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Heidelberger Zeitung (60) — 1918 (Juli bis Dezember)

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Heidelberger Zeitung

Donnerstag, den 15» August 1918

Fernsprecher Nr. 82 und 182

Nr. 189

haften Frieden darlsZts. Am gleichen Tage er-
klärte Lloyd George im Unterhaus, die eng-
lische Negierung könne von den Kriegszielen, die
sie ausgestellt habe, nicht abgehen. Aui 25. Fe-
bruar sprach der Reichskanzler. Er erklärte sich
Mr die Annahme der vier Punkte Wilsons, dis
aber nicht nur von dem Präsidenten vorgeschlagen,
sondern auch von aller, Staaten und Völkern an-
erkannt werden müßten. Dios sei aber noch nicht
der Fall, wie die imperialistischen Kriegsziele
'Englands bewiesen.
So legte der Staatssekretär Punkt sür Punkt,
Datum sür Datum dar, wie es in der Zeit, ans
die sich die Behauptung Lloyd Georges bezieht,
«mit der Bereitschaft zu Verhandlungen und ver-
nünftiger Regelung hüben und drüben bestellt war
ünd er ist der Zustimmung eines jeden sicher, wenn
str darauf hinwies, das; diele geschichtlichen Tat-
sachen für sich selbst sprechen.
Auch die weitere Entwicklung seitdem zeige, so
fügte der Staatssekretär hinzu, dasselbe Bild.
Gesunde .Regelungen in der Richtung eines Der-
handlungsfriedens und vernünftiger Vorbesprech-
ungen durch bevollmächtigte Persönlichkeiten tref-
fen nur auf Hohn und Spott. Es ist ia auch
kaum denkbar, daß vernünftige Erwägungen greif-
bare Formen annehmen, solange, wie es in den
feindlichen Ländern der Fall ist, Haß und Lei-
denschaft der Völker durch eine gewissenlose
Agitation immer wieder von neuem aufgepeitscht
'werden.
Der Staatssekretär schloß: Nicht hei «ns, son-
dern bei den Staatsmännern der Entente, die von
der Anbahnung einer Verständigung
nichts wissen wollen, liegt die Schuld an
der Fortsetzung des Krieges.
„Auf besonderes Verlangen. . .
Der Secolo meldet, daß eine geplante Frie-
densintervention der neutralen
Staaten auf besonderes Verlangen
der Alliierten unterblieben sei.
Keine Verständigung
Der Vertreter der Basler Rachr. telegraphiert
Ms Paris, die Alliierten seien fest entschlossen, eine
Entscheidung zu erzwingen und die amerikanische
Regierung dächte nicht anders als dis britische
Lnd die französische. Wer jetzt mit einem Ver-
Kiindi'gunÄSfrieden rechne, täusche
sich schwer, und wer zu einem solchen raten
Würde würde sich in diesem Augenblick der
Deutschfreundlichkeit verdächtig machen.
General von Kathen
Als Nachfolger des nach der Ukraine berufenen
Generalobersten von Kirchbach ist General von
Kathen mit der Führung der 8. Armee beauf-
lagt worden.
General der Infanterie Hugo von Kathan ist
.in Freienwalde an der Oder am 27. August 1855
««Horen. wird also in den nächsten Tagen 53 Jahrs
*Wlt. Er trat 1872 als Leutnant beim Franz-Regi-
«kent ein. Später war er im Generalstcch und
.bei der Kommandantur. Auch dem Kriegsmini-
Prrium, in den, er zuletzt Chef der Jnfanterie-
Hlbteilung war, hat er längere Zirit angehört.
Don 1204 bis 1007 führte er das Infanterie-
Regiment 74 und stand dann an der Spitze der 83.
Infanterie-Brigade in Erfurt. Später führte er
die 0. Division. Bei Kriegsausbruch war er Gou-
verneur in Mainz. Zum General der Infanterie
M « am 22. Mävz 1914 befördert worden. In
ssm furchtbaren Ringen an der Somme haben die
ihm unterstellten Truppen ganz Hervorragendes
»«leistet. Im September 1016 erhielt Hugo von
Rathen Len Orden Pour le Merit«, später Las
Eichenlaub dazu. Sein Name wurde genannt bei
dem Uebergang über die Düna, der Einnahme von
Nisa und der Eroberung der Insel Oesel und bei
der großen Offensive im Westen.

* Die Pariser Schutzleute haben wegen LerBom-
bensefahr den Stablbelm der französischen In-
fanterie erhalten.
Pleskau (Pskow)
Mit Rücksicht auf die mehr und mehr chaotisch
gestaltenden Zustände in Moskau ist dis
-rutsche diplomatische Vertretung
Lei der russischen Republik nach Pleskau
lPskow) verlegt worden. Vor dem Kriege
haben wohl von dieser Stadt nicht viels gehört
oder etwas gewußt. Und Loch ist sie geschichtlich
und kunstgeschichtlich eine ungewöhnlich merkwür-
dige und interessante Ansiedlung.
Hart vor den Toren des deutschen Ordens- und
Rnlturgebietes gelegen ist Pleskau doch eine ganz
und gar russische Stadt, ja in mancher Beziehung
echter und ursprünglicher russisch, als andere Orte,
die weiter ostwärts auf russischem Gebiete gelegen
Ind. Zwei Flüsse begegnen einander hier, die
Welikaja, die die Deutschen Muddau zu nen-
nen pflegten, und die Pskowa. Im Mündungs-
winkel dieser beiden Flüsse erhebt sich eine spitz
zulaufende Anhöhe, hie einen halben Kilometer
lang ist und die den Flußübergang und die Heer-
straße beherrscht. Dies« Höhe bildet das eigent-
liche Herzstück von Pleskau, auf ihr entstanden
die ältesten Befestigungen, und hier erhebt sich
noch heut der Kreml, eine eigene Stadt mit Be-
festigungen, Kirchen und Klöstern, deren noch er-
haltene Mauer aus dem Jahre 1266 stammt.
In der Gestalt der Stadt spiegelt sich auf inter-
essante Weis« ihre allmähliche Entstehung wieder.
Ivie besteht in Wirklichkeit aus drei verschie-
Denen Städten, deren jede ihre aus Mauern
und Türmen bestehende Befestigung hat. Den ei-
(Uen dieser Teile bildet der Kreml, dem dem Al-
ter nach zweiten die mittlere Stadt und den jüng-
sten, erst Ende des 15. Jahrhunderts entstandenen
Stadtteil, stellt die zu beiden Seiten der Pskowa
üelegene große Stadt dar, Dis eigentümliche
.Entwickelung Pleskaus wurde dadurch gefördert,
,!daß die Stadt sehr lang« ihre politische SeMstän-
diskeit erhalten konnte. Ihre Gründung wird ins
-Jahr 025 verlegt; als Vermittlerin des deutsch-
srussischen Handels gelangte sie zur Blüte und bil-
dete eine selbständige Republik, die ihre Unab-
hängigkeit sosdr während des großen Mongolen-
sturmes behaupten konnts. Ihrs Handelsbeziehun-
gen veranlaßten die Stadt in den Hansabund ein-

Die Kaiserzulammsnkunst im
Großen Hauptquartier
Berlin, 14. Aus. Der Kriegsberichterstatter Ros-
ner schreibt dem Berliner Lokalanzeiger aus Dem
Großen Hauptquartier: Seit Tagen steht das
Große Hauptquartier im Zeichen wichtiger und
fruchtbarer Beratungen über laufende militärische
und politische Fragen. Der Kaiser, der die Uni-
form des österreichischen Feldmarschalls trug, er-
wartete in Begleitung des deutschen Botschafters
Grafen Wedel, des Staatssekretärs v. Hintze und
des Gefolges seinen hoben East auf dem Bahn-
steige. Kaiser Karl Latte kaum den Bahnsteig
betreten, als die beiden Kaiser aufeinander zu-
schritten und sich zu einem kurzen, herzlichen Ge-
spräch fanden. Darauf fuhren dis beiden Kaiser
mit engerer Begleitung durch die von herrlicher
Sommersonne überstrahlten Straßen des Großen
Hauptquartiers nach dem Hause des General,stabs,
um zunächst beim Generalfeldmarschall v. Hinden-
burg und General LuLendorff vorz'Fprcchen und
ihren Vortrag über die militärische Lage zu hören.
Kaiser K a -r l wird am Freitag die. Rückreise
wieder antrcten.
Hintze wird die FraMonsführer
unterrichten
Staatssekretär v. Hintze wird nach.seiner Rück-
kehr aus dem Großen Hauptquartier die Fraktions-
führer und das Präsidium des Reichstages zu sich
bitten, um ihnen von den Entschließungen und
Entscheidungen dieser Tags, die sich auf den
ganzen Komplex der Ostfragen und darüber hinaus
vielleicht auch auf unsere Kriegsziele über-
haupt beziehen dürften, Mitteilung zu
machen. >
Im Kampfe gegen dis Tanks
Ein dichter Nebelschleier lag über dem Somme-
gebiet. als am frühen Morgen des 8. August ein
mächtiges Trommelfeuer einsetzte und 1^ Stunden
lang ununterbrochen anhielt. Unter dem Schutze
einer Massewon Tanks, wie sie bis jetzt noch
nicht eingesetzt worden war. ging die feindliche
Infanterie in tiefen Wellen zum Angriff vor. An
vielen Stellen vernebelte der Feind das Gelände.
Auch aus Tanks wurden Nebelbomben geworfen,
sodaß sich der Angriff fast völlig unserer Sicht ent-
zog. Dia neuen englischen Riesentanks, die hier
zum ersten Mal auftraten, sind noch um einige
Fuß länger und besitzen kräftige Motors. Der mo-
ralische Eindruck djeser Ungetüms ist für den> Ver-
teidiger dis Hauptgefäbr. Diese Nervenprobe ha-
ben unsere Kämpfer glänzend überstanden. Ueberall
da. wo die Tanks in den Bereich unseres Artillerie-
feuers gerieten, wurden sie vernichtet. In welcher
Dichte die Engländer mit ihren Tanks angrisfen,
erhellt daraus, daß auf einem DfMonsabschinitt
auf einer Breite von vier Kilometer 43 zerschossene
Tanks liegen blieben, dis alle durch unser Artil-
lerie- und Maschinengewehrfeuer vernichtet wur-
den. Rechnet man dazu daß ein größerer Teil der
Tanks entkommen ist. so können die Zwischenräume
nicht mehr als 60—70 Meter betragen haben.
Als Haupteinbruchsstelle für die TankMchwader
batte der Feind die Flanken der vorspringenden
Teile unserer Front gewählt, um in den Rücken
unserer Infanterie zu gelangen. So stießen z. B.
die Tanks von südlich Mdreuil und THennös aus
vor. wo der Avre-Abschnitt von ihnen nicht Hätte
überwunden werden können. Nicht weniger als 3
englische Kavalleriedivisionen — und dies bedeutet
Li« gesamte englische Kavallerie — standen bereit
und griffen später, schwadronenweise verwendet, in
den Kampf ein. Bei diesem Masseneinsatz von
Tanks und Truvpen, begünstigt durch die Ungunst
der Witterung, gelang es dem Feinde bekanntlich,
in beträchtlicher Tiefe einzudringen. Stellenweise
jedoch unter schweren Blutopfern.
Eine leicht« Batterie vernichtete allein 10, «ins
andere 9 Tanks. Gin Kraftwagenflakgeschütz erle-
digte fünf Tanks und fuhr dann zurück, da es sich
verschossen hatte, um Munition zu holen. Es schoß
dann noch zwei weiters Tanks in Brand. BÄ
Marceloave und Fralerville wurden einzelne
Schwadronen durch unser MasKinengewührfeiuer '

zutreten; eine deutsche Handelskolonie hatte hier
ihren Sitz, und am linken Ufer der Welikaja lag
der deutsche Kaufhof, aber die Brücke, dis MM
anderen User des Flusses führte, durften dis deut-
schen Kaufleute nicht überschreiten; hier las dis
Grenze zwischen Ost und West. Erst im Jahr«
1510 verlor die Stadt ihre politische Unabhängig-
keit. Es war Großfürst Wassili der Vieris, der
ihren Widerstand brach und der die Republik
Pleskau mit seinem Reiche vereinigte.
Die politische Geschichte der Stadt trägt nun
auch viel zur Erklärung der Tatsache bei. Last dis
echt russische Kunst, vorab di« Baukunst,
sich in Pleskau freier und origineller entwickelt
hat, als an den meisten anderen Orten des russi-
schen Reiches. Da Pleskau vom Mongolensturme
unberührt blieb, so konnte die alte byzantinisch-
russische Ueberlieferung sich hier frei ausleben.
Auf der anderen Seite aber trat diese Uqberliefe-
rung hier, an der Grenze des deutschen Kultur-
gMetes, auch zur deutschen Kunst in Beziehung,
von der sie besonders auf dem Gebiete der Back-
steindekoration lernte. Durch diese Mischung sind
in Pleskau Bauleistungen entstanden, die zu den
bedeutendsten auf dem Gebiete der ganzen russi-
schen Vaugeschichte gezählt werden müssen. Die
Hcüuptkirchs der Stadt ist die aus beim Kreml sich
erhebende, weithin sichtbare Kathedrale der
Heiligen Dreifaltigkeit, die auf eine um die Mitts
des 10. Jahrhunderts hier errichtete Holzkirche zu-
rückgehen soll, ihr« heutige Gestalt aber erst am
Ausgange des 17. Jahrhunderts erhaltest hat.
Auch geschichtlich ein denkwürdiges Bauwerk, da
der Litauer Fürst Dowmont hier mit seinem Ge-
folge 1266 die Taufe erhalten hat. Jetzt ist er
heilig gesprochen und die Kathedrale birgt sein
Grabmal von Eichenholz. Fünf Kuppeln hat die
Kirche, die im Innern das Blau des Himmels be-
sät mit goldenen Sternen zeigen: ihre Abmessun-
gen sind bedeutend und die ^>hen Gewölbe des
400 Qm. großen Mittelraumes werden von vier
kräftigen Pfeilern getragen. Unleugbar ist dis
Raumwirkung des Hellen Kirchenraumes ein« er-
hebende. In kostbaren Metallen und Steinen
glänzt der Ikonostas und auch sonst birgt die Ka-
thedrale so prv"ch-v beilio gehaltenen und kost-
baren Schatz.

fast vollkommen vernichtet. Ucbcr alles Lob erha-
ben ist der Schneid Verdeutschen Infan-
terie, die stellenweise der Tanks nicht achtend,
sie hi »Durch mb reu ließ und dis nachfolgende In-
fanterie im Gegenstoß aufhielt. Es sind auch
Fälle gemeldet worden, in- denen Die Infanterie
allein der Tanks Herr wurde, indem sie an einer
Stelle zum Beispiel 4 Tanks in Brand schoß und
8 weitere außer Gefecht setzte. Dem Schneid un-
serer Infanterie und der Beweglichkeit unserer Ar-
tillerie sowie ihrer vorzüglichen SLießleiftung ist
es zu danken, wenn der groß angelegte feindliche
Angriff sehr bald zum Stehen kam.

Deutsches Reich
* Keine Einberufung des Hauptausschusses.
Der in letzter Zeit von der Presse der Linken
mehrfach geforderten sofortigen Einberufung
des Hauptausschusses wird, von der dafür
matzgebnden parlamentarischen Instanz nicht
entsprochen werden.
* Lichnowskys Ausschluß aus dem Herrenhaus.
Der Präsident des HevrenkLuses erhielt vom Mi-
nister des Innern die Mitteilung, daß Dem Be-
schluß des KsweicharHes vom 12. Juli, der seinem
Mitglieds, dem Fürsten Lichnowsky, das Aner-
kenntnis eines der Würde des Herrenhauses ent-
sprechenden Verhaltens versagt, die königliche Be-
stätigung erteilt wurde. Hierdurch bat Fürst Lich-
nowskv das Recht der Mitgliedschaft des
Herrenhauses v e
Aus Baden
Frontreise des Grotzherzogs
Karlsruhe, 14. Aug. Der Großherzog war
am 8. August abends zum Besuch badischer Trup-
pen an die Front abgereist und ist am Diens-
tag wieder nach Schloß Eberstein zurückgekeyrt.

Weinheim, 14. Aug. Unter dem Verdacht der
Geheimschlächterei wurde ein Landwirt
aus Sulzbach verhaftet und dem hiesigen
AmtsaerichtsgMngnis eingeliefert.
Mannheim, 14. Aug. Die dritte Zigeunerin,
die seiner Zeit eine Seckenheimer Kriegersfrau
in kaum glaublicher Meise hinters Licht führten,
konnte jetzt in der Ehefrau Friedrich Eckstein
dingfest gemacht weüden. Das Trio hatte sich von
der Frau, die unter Eifersucht litt, hohe Geld-
beträge, Geflügel und Bettbezüge geben lassen,
um mit diesen Opfern zu bewirken, daß der in Bel-
gien weilende Ehemann wieder auf den Pfad der
ehelichen Tugend Kurückkshre. Dis Angeklagte
wurde zu acht Wochen Gefängnis verur-
teilt.
Mannheim. 14. Aug. Eine interessante Ent-
scheidung fällte das hiesige Schöffengericht. In der
letzten Zeit hatten sich mehrere hiesige Wirte zu
verantworten, weil sie in ihren Lokalen noch nach
11 Uhr Licht gebrannt hatten. Ein Meinwirt er-
hob gegen den Strafbefehl Einspruch
und beantragte gerichtliche Entscheidung. Das
Schöffengericht stellte sich dabei auf den Stand-
punkt. daß es zu einem geordneten Geschäftsbe-
trieb gehöre, daß der Wirt noch abends nach
Schließung der Lokalitäten mit seinem Personal
abrechne, und daß dies natürlich Richt im Dun-
keln geschehen könne. Man könne deshalb nicht
verlangen, daß um 11 Uhr mit dem Wirtschafts-
schluß auch schon das Licht ausgelAÄt werde; et-
was Zeit müsse da schon zugegeben werden. Der
Mrt wurde demgsnEß freigösprochen.
Mosbach, 14. Aug. Die anfangs durch die Re-
gengüsse in letzter Woche beeinträchtigte Ge-
treideernte wird nun diese Woche vollständig
eingebracht werden können. Der Regen Hat der
Qualität der Frucht nicht geschadet und war für
die anderen landwirtschaftlichen Erzeugnisse voll
großem Nutzen.
Liel bei Müllheim. 14. Aug. Dem Uml-
ingenieur Karl Schantz in Schliengen hat da»
Ministerium des Innern die Erlaubnis erteilt,
nach Durchführung des Mntungsverfahrens zur
Gewinnung von Eisenerzen in hiesiger Gemarkung
wo bekanntlich früher schon Erzbergwerke waren,
ein Bergwerk unter dem Namen Humbert zu
betreiben. Der Flächeninhalt des verliehenen
Grubenfeldes umfaßt 195 705 Hektar.

Mer di« Kathedrale ist beileibe nicht etwa
Pleskaus einzige Kirche. Deren zählt man viel-
mehr nicht weniger als 45; ein griechisch-katholi-
scher Erzbischof residiert hier, die Klöster' beher-
bergen einen Schwarm von Mönchen, und so em-
pfängt Pleskaü vom kirchlichen Leben ein starkes
Gepräge. In wunderlicher Weise aber vermischt
sich damit ein zweiter Zug; der einer sehr welt-
lichen Zügellosigkeit. Den Kirchen von Pleskau
halten die Tanzlokale das Gleichgewicht. Und
noch ein Drittes darf nicht vergessen werden, wenn
man das heutige Pleskau kennzeichnen will: das
ist der Schmutz, der alles durchdringende, alles
beherrschende Schmutz, gegen den es keine Wehr
und keine Hilfe gibt. Wer aus Estland ins nahe
Pleskau hinüberkommt, der merkt und weiß als-
bald. daß er eine Völker- und eine Kulturgrenze
überschritten hat. Orient, Asien!

Kunst und Wissenschaft
* Eine Bibliographie der dänischen Geschichte.
Aus Kosten des Earlsbers-Fonds in Kopenhagen
erscheint seit dem vorigen Jahre eine allgemeine
Bibliographie der dänischen Geschichte, mit der ein
überaus wertvolles Hilfsmittel für alle den Nor-
den betreffenden geschichtlichen Stridien geschaffen
wird, zumal La ja die Geschichte Norwegens Jcchr-
hrmderte lang im wesentlichen mit der dänischen
zuscrmmenfällt. Die Herausgeber sind dis Herren
B. EriMen und Alfred Krarup. Bereits im vo-
rigeu Jahre erschien der dritte Band des großen
Unternehmens, der die Pensonalgefchicht-s umfaßte.
Nunmehr sind die Arbeiten soweit fortgeschritten,
Laß van dem ersten Bande, de: die Zeitgeschichte
behandelt. Las erste, bis zum Jahrs 1808 führende
Heft veröffentlicht werden konnte. Um Neujahr
soll Las zweite, bis 1912 reichende Heft erscheinen,
Während das Schlußheft erst für 1920 in Aussicht
genommen W und die Bibliographie über Däne-
marks Kirchen-, Kunst-, Kultur- und Liter,aturse-
sch'chts bringen wird. Der dann noch ausstehend«
zweite Band behandelt die OrtsgeMchte und wird
auch die Bibliographie für dis Geschichte von
Schleswia-Holstein unter dänischer Herrschaft ent-
Lalten.

Deutscher Hausbssitzertag
Der Aentralverband der Haus- und Grund-
besitzer verein« Deutschlands e> V. hielt in Dres-
den über drei Tage seinen 3 9. Verbands-
tag ab. Di« beiden ersten Tag« waren aus-
schließlich Vorstands- und geschlossenen SitzunMN
gewidmet, in denen Jahres- und Kassenbericht,
Haushaltsplan für 1919 und Anträge auf Er-
höhung der Beiträge erledigt wurden. Di« aus-
scheidenden Vorstandsmitglieder wurden wiederge-
wählt.
Am Sonntag begannen die öffentlichen Ver-
handlungen in Gegenwart zahlreicher Vertreter
der Reichs- und Staatsbehörden. Stadtverwaltun-
gen und befreundeter Korporationen. In einet
Reihe von Ansprachen betonten dis Regierungs-
vertreter das Interesse ihrer Aemter an den Vel»
Handlungen und am Wohlergehen der HausbesitzLt
Den ersten Vortrag erstattete Geh- Regierung^
rat Professor Voigt von der Frankfurter llUV
versität über
„Baukosten und Wohnrmgspolitik".
Die Wohnungsnot ist, so führte er aus, nicht ff
groß, wie Miesmacher vielfach behaupten, dock»
liegt es mir fern, die Not überhaupt leugnen zU
wollen. Heute ist die BcMostenfrase di« Haupt-
fachs. die Bodenfrags spielt keine große Rol!§
mehr. Das werden jetzt auch die Bodenreformer
gewahr. Dis Kosten sind um fast 200 v. H. g«L0i!
den Friedensstand gestiegen. Man muß versuchen
sie zu verringern. Di« Reformer empfehlen «ine
weitförunge Bauweise und versprechen den heim-
kehrenden Kriegern eigene Häuser mit Gärten
usw., aber es wird sehr schwer sein diese Ver-
sprechungen zu halten. Kleinwohnunge-
bautsn sind verhältnismäßig viel teuerer als sroU
Häuser. Die Vauämter füllten nicht wie bisher
ihre Aufgabe darin sehen, das Bauen zu erschau
ren, sondern zu erleichtern. Unvermeidlich ist e?
aber, den Behörden während des Krieges und
Uebevgangszeit mehr Einfluß zu gewähren. DsS
Endziel muß freilich die Wiederherstellung einrS
freien Bau- und -Wohnungsmarktes sein. EaM
wird man aber nie wieder zum Friedensstand M-
rückkehren; die Baukosten werden immer LaMM
bleiben. Dem werden Li« Mieten enffprechssb
Sollten sie eine den jeweiligen Baukosten entfa-
chende Höhe haben, so würden ste in der Uebe->-
ganaszeit eine fallende Staffel bilden müssen, dö-
ren einzelne Stufen noch erheblich größer als dis
der Baukosten sein müßten. Da eine solche EcftM
tung der Mieten und eine auf sie begründete Bart-
tätigkeit praktisch unmöglich ist. ist eine staat-
liche Baupolitik eine unumgängliche Not-
wendigkeit. Sie hat nach folgenden Grundsätze
zu erfolgen: Dis Mieten werden nicht dem jewei-
ligen Stand der Baukosten sondern dem endgül-
tigen Stande dieser entsprechend bemessen. Dis
durch sie nicht gedeckten Kosten der Bauunterneh-
mer sind durch Zuschüsse aus öffentliche,!
Mitteln zu decken. Da eine verschiedene Be
Messung von Mieten für Wohnungen gleiM
Größe und Güte in den neuen und in den schsK
vorhandenen Häusern undUrchMrbar ist» wir°
die Mietpreiserhöhung auch die jetzigen Wohnust
gen treffen! Hält sie sich innerhalb mäßiger G"n-
zen, so ist sie durch die Erhöhung der UnierbL*
tungskosten der Häuser und der Hy.vothekenzinst'l
sowie durch die von vielen Vermietern wahrem
der Kriegszeit erlittenen Schädigungen und di"
großen Ve rw altungsschwierigleiten wähEV d«?
Uebergangszeit gerechtfertigt. (Leibhafter Beifalls

Dann sprach Re gierun gsbaumeiste r Klee-
mann-Niederbarnim über
Vereinfachung und Verbilligung des Bauen«.
Größte Sparsamkeit ist unabweisbare Pflicht.
Es hat sich bereits ein Verband für sparsame Ba'--
weife gebildet, der einen Wettbewerb ausgesch:^'
ben hat und im Herbst eine Ausstellung in Bst«
sin veranstalten wird. Die Verbilligung und Lei
einfachung des Bauens muß bereits bei der ES
fchließung des Baugeländes beginnen. Die KoM
für Li« Straßenherstellung müssen aufs notwen-
digste Maß beschränkt werden. Kostspielige DE
und Giebslformen. üppige Ausstattung der TrE
penhäuser usw. müssen vermieden werden. D «
Zahl der Geschosse läßt sich vermehren, die jetzig
Wohnungen sind meist zu hoch (Widerspruch). DU
Dachgeschosse müssen besser als bisher verwert
WWW 1 st I
— * Auslands-Kursus in Frankfurt. Uns wÄ>
berichtet: Der erste Ausland-Kursus an der An>-
versität Frankfurt am Main wird von lE
„Wissenschaftlichen Institut für die Kultur uA
Wirtschaft des modernen Orients' in VerbinduM
mit der Auslandskommissian des Kuratoriums dr
Universität abgehalten und findet vom 23. -c-ep-
tember bis 2. Oktober statt. In 41 Vorlesung-«
wird eins Eesamtübersicht über „Die Türke»
gegeben werden. ,

Neues aus aller Welt
* Eine Erinnerung an die Hungersnot 1817. I«
dem Nachlaß des Stiftungsrats Karl GriesHa
Ler in Hüfingen (Amt Villmgens wurde ev
interessante Wild aus dem Jahrs 1817 sr
sunden. Damals war eine große HuMersnot. D«s
Wild stellt nun einen reich mit Kränzen, Blum«'',
und Wappen verzierten Erntewagen dar. der M
sechs ebenfalls geschmückten Pferden gesogen rm^:
Drei festlich geputzte Reiter und viel fröhliches LM
geben das Geleit. Unter dem Bild steht zur Ei'
klärung: Wabre Abbildung des Fruchtbarem-
auf welchem den 7. Juli 1817 nach den so baM '
Tagen der Not und des Mangels die erste ne->
Frucht unter dem Geläut der Glocken und Dav
liedern zu Gott in Frankfurt eingeführt wurde.
-- Das Getreide ausgedroscken und gestohlen'
Auf den Ländereien der Brauereifirma mSprE
stcfiabrik A. u. M. Allendorf in Schönebeck habe"
in einer der letzten Nächte Diebe auf freie-
3 Morgen in Garben stehende Gerste ,
droschen und dann die leeren Bunde kunstsscM
wieder zusammensestellt. Die Bestohlene bat i»
Li« Entdeckung der Täter eine Belohnung von

Mark ausgesetzt. ,
s Die Leiche per Eilgut. Eine Dame in Dba-
lottenburg, die zwei Söhne und einen Schwieg
sabn im. Felde bat, erhielt am Samstag abend
der Berliner Eilgutabfertigung eine RohrpolM N
die — gelinde ausgedrückt — wohl ohne ,,
für Li« Art ist mit der „geschäftliche Mitteilung^
gemacht werden. Auf der denkwürdigen Ka«
wurde besagter Dame zu ihrem Entsetzen ganz K
schriftlich unter Vordruck mitgeteilt, daß aus EnA
unter Nr. 11929 ein Stück: Wg. mit JnM-'
 
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