Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (60) — 1918 (Juli bis Dezember)

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55371#0172

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Sei e 2

Heidelberger Zeitung

Moni eg, den

Die Beute des vierten
Kriegsjahres
Berlin, 4. Aug. Während der einzelnen gro-
ben Operationen im letzten Kriegsjahr erbeuteten
die Mittelmächte beiTarnopol, Riga und
Oese l über KV» Geschütze und etwa 1089 M a-
schinengewehre, viele Tausend Gefangene
und unschätzbares Kriegsmaterial. Zn Italien
waren im Laufe von knapp einem Monat «eben
380 808 Gefangenen und über 14 Wb Qkm. Ge-
landegewinn 28M Geschütze und 3880 Maschinenge-
wehre!, 489 Minenwerfer, 159 089 Infanteriege-
wehre, 1 Million Handgranaten, über 1,5 Mill.
Artilleriogeschosse, 52 Millionen Infanterie-Patro-
nen und 150 Flugzeuge sowie alles in Stellung ein-
gebaute und in Etappenlagern aufgehäufte Mate-
mal zweier italienischer Armeen erbeutet. E>n
Teil des Verlorenen neu zu beschaffen, kostete Ita-
lien Milliarden. Nach dem deutschen Vormarsch
im Osten Februar 1918 ergaben sich 4381 Ge-
schütze, 9498 Maschinengewehre, übe» 750 VW Ge-
wehre, 2 887 VW Schub Artillerie« und über 1V2
Millionen Schub Znfanteriemunition, 21VV Loko-
motiven, über 28VVV Eisenbahnwagen und 83 VW
sonstige» Fahrzeugen aller Art, 1278 Kraftwagen,
1705 Feldküchen und 152 Flugzeug« als Beute.
Kaum geringer war das, was der deutschen Armee
hei d«r Westoffensive 1918 in die Hände siel.
Sieben 2800 Geschützen und über 15 VW Maschinen-
gewehren stehen so unübersehbare Mengen Kriegs-
material aller Art, hab bis heute «och kein« Fest-
stellung des Gewonnenen möglich war.
Eine siegreiche Luftschlacht im
Heimatgebiet
Berlin, 4. August. Unbelshrt durch ihren letz-
ten schweren Mißerfolg vor Koblenz am 10. Juli
versuchten unsere Gegner am 31. Juli wiederum
mit starken Kräften einen Luftangriff auf das
deutsche Heimatgebiet. Diesmal Wählten sie
Saarbrücken zum Ziel. Mehrere Geschwader
stießen saarabwärts gegen Saarbrücken vor; sie
haben ihr Ziel nicht erreicht. Frühzeitig von dem
Späherauge des deutschen Flugmeldedienstes er-
faßt, wurden sie von einer kampfbereiten Staffel
des Heimatluftschutzes empfangen, die sie in rück-
fichtslüsetzi Angriffsgeist sofort in einen schweren
Kampf verwickelte. Kaum war dieser entbrannt,
als de» bisher an Zahl unterlegenen deutschen
.Lustkämpfern von allen Seiten weitere Staffeln
zu Hilfe eilten. Nun entwickelte sich eine Luft-
schlacht, wie sie an Umfang und Heftigkeit über
dem deutschen Boden noch nicht stattgsfunden hat.
Bald wandte sich der Gegner zur Flucht und
suchte in der Schnelligkeit feiner Flugzeugs Ret-
tung. aber vergebens. Das Geschwader, -das die
Deutschen zunächst angegriffen hatte, wurde trotz
zäher Gegenwehr restlos vernichtet. Bei
ISaarLömünd stürzten die ersten, bei Saaralben
weitere feindliche Flugzeuge zu Boden. Um den
dritten Teil ihres Bestandes geschwächt erreichten
die Trümmer der enMschenl Geschwader, immer
noch von d«M Feuer der deutschen Flugzeugs ver-
folgt. dte rettende Front. Stoben Flugzeuge hat-
ten die feindlichen Geschwader bei uns zurücklassen
Müssen.
Beschießung von Archangelsk
Di« Moskauer „Pr-awda" meldet, daß Eng-
künher von Kreuzern aus Archangelsk
Geschieben. Das Blatt bringt an der Spitze
folgenden Aufruf: „Die Kanonen des englischen
Kapitals beschießen das Archangelsk der Sowjets.
Die werden auch das Arbeiterviertel Moskaus »u-
Hammenischieben, wenn wir nicht die tschecho-slowa--
'tkischen Abteilungen! des englischen Stabes ver-
nichten."
Moskau, 4. Aua. Wie „Jsweftija" meldet, ist
die Mudjug.Insel nach Verteidigung gefal-

len. Dte Batterie wurde durch das Feuer eng-
lischer Kremer zusammengrsLossen. Dir So-w-st-
truvven gingen auf Archangelsk zurück.
Die Einmischung der Entente m
Rußland
„Eine kräftige und systematische Aktion"
Reuter meldet aus Paris: Die Ka-mmerkom-
mission für Auswärtige Angelesenheitcn bat ein-
stimmig eine an den Ministerpräsidenten gerich-
tete Rots Franklin Bouillons gutgeheiben,
in der auseinandergssetzt wird, daß eine kräf-
tige und systematische Aktion in Ruß-
land erforderlich ist.
Wie Japans Eingreifen begründet wird
Das Reutersche Büro erfährt, daß in der Vokioer
Amtszeitung vom 2. August eine Erklärung
veröffentlicht wurde, in der von der bevorstehenden
Absendung javanischer Truppen nach Wladi-
wostok Mitteilung gemacht wurde. In der Erklä-
rung wird gesagt: Die Vereinigten Staa-
ten haben unlängst Japan die baldige Absendung
von Truppen zum Entsatz der Tschecho-
Slo waken vorgsschlagen. Angesichts der Ge-
fahr, der die tschecho-AoWakMen Truppen in Si-
birien seitens der Deutschen, der Oosterreicher und
Ungarn ausgesetzt sind, war es den Alliierten na-
türlich nicht möglich, mit Gleichgültigkeit den un-
günstigen- Lauf der Ereignisse anzusehen. Eine ge-
wisse Zahl ihrer Truppen hat bereits den Befehl
erhalten, nach Wladiwostok zu gehen. Die Regie-
rung »der Bereinigten Staaten, die «den
Ernst -der Lage ebenso einsah, bat sich vor
kurzem an die japanische Regierung gewandt mit
dem Vorschlag, javanische Truppen absnschicken,
um die Tsecho-Slokawen von dem gegen sie gerich-
teten Drucke zu befreien. Die japanische Regie-
rung. die dem Wunsche der amerikanischen Regie-
rung nachkom-men wollie, hat beschlossen, unver-
weilt zur Bereitstellung geeigneter Streitkräfte für
die vorgeschlagene Mission zu schreiten. Eine ge-
wisse Zahl dieser Truppen wird sofort nach Wla-
diwostok geschickt werden.
Japan erklärt schließlich, datz es nc-ch Verwirk-
lichung seiner oben dargelegten Absichten sosorr
alle javanischen Truppen vom russischen Gebiet
surückziehen und die Souveränität Rußlands
sowohl in politischer als auch in militärischer Hin-
sicht vollständig unbeeinträchtigt lassen werde.
* * »
Auffällig ist das geflissentliche Betonen der ame-
rikanischen Anregung, Im übrigen glaubt selbst-
verständlich in Tokio kein Mensch an die „Gefahr"
durch die deutschen Kriegsgefangenen, aber da es
der japanischen Politik gut paßt, wird auch dieser
Vorwand gern benützt
Vergewaltigung Panamas
Haas, 4. Aus. In der Republik Panama find
die beide« Städte Panama und Colon durch
amerikanische Truvpen besetzt worden.
Der Präsident der Republik Panama bat folgen-
den Protest erhoben:
„Ich protestiere gegen diese Einmischung, die dis
Souveränität von Panama ohne jede Recht-
fertigung verletzt, umsomehr, als die Re-
gierung von Panama genug Mittel zur Verfügung
bat, um Vie öffentliche Ordnung in diesen Städ-
ten aufrecht zu erhalten. Ich lehne es ab, di«
Verantwortung für ein so ernstes Vorgehen mit der
Regierung Amerikas zu teilen."
Der Protest ist an Wilson gerichtet. Die Be-
setzung wurde mit den „» n -sicheren Verhält-
nissen" in den Hauptstädten begründet. Irgend
welche Unruhen haben sich der amerikanischen
Presse zufolge nicht ereignet.
* » »
Bern. 4. Aug. Einer Meldung der Associated
Prob aus Panama vom 27. Juli zufolge verhaftete
die Regierung auf Ersuchen der amerikanischen
Militärbehörden alle feindlichen Fremden
in der Republik zwecks Internierung in der
Kanatzone.

Fernsprecher Nr. 82

Hof Trauer angelegt hat.
spöttisches Lächeln ab.

Ein Gipfelpunkt britischer Heuchelei
Die ganze Gemeinheit, deren die Engländer fä-
hig sind, wenn es ihr Eigennutz erheischt, zeigt sich
in der skrupelloser: Haltung, die das
amtliche England dem entthronten rus-
sischen Zaren gesenüler eingenommen hat.
Solange Nikolai Alexandrowitsch -die Krone trug,
wurde er von der englischen Presse angehimmelt
als der weise Herrscher des verbündeten mächtigen
Reiches, dessen Millionenheere bas verhaßte
Deutschland zermalmen sollten. Kaum war er in
der mit englischer Hilfe ins Werk gesetzten Re-
volution jm März vorigen Jahres vom Thron ge-
stürzt. da erhielt der kraftlose russische Bür d-ie
Eselstritte, die. so hoffen wir im Vertrauen auf
die Vergeltung des Schicksals, auch der schon jetzt
arg zerzauste -britische Leu dermaleinst verspüren
wird. Offen erklärte ein leitender englischer Mi-
nister, Bonar Law, nach dem Sturz des Zaren,
der Welt sei durch dieses Ereignis großes Heil
widerfahren. Als dann der entthronte Herrscher in
die Verbannung nach Sibirien geschickt wurde, tat
England nichts, um sein trauriges Los zu erleich-
tern. Mit Recht wies in diesen Tagen die Wiener
Reue Freie Bresse- darauf bin, daß es in den Ta-
gen der Regierung Kerenskis nur des ernsthaften
Wunsches Englands bedurft hätte, um den Za-
ren und seine Familie ins neutrale Ausland zu
schaffen, und daß England durch den von ihm un-
terstützten Vorstoß der gegenrevolutionären Trup-
pen den äußeren Anlaß zur Ermordung des Zaren
gegeben habe. Auch in der Presse des neutralen
Auslandes wurde wirksam geschildert, wie Eng-
land den ihm ehemals verbündeten Fürsten hilf-
los dein Verderben überließ. Um so widerlicher
wirkt die heuchlerische Trauer um den Ermordeten,
die das amtliche England jetzt zur Schau trägt.
Treffend schreibt dazu die Norddeutsche Allgem.
Zeitung:
„Aus England kommt di« Kund«, daß der könig-
liche Hof aus Anlaß der Ermordung des Zaren
für drei Wochen Hoftrauer angelegt bat.
Mqn wird in Deutschland- diese Meldung nicht
ohne tiefe Entrüstung lesen, denn Ker ist die sprich-
wörtlich gewordene englische Heuchelei auf ein
Maß getrieben, das schwerlich überboten werden
kann. Der Zar ist -der britischen Politik geopfert
worden, die alles, was ihr im Wege steht, zertritt.
Der englische Hof benutzt den T o d. der i b m
willkommen kam, und den England selbst
verschuldet bat. um daraus ein Schauspiel und
ein Rührstück für die Welt zu machen.
Gewiß haben wir in Deutschland beim Untergang
eines Mannes, der. schwach und grausam zugleich,
den Krieg, den er verhindern konnte, nicht auf-
gehalten hat. ein tiefes Beileid nicht aufzubringen
vermocht, aber die englische Hoftrauer, die den
Zarenmord zu Propaganda-.wecken ausbeutet. muß
wie eine unwürdige Verhöhnung eines Toten er-
scheinen."
Diese schmähliche Handlungsweise dem Zaren
Nikolai II. gegenüber wind natürlich die Englän-
der nicht abbalten. sich unter der Führung des
Zaren im Weißen Hans« zu Washington weiter als
Vorkämpfer der Menschlichkeit aufzuspielen.
Ein treffendes neutrales Urteil
Das Amsterdamer katholisch-demokratische Blatt
„Huisgezin" vüm N. Juli schreibt:
„Die Reuter-Nachricht, daß der englische
7 . nötigt ein
. , . Der Eingeweihte
weiß, daß der Zjarenmord die mittelbare Folge ge-
wesen ist von Machenschaften der Entente, im
besondern Englands, mit denen der König von
England vollkommen übersinstimmte. Während der
ersten Kriegsjahre feierten die englischen Staats-
männer den russischen Autokraten stets als dem
größten -und treuesten Bundesgenossen. Als der
russische Koloß Schlag auf Schlag niederserungen
wurde, begann der Zar an den Frieden zu denken.
Das war gegen die Absichten der Entente, die ge-
gen den Militarismus zu fechten vorgibt, doch über
alles den Frieden fürchtet. Unter der Leitung des
englischen Botschafters in Petersburg wurde daher
die Revolution vorbereitet, nach deren Ausbruch
der Zar gefangen gesetzt wurde. Doch hätte die
englische Regierung nur ein Wort zu sagen brau-
chen. um den Zaren in Sicherheit zu bringen. Der

Nr. 180^'
Zar wurde jedoch wease-wuftn wie eine ausS*
preßte Zitrone. Di« Revo-lutionsbomb-e platzte da»«
aber in verkehrter Richtung und die Leiter WH'
se» Frieden. Die Entente unterstützte daher di«
Gegenrevolution und ließ das Gerücht verbreite»'
daß diese den Zaren wieder auf den Thron bringe»
wollte, obgleich sie gur wußte, in welche Gefahr dS'
mit die ganze Zarenfamilie kam. Infolge diestS
Gerüchts wurde der Zar ermordet. Wenn der enü-
lische König jetzt für den Vetter Trauer anlegt.
ist das eine scheinheilig« Tat".
Wo bleibt die Antwort?
Di« Nationalliberale Korr«'
spondenz schreibt:
In seinem Aufruf an das deutsche Volk hat
Kaiser darauf hingewiesen, daß unsere Feind«
ohne Scham mit immer neuen Verleumdungen de»
reinen deutschen Namen besudeln. Dieses Veff
l-eumdungswerk ist älter als der Krieg. Es ist «»>
der Seite unserer Feinde ein untrennbarer Be-
standteil der Kriegführung und einer der bestbe-,
gleiteten und erfolgreichsten. Bis in die jüngst
Zeit hinein haben wir aus dem Munde von feind-
lichen Ministern und Staatsmännern die gröbste»
Beschimpfungen des deutschen Namens hören" müs-
sen. Für oie schleichende Propaganda geben unser«
Feinde ungezählte Millionen aus. Lord North-
cliffe organisiert sie, und wir dürfen sicher sein, s
daß unter seiner Leitung die Sacke -mit Methode »-
Geschick gemacht wird. Es ist unter den Beispiele",
die wir besitzen, nicht der geringste Zweifel dar-
an erlaubt, daß diese Mittel der feindlichen Krieg-
führung fortgesetzt vermehrt und aktualisiert wer-
den, und leider auch, daß sie nicht ganz otzn«
Erfolg sind.
Ein Wunder aber ist dieser Erfolg nicht, den»
auf deutsche Seite geschieht nichts, um ih»
abzuwehren. So stark und so reißestd der
Strom auch heranrauscht, der feindlichen Geist i»
deutsches Land tragen soll, so ernstlich er auch all«
Schutzwälle zu durchbrechen draht, unter den deut-
schen Staatsmännern erhebt sich kein Deich'
Hauptmann, der sich gegen diesen Einbruch zur
Wehr setzt. Wir reden nicht von dem politische»
Angriff, wir spannen unsere Hoffnung nicht ft
kühn, daß wir van unserer politischen Führun»
kräftige Hiebe gegen den Feind erwarten, wie wi«
sie von unseren Heerführern gewohnt find. Aber
wir können doch auf die Dauer nicht dazu schwei-
gen, daß nicht einmal -das Notwendigst«
an Abwehr geleistet wird. Der Eintritt in da»
fünfte Kriegsjahr wäre eine gute Gelegenheit ge-
wesen um politisch mit unseren Feinden a-bzurech-
nen. Der Aufruf des Kaisers schuf die richtig« i
Stimmung und zeichnete die große Linie. Hätte» j
diejenigen, di« unsere politischen Führer sein sol-
len, sich das zunutze gemacht, so wäre die feindlich-
Propaganda mit einem kräftigen Schlag angshal-
ten und z-urückgetriebn worden. Aber nur einel
hat vom amtlichen Sitz in Deutschland gesprochen-
der bayerische Ministerpräsident. Uetz««
all anderswo hat man gesch wiege n-
Kei-ne andere amtlich« Stelle in Deutschland ist ge-
gen Vie feindlichen Staatsmänner lebendig gewor-
den. di« den reinen deutschen Namen mit Verleum-
dungen überhäufen. Kein Mund hat sich geöffnet,
um mit weithin hörbarer Stimme die Propaganda
zu treffen, die bei uns im Dunkeln schleicht. Bia»
fass nicht, daß in der Parlament losen Zeit das
Podium gefehlt hätte. Unsere Gegner verstehen
sehr wohl, sich Gelegenheiten zu schaffen, W-arM
nicht auch wir! Nein, es fehlt bei unsdi«?
Wille, di« Waffe- zu führen, die unbedingt Lest
(Schwert der Obersten Heeresleitung Mr Seit«
stehen muß, wenn- anders wir nicht dem Feind«
auf diefm Felde erliegen sollen. Es fehlt der Will«
— daran ist nach dem ständisön Versage»
unserer Staatsmänner nicht zu zwei'
fein. Das deutsch« Volk aber, das dis offen«»
Beschimpfungen hört und di« heimliche PropB,
ganda fühlt, fragt sich immer verwunderter, rvcM
denn eigentlich die Männer an der Spitze da sinN.
Diese Frage muß bald eine befriedigende Antw off
finden.
* England sucht weibliche Flieger. Das britk
scke Luftministerium gibt bekannt, daß ein« groß«
Zähl weiblicher Offiziere zwischen 28 um
48 Jahren für die weiblichen königlichen Lust»
streitkräfte gesucht werden.
°« , MU —.-WWWWS

5. August 1918

«S««««««««««« »
Und warum die Sprach von jenen,
§ Di« wir doch geklopft, entlehnen? I
L Th. Bischer
Gespenster des Glücks
Roman von Alfred Maderno
(23. Fortsetzung)
Nora wäre nicht so verbittert auf ihr Zimmer
Legangen, wenn ihr verboten worden wär«, allein
das Hotel zu verlassen. Sie wartete noch eine
Weile, im Glauben, daß die Mutter zu -ihr koin-
mem werde, wenigstens sie. Jemand mußte d-r-ch
Nach ihr sehen, jemand doch wissen wollen, wie es
>in ihrem Gemüt aussah. Niemand? — Auch die
Mutter nicht?
Nora wußte nicht, daß sich ihr« Mutter in die-
sem Augenblicke beherrschen mutzte, um nicht zu ihr
binüberzusehen. Wie ost hatte sich das Mädchen
allein und aufs beste zu entscheiden verstanden,
in Dingen, die damals beinahe io wichtige und
ernst waren wie nun dieser Zwiespalt der Em-
pfindungen, dieses Schwanken zwischen Eltern und
«mein undeutlichen Ruf, der aus der Tief«., aus
her Ferne kam — denn weit, unendlich weit ist
der Raum der Gefühle.
„Meinst du. daß Nora dahei-mblsibt?" fragte
jn diesem Augenblick der Geheimrat seins Frau.
Die fuhr leicht zusammen. Forderte ihr Gatte
Rechenschaft von ihr?
„Ich weiß es nicht," flüsterte sie kaum hörbar
und seltsam beklommen.
„Und wenn sie nicht daheimbleibt?"
„Wir haben es ihr nicht befohlen, Richard".
„Sollte sie unser gestriges Gespräch nicht als
xi-n Verbot ansehen können?"
„Darf das Kind nicht, wie es muß?
„Und was sind dann wir, feine Eltern?"
Frau Raüemann stand am Fenster und drückts
vie Stirn an das kühle Glas. Träne um Träne
/lieg in ihr«- Augen.
Der Geheimrat trat leise hinter seine Frau >>nd
fegte sanft den Arm um sie.

„Hermine," sprach er le-iss und weich, „maine
Frag«? Was sind wir Eltern in solchem Falle?"
„Zu all, Richard, viel zu all". Fräu Rade-
mgnn weinte in ihres Mannes Armen den tief-
sten Kchmerz ihres Löbens aus.
Wie plötzlich diese Erkenntnis gekommen war,
mit der der Geheimrat erst gestern, oder war es
vorgestern, noch gespielt hatte! Und nun verstand
gerade er es nicht, strich ihr übers Haar, über die
Wangen, zärtlich wie immer, wie in jungen Jah-
ren. Doch verstand er sie nicht, und fragte ein über
das andere Mal: „Zu all. Liebste, warum za
all?"
„Um Nora unserem Willen beugen zu dürfen.
Kannst du lesen, was uns in den Sternen geschrie-
ben steht? Weißt du, ob wir unser Kind nicht schon
bald verlassen müssen und daß es dann niemand
hätte, keinen Menschen, dem es vertrauen könnte?"
Schweigend standen die beiden Gatten, ihre
Hände suchten einander, doch ihre Wicke wichen
sich aus. Wschiedssedanken? War denn die Zeit
schon soweit vorgerückt?
Fünfzehntes Kapitel.
Von diesem Vorgang ahnte Nora nichts. Sie
hatte gewartet, sah sich enttäuscht -und wußte: es
gab niemand, der sich um sie kümmerte. Da nahm
sie ihren Schal und ging, den« einen zu suchen, der
ihr vorgestern so vieler Freuden voll entgegen ge-
eilt war.
Und Lenzberg wartet auch diesmal. Er schritt
in der Nähe der Bank langsam auf und ah. denn
der Boden dort war noch zu feucht, als daß es zuM
Sitzen einladend genug gewesen wäre.
Nora sah daher die Bank unbesetzt und zögerte
von neuer Enttäuschung erfüllt, die wenigen
Schritte bis zu ihr noch zuriickzulegen.
Wenn er nicht da war? — Und daß sie auf ihn
wartete? Gerade heute, wo sie sich so innig stach
ihm sehnte, hätte sie es nicht können. Nun war sie
aber einmal soweit, da konnte sie wenigstens noch
ein Stück in den Wald hinaus gehen. Das war
noch immer das beste, sich all das wirr« Zeug aus
dem Kopf zu laufen und zg versuchen, mit sich al-
lein fertig zu werden.
Schon schritt Nora wieder flinker aus, als sie
von der anderen Seite einen hochgewachsenen.
schlanken Mann auf die Bank zusehen sah. Nüst

hatte noch jemand Wohlgefallen an diesem Platze
gefunden! Nora war es nicht lieb, und sie atmete
erleichtert auf, als sie den Fremden an der Bank
vorübergehen, dann aber um so rascher auf sie zu-
kommon sah.
Das war doch — natürlich war das sein Schritt
Und die Bewegung, mit der er die Hand zur
Stirnhohe emporhüb, die Kopfbedeckung aber nicht
abna-hm — -da schlug es wie eine mächtige Flamme
durch das junge Mädchenherz, durch alle Mieder
rieselte Nora ein jähes freudiges Erschrecken, es
jagte sie vorwärts, hatte im Augenblick dem Druck
von ihrer Seele genommen und ließ sie jetzt einen
kleinen Schritt zurückweichen und mit leisem Aus-
ruf glücklichen Staunens die Hände vor der Brust
falten, als der junge Mann dicht vor ihr stehen
blieb und Vie Hand nochmals an den Schirm seiner
Kappe führte.
„Leutnant zur See, Kurt Lenzberg, stellt sich
ergebenst vor!" Ein schneidig« Verbeugung, ein
schalkhaftes Lächeln, ein blitzen der Hellen Augen.
Sonne über den bronzenen Mienen — alber das
junge Mädchen stand noch immer, die Hände vor
der Brust und die Blicke wie in Märchestllande ver-
loren. - - -ml "
Da wagte Lenzbsrg nicht, dieses Augonbffck
Stimmung, die etwas Rührendes hatte, zu zerstö-
ren. Scherzende Morte hatten ibm über di« Lip-
pen gewollt. „So sehen wir alle Tags aus". Aber
heute wär nicht alle Tage. Für das iunge Mäd-
chen, das mit staunenden Augen vor ihm stand
und ihn zum ersten Male in Uniform sah, für die-
ses junge Geschöpf wenigstens war heute nicht alle
Tage. Und für ihn? Für ihn. der einen Tag
voll ernster Erwägungen hinter sich wußte, der sich
von dem heutigen Beisammensein mit Norg mehr
versprach als nur die vorteilhafte Wirkung seiner
Uniform auf das jung« Mädchen, für ihn wgr
heut« nicht minder Festtag.
Lenzberg senkte seine Micke erst leise, dann im-
mer eindringlicher fragend in Noras wellgeöffnete
Augen, suchte und fand den Grund ihres Herzens,
las -dort und wußte: hier hatte er gewonnen, die-
ses Herz war sein, von diesem Augenblick an schlug
es für ihn. für ihn allein einen seltsamen Takt.
(Fortsetzung folgt i

Neues aus aller Welt
* Ein schwerer Eisenbahnunfall hat sich Sainö'
tag nacht im Darmstädter Güterbahn'
Hof ereignet. Ein nach Kranichstein ausfahren'
der Güterzug überfuhr das vor einem sogen an»'
ten Leersleis stehende Haltezeichen. Die LokoiE
tive und fünf Wagen stürzten in den am End« des
Gleises befindlichen Viadukt. Der Führer, Philipp
Rettig und der Heizer Georg Schneider,
verheiratet von Datzmstadt, wurden getötet.
Sechs Zugangestellte wurden leicht verwundet.
* Durch eine Bande gewerbsmäßiger Die»«
sind aus den Lagern Wiener Spediteur« eine An-
zahl Kisten gestohlen worden, die von -d««
japanischen Botschaft hei Beginn d^
Kriegszustandes mit Japan dort hinterlegt warm
und dis kostbar« Besitztümer im Werts von mim
bestens einer Viertel Million Kronen enthieltest
Der ganze Schatz wurde nun durch den Sicherheit^'
wachinspektor bei einem Zuckerwiarenhändler M I
17. Bezirk festgestellt. Alle an dem Diebstahl b«-
teiligten Personen wurden verhaftet. f
.* Zucker aus Papier! Unsere Ehem-iker mach«» .
alles! Jetzt soll es ihnen, wie das Amtsblatt dA
Reichsstelle für Gemüse und Obst mitteilt, geg!iw>
sein, den ZMstoff in Zucker überführen, der so-
weit gereinigt ist, daß er als Diehfutter dien«»
kann. Professor Dr. Lassar-Kobn meint:
Akten können somit zu Vieh-futterlieferanten und
wertlose Bücher zu Lebensmittelspendern werdest
* Handgranaten zum Fischfang. Offtzierstslb
Vertreter Rempis in Waiblingen war sin«H -
Fischereibsrecktigteu beim Fischen behilflich ff!»
ein besseres Ergebnis zu erzielen, zündet«- e-r e»n«
Handgranate an und wollte sie ins Wasser werft»
Sie explodierte vorzeitig, riß ihm den Bauch E'
beide Hände weg, und beide Augen aus. RctM» i
war sofort tot. ..
* Ein schweres Verbrechen wur->« in der Nmü
zum Mittwoch an einer Geschäftsfrau in Diü»'
chen verübt. Die GastwirtsehefrKn und
hsrin einer Maschinenstrickerei am St. Arm sw»»
Nr, S, Christine Weidner, wurde am Mit-*
woch früh in ihrem Bette erschlagen aufS-A !
funden. Nack den Erhebungen handelt es fick um
einen Raubmord. Von dem Täter bat

N. 180

2
, * De» E<
Air 1817 mit
damit in die
budgets.eing
* Gegen B
des Innern
rung heim (
amts dringe;
zugt« Etellui
erhoben.

AN kiiie Z
ollgem
»rao- g-sschuvr

Schütter»,
dem großen i
bi« Nachricht
Hann Mußl
gebrannt wa
km jo trauri
Verdacht der
wurde.
3. ;
Mhem ein hx
festge
»ungsversuche
^ch'ff gesp
her dadurch ,
'st, beläuft st
Meßkirch.
»eroffsnx-kicht
einen FM. o-
Abende Law
Kozirks in l
«raue» ,
von 84 Mark

Aus L
* Bo» der
-Aurncke h
Doktorjubilin
er kn -Berlin
mercurii rav
ver 1834 zu -
demifch« Lau
ient an der
lm und 18U
an der Baus
-a- o-Vrofesst
Öls Ordinari
wo er M5 i
«Ärers Gust
!?b»r 1907 ti
stand. Der -
deini-en der L
Heidelberg. T
2° c. von Hei
AEkektrmt
»Ekuerte «
"'»d ein akust
bau
^«»»trauun
ANid Prii
des Oberlrut
'.Hou Aaso
bolm statt, i
st«-> Anveurw
von M-Eur;
Mr-lta zu W
Isenburg u-n!
Freifrau Phi
Walz, Gehsin
«erst und M,
vich vollzog
»eschen Glück
U" aus den
Aron Essen,
AEn. svraci
... Heidelü
Merordentl-i
LAoa t>cheu (i
«im statt
L"den vier
^ousgi-enbaM
trag«, 84°fs
Auftrag« de«
Ichcn.

»> e:
^u.sche Lite,
^eidelber
»est. sondern
Male
Men über d
Sumo
W en Le cari
bnl.en. dir n
Schulers zuni
e!ung ist dj.
Wichte und -
bmicms de,
erste Ve;
llcbeff.ch z» i
Literatur zu
Nebenbei ein
Betriebs in.
«le:cho Zeugni
»ffdeutschen i
Vie die Leu
lassjischen Pl
Mwickelt ha
.chen Literat
Urg (Schwei
? dem S
Vadians Ste
chrwissenschaf
U'lt, be-absich
VUikmien S,
* Bon de»
' M-a rtitz.
ler Und«ersit
^es Mjährige
übriger Dai:
Aaw, Boll;
-'n Amt ni°;
5ch-r Pr-chest
«niceMätskl
 
Annotationen