine weiteren Verpflichtungen. Anders liegt es
England und Frankreich gegenüber, bei den Aus-
tauschgeifangenen. Es ist leichter Klagen. Wünsche
und Forderungen vorzubringen, als ihnen gerecht
zu. werden. Zusagen sollten nur dann gemacht,
werden, ^venn man sie auch ein lös en kann,'
EuimütiNsit u. Nachsichtigkeit sind nicht amPlatzSk
Das haben wir bei den Zusagen hinsichtlich de^'
Entlassung der ältesten Jahrgänge gesehen. Ueber
die Abzeichenfrag-s wird selbst unter den Beteilig-
ten niemals Einigung erzielt werden. Ueber d-Ä .
Heresorganisation der Zukunft lasse! WsWO
ich mich nicht aus. Ich habe jetzt für die Gegen-
wart wichtigere Dinge zu tun. (Leibhaftes c
Beifall). !-
Nach weiterer unwesentlicher Debatte wird der
Heeresetat genehmigt. Es folgt -der
Marinehaushalt
Abg. Pfleger (Zentr.) macht auf die Ueußeruns
des französischen Marine - Unterstaatssekretärs
aufmerksam, wonach zwei Drittel unserer U-Boote
versenkt seien.
Staatssekretär des Neichsmarineamts v. Ca-
pelle: Diese Angabe ist ebenso wie die, daß doppelt,
so viel U-Boote versenkt würden, als wir bauen
können, falsch. Ebenso unrichtig ist eine
vor kurzem erfolgte Erklärung des englischen Ma- «»r -«>.
rineministers, daß seit Januar ds. Js. mehr U- U« ZA-
Boote versenkt feien, als gebaut worden sind- R" —
Das Gegenteil ist der Fall. (Hört, hört^UL
Alls Nachrichten über U-Vootverluste. die von un<- Z Z ZA
seren Feinden in dis Welt gesetzt werden, sind 8
übertrieben. F« L»»
Unsere U-Bootwaffe M AZ
ist, sowohl was die Zahl wie die Qualität der 8 8 „L
Boots betrifft, im Steigen begriffen. Füt ZK
die Beurteilung des mMtärMeu Ergebnisses des Z 8 Z
U-Bootkrieges sind der zuverlässigste Maßstab dis H"
 
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