Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (60) — 1918 (Juli bis Dezember)

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55371#0074

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Montag, den 16. Juli 1918

Fernsprecher Nr. 82

Heidelberger Zeitung

Sei e 2

im
im

Er-
den
am
bei

Die Anklagepunkte gegen das
Kabinett VraUanu
1. Verfassungswidrig wurde der Ein-
marsch russischer Truppen in rumänisches Staatsge-
biet ohne Zustimmung der Volksvertretung ge-
stattet: 2. Die Regierung hat schuldl-afterweise die
Vorbereitung der Armee vernachlässigt, trotzdem ihr
reichlich Geld und Zeit zur Verfügung standen;
S. Die Armee wa «desorganisiert, weil die vorbe-
reitenden- Arbeiten nur wenigen unfähigen Hän-
den anoertvaut waren und der Generalstab und
die anderen gesetzlichen Dienststellen ordnungswid-
rig ausgeschaltet waren. 4. Die öffentlichen In-
teressen wurden dadurch geschädigt, daß gewissen
Personen Ausfuhrermächtigungen für Getreide,
Benzin usw. zur Erzielung unberechtigter Gewinne
»um Schaden des Staates bewilligt wurden. 5. ll n-
gesetzlicher weise wurden der Staats-
schatz und die Depots von Privaten sowie die Ur-
kunden der Archive ins Ausland geschafft. 6. Die
Eifenbahnzüge und Transportmittel wurden miß-
braucht zur Rettung der persönlichen
Habe der Minister und Günstlinge anstattt zum
Transport von Verwundeten. Truppen und Muni-
tion verwandt. Aus diesem Grunde sing ein gro-

Meere vor Archangelsk, das Murmangebiet und
die Halbinsel Kola stehen bereits unter englischem
Einfluß. In Wladiwostok landen die Japaner
Truppen. In Ostsibirien scheinen die gegenrevolu-
tionären Kosaken, in Westsibirien dagegen die
Moskauer Regierungstruppen den Tschecho-Slo-
waksn und Anhang gegenüber die Oberhand zu
gewinnen. Der Donkosakenstaat unter -Führung
des Generals Alerefew hat sich gegen die Volsche-
wiki erklärt. Es ist bereits M Kämpfen zwischen
den Kosaken und den Bolschewik: gekommen. Die
Ermordung des Grafen Mirbach gab in Moskau
das Signal zum Aufstand der vereinigten Gegner
gegenüber der Bolschewiki-Herrschaft. Es kam zu
Strahenkämpfen, Lei denen die Bolschswiki Sieger
blieben.
Auf dem Balkan an der inazedonischen Front
bis zum ägäischen Meere lebhafter Kleinkrieg,
ohne die Lage zu ändern. Währenddessen entwik-
kelten sich in Albanien neue Kämpfe. Einmal an
der mittleren und unteren Vofusa- wo die
Italiener von Valonia aus angriffen. Die Osster-
reicher-Angarn gaben die im Flußtal vorgeschobe-
nen Stellungen auf, um sich auf die Hauptvertei-
digungslinis gegen Fieri-Berat zurückzuziehen.
Hier bezogen sie neue Stellungen am oberen De-
voli. Weiter griffen Franzosen die österreichisch-
ungarischen Stellungen am oberen Devoli an und
erzielten Raumgewinne.
In Kleinasien ist die Kriegslage nicht
wesentlich von der Stelle gerückt. Die Provinzen
Baku, Elisabeth-Pol, Teile der Provinzen Tiflis
und Eriwan haben sich den Bestimmungen des
Brest-Litowsker Friedensvertrags entsprechend als
unabhängige Republik Aserbeidschan aufgetan.
Der mihglückte amerikanische
Luftangriff
In der Nacht vom 10. zum 11. Juli versuchte ein
amerikanisches Geschwader von 6Mug-
zeugen, die Stadt Koblenz mit Bomben amu-
greifen. Dor Angriff scheiterte vollkommen. Kei-
nes der Flugzeuge ist dazu gekommen, Bomben
absuworfen. Fünf Flugzeugen dieses Geschwaders
wurde die Rückkehr über die eigenen Linien ver-
wehrt : sie fielen sämtlich in unsere Hand. Die Be-
satzungen wurden bis auf wenigs lebendig gefangen.
Seit über einem Jahre -haben sich die Amerikaner
wieder und wieder gerühmt, mit Tausenden von
Flugzeugen die Städte Westdeutschlands in Schutt
und Asche zu legen und dem deutschen Volke du-nh
ihre Luftwaffe eine entscheidende Niederlage »u
breiten, die alle Machtmittel Englands und Frank-
reichs ihm nicht hatten beibringen können. Dieser
Luftangriff war der erste größere selbständige
Versuch der Amerikaner. Er ist kläglich ge-
scheitert. Schmerzliche Erfahrungen -am eige-
nen Leibs lehren die amerikanischen -Flieger den
Unterschied zwischen Prahlerei und Wirklichkeit.
Auszeichnung des General Diaz
Vern, 14. Juli. General Diaz erhielt durch
königliche Verfügung in besonderer -Anerkennung
seiner militärischen und organisatorischen Ver-
dienste seit Uebernahme des Oberkommandos die
höchste Auszeichnung des militärischen Savoyen-
Ordens. — Laut Meldung der Agens ia Stefani
wurden die Generale Cadorna, Porro und
Cavello zur Disposition gestellt und ihres Gra-
des und ihrer Pension verlustig erklärt. — Die
italienischen Blätter berichten den Tod des Gene-
rals Humberto Fav ini, Kommandanten des 23.
italienischen Armeekorps, der bei einer Erkundung
zwischen dem Site und der Piave von einem
Granatsplitter getroffen wurde.
Amerikanische Siegesgebete
Laut Basler Nachrichten meldet der Amerikan.
Pressedienst ans Nswyork: Der Senat des Kon-
gresses faßte einen Beschluß, worin Präsident Wil-
son ersucht wird, eine Proklamation su erlassen,
um das amerikanische Volk aufzufordern, während
desKrieges täglich mittags eine Minute
für den Sieg zu beten.

Bon
Wir
Stadium —, _,____ ____
modernen Kriege, der sich im Stellungskampse
dem Festungskriege nähert, viel Zeit und Mühe.
Nur von Etappe zu Etappe ist uns dieMöglichkeit
gegeben, an Paris und im Nordasten an das
Meer heranzurücken. DieKämpfe. von denen wir zu
berichten haben, sind teilweise Versuche unserer
Gegner, uns durch Teilangriffs die Annäherung
an unsere Endziele zu erschweren, teilweise die-
nen sie dem Zswecke der Verbesserung der lokalen
Verteidigung. So in Flandern, wo östlich von
Ppern und westlich von Langemark feindliche An-
griffe abgewiesen wurden. Später griff der Geg-
ner südlich des La Bassee-Kanals und nordöstlich
von Bethune die deutschen Linien an. Beide An-
griffe mißglückten. In der Picardie -wurden bei-
derseits der Somme englisch«! Angriffe, insbeson-
dere auf der Höhe östlich von Hamel und östlich
von Villers - Bretonneux, abgewiefen. — Zwischen
Marne und Oise wurde vorzugsweise nördlich der
Aisne und nördlich -der Marne gekämpft. Nörd-
lich der Aisne griff der Franzose, aus der Wald-
gegend von Compiesns plötzlich hervorbrechend,
bei Moulin-sous-Touvent an, konnte aber keinen
Vorteil erringen. Nördlich der Marne erst eckte
sich die feindliche Tätigkeit von südwestlich Reims
über die Gegend von Chateau - Thierry Lis zum
Ourcg, insbesondere gegen den Abschnitt des
Cliqnon-Baches, der Chateau-Thierry mit dein
Ourcq verbindet. Im späteren Verlauf« scheiter-
ten französische Teilangriffe südlich der Aisne und
weiter westlich auf dem Wsstufer der Aisne im
allgemeinen in der Umgegend von Antheuil (süd-
westlich von Noyon). Beim Walde von Villers-
Cotterets wurden unsere Posten an den Savier-es-
Gru-nd zurückgsdrückt.
Von den übrigen Westfronten melden wir
kundungsgiefechts in der Champagne. In
oberen Vogesen wurden feindliche Vorstöße
Hilsenfirst abgewiesen. Lebhafte Lustkämpf-s.
denen namentlich dis amerikanischen Flieger
schlecht abschnitten, fanden statt.
Wir verließen dis Lage in Venetien wie
folgt: Dis Oesterreicher behaupteten das Wsstufer
der Piave an der Mündung. Weiter oberhalb
des Flusses hatten sie das Westufer geräumt. An
der Nordfront beiderseits der Brenta und am
Rande der „Sieben Gemeinden" waren italieni-
sche Angriffe abgewiesen. In Südtirol an beiden
Ufern des Garda-Sees Ärtilleriekämvfe. Nach
wechselnden Erfolgen im Piavedelta sahen sich die
Oesterreichs« veranlaßt, auch dieses au-fzugsben.
um auf dem Ostufer des Hauptarmes der Piave
festen Fuß zu fassen. Die Räumung des Piave-
Deltas bedeutet für die Italiener nur lokalen
Gewinn.
Die Ermordung des deutschen Gesandten, Gra-
fen Mirbach, in Moskau durch Agenten der
unter dem Einflüsse der Entente stehenden Gegen-
revolution beleuchtet grell die politische wie die
militärische Lage im Osten. Ein englisches Ge-
schwader von Kriegsschiffen liegt im Weißen

ßer Teil des Kriegsbedarfs und der Geräte im -be-
setzten Gebiet verloren. 7. Bei der Räumung des
später besetzten Gebietes wurden mißbräuchlich
Knaben von fünfzehn bis achtzehn Jahren m i t-
geschleppt, wovon die größere Zahl infolge von
Fahrlässigkeit und vollständigem Mangel an Für-
sorge star-L. 8. Ein großer Teil des öffentlichen
privaten Vermögens wurde auf Befehl der Regie-
rung durch Brandstiftung und andere Mittel zer-
stört, ohne daß dies zur -nationalen Verteidigung
erforderlich gewesen wäre. 9. Dis Mitglieder
des Parlaments wurden durch Bestechung
veranlaßt, ihr Recht nicht auszuüben. Die -Volks-
vertretung wurde Wer die wirkliche Lags -der
Staatsangelegenheiten -getäuscht. Einzelne für die
Führung der Staatsgeschäfte unerläßliche Anstal-
ten wurden unzulässigerweise ins Auslaich verlegt,
öffentliche Beamte durch ungesetzliche Drohungen
zur Durchführung dieser Beföhle gezwungen. 10.
Die Regierung hat, ohne die Zustimmung der
Volksvertretung einzuholen, gesetzwidrigerweise die
rumänische Flotte dem russischen Staate abgetre-
ten-, der sie unter seiner Flagge verwandte.
Die Kriegslage
Ein Wochenrückbtick
Generalmajor z. D. v. Gersdorff.
treffen die Lage im Westen weiter
dex Vorbereitung. Diese erfordert

außer Japan, Amerika mit der Zeit nicht nur
durch sein Geld, sondern auch durch sein« militäri-
He Macht und wirtschaftliche Kraft in der Welt
weiter um sich greifen und diese sich untertan ma-
chen. Aber uns deutschen Barbaren wird solcher-
lei Wirtschaftsgefühle vorgsworfe«.
Der große Angriffskrieg im Wüsten wird, in
Verbindung mit dem weiterwirkenden uneinge-
schränkten Unterseebootskrieg, mit der Zeit ent-
scheiden, ob und in welcher Weise einzelne Teile
per großzügigen Pläne unserer beiden angelsächsi-
schen Gegner in Erfüllung gehen können.- Wir
zweifeln in keiner Miss daran, daß sie der Haupt-
sache nach in sich zerfallen werden.
Die Engländer an der
Murmanküste
. London, 13. Juli. Das Neutersche Büro erfährt,
daß beträchtliche Streitkräfte der Entende die
Murmanküste schützen. Weitere Truppen wer-
den ausgesandt werden.
Moskau, 13. Juli. Das Kommissariat für bis
auswärtigen Angelegenheiten hat an den Vertre-
ter Großbritanniens in MoÄau eine Note gerich-
tet, in der die unverzügliche Zurückziehung der eng-
lische« Abteilung verlangt wird, die in Mu r -
man gelandet ist. Gleichzeitig erneuert das Kom-
missariat seinen Einspruch gegen den Aufenthalt
englischer Kriegsschiffe in Murman.
Men, 14. Juli. Die Korrespondenzrundschau
meldet: Moskauer Blätter erklären, bas Vorge-
hen Englands deute darauf hin, daß von dieser
Seite ein ernster Schlag gegen das revolutionäre
Rußland geplant werde. Allgemein sei man der
Ansicht, daß man sich am Vorabend eines rus-
sisch-britischen Krieges befinde. Die
Sowietregierung treffe alle Vorkehrungen, um vor
Ueberraschungen geschützt zu -sein.
Berlin, 18. Juli. Ueber Norwegen wird der Voss.
Ztg. berichtet: Nach in Alexandrowsk eingelaufe-
nen Nachrichten soll General Kikel zum Beföhls-
-habsr über die von Murman aus operierenden
alliierten Streitkräfte -ausersehen sein. Anfang
dieser Woche sind in Alexandrowsk drei weitere
britische Transporter eingelaUfen. In Kandä-
laksch und Kem sind ordentliche Werbebüros
errichtet, die der örtlichen Bevölkerung bei Ein-
tritt in die alliierten Truppen 150 Rubel pro
Mann und Monat versprechen. Bisher soll die An-
werbung von etwa 2000 Mann bereits gelungen
sein. We ferner gemeldet wird, hat sich Admiral
Kemp nach Archangelsk begeben, um dort den auf
direktem Seeweg aus England ankommenden Sir
Buchanan zu erwarten.

Nr. 162 '
— ,-
Vertagung des Reichstags
Annahme der Steuervorlagen und
Kriegskredite
Nach Erledigung einer Reihe von Petitionen
folgte am Samstag die dritte Lesung des
Branntweinmonopol - Gesetzes. Das
Gesetz wird angenommen.
Reichsschatzsekretär Graf Roedern: Die dies-
malige Steuerreform ist umfangreicher und be-
deutungsvoller als jemals ein« Steuerreform seit
Bestehen des Reiches, 4,3 Milliarden an
neuen Steuern find -bewilligt worden. Ich
bin durchaus bewußt, daß die Finanzgesetzgebung
der Jahre 1916, 17 und 18 erst einen Teil des
Weges bedeutet, den wir zurückzulegen haben.
Doch glaube ich sagen zu können, daß wir diesenWeg
so bald nicht noch einmal zu machen haben. Es
sind nicht bloß Ee-legen-heitsgösetze. sondern wir
haben beim Bier und Branntwein eine ganz neue
Basis geschaffen. Anders liegt es -Lei der Umsatz-
steuer. Hier ist eine biegsame Eifenkonstruktion er-
richtet worden, die an Größe des Finanzaus-
maßes der Getränkestsuer nichts nachgibt, die alber
vtellecht noch der einen oder anderen Ergänzung
unterworfen wird. .Sie selbst haben ja die Mög-
lichkeit eröffnet, indem Sie dem Bundesrat die
Ermächtigung bei der Luxussteuer gegeben haben.
In dem Steuerfluchtgesetz und -dem Gesetz über
den Reichsfinanzhof haben Sie wichtig« formale
Gesetze geschaffen. Steuermachen ist kein dank-
bares Geschäft. (Sehr richtig!) Mm Steuermachen
im Parlament gehört Zivilcourage und die Art
der Arbeit, die Sie geleistet haben, verdient Dank.
Gesetze wollen aber nicht nur beschlossen, sie wollen
auch -ausgeführt sein. Da schließe ich mich einem
Appell an die Steuerbeamten an,. Auf ihren
Schultern wird eine ungeheuere Last in den näch-
sten Jahren liegen. Der Blick in die ZuUnft zeigt
uns, daß wir in nicht zu ferner Zeit -wieder an
die Steuerarbeit hevantreten müssen. Mö-
gen auch die künftigen Beratungen und Beschluß-
fassungen getragen sein, von jenem Geist, der in
den letzten drei Monaten hier geherrscht hat, dem
Geist -der Arbeitsfreudigkeit, der Sachlichkeit und
des guten Willens, sich gegenseitig zu verstehen.
(Lebh. Beifall).
Damit sind die Steuervorlagen erledigt. Es
folgt die dritte Lesung des Etats der Reichsschul-
den. Er wird ohne Debatte angenommen,
ebenso der Etat der allgemeinen Finanz-
verwaltung.
Es folgt die zweite Lesung de-
Kreditvorlage
Berichterstatter Nbg. Fischbeck: Der Ausschuß hat
die Kredite mit allen gegen zwei Stimmen -ange-
nommen. Ich bitte (Sie, diesem Entschluß beizutre-
ten, und damit im Namen des deutschen Volkes
zu bekunden, daß wir auch weiterhin bereit sind,
auszuharren und Opfer M bringen.
Abg. Ebert (Soz.): Mr bedauern äufs tiefste,
daß das furchtbare Blutvergießen im Westen uich
Süden noch fortdauert. Das deutsche Volk ist er-
füllt von ehrlichem Friedenswillen
und auch die deutsche Regierung hat von neuen
ihren Friedenswillen erklärt. (Zustimmung). Nach
der Erklärung einer solchen Friedevsb-eMtschaft
würde das deutsche Volk nimmermehr dulden, daß
Friedensverhandlungen an Er ober un-gsfo rder-un -
gen oder irgendwelchen wirtMrftlichen. politischen
oder finanziellen VergewaltigunWabfichten schei-
tern. (Zustimmung). Aber die Regierungen und
die Parlamente und leider auch die Arbeiter
Parteien in den Ententestaaten (Seht
richtig!) haben bisher eins solche Friedensbereit
schalt vermissen lassen. (Seh-r richtig!) Die geg .
n-erischen Staatsmänner haben sich auch in ihrer
letzten Kundgebungen zu Kriegskielen bekannt,
die die politische und wirtschaftliche Unabhängig-
keit Deutschlands aufs schwerste beeinträchtigen
würden. (Allseitige Zustimmung). Auf snt-
ehrende, seine politische, wirtschaftliche und
kulturelle Zukunft vernichtende oder her-
abdrückende Bedingungen wird das
deutsche Volk niemals ein geh en. (Lebhafter
Beifall). Wir wünschen einen ehrenvollen
Frieden für alle. Da die Gegner uns einen sol-
chen Frieden bis zum heutigen Tage verweigern,
werden wir auch dieses Mal die Mittel be-
willigen. -die zur weiteren Verteidigung der

Die Kunst an der Front
So fest gefügt und bis ins Kleinste durchdacht der
-Ausbau der einzelnen Heeresovganffation-en ist und
(so angespannt alle Kräfte in den Dienst der einen
- groben Aufgabe gedrängt sind, den Sieg zu errin-
gen. rm Verlaufe der Kriegsjahre haben sich doch
- mancherlei vordem weniger beachtete Wünsche und
Bedürfnisse her-ausgestellt, die unübweislich dazu
drängten, ihnen -stattzugeben.
So gut es den Umständen nach anging, sorgten
, ja die Soldaten selbst für sich. Allenthalben, sobald
- der Dienst eine kurze Freiheit erlaubte, begann die
Kunst, die niemals tote, sich zu regen. Kein Un-
terstand. kein von Soldaten bewohnter Raum, wo
nicht gesungen worden wäre, wo nicht wenigstens
eine Ziehharmonika, eine Guitarre oder ein Klavier
Frohsinn und Melodien gespendet hätte. Ueüerall
fanden sich -humorbegabte Soldaten, musikalische
Seelen, die einem Kreise von Kameraden die dienst-
freien Stunden verschönten. Bisweilen waren un-
sere hervorragendste» Künstler darunter. Ein deut-
scher Offizier und Kammersänger singt in die Stills
eines Abends, -während -der eherne Mund der Ge-
schütze einmal schweigt, Wagners Gralserzählung
und reißt auch die drüben lauschenden Franzosen
zu stürmischem Beifall hin.
- Was lag da für die Heimat näher, als außer
den so begehrten Liebesgaben in Gestalt von Bü-
chern und Zigarren, den Truppen auch Künstler kn-
ienden, -die ihnen eine Stunde des Frohsinns und
der Unterhaltung bringen sollten. Man machte sehr
bald die Erfahrung, daß alle heitere Kunst, alle
Kunst, die em Lachen auszulösen vermochte,
den Soldaten der liebste Gast war.
Heute haben alle HeeresverwaltuMen in größe-
rem ffder kleinerem Umfange die Ausgestaltung und
Organisation drche-r neuerwachsen-en, halb friedlichen
Aufgaben vorgenommen. Die Heeresleitung be-
günstigte, wo sie nur konnte, alle Bestrebungen, die
darauf hintzielten. das starke Bedürfnis der Front-
soldaten nach geistiger Nahrung und -künstlerischer
s Unterhaltung zu befriedigen. Am frühzeitigsten
, setzte eine künstlerische- Fürsorge für die Verwunde-
! ten und Kranken ein. Män erkannte sehr bald
die Notwendigkeit, diesen su einer unfreiwilligen

und schmerzlichen Muße gezwungenen Menschen
durch- handwerkliche Selbstbeschäftigung. durch Lek-
türe. musikalische und rezitatorische Darbietungen
eine Ablenkung und- Zerstreuung zu bieten. Aller-
orts stellten sich bekannte Künstler, Musiker, San-
ger, Schauspieler. Lautenspieler in den Dienst die-
ser schönen Aufgabe.
Für dis in Stellung befindlichen Truppen war es
naturgemäß viel schwerer, mehr und Vollkomme-
neres als nur von Mannschaften improvisierte
Kunstd-arbietungen zu veranstalten, wenn auch ein-
zelne Armee-Abteilungen im deutschen Hee-resbe-
rerck dazu schritten, sich aus geeigneten Kräften un-
ter den Mannschaften eine Art Wanderthe-
ater zusammenzustellen. Immer weitere und
mannigfaltigere Formen nahm dieses künstlerische
Leben an. Nicht nur. daß bekannte Gelehrte Vor-
träge und selbst Hochschulkurse im Operationsgebiet
Veranstalteten, nicht nur. daß die bekanntesten
Künstler die Front bereisten und den Soldaten
gute Konzerte boten, sogar ständige Theater mit
wechselndem Schauspiel- und Overettenrepertoir
Wurden von einzelnen ArmeeabteAungen einge-
richtet.
Zur rechten Zeit erwachte auch bierbri die deutsche
Gründlichkeit und Organisation. Man be-
traute eine besondere Zentralstelle mit dem Aus-
bau aller dieser Aufgaben. Seitdem ist nun für
alle! deutschen Fronten eine gleichmäßige Vertei-
lung guter künstlerischer Darbietungen in dieWege
-geleitet. Durch eine innige Verbindung mit Len
Künstlerorganisationen der Heimat, teilweise auch
direkt durch ein persönliches Fühlungnahmen mit
den Künstlern, die zum größten Teil sich ohne Ent-
schädigung diesem Liebesdienst unterziehen, ist diese
Zentralstelle in der Lage, das heimatliche Kunst-
leben ständig zu überblicken, und daraus ein« Aus-
lese für die Truppen zu tröffen. Je nach den ört-
lichen und strategischen Verhältnissen des j-awerli-,
gen TruppenKrvers sendet sie Schauspiel-Ensem-
bles. Operetten-Gesellschaften Nariete-Kabavet-
Truvven, Tirolerfänger Gesellschafte -1 oder auch nur
einzeln« Vortragskunftler aus. Alle Künstler er-
halten außer Fahrt zweiter Klasse Offiziers-Unter-
kunft und Verpflegung. Ihr schönster Lohn besteht
aber doch in der Dankbarkeit ihres einzigartigen

Publikums, dieser b egeisteru n gsfäh ige n. treuen
Menschen, die seit Jahren alle Schrecknisse des Krie-
ges von der Heimat fernhalten. Für alle im Felde
wirkenden Künstler hat die Heeresverwaltung eine
weitgehende soziale Fürsorge getroffen, so daß sie
unbeschadet durch materielle Nachteile sich ihrer
schönen Aufgabe freudigen Herzens unterziehen-
können.
Die Kunst ist nun einmal vom Leben des von so
hohem Kultu-rwillen beseelten deutschen Volkes
nicht zu- trennen, selbst dann nicht, wenn, wie in
diesem Kriege alle Kräfte dieses Volkes in ange-
strengteste Rüstung-arbeit, in Kampf und Abwehr
gedrängt sind-, selbst dann nicht wenn diese Solda-
ten, eingesetzt in blutigste Kämpfe, von allen
Schrecknissen dieses ungeheuerlichen Krieges unv-
VranLet sind. Hat Loch der Soldat in diesen Kriegs-
jahren den ihm angeborenen Sinn für Humor so
kugelfest gemacht, daß er ihn auch im ärgsten Trom-
melfeuer nicht verliert.
Deutscher U-Kreuzer vor
Monrovia
Es war eine ruhige, klare -Tropennacht, als sich
„U..der Reede von Monrovia näherte, der
Hauptstadt des mit dem Deutschen Reiche
zwingenden Druck der Entente hin im Kviesszu-
staich befindlichen, an der -westmssvikanischen Küste
eben nördlich des Aequators gelegenen Negerfrei-
stalltes Liberia.
Ahnungslos und mit brennenden Lichtern in
allen Häusern und auf allen Straßen lag der Platz
da. Auf der R-sede schaukelte sanft das einzige
Kriessf-ahrzeug der Liberianer ein kleiner, mit
zwei leichten SchnellfeuergeschMen armierter Mo-
tovschoner.
Das war, wenn auch nur ein kleiner, so doch
ein ganz appetitlicher Bissen für unseren U-Kreu-
zer. Das Beiboot aussetzen und -die Entergruppe
hin überschicken, war Sache kurzer Minuten.
Geräuschlos näberte sich das Boot dem Feind,
und es gelang -vollkommen überraschend, das Fahr-
zeug su entern. Die verblüffte Besatzung leistete

nicht den geringsten Widerstand, sondern rettete
sich durch UeberboMpringen und Schwimmen nach
der nahen -KMte, trotz -der dort wimmelnden Haie.
Tas Fahrzeug wurde von U... »auf tiefes Wasser
geschleppt und dort versenkt. Die Kanonen und eine
große Zahl von Gewehren nahm der U-Kreuzer
vorher zu sich an Bord. Die Ankunft der Besatzung
des Liberianers an Land machte sich bald durch
wahrnehmbare Aufregung und Unruhe in der
Stadt bemerkbar.
Bei Tagesanbruch lag. U... mit stolz wehender
Flagge wieder dicht unter Monrovia, als sich ihm
ein elegantes Mdtorboot unter.Parlamentärslagge-
näherte. Dem längsseit genommenen- Boot ent-
stiegen mehrere sehr gut aussehende u. vollkommen-
europäisch gekleidete Herren, die sich als Vertreter
der liberianischen Regierung auswiesen. Sie baten
im -Auftrage ihres Regierungsober-Hauvtes den
Kommandanten doch von feindseligen Handlungen
abzusehen, da das Land wider den Willen der Re-
gierung und der ganzen Bevölkerung, lediglich
durch -den Druck der Entente in den Kriegszustand
mit Deutschland gedrängt worden sei.
Die liberianischen Regierungsvertreter muster-
ten voller Interesse das Oberdeck des U-Kreuzers
in allen seinen Einzelheiten, sonderlich die macht-
volle Armierung.
Mit lebhaftem Erstaunen vernahmen sie di«
Aeußerungen des deutschen -Kommandanten über
die Kriegslage, die von der sich -bis dahin in ihren-
Köpfen abspiogelnden naturgemäß erheblich aÄ-
wich.
Ihre Versicherung, daß sie nur gezwungen M
den Kries gegen das Deutschs Reich eingetreten
seien, klang durchaus glaubhaft und dürste nicht
nur in diesem Falle, sondern auch bei manchem
anderen unserer zahlreichen Feinde, insbesondere
den süd- und mittelamerikanischen Republiken
und China zutre-ffen.
Der Kommandant von „U..dessen Befehle
Beschießungen von Ortschaften ohne militärische«
Zweck verboten, erklärte, von -Maßnahmen gegen
die Stadt absehen zu wollen, aber die an Land
befindliche wertvolle Funkenstation, die sich der
Franzose, wie die an ihrem Mast wehende Tri-
kolore zeigte, angeeignet hatte, zerstören zu müssen
 
Annotationen