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Heidelberger Zeitung (60) — 1918 (Juli bis Dezember)

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Nr. 170

Fernsprecher Nr. 82

Mittwoch, öen 24. Juli 1913

Heidelberger Zeitung

urosnszimmers; aus
* ia auch aus dem Grunde


Neues aus aller Welt
Neber 89 WO Inhaber des E. K. 1.
Mit dem vom Kaisex zu Beginn des Krie-
ges erneuerten und später erweiterten Eisernen
Kreuze sind in unserer Armee und in den Armeen
unserer Verbündeten eine große Zahl von Kriegs-
teilnehmern innerhalb der fast vierjährigen Dauer
des Krieges ausgezeichnet worden. Die Zahl der
mit der zweiten Klasse ausgezeichneten' Krieger
geht in die Hundorttabfende, und auch die, denen
als weitere Auszeichnung die erste Klasse ver-
liehen worden ist. beträgt schon über 80 000. Unter
diesen tragen es außer 153 fürstlichen Truppenfüh-
rern, 967 Generalen, und 26 hohen Startswürden-
träaern noch 51386 Stabs- und Subalternasfiziere
Von den Angehörigen des llntorofsizierstandes
sind im Besitze beider Klassen 12 645. wogegen es
4068 Mannschaften und 645 Militärperfonen. deren
Dienstgrad sich vorläufig noch nicht genau fest-
stellen läßt, verliehen ist. Außer diesen Vorgenann-
ten sind bei den Luftstreitkräften 8934. in der Ma-
rine 4562, Lei den Danitäts- und Veterinärkorps
1053, bei der FeldsMlichkeit 84. bei dem Intendan-
turpersonal 472 und bei der Feldpost 26 .Inhaber
der ersten Klasse des Eisernen «Kreuzes.
* ..Markenfreie Fleischspeisen im Nathäuskcller".
Unter dieser Ueberschrift veröffentlichten verschie-
dene Zeitungen einen Bericht über eine fchöffenge-
richtliche Verhandlung in Stuttgart gegen dis
Ehefrau des früheren Wirtschaftsdirektors wegen
Bezug und Abgabe von 6570 -Wund Fleisch ohne
Marken. Unter anderem wurde nach den Zeitungs-
nachrichten von der Angeklagten als Entschuldi-
gung vorgebracht, düst die Stadt während des in
Frage kommenden Zeitraums ein« ganze Reihe
von offiziellen Essen an nichtdeutsche Personen oder
Gesellschaften gegeben habe, bei denen den Gästen
Marien nicht abverlangt worden seien. Nach den
Zeitungsberichten soll festgsstellt worden fein, daß
in der in Frage kommenden Zeit an den offiziellen
Essen 9 Gesellschaften mit insgesamt 105 Personen
teilgenommen hätten. Wie demgegenüber das
Stadtschultheißenamt Stuttgart feststem, find
diese Angaben und die angebliche Feststellung nicht
richtig. In der Zeit vom 5. März 1917 bis 3.
März 1918 wurden im Rathausksller seitens der
Stadtverwaltung nur einmal Gäste bewirtet, und
zwar am 24. November 1917 9 Personen. Ob
dabei von den Gästen Fle'fschmavken abgegeben wor-
den sind, läßt sich heute nicht mehr feststellen.
* Der Einbrecher und der vergessene Regenschirm.
Eine ergötzliche Geschichte von einem Einbrecher
und seinem Regenschirm ist vor der Strafkammer in
Frankfurt a. M. ans Tageslicht gekommen.
Der Werkzeugmacher Kunze war in die Wohnung
eines Bäckermeisters eingebrochsn und. batte dort
zu seiner Freude in der Kasse einen Bavbetrag von
1200 M. gesunden. Ganz zufrieden mit dem Resul-
tat seines Einbruchs, verschwand er schleunigst
wieder von der Bildfläche, vergaß aber in der
Eile seinen Regenschirm, den er sorgsam mit-
genommen und in eine Ecke gestellt hatte. Der
Verdacht der Täterschaft fiel auf Kunz«, dem der

v - Her Milde gibt sich reich, der Geizige nimmt I
Ls^°rm. Sprichwort K

mit seiner Familie mehr beisammen zu sein, er-
ledigte er das Wenige, was er sich nachfchicken
ließ und hatte mitnehmen müssen, am liebsten in
Gegenwart feiner Frau und Noras. Stören durf-
ten sie ihn freilich auch dann nicht, doch empfand
er ihre Anwesenheit als Schutz gegen allzu inten-
sives Aufgehen in der Arbeit, das ihn für Stun-
den seiner Familie entführt hätte. Und die war
und blieb für ihn zu Zeiten der Erholung der
Mittelpunkt feiner Gedanken, Fürsorge und Le-
bensfreude, blieb für ihn eben das Wichtigste und
Schönste.
Es hatte Zeiten gegeben, und sie lagen noch so
wenig weit zurück, daß es beinahe lächerlich klang
ihrer in der Bergangenheitsform zu gedenken,
Zeiten also, wo Nora kaum Schöneres und Liebe-
res gekannt hatte, als aus einer stillen Ecke, in
der sie sich beschaulich eingerichtet hatte, hinüber
zublicken, wo ihr Vater saß und. der Gegenwart
entrückt, sein schon stark ergrautes, fein geformtes
Eelehrtenhaupt über seins Arbeit neigte, seine
Arbeit.
Nora wußte, warum sie dieses Wort so beson-
ders betonte. Sie wußte, daß ihr Vater ein Ge-
lehrter von Weltruf war, und zuweilen erfüllte es
sie mit eigentümlicher Stimmung: während an-
dere Leuts ihrem Vater mit allen Zeichen d«r Ehr-
furcht und Hochachtung «begegneten, fick feierlich
kleideten, wenn sie mit ihm sprechen wollten,
durfte sie du zu ihm sagen, sich auf feinen Schoß
setzen, an seinen Arm hängen; f« zärtlicher sie es
trieb, desto lieber hatte es der Water. Sie durfte
es, nur weil sie sein Kind war und weil sie Hm
Liebs entgegenbrachte, jene Liebe, di« alle Un-
terschiede ausgleicht, und im Vater nur den Vater
sieht, jedoch das Höchste und Heiligste neben der
Mutter darin erblickte.
Dennoch besaß Nora auch Ehrfurcht vor ihres
Vaters Arbeit, und wenn sie ihn in sich versunken
betrachten durfte, schlich sich ihr GM an Vaters
Seite und versuchte neben dem seinen in das Ge-
biet der Arbeit einzudringen.
Ihres Vaters Wissenschaft war der interessan-
testen und schwierigsten eine. Der Geheimrat hielt
das ganze Menschengeschlecht sozusagen auf feiner
flachen Hand und sah auf das erhabene Stück
Schöpfung hin wie auf eine zerteilte reife Frucht.
Und gerade, weil er beides. Natur und Menschen-
tum, so gründlich kannte, liebte er sie neben sei-
ner Faimilie.
Noras Blicke, die sich in alle Weiten bewußter
Und unbewußter Ahnungen verloren hatten, kehr-
ten aus diesen geheimnisvollen Neichen allmählich
zurück, erkannten die Gegenwart, die aber des-
wegen nicht gleich grau erschien — ihr Hatte das
junge Mädchen doch den Wandel in seinem In-
nenleben zu verdanken — und blieben dann für
eins ganze Weile an der Gestalt des Vaters Hüf-
ten. Es war wieder das schöne friedliche Bild,
auch die Zärtlichkeit, dis Nora dafür hegte stieg
warm.in ihr auf, aber — und Nora fühlte es wie
leises, heimliches Unrecht — der Vater war es
nicht mehr allein, der neben der Mutter von ihrem
jungen Herzen die verschwiegensten Regungen für
sich beanspruchen durste.
(Fortsetzung folgt.)

Gespenster des Glücks
Roman von Alfred Madern«
(15. Fortsetzung)
NE die Arme unter der seidenweichen
Haares verschränkt, sah nicht das
; l des Zimmers, sah nicht die Nacht, di« drau-
«s res eigenen dunkeln Gewandes überdrüssig
w oer Gestirns auslöschte, sondern sah nur
Blut-» s A? OH, der ihr Wa-ldgrüu und bunte
bn.zmgte, und ward fick erst nach und nach
v^sbrnden Geräusches bewußt, das auch
ei« c? das vermeintliche Brausen des Windes zu-
em überhört hatte.
men Mädchen riß sich von seinen Träu-
wirkli^'^chi?ie sich auf und horchte, ob es denn
.^??nete, Das tat es mit deutlicher
"dudelt und verhieß einen trüben Morsen,
a blickte ziemlich ernüchtert vor sich hin.
battÄ, es morgen regnet, dann" — damit
ibn 8».?/ nicht gerechnet. „Dann will ick an
. nl Lächeln und Zufriedenfein waren
^„Aüekchrt, und Nora schlief mit lichten Träu-
"iicWen Tage regnete es wirklich.
au- öZ Geheimrat richtete sich nach dem Frühstück
das Dahermbleiben ein. Ein bißchen Arbeit
Un^,7^rsur solche Gelegenheiten stets mit sich,
licku Korrekturbogen, obwohl deren Durch-
„dringend" war. gab es in einem
Gelehrrsmdalein immer. *
en.««^di^demann beschäftigte sich mit einer fe-i-
kilnomEnerer, während Rova über die Seiten des
Abe? Romans der Viöbig hrnwegträumte.
in dieie/n-war nur ein Darüberhinwegsehen, denn
Mäd»»,? vermochte kein Roman das junge
ren Mein. Seine eigenen Erlebnisse wa-
des seine Beobachtung des Innenlebens
lick-,- wie das des nächsten, schärfer, griind-
iick Noras Phantasie verfügte plötz-
ia dns n, Warben und Bildungsmöglichkeiten
NiM lbst die leitende Hand einer Künstle/in
- nrug.
ick >^?bi.cht war eZ die Stimmung, von der sich
dicht z iunse Mädchen -beherrscht fühlte, bloß
die Buch, dieser Roman. „Es lebe
«tzw Ä - wo so vieles an Nova natürlichen Ge-
n n Klarheit verlangte? Doch lang-
rnder- .A.ia nicht und Hätte gewiß auch jedes
'iüentli^uch früher sinken lassen, bevor sie an die
Handlung gekoimmen wäre.
^afte Sprechen war sie nicht gelaunt und
Ihr sonn ». Freude daran, zu schweigen, was
gemacht hatte" arbeitete, reichlich Mühe
D^eim liebte der Geheimrat die ALgeschieden-
Ae „? ues Arbeitszimmers; auf Reisen jedoch,
r ka auch Es dem Grund« unternahm, um

Seite 8
verdächtige Regenschirm vorgewiefen wurde. Kunz»
bekannte sich natürlich nicht zu seinem Eigenium«,
wodurch sich dis Polizeibeamten aber nicht irres äh-»'
ren ließen. Sie begaben sich zu, der Frau des Dem
dächtigen. zeigten den Schirm vor und fragten. dH
es der ihres Mannes sei. Die Frau, die von Leist
Einbruch ihres Mannes noch nichts Wichte, erklärt»
freudig und sicher, der Schirm gehöre ihrem Männe.
Bei diesem Sachverhalt gab der Angeklagte in der
Straft,LMM'Siwerhandlung «den Einbruch zu. Dass
Gericht verurteilt« ihn su einein Jahr und sechs
Monaten Zuchihaus. '
* Wieviel Schwerarbeiter gibt es? Diese Frag«
ist vor einigen Tagen in der Finanzkommissiost
des Preußischen Herrenhauses gestreift worden. Die
Fraas ist wichtig, weil bekanntlich die Schwerar-
beiter bei der Verteilung der Lebensmittel bevor-
zugt werden. Der Staatskommissar für Volkser-
nährung erklärte, die Zahl der Rüstungsarbeiter!
und Schwerarbeiter schwanke in den Berechnungen.
Die Fleischstelle habe sechs Millionen gszäblt und
die Getreidestelle fei schließlich auf 13 Millionen
gekommen. Er rechne Lei der Industrioversorgung
mit einer Kopfzahl von 8 Millionen und versuche
danach die Belieferung aufzubauen. Die Landur-
beiter hätten aus den Belieferungen der Kommu-
nalverbände die Schwerarbeitevzulagen erhalten
sollen. Menn dies verabsäumt fei, so müsse man
Lei diesen Beschwerde erheben. Durch die stärkest
Unterschieds in der Berechnung der Zahl der
Schwerarbeiter werden manche Uwuträglichkeitest
Lei der Verteilung der Lebensmittel erklärt.
* Schreckenstat einer Mutter. In Geldern tö-
tete, einem Telegramm zufolge, die Frau des
Landwirts Daselär in einem Anfall von Irr-
sinn ihre drei Kinder im Alter von ein bis
sechs Jahren.
* Der Kaiserstenogrchph f. Auf dem Weißen
Hirsch Lei Dresden ist der frühere stellvertretend«
Vorsteher des Stenographischen Büros des Reichs-
tags, Dr- Max Weiß, im Alter von 69 Jahren
gestorben. Weiß stand saft dem Jahre 1887 im
Reichsdienst seit 1888 hatte er sehr oft die vom
Deutschen Kaiser gehaltenen Reden ausgenommen»
so daß er in Kollegenkreifen „«der Kaiferstsno-
graph" genannt wurde. Vor zwei Jahren trat
Dr. Weiß in den Ruhestand. Er Hat sich um diö
Förderung des Gabelsbergerschen Systems Ver-
dienste erworben.
* Dodevon redde se nix. Ein Leser des Höchster
Kreisblattes schreibt: Ich fuhr dieser Tags mit
einer Vorortbahn nach Mainz, als neben mir ein
etwa 10—ILjähriger. ärmlich gekleideter Junge
Platz nahm, der einige Sträußchen Waldsrdbeeten
in der Hand hielt. Ich fragte ihn. ob er mir ein
Sträußchen verkaufen wolle. „Kee Wnnner! Dis
sin jo zum verkaafe!" — .Mas kostet denn eins?"
„EMavk!" — „Donnerwetter" sage ich. „d-ubistaber
echt! So ein Dutzend Veerchen kaufte man früher
für 5 Pfennig." — „Ja, sshn'ss". erwiderte der
klein« Bengel altklug, indem er feine Sträu chen
sorglich zurechtznvfte „do redde fe von früher rm
von beut. Wie awer die deitsch Valuta d 0-
mols gestanne Hot und wie ko Leit stükst —
gelle, dodevon redde se nir!"








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