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Heidelberger Zeitung (60) — 1918 (Juli bis Dezember)

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https://doi.org/10.11588/diglit.55371#0212

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A Wer seine Kinder erhalten will, muß sie frei
L machen von sich selbst. Wer sie an sich zu q-
G ketten trachtet, wird sie für immer verlieren. H
R Heinrich LHotzky w
^SKAKS^SSSSSS »
Gespenster des Glücks
Roman von Alfred Maderns
(30. Fortsetzung)
Es langte für «in paar Plauderstnwden am
Strand, wo die Blicke der Uebcrraschien und Neu-
gierigen Uber das junge Paar hersielen; daran
schloß sich das gemeinsame Mittagessen, während
dessen sie vom ganzen Saal beobachtet wurden.
Die übrigen beurlaubten Offiziere der „Branden-
burg" befanden sich zwar auch unter den Mittags-
gästen des Hotels, aber der Leutnant zur See am
Tische der Familie Rademann und in wie munte-
rem Gespräch mit dem Fräulein, selbst mit dem
Philister, ihrem Vater- Wer lernte sich in der
basten Gesellschaft auskennen?
Das ganze Hotel mutzte dabei gewesen sein,
wie Rademanns den Leutnant an den Landungs-
platz der Boote begleiteten.
Haben sSie gesehen? Zn dem Abschied lag et-
was -".
Draußen an der „Brandenburg" eilten die Of-
fiziere die Fallreepstreppe empor, wurden die
Boote hochgewunden, zehn Minuten, zurückgeblie-
bener Rauch wavf seine Schatten auf die Wasser,
die dort bräunlich schimmerten.
Ein paar gute Bekannte legten neben Geheim-
rats an.
„Sie besitzen Beziehungen zur Marine? Wie
interessant! Nur schade, daß der Herr nicht län-
ger bleiben konnte".
Im Hintergrund hattten sich Nock ander« ver-
teilt. Aber sie bekamen nicht viel zu hören. Ge-
heimrats waren zugeknöpft.
„Mas sonst, als Angst, daß jemand von uns
dem Mädchen den Leutnant weggeschnappt? Was
der wohl an ihr gefunden haben mag? Hübsch?
Zugegeben. Aber darüber sind wir uns doch längst

, Aber auch F och verbiß sich nun nicht auf einen
Pscrvolbou Angriff gegen die neue, geradegelegte
lud feinem Flankenstoß entzogene deutsche Front,
kr hatte zwei Eisen in seinem Feuer und
»erits einen neuen Stoß zweier verbündeter Heers
tnter dem Befehl des englischen Feldmarschalls
haig vorbereitet, der aus dem Gebiete um
tlmiens am 8. August losbrach und in gewissem
Linne wieder als ein Flankenangriff zu. unserer
reuen Aisne-Vesle-Front betrachtet werden kann,
fluch diese Unternehmung überraschte unsere ört-
lich betroffenen Truppen. Der Nebel und dis
Tanks ermöglichten beim Gegner dis Ueberren-
rung unserer Linien und einen größeren Raum-
gewinn als am 18. Juli. Er betrug, südlich der
-omme bis zur Avre etwa 10 Kilometer Tiefe,
ind auch am zweiten Tage erkämpfte sich Hais noch
veitere 8 Kilometer. Ganz unbekannt war ja un-
sren Truppen die Taktik der Sturmwagen nicht
mehr, denn schon in den Schlachten um Arras hat-
ten die Engländer sie angewandt, und auch die
Franzosen sie bei ihren Gegenangriffen des 10.
end 11. Junj um Noyon in Bewegung gesetzt, wo
sie von 70 Panzerwagen 48 zerschossen liegen lie-
fen. Diesmal glückte die Taktik besser, unsere
Kampfstellungen wurden durchbrochen und un-
haltbar gemacht. Der feindliche Angriff hat sich
nm dritten Tage noch erheblich verbreitert und
his zur Oise ausgedehnt. Es -handelt sich also um
üne Unternehmung mit weitgesteckten Zielen.
Wenn die Gegner behaupten, daß sie einen
Durchbruch nicht beabsichtigten, son-
dern nur das Gesetz des Handel-ns an sich
reißen wollten, so wird man das Letztere ihnen
ohne weiteres glauben. Das hindert aber nicht,
baß sie zugleich erhebliche taktische und strategische
Vorteile und eine Schwächung der deutschen
^Kampfkraft anstreben. Nach allen Tatsachen, die
mit den Reden der Gegner gut zusammenstimmen,
müssen wir annehmen, daß es sich Mr sie diesmal
um ernste Entscheidungen handelt. So ist es auch
zu verstehen, daß die Engländer auf der ganzen
langen Front von der Yser bis zur Ancre seit ge-
raumer Zeit eine große und immer zunehmende
Rührigkeit zeigen, während Fach vor seiner Front


Amerikaner wieder aufleben zu lassen.
Ob wir in die entscheidende Zeit des Krieges
oder nur in eine entscheidende Zeit einsetreten
sind, wie es deren schon mehrere gegeben hat, läßt
sich freilich noch nicht übersehen. Wir dürfen, aber
vertrauen, daß die deutsche Heeresleitung Mittel
und Reserven in genügendem Maße zur Vsvfü-
gung hat. um diese Entscheidung, der die Dinge
zustreben, so zu wenden, wie es für die deutschen
Interessen nützlich und notwendig ist.

Zum Luftangriff auf Frankfurt
12 Tote
Frankfurt a. M., IS . Aug. Der gestrige An-
griff auf die offene Stadt Frankfurt erfolgte durch
etwa 12 feindliche Flieger. Der Gegner
war rechtzeitig gemeldet und bereits auf dem An-
fluge durch Kampseinsitzerstafseln des Heimatluft-
schutzes in Kämpfe verwickelt worden. Er wurde
durch die bei Frankfurt aufgestellten Abwehrfor-
mationen beschossen und warf etwa 2K Bomben ab.
Neben Sachschaden sind trotz rechtzeitigen Alarms
leider 12 Tote, S Schwerverletzte und eine
Anzahl Leichtverletzte zu beklagen.
Es steht fest, daß diesmal jeder, wenn er die
bereits so oft und so eindringlich gegebenen Vor-
sichtsmaßnahmen beobachtet hätte, sich rechtzeitig
hätte in Sicherheit bringen können. Leider
muß von neuem die Beobachtung gemacht werden,
derß ein grober Teil der Bevölkerung den veröf-
fentlichten Verhaltungsmaßregeln immer noch
nicht Rechnung trägt. Das Publikum be-
obachtet vielfach, teils auf den Straßen selbst, teils
von Türen und Fenstern aus den Angriff. Die
verunglückten Personen sind, soweit bisher festgestellt
werden konnte, ausnahmslos getroffen worden,
weil sie trotz der rechtzeitig erfolgten Alarmierung
geschützte Stellen in Häusern nicht ausgesucht
batten.
Zum Tode Leutnants Pippart
Wie wir gestern berichtet haben, ist Flieger-
leutnant Hans Pippart bei den letzten
Kämpfen an der Westfront den Heldentod gestor-
ben. Pivvart. den auch Beziehungen mit unserer
Stadt verknüpften — er war ein Schwager Kes
Fabrikanten Noll-Heidelberg, ma-r am 14. Mai
1888 in Mannheim als Sohn des Stadtarchitekten
Friedrich P. und dessen Ehefrau Sophie geb.Ober-
dhan geboren. Schon frühzeitig widmete er sich
dem Flugsport: in weiten Kreisen sind seine
Leistungen auf diesem Gebiete bekannt. Zn den
ersten Tagen der Mobilmachung 1914 stellte er sich
freiwillig zu den Fliegertruppen. Zn Darmstadt
erhielt er seine erste Ausbildung und machte nach-
einander, schon rasch zum Unteroffizier befördert,
sämtliche militärischen Pilotenprüfungen, wofür
ihm das silberne Fliegerabzeichen zuteil wurde.
Sodann wirkte er in Gotha und Leipzig-Eutritzsch
als Fluglehrer, um hiernach im Frühjahr 1916 nach
dem östlichen Kriegsschauplatz abkommandievt zu
werden. Bald zum Vizefeldwebel befördert, erhielt
er das Eiserne Kreuz erster Plaste. Dissen wohl-
verdienten Auszeichnungen folgte im Dezember
1916 die Beförderung zum Leutnant.
Zm Dezember 1917 nach dem westlichem Kriegs-
schauplatz kommandiert, erhielt er im Juni dieses
Jahres,, inzwischen zum Führer einer Jagdstaf-
fel ernannt, vom Kaiser das Ritterkreuz des Kgl.
Hobenzollernschen Hausordens mit Krone und
Schwertern. Die Zahl seiner Luftsiege ist größer
als veröffentlicht wurde, da zahlreiche, auf dem
weiten Strecken des Ostens erzielte Luftsiege man-
gels anwesender Zeugen nach den bestehenden mi-
litärischen Vorschriften offiziell nicht anerkannt
werden konnten.
Wie verlautet, war Leutnant Pipvart für dem
Orden Pour le merite vorgeschlagen. Leider
sollte es ihm nicht mehr vergönnt sein, diese hohe
Kriegsauszeichnung zu tragen.

Japans Intervention
Haag, 13. Aug. Die Times berichtet aus To-
kio" General Otani wurde zum Oberbefehls-
haber der nach Wladiwostok entsandten Truppen
ernannt. Otani war bis vor kurzem Stadtkom-
mandant von Tsingtau. General Mitsuyo
Bubi ist zu seinem Eeneralstabsches ernannt wor-
den. Das Kabinett besprach die innere Lage Si-
biriens, besonders mit Rücksicht auf den Mangel an
Lebensmitteln und anderen Bsdarfsmitteln in den
kommenden Wintermonaten. Es wurde beschlossen,
alles mögliche zu tun. um die Leiden der sibirischen
Bevölkerung in der Kricgszone zu erleichtern.
London. 13. Aug. (Reuter.) Das Kriegsamt
meldet: Die in Wladiwostok gelandeten Englän-
der sind an die Ussuri front vorgerückt
und von den Tsche ch o - Slowaken begeistert begrüßt
worden.
Australien stellt Bedingungen
Die Daily News meldet aus Melbourne: Dis
australische Arbeiterpartei knüpft an die Entsen-
dung neuer australischer Hilfstruppen nach Europa
Forderungen i n n ervolitischer Art,
die zu'einer längeren Verhandlung zwischen Regie-
rung und Arbeiterpartei führen müssen.
Dis Times meldet: Das australische Parlament
werde im September susammentreien, um Be-
schlüsse über eine weitere Kriegsteil-
nabme Australiens, das Schicksal der deut-
schen Kolonien in der Südsee und an>»'e interna-
tionale Fragen zu fassen.
Spionage gegen Holland
Der Telegraf berichtet noch über einem Spionage-
fall in Vlis singen, der zur Verhaftung eines
belgischen Lotsen, eines Unteroffiziers der Küsten-
wache und mehrerer Mitglieder der holländischen
Kriegsmarine führte, daß es sich um eine sehr ge-
fährliche Spionage gegen Holland, nämlich um den
Verrat der Seesperren im der Schelde-
nr ü n d u n g an eine fe i n d l i ch e Ma cht, der es
fremden Kriegsschiffen ermöglichen würde, unge-
hindert in die niederländischen Hoheitsgewässer
siMusabren, handle.

Aus Baden
Mannheim, 14. Aug. In der letzten Ziert sind
hier verschiedene unausgekrärte Diebstähle vorge-
kommen. U. a. wurden in der Nacht zum 10. Au-
gust aus einem Zigarettengeschäst 38 MD Stück
Zigaretten gestohlen. — An der Meinbrücke
wurden in den letzten Tagen etwa 300 Zentner
Waren, meist Kartoffeln, auch Zucker und Käse
beschlagnahmt, die nach Mannheim geführt
werden sollten.
Müllheim, 13. Aug. Bei einer Scharfschieß-
Libung in einem Nachbarort hat sich ein trauriger
Unglücksfall ereignet. Ein mit dem Anzeigen
des Schußresultats beauftragten Soldat sprang
zu frühe vor. bevor die ihm angegebene Schuß-
zahl verfeuert war. Er wurde von einem Schuß
getroffen und getötet. Kurz zuvor hatte er
sich kriegstrauen lasten.
Ueberlingen, 13. Aug. Auf einem schweizer
Dampfer ist man einem schon längere Zpit betrie-
benen Schokoladenschmuggel auf dis Spur
gekommen. Im Auftrag des Schiffswirts schmug-
gelte die Schiffskellnerin in der Geldkassette ßcho-
koladetafeln, die zu hohem Gewinn in Deutschland
abgesetzt wurden.
Konstanz, 13. Aug. Eine Schleichhan-
del s a n g e le g e nh e i t größeren Umfangs
spielte sich vor dem hiesigen Schöffengericht ab.
Der Kaufmann Wilh. Stacke, hier wohnhaft
war wegen Zwischenhandels und Vermittelung
von Schisbergeschästen vom hiesigen Amtsgericht
zu vier Wochen Gefängnis und 2000 Mark Geld-
strafe verurteilt worden. Gegen dich« Strafverfü-
gung verlangte Stacke gerichtliche Entscheidung,
Durch die Beweisaufnahme vor dem Schöffen-
gericht wurde dann aber u. a. festgestellt, daß
Stacke einen sehr umfangreichen Schleichhandel,
vor allem mit Schokolade betrieben hat. Das
Schöffengericht änderte die Strasentschvidung des
Amtsgerichts dahin ab. daß Stacke zu 3000 MH
Geldstrafe oder ÄD Tagen Gefängnis ver-
urteilte.

Seite 2

Heidelberger Zeitung _Mittwoch, den 14. August 1918
oder an einer anderen Stelle jeden Augenblick rn
der Lase ist, die Angriffe seiner Franzosjsn und

Fernsprecher Nr. 82 Ar. 188
Wo bleibt die Antwort?
Eine drittgende^Aufforderuttg
Unter dieser Ueberschrift hatten wir unlängst
wieder einmal auf die so überaus bedauerliche
Tatsache hingswiesen, daß dem unaufhör-
lichen Trommelfeuer feindlicher Ministerrede»
von deutscher Seite gar nichts, aber auch
rein ««nichts entgsgengehaltsn würde, son-
dern daß unsere politischen Führer stumm und still
auch die Mwsrsten Beleidigungen Deutschlands
und des deutschen Volkes Hinnahmen, ohne auch
nur den -Vevsuch der Abwehr zu unternehmen.
Nun ergreift auch Dr. Stresemann in den
Deutschen Stimmen das Wort zu folgender dring-
lichen Aufforderung an unsere Staatsmänner. Er
sagt: .
..Wenn Deutschland in Notwehr, wie der
Rat von Flandern dies in seiner kürzlich erschiene-
nen Kundgebung anerkannt hat. die Grenze Bel-
giens überschreitet, dann hört die Welt vier Jahre
lang die Anklage von der Brutalität Deutschlands,
das feierliche Verträge wie papierene Fetzen be-
handelte. Reichskanzlerreden vom Unrecht an
Belgien bestärkten die Welt in dieser Auffassung.
Wenn aber England offen allen interna-
tionalen Abmachungen rum Trotz seine
Absichten kundgibt. Aegypten zur englischen Pro-
vinz zu machen, wenn es der persischen Oelfelder
wegen das neutrale Persien besetzt, haben wir
kein Echo dieser Taten. England empfin-
det keinerlei moralische Skrupel und in Deutsch-
land finden sich keine Staatsmänner, die
es verstehen, in ihren Reorn an England die
Frage zu richten, wie es dieses Vorgehen mit
seinen hochtrabenden Worten von der Freiheit und
den: Selbstbestimmungsrccht der Völker in lleber
einsiimmung bringt. 'z--
. Wir lassen uns die Unverschämtheit
gefallen, daß der Anti-Orlog-Raad in Holland
an die deutsche Reichstagssraktion Anfragen über
die deMchen Kriegsziele in einer Weise richtet,
als wenn Deutschland auf der Anklagebank säße
und sich schon dankbar zu erweisen hätte, wenn
man ihm gestattet, sich zu verteidigen. Nach Eng-
lands völkerrechtlichen Verletzungen, nach der Bru-
talität. mit der Wilson seine Gewaltpolitik in der
Schiffabrtsfrage gegenüber den kleinen Nationen
durchsetzt, fräst diese Organisation in dem neutra-
len Holland nicht. Mir lasten uns das Ge-
schimpfe über den preußischen 'Militarismus
und über die Unfreiheit in Deutschland gefallen
und erleben lächerlich wirkende Aufschreie über das
Wüten der Zensur in Deutschland, in einer Zeit,
in der Herr Wilson, der Demokrat, alle Blätter
unterdrückt, die seine Kriegspolitik angreifen, in
der die bolschewistische Regierung in Moskau die
gesamte bürgerliche Presse cmfhsbt, in der jeder
Defaitist in Frankreich und Amerika seine Freiheit,
unter Umständen sein Leben verwirkt, wenn, er
Ansichten zum Ausdruck bringt, die den Herrschen-
den unbequem sind.
..Möge der neue Herr im Auswärtigen Amt zu-
nächst neben den großen politischen Fragen die
Fragender Propaganda in die Land neh-
men. und möge er gegen den Strom eines Teiles
der öffentlichen Meinung schwimmen und endlich im
fünften Krisgsjahvs diejenige politische Of-
fensive bringen, die uns vielleicht langst
zum Frieden geführt hätte, wenn sie von
Anfang an der militärischen Offensive unterstützend
zur Seite gestanden hätte."
Wir glauben, daß diese Wort« in vielen Herzen
treuer Deutscher starken Widerhall ftnden werden."

Sport und Spiel
p. Dossenheim, 13. Aug. Bei dem am 11. An
gusi in Heddesheim veranstalteten 13. Gau-
Zu ge n d tu r n s e st des Bergstr.--Neckar-Turn-
gaues verbunden mit Wetturnen errangen sich fol-
gende Mitglieder des Turnerbundes „Einheit"
Preise: Anton Riedinger. 18. Preis mit 5'
Punkten; Zöglingen Friede. Fontius 4. Preic
mit 61)4 Punkten, Nikolaus Meisel mit 88'4
Punkten 10. Preis. Eberle Georg mit 82
Punkten den 22. Preis, Leonhard Stammler
mit 49 Punkten den 28. Preis und Karl Bähr
mit 47)4 Punkten den 31. Preis.
7!!»!I»!II» »Mist!!.... ' .

einig im Grunde recht unbedeutende, haus-
backene Leute. Also bleibt wieder einmal das
Geld die Leimrute".
Nora hatte die Neugierigen mit Gefühlen des
Ekels neben ihren Eltern hergehen schm.
„Er hat sich nicht um euch gekümmert, laßt
also auch ihn und mich in Ruhe" dachte sich das
junge Mädchen, dem der Besuch Lenzbergs noch
wie ein Traum vorkam. und das Wiedersehen
und Abschied erlebt hatte, ehe es noch zum Be-
wußtsein der Freude und Betrübnis gekommen
war.
„Mir gehört er. dem Vaterland, seiner Mut-
ter und mir!" dachte es in dem jun.E Gemüt
weiter. „Und er hat mich lieb, und mein Ver-
trauen zu ihm- und mir selbst ist groß und stark
wie am ersten Tag".
Und dieses Bewußtsein blieb von Kurt Lenz-
bergs kurzem Besuch in Nora zurück.
Zwanzigstes Kapitel
Dieses Bewußtsein mußte iHv Lurch Monate
hindurch den Geliebten ersetzen.
Zn der Weihnachtswoche kam der Leutnant aus
drei Tage nach Berlin. Er und Nora hatten im
stillen gehofft, anläßlich dieses Wiedersehens von
feiten der Eltern eine Andeutung zu Horen, daß
sie sich nunmehr in denGedanken an ihreVerlobnng
hineingöfundcn hätten.
Nora hatte in den Tagen, di« Lembergs kur-
zem Urlaub vorangingen, absichtlich viel von ihm
gesprochen, um den Eltern zu zeigen, wie -sie sich
freue und wi« di« Person des Geliebten ihr Deck-
ten und Empfinden ausfüllte, und um ihnen Gele-
genheit zu geben, endlich wieder einmal an ihre
Zukunft zu rühren.
Keine Frage, kein Wort, die auf ein« Bereit-
willigkeit der Eltern, des Vaters vor allem, hät-
ten schließen lasten.wurds läut. Oder warteten ihre
Eltern darauf, daß sie und Lenzberg Meist kä-
men? Ihnen stand es doch zuerst M, sich, und an-
deren zu verkünden, daß sie sie nun lange ge-
prüft hätten und von der unerschütterlichen Fe-
stigkeit ihrer Neigung und ihres Vaterlandes zu-
einander und M sich selbst überzeugt seien.
Klaren Herzens wären sie vor jeden hingetre-
leü. Doch wenn jemand von ihnen Beweise gefor-

dert hätte, wissen wollte, wodurch sie zu dieser
Ueberzeugung gekommen seien und was sie Ern-
stes miteinander durchgemacht hätten, da sie gar
so zuversichtlich und selbstbewußt aufträten — dann
hätten sie allerdings schweigen müssen.
Und in dieser Erkenntnis nahmen st« davon
Abstand, schon setzt von den Eltern die Bewilli-
gung zur Verlobung zu erbitten.
So gingen auch diese drei Taüe vorüber, die
den beiden Wiedersehen und Scheiden im geschwi-
sterlicher Eintracht zeigten, die Hoffnung zum un-
geduldigen Verlangen steigerten und die Frage zu-
rückließen: „Was müssen wir erleben, ehe wir zu
beweisen vermöchten, daß unsere Gefühle nicht
Irrtum sind? Muß es etwas Ernstes sein? Ist es
notwendig, daß wir unsere Jugend, unseren Her-
zensfrichen von den Furien bitteren Leides Hetzen
und peitschen lasten? Dürfen wir des Glückes
denn nicht in sorglose^ Jugendlust, im Glauben
an des.Lebens edle Schönheit teilhaftig werden?"
Es drängte Nora, als sie nach Lenzbergs Ab-
schied dem Trennungsschmerz mutig verbiß, so ge-
waltsam. daß ihr darüber di« Tränen erst recht
in die Augen traten, mit dieser Frage, die ihr
junges Gennit mit der Heftigkeit einer Anklage
erschütterte, vor ihre Eltern hinzutreten und den
Geliebten von ihnen zu fordern, den nur sie ihr
in der unverantwortlichen Bejahung dieser Frage
vorenthielten.
Doch hatte sich Nora, die es gelernt hatte, sich
nicht besinnungslos ihren Empfindungen zu über-
lasten. bald wieder in ihrer Gewalt, und ihr Ent-
schluß war ein stilles Verzichtleisten.
Mit solchen Worten vor ihren Eltern erschei-
nen! Vor einem Jahre hatte st« von der Mög-
lichkeit solcher Anklagen solcher Eefühlskämpfe
noch keine Ahnung besessen. Da hatte sie mit ihren
Eltern wie ein Kind beinahe gespielt und selbst
immer nur die üngefährlichsn Weg« durch .die
Blumenbeete des Lebens gehen wollen. Und heute
Mit solchen Worten vor ihre Eltern treten? Was
würden ihr die antworten? Mit welcher Ant-
wort sie entlassen-mästen?
, Der Geheimrat war schon etliche Mass« vor
der Frage seiner Gattin, wie lange Noras Prä-
funsszeit dauern solle, auf Sand gelaufen. Da-
mals im Frühjahr, nachdem alles einmal forveit

gewesen war, hatte es sich leicht angelasten, diese
Prüfungszeit zu diktieren und alles weitere ihrer
Wirkungen zu überlassen. Man dachte daran, daß
dem eigenen Loben zahlreiche Prüfungen uni
Ueberraschungen zuteil geworden waren, und rech-
nete auch für andere damit.
(Fortsetzung folgt.)

Neues aus aller Welt
* Um 8000 Mark geprellt. In einem Hotel am
Hauptbahnhof in Frankfurt am Main wurde am
Freitag ein Schneidermeister aus Bad Nauheim
auf raffinierte Weiss um 8000 Mark geprellt.- Der
Schneider wurde schriftlich ersticht, wegen Anferti-
gung von Anzügen ins Hotel zu kommen. Als er
sich dem Hotelgast Vorstellte, bot ihm dieser u. a
ein größeres Quantum Süß stoss zum Kauf an.
Während beide über das Geschäft verhandelten,
stürmte plötzlich — so berichtet die Frkf. Ztg. —
eine dritte Person ins Zjimmer. die sich als Kri-
minalbeamter ausgab und beide wesen
Süßstoffschmuggels für verhaftet erklärte. Der
Mann ließ sich von beiden ein Pfand geben, da-
mit ihm keiner auf dem Transport entweiche. Der
Schneidermeister gab dem angeblichen Krimina-
listen seine Brieftasche mit 8000 Mark. Nun
sollte es zum Polizeirevier gehen. Auf der Straße
flüchtete zunächst der Hotelgast und der „Krimi-
nalbeamte" verfolgte ihn. Nach langem Warten
sah der Schneider ein, daß er zwei Schwindlern)
in Kie Hände geraten war. die ihn am 8000 Mark
betrogen hatten.
4- Hamster untereinander. Ein ergötzliches Er-
lebnis hatte dieser Tage, lt. PirMas. Zfg., ein Pir-
masenser. der in die B-urgalbener Gegend fahr-
Unterwegs traf er einen Bekannten, der auf die
Frage nach seinem Reiseziel antwortete: „Ich will
uff die „X>er Mühl. Ich Han vor kützzem k
Schdnmbe Weize hingedrah unn jetzt werds Mehl
abgeholt". Der Zufall fügt« es. daß sich beide
auf der Rückfahrt wieder treffen. - „Na. hast dec
Mehl kriegt?" war die erste Frage. — „Mrmoer
sicher! Großartig gemahlt! Do kann die Alt mu
Sunndah noch e mol e Küche backe". Und, der
glückliche Pirmasenser legt seinen „Mehlsack" vor
sich hin. Als nach einer Weile der Sack lebendig
 
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