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Heidelberger Zeitung (60) — 1918 (Juli bis Dezember)

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N". 224

Mittwoch, den 25. September 1918

Fernsprecher Nr. 82 uns 182 ,

Heidelberger Zeitung

Seite 2


des
die

was nun
auch die
Beding,urr-
verschoben.

kann erst durch die für den neuen Staat zu bil-
dende Regierung erfolgen. Gegen die Loslösung
durch Personalunion sprechen aber allerlei Gründe
Dynastische Interessen können nicht entschei-
den. Die Okkupat ionsoeruraltung ist seit dem 1.
August in der Hauptsache eine Zivilverwaltung.
Auch für Litauen handelt M sich vorläufig
um eine Verständigung über vorMuifige Konven-
tionen. Erst mit der zu schaffenden Regierung
ist die defin-Rive Regelung M ve-vcknbaren. Die
Entwickelung sämtlicher Länder zur -Selbstän-
digkeit kann einsetzen.
Von einer Annexion kann nicht die
Rede sein. Wenn einzelne Teile des früheren
Russlands sich mit uns verständigt haben, so kön-
nen wir Einsprüche der Entente nicht dulden.
Der Friede von Brest ist geschlossen und wird
loyal durchgeführt. Von einer Zwangs-
lage beim Abschluss dieses Friedensvertrages kann
nicht die Rede sein. Die Interessen Russlands
find gewahrt. Der weiteren Regelung unserer
Verhältnisse zu Russland und den RaiMtaat-en ist
in keiner Weise vorgezriffen. sie ist ausschliesslich
eine Angelegenheit der Beteiligten.
Nachdem noch General v. .Wriesberg über
die militärische Lage in Mesopotamien und
Persien gesprochen und mitgetstlt hatte, dass
Täbris in der Hand der Türken sei, wurde
die Wsiterberatung auf Mittwoch vormittag ver-
tagt.

1* G *
Die Kritik der 5 Reden, von denen die Aus-
führungen der Politiker naturgemäss im Vorder-
grund stehen, kann nur kurz sein, da ibr das bauvi-
kächlichste Echo, nämlich ihre Aufnahme im Hauvr-
ausschuss selbst, noch fehlt. Wie sie «auf die Haupi-
beteiligten gewirkt haben, wird sich aus den heu-
tigem Verhandlungen ergeben. Und doch sei soviel
gefast, dass die Rede des Kanzlers wohl
sein altes parlamentarisches Geschick bewies, aber
rwrkliche Kernworte vermissen lässt. Die Reden
der militärischen Vertreter brachten nichts Neues,
wenn auch der Optimismus des Marinefackman-
nes erfreulich zu wirken im Stande ist. Auch
Hintzes Rede schlug weder neue noch starke Tone
an. Eigentlich war es im Grunde nur Payers
Rede die einen Fortschritt für die politische Er-
kenntnis brachte. Im Ganzen genommen ist allo
das Erträgnis der Resierungsrsdsn recht ma-
ger und die Entscheidung darüber,
eigentlich geschehen wird. insHchondere
Stellungnahme -der Regierung zu den
gen der Sozialdemokraten ist abermals ..
Allmählich wird es aber doch an der Zeit, dass
wir aus der ewigen Kriselei berauskommen. Des-
rvesen wäre eine Beschleunigung der Verhandlun-
gen sehr zu begrünen.
Berliner Mätterstimmen.
Die gestrigen Ministerreden haben, so schreibt
dör Berliner Lokalanzeiger. auf den unmitielba-
ren Zuhörer keinen besonders starken Eindruck hin-
terlassen. Das ..Berliner Tageblatt" schreibt: So-
nar die Freunde des Grafen Hertlina erklärten,
seine gestrige Rede sei im böchstn Grads unwesent-
lich. — Die „Börsenzeitung" sagt: Noch keine
Klarheit! Das Blatt ist aber mit der Ergänzung,
die Herr v. Dauer seiner Stuttgarter Rede zuteil
werden lieh, zufrieden. Die Rede Payers sei die
einzige gewesen, dis gestern politischen Ertrag s»-
luackt habe. — Die „Deutsche Tageszeitung"
ichribt: Wir hätten gewünscht, dass der Reichs-
kanzler mit viel mehr Nachdruck hervoraeLoben ha-
ben würde, dass besonders im Vergleich zu frühe-
ren Lagen während des Krieges di« augenblickliche
militärische Lage mit Pessimismus zu beurteilen,
nicht nur unrichtig ist. sondern ein« gründliche. Le-
schämenswerte Verkennung der gesamten Verhält-
nisse bedeutet.

Das sozialdemokratische
„Ultimatum"
Die sechs Bedingungen der Sozialdemokratie,
die wir in der gestrigen Ausgabe veröffentlicht
haben, und die nach Angabe des „Vorwärts" das
Mindestprogkamm darstellen, aufgrund dessen es
der Sozialdemokratie möglich sei. in eins Koali-
tions-Regierung einzutreten, zeigen leider nur
wieder einmal allzudeutlich, dass auch diese Partei

Wirtschaftspolitik nach dei§
Kriege
Der Staatssekretär des ReichswirtschaftsaiM^
von Stein weilte am Montag in Bremen,
im Sitzungssaale der Bremer Baumwollbörse eiff
Zusammenkunft mit Leitern des Bremer Bast«''
Wollhandels und einigen am Baumwallhandel i«'
teresfierten auswärtigen Herren stattfand. st
dieser Gelegenheit hielt der Staatssekretär «'ff
Ansprache, in der er u. a. folgendes ausführte:
Keinen Wirtschaftskrieg nach dem Kriege. Eo
Friede, dec das nicht enthielte, wäre kein Frieds
(Sehr richtig!) Der Friedens-Vertrag kann uv-
aber nur so weit sichern, als es sich umMasmalMK
der feindlichen Staaten handelt. Allein gerade ast
wirtschaftlichem Gebiet, kommt es nicht mir aN
das an, was die Regierungen tun. Ebenso wM
tig. ja manchmal wichtiger ist. wie kick di«
schäftsleute verhalten. In drei grossen GrE
pen lässt sich, wenn ich recht siche, die GesaMtaE
gäbe fassen. In der ersten steht die Versorgt»
der deutschen Wirtschaft mit ausländisch«?
Rohstoffen. Ferner gilt es, die auf den Kri»
und Kriegsbedürfnisse au zupass en und endlm
der deutschen Ausfuhr den alten und, nE
es geht, einen besseren Platz auf dem W e l t
markt zu sichern. (Bravo!)
In den verschiedensten Abstufungen, aber do«
mehr oder minder in allen, Teilen des Reichs
wird die Umstellung der Betrieb« (ist
fühlbar machen und in untrennbarem Zusamw«"'
hange damit die Rückverwandlung unser«-
Feldheeres und des ArbeiterheereL
am schwersten zu bewältigen in den Brennpunkt«"
unseres Gewerbefleisses. Soziale Problem^
von ungeheuerer Grösse v arten Lier der Lösm^
von denen ich Nur an Arbeitsnachweis und 2ft
beitslosenfürjorge, an Lohnfragen und Arbeitsb«'
dingungen erinnern will. Welche UmwandM"
wird es allein bedeuten, wenn die heimkehrende«
Feldgrauen dis Arbeitsplätze begehren, die inzM
scheu von Frauen eingenommen worden find. M
Hörden, Unternehmer und Arbeiter werden zusM
menwirken müssen um diese Umstellung zu bswK
tigen. dass der innere Friede nicht gestört u/E
Welch reiches Arbeitsfeld werden hier Arbeit
kümmern finden, in denen die Berufserfahru^
von Unternehmern und Arbeitern fich vereinig
Ihr Herr Präses hat in einem anschaulichen
trefflichen Bilde gesagt: „Der Weltverkehr ka«'
nicht von einem Schachbrett aus geres«''
werden". Ich eigne mir das Wort an,
ebenso die Erkenntnis, dass es auch nicht angeG
den Dingen einfach ihren Lauf zu lasse:: und a?
jede Einwirkung zu verzichten. Wir werden d«
Besonderheiten der einzelnen Zweige dM
wirtschaftlichen Lebens berüchicktigen und neb«« i
den Erfahrungen der früheren Zeit die des KN« !

Unsere Bereitschaft zum Frieden
haben wir aufrecht erhalten trotz der spöttischen
und hohnvollen Abfertigung, die wir von unsren
Feinden daraufhin erfahren haben. In dieser
Bereitschaft waren wir mit unseren Verbündeten
völlig einig. Indessen schien es uns nach diesen
Misserfolgen, dass wir nicht noch er nm al
ähnliche Wege sehen sollten; auch eyichMU
uns der augenblickliche Zeitpunkt, in dem sich der
Feind m ö'-nsm gL-
rade der geeignetste Moment, um unsererseits mit
einer neuen Aufforderung zum Frieden hsrporzu-
streten. _
In Grossrutzlanh brodelt der Kessel der
Revolution weiter. Wer in den Kessel der Revo-
lution die Finger hineinstreckt, muss fich der Fol-
gen bewusst sein. Die Entente und Amerika haben
im Norden den selbständigen Kola-Staat gegrün-
det, ebenso eine neue Republik, kn Archangelsk.
Ties« Unternehmungen richten fich auf den Um-
sturz der gegenwärtigen Regierung in Russland
und die Wiederaufnahme des Krieges gegen
Deutschland. Die bolschewistische Regierung hat sich
gegen diese Unternehmungen, gewehrt. Wir haben
uns darauf eingerichtet, solchen Unternehmungen,
falls sie uns bedrohlich werden, zu begegnen. Ei-
nem weiteren südlichen Vordringen der Entente-
truppen stellen fich die Bodenverhältnisfe sowie
die Klimaverhältnisse entgegen. Die bolschewisti-
sche Regierung hat sich gegen das Vorgehen , ver-
wahrt, ist dagegen vorgeagngeN, aber den Kriegs-
zustand hat sie nicht ausgesprochen. Die mit Hilft
der Entente versuchten Putsche in Moskau sind
blutig unterdrückt worden. Die bolschewistische
Regierung wappnet sich gegen diese Gefahren und
behauptet. Erfolge auf weisen zu können.
Wir hoffen, annöhmen zu können, dass der
zeitweise Fehlschlag der finisch - russischen
Verhandlungen in Berlin kein' endgültiger sein
wird. Die Ukraine schreitet erfreulich in der
Konsolidierung weiter. Die Absichten des Het-
mans sind loyal und für die Ukraine förderlich.
Der Staatssekretär schilderte dann eingehend die
Verhältnisse in Sibirien, im Kaukasus usw. Er
begrüßte die Einigung der Ukraine mit den Don-
kosaken, die Terkkosaken stehen anscheinend im
Solde der Engländer. Wir haben staatsrechtlich
kein Recht, in die inneren Verhältnisse dort ein-
zugreifen. Unser Interesse gebietet
an dem Brester Frieden festzuhalten.
Wir treten mit Nachdruck uni) Erfolg für dis
Deutschen und unsere .Schutzbefohlenen in Russ-
land ein. st.
Der Staatssekretär erörtert dann den Zusatz-
vertrag zum Brester Friedensvertrag. Diese Be-
stimmungen sind eine geeignete Brücke für unsere
zukünftigen Beziehungen zu Russland. In Fin-
lan.d enthalten wir uns ieder Einmischung, Der
Redner gibt dann noch Aufschlüsse über di« zwi-
schen Deutschland und den übrigen Neutralen
ausgetauchtey Fragen.
Vizekanzler von Payer:
Anstelle des verhinderten Staatssekretärs
Innern möchte ich einige Mitteilungen über
Verhältnisse der
besetzten Ostgebiete und Litauens
machen. Die staatsrechtlichen Verhältnisse Kur-
lands. Livlands und Estlands »konnten
bisher nicht geregelt werden. Die Selbstän-
digkeit Kurlands haben wir schon im
Frühjahr anerkannt. Ebenso gegenüber Liv-
land und Estland VorMBehen, verhinderte
aber der Friede von Brest-Litowsk. Erst die
Nachtragsverträge machten diese Länder unabhän-
gig von Russland: sie wünschten den Anschluss
an Deutschland. Wir haben dagegen keine
Einwendung. Die weitere staatsrechtliche und
politische Gestaltung der Länder liegt in ihrer
Hand Nach unserer Ansicht wird den beiderseiti-
gen Interessen am besten Rechnung getragen,
wenn wir uns mit ihnen zunächst über dis Kon-
ventionen verständigen, die die beiderseitigen
staatsrechtlichen Beziehungen regeln. Es handelt
sich dabei um mannigfache Verträge, sowie um
eine Militär- und Marinekonvention. Die Ent-
würfe sind nahezu fertiggestellt. die Verhandlun-
gen können unmittelbar beginnen. Die beiden
Länder sollen und wollen zu einem zusam-
mengefaßt werden. Der definitive Abschluss

-Tantzabwebr ist heutzutage mehr eine Nerven- denn
eine Gerätefrage Die feindlichen Heeres-
berichte müssen Leute mit grober Vorsicht
gelesen worden. Sie sind bewusst aus die Zermür-
bung unserer Stimmung zuMchnitten und bringen
daher starke Uebertrei'bmnaen. Trotz der Materi-al-
verluffte find wir gut eingedeckt. Für uns
!«ilt es. alles zu tun. um das Vertrauen ru unter-
stützen und die Stimmung zu beben. Das Ziel
wird erreicht wenn hinter der zähen Verteidigung
und dem Wüssten Opfermut unserer Truppen Vie
Eiserne Entschlossenheit der Heimat steht. Der
Feind rechnet mehr als je auf uMere-n inneren Zu-
sammenbruch. Zeigt die Heimat ein starkes Ge-
fickt. so gilbt sie dadurch unserer Front eine unüber-
windliche Stärke. Wir Laben keine Ursache, ru
verm-gLn. Ein fester deutscher Wille, führt -um
ehrenvollen 'Frieden.
Kapitän z. S. Brürnnghaiis
sprach über die Militär ilckeLagesurSes:
„UnsereSacke steüt gut. Mit dieser Auf-
fassung gebe ick nickt nur die im Reichsmarineamt
vertretene Anschauung wieder, sondern auch die
der Mamten Front- und — was ich besonders -be-
tonen möckte — die der Soekrieglertuns. Die An-
, sichten der Marine über den augenblicklichen Stand
'des U-Bootkrieaes gründen sich auf zwei Tat-
sachen. einmal, dass unsere U-Boote mehr Schiffs-
raum versenken, als gebaut wird, des weiteren,
dass unsere U-Wootwaffe trotz aller ALwebvmab-
nabmen unserer Gegner im Steigen begris-
fem fft. Die Zahl der in Dienst befindlichen U-
Baots Ät beute grösser als zu irgend
einer Z e i t des Krieses. Es erscheint mir
als der beste Beweis dafür, wie wenig einsichtige
Kreise in England auf das törichte Gerede von
de« überwundenen U-Bootgefabr geben. Ganz be-
sonders kräftig äußert fick der Unwille über die
amtliche, VeMhweigung der Schiffsverluste durch
U-Boote, namentlich bezüglich gröberer Schiffe.
Von einem Stacklassen der Schffksraumnot kann
noch lange nickt die Rede sein.
Nachdem man sich entschlossen hatte, diese unsere
stärkste Waffe unseren Gegnern gegenüber zur An-
wendung zu bringen, mutzte und mutz man in kon-
sequsuter Weise alles tun um in unserem Volks
den Glauben an die Wirksamkeit dieser Waffe,
wackzu halten. Die Marine allein kann das
in den breiten Schickten nickt schaffen. Dazu be-
darf sie der tatkräftigen Unterstützung der bewähr-
ten -Vertreter des Volkes, die ganz anders in Der
Lase sind, aus die Gesinnung der Massen cinizu-
Dirken. als d-bes seitens der Regierung geschehen
kann. Ick mochte hier daher, meine Herren, die
dringende Bitte an Sie richten, uns wack der RiL-
iuna su helfen, daß Sie in den Ihnen zugäng-
lichen Kreisen tiefes Verständnis für unsere U-
Bsot-Waffe eUwirken.
Nack der bei uns in der Marine herrschenden
Auffassung stand England vor etwa Jahres-
frist vor der Schicksalsfrage, ob es nach
den wuchtigen Schlägen, die seinen Lebensnerv,
den KDwckt-vwum. getroffen batten auf einer ver-
ständigen Grundlage Frieden schließen und
damit dem Völkermorden ein Ende setzen, oder ob
rs sich bei der Weiterfübruna des Krieges ganz in
d« Abhängigkeit von Amerika begeben
würde. Es R nickt meines Amtes, den Gründen
nacksuaebüm. aus denen sich England für den letz-
ter«, Weg entschloß. Die Marine bat sich einfach
mit der Tatsache absufinden und lediglich ihre
ganze Kraft darin zu setzen, den Krieg zu einen:
guten Ende su bringen. Man muss dein U-Woor-
kries iu seinen Wirkungen i-m Grossen betrachten
und sich nicht etwa dadurch irre macken lassen,
wenn einmal einige Tage oder auch ein Monat in
seinem Ergebnis aus dem Rahmen beraussällt.
Wird das Hedmatbeer mit der ihm innewohnenden
Leistungsfähigkeit geschlossen hinter unse-
ren U-Vooten stehen, so werden sie ihr Ziel
erreichen, den Frieden der den Leben sbsdingun-
gen unseres unversehrt n Vaterlandes sickerstellt.
.'Beifall.)
Staatssekretär von Hintze
Die Haltung der deutschen Regierung zum
Frieden ist in verschiedenen Aufforderungen zur
Kenntnis der ganzen Welt gebracht worden.

sich von den Schalen früherer Friedensprogranau
eiey nicht hat freimachen können. Sie klebt
Dogma und möchte doch gerne davon loskoiiM«,
und so ergibt sich dann ein innerer Zwiespalt, st
zu -keinem Ergebnis führen kann. Soll die E
sche Politik nach dieser Richtung hin geführt ws«
den, dann nröse die Sozialdemokratie die ME
rung überhaupt ganz übernehmen und damit ft«'
lich auch die Verantwortung. Den bürgerlich«.
Parteien ist es einfach unmöglich, auf Grund
ries derartigen Programms die Verantwort««?
bei einer Koalitionsregierung mit zu tragen. D«'
die Sozialdemokratie mit ihren Bedingung
über Belgien, Serbien. Montenegro und die M«'
densschlüsse im Osten ausschliesslich der Ent««:
in die Hände arbeitet, zeigt wieder einmal.
sie nicht gelernt hat. was aus diesem Kriege do«
wahrlich Zu lernen war. Die Bedingungen verl«
teu eine Politik, die ausschliesslich von eis«?!
nützigen Parteibedürfnissen diktiert ist und ft!
dis Realitäten des gegenwärtigen AugenblM
kein Verständnis zeigt. Wir haben von je d-e,
Standpunkt vertreten dass dM Sozialdemokrat«
Vie Mitarbeit an der Regierung gebührt. DM"
gehen wir auch jetzt noch nicht -ab. denn ein dst
Sozialdemokratie entsprechender Einfluss wE
nicht zuletzt für sie selbst von guten Folgen begl«^
tet sein. Parteiegoistischen Absolutismst
und politische Diktatur aber, wie sie M
in den sechs Bedingungen kundgibt. lehnen w >'
a b.

den
Zau-

. .... _ ... MM
Nuhmeskranz, bis er selbst diesem Triumphzuge
ein Ende machte. Als er das 65. Jahr erreicht
hatte, erklärte er seinen Freunden und Bekannten
er beabsichtigte, sich von der Bühne zurückzuziehen
Et habe kerne Neigung abzuwarten, bis seine
Stimme ihn zu diesem Schritte zwänge.
„Man muss nicht zu viel verlangen"
Es fehlte nicht an allen möglichen Versuchen,
ihn von diesem Schritte abzuhaiten.
- Vergebens.
Er blieb fest, er entzückte, noch einmal seine
liehen Berliner als Siegfried, und als an jenem
Abend Der Vorhang für Joseph Bernhard zum
letzten Male fiel, da war eins überaus glückliche
-beneidenswerte KünstlerlaufLahn ohne jeden Miss-
klang abgeschlossen.
Damals, vor zehn Jahren, > entstand die, Villa
4n der Platanenallee.
Es war ein ansehnliches zweistöckiges Gebäude,
inmitten eines herrlichen Gartens, der mit Stolz
auch einige alte Erunewaldkiefern lein eia-»
wannte.

ist's, wo deutsche Herzen schlagen.
Jo h. Nepomuk Vogl.
S SLGLSLELESEE
Platanenallee Nr.14
Roman von Or. P. Meißner.
Lmeriksalscke: Lopyrixht1916 b^ hob. l-utr, stuttAsrt.
Nachdruck verboten — Alle Rechte Vorbehalten.
(1. Fortsetzung.).
Was wußten die Aelteren von seiner Glanz-
zeit alles zu erzählen! Die sieghafte Erscheinung
und die Stimme!...
Das war „der 'Wagnersänger," da gab es
nichts. Das konnte ihm keiner nackiUacken.
Frauen und Männer, alle schlug er in
Bann seiner herrlichen Stimme und in den
her seiner Erscheinung,
Lorbeerblatt an Lorbeerblatt fügte sich

Wo deutsche Berge hoch ins Blau und deut- H
sche Dome ragen, mit einem Wort am schönsten «r

Man sah -es diesem Garten auf den ersten Blick
daß er dis besondere Freude seines Besitzers war,
Die Wege sauber mÄ gelbem Kies bestreut, o',
geschmackvoll angelegt n Beete sorgfältig gepflegt
jede Rose am grüngestrichenen Stock mit Bast fest-
gebunden, der Rasen fein geschoren wie ein Tep-
pich. Kurz, ein Mustersarten ohne die oft so be-
liebien und ebenso geschmacklosen Zutaten wie
Gnomen und Tiere aus Ton, gläserne Kugeln,
Muscheleinfassungen und anderem Kram.
Der alte Ribbentrop überliess aber auch nicht
einem bezahlten Gärtner die Fürsorge, sondern
legte täglich selbst Hand an. Die Bewohner der
Platanenallee waren es gewohnt, ihn schon ganz
früh an der Arbeit zu sehen. Sorgsam wurde der
Garten gesprengt, wenn der Himmel den erfrischen-
den Regen versagte. Dort galt es etwas Unkraut
zu entfernen, hier ein junges-(Stämmchen sorgsam
mit Bast zu befestigen. Mit rührender Liebe wur-
den die jungen Pflänzchen durch darüber gestülpte
Töpfe vor der Kälte Der Nächte und der Glut der
Kanns geschützt,. Er hatte seinen Garten lieb,
der Alte, und aus Dankbarkeit sprosste und blühte
alles üppig, als wollten sich die so treu Behüte-
ten dankbar erzeigen.
Die Villa selbst hatte, eigentlich keinien ausge-
prägten (Stil. Ribbentrop hatte die Entwürfe per-
sönlich gezeichnet, und der verständige Architekt
hatte der Eigenart des Besitzers Rechnung getra-
gen- und kaum an diesen Entwürfen etwas g'Mr-
dert. Es war eben der Stil Ribbentrops, einfach,
ehrlich, ohne Spiegelfechterei. und praktisch.
Schlanke Linien, gutes Material. Vermeidung je-
den unechten Zierats gaben dem Ganzen einem
ungemein wohltuenden, vornehmen Charakter.
Eine kleine Freitreppe an der linken vorderen
Ecke führt in die geräumige Diele, die Ms zum
Dach hinaufreicht und von dessen Glasdeckung ihr
Licht -erhält. Eine breite eichene Treppe steigt
zum ersten.Stock und mündet dort auf die rings-
um laufende, von ruuden Holzfäulen getragene
Galerie.
Es ist ein schöner und behaglicher Naujm, diese
Diele. Uehermannshohes, eichenes Getäfel beklei-
det dis Wände. Ein riesiger Backsteinkamm mit
Ledersesseln in der einen Ecke ladet MM behag-
lichen Sitzen ein. Schwere ostfriesische Schränke und

Stühle vermehren die trauliche Stimmung, die
.dem Ganzen eignet. Dabei liegt nichts Düsteres
'in dem großen Raum, -die fröhlichen Farben
Baudschleifen zahlloser Lorbserkrän-ze. dis die
Wände schmücken und Zeugnis «Mesen von der
ruhmreichen Vergangenheit des Hausherrn, Unter-
brechen die dunklen 'Töne des Getäfels und der
Möbel. Auf dem Kaminsims prangen eine An-
zahl alter Jnnungskrüge. Delfter Teller schmücken
die Wände und eine weit ausladende messingne
flämische Krone mit vier Reihen Kerzen dient
zur Beleuchtung des Raumes.
Bei näherer Betrachtung glaubt man fich in
ein Museum versetzt. Alle möglichen Gegenstände
hängen an den Wänden, liegen auf den Tischen
und Wandbrettern. Sie haben alle ihre Geschichte.
- Ribbentrop hat sie im Laufs seines bewegten Le-
bens gesammelt oder als liebe erinnerungsreicks
Geschenke und Vermächtnisse erhalten. Alles von
gutem Geschmack, nichts Unechtes, nichts Un-
schönes.
Gleich neben dem Eingang links liegt ein
Garderoberaum und anschließend an diesen das
Dienerzimmer.
Auf der anderen Seite des Eingangs finden
wir ein einfenstriges grosses Ammer, das dem
zw-anzigiährige-n Mündel Ribbentrops. Lilly, ge-
hört. Neben diesem Zimmer liegt das geräumige
Schlafzimmer des Hausherrn und an dieses an-
schließend. die rechte vordere Ecke des Hauses bil-
dend, sein Arbeitszimmer. Ein grosser, dreifenstri-
ser Raum mit Erker und Glasveranda, die im
Winter als Wintergarten dient-
Ein merkwürdiges Gemisch von Möbeln findet
sich in diesem Arbeitszimmer. Nichts Einheitli-
ches, aus allen Zeiten und Ländern sind dort Mö-
bel zusaMMengekommen.
Ein Bechsternschsr Konzertflügel nimmt die
Mitt« des Raumes ein. Berge von Noten türmen
sich auf ihm. Im Erker steht der geräumige
Schreibtisch, bedeckt mit tausenderlei KleiniMitrn,
mit Schriften. Broschüren. Zeitungen, und allem
möglichen Kleinkram. Eine Unordnung, die doch
eigentlich keine ist. Jenes eigentümliche Bild,
das ein Schreibtisch bietet, der nicht alle acht Ta-az
der sinnlosen Wut reinenmckender Sck-uerfrauen
Mim Opfer fällt

Die Wände schmücken Waffen aus aller E -
ren Länder. Chinesische Schwerter, indische DolM
afrikanische Pfeile und Harpunen aus Grünl-M
wechseln in buntem Gemisch ab, Dazwischen h«ft^
gen alte vergilbte Photographien mit NamenE
«en, Daiguerreotypi-sn aus der Voreltern-««
Ehrendiplome und Schenkungsurkunden reseM
durcheinander.
lleher den, ganzen Raum liegt etwas Beha^
liches uud Anheimelndes. Ist es das Unmodel«
oder ist es die scheinbare Unordnung? Man ka^
es schwer sagen. Der Raum atmet die PersönM I
leit seines Besitzers, man weiß, daß -Hier gel«H
und gearbeitet wird und dass man es nicht
dem mehr oder weniger geschmacklosen Mackw«^
einer Möbelfirma oder -eines Tapezierers zu tM
hat. .
Durch eine meist weit offen stehende Tür E
langt man in ein kleines, schmales fensterlos««
Amim-er. das als Bibliothek dient. Bis an
Döcke reichende Regal« bergen alle möglichen vm >
senschastlichen und belletristischen' Werke.
Vor allem sind es Werke über Chemie und v«.
wandte Gebiete, die sich in grosser Zahl ftudA
Ist doch Ribbentrop, seit -er der KÄMlerlaufbE '
Valet sagte, mit Feuereifer Chem-iLer geworde«
Schon von früher Jugend an Latten ihn «st
Aufgaben und Probleme gerade diÄvr ME'
schäft gereizt und interessiert. Jede freie StuE
hatte er benutzt, um im eifrigen SelbststudikM m s
die Grundbegriffe Der chemischen Wissenschaft M",
zubringen und in die Geheimnisse der an-orgM' -
schen Chemie einzudringen. >
Er war nur Amateur und Dilettant, aber «
hatte sine glückliche Hand. Manches gelstW iM i
weil er mit dilettantischer Zuversicht drauf los «^ !
perimentierte und sich nicht lange bei theoretiM
Ueberlegungen aufhielt.
Gefördert würde säin.e Neigung zur
durch die enge Freundschaft, die ihn seit
Jugend mit Robert LachNer verband.
Nachbarskinder in derselben- Stadt, hatten i
scko-n in jungen Jahren innige Freundschafi
schlossen. Robert studierte dann Chemie und i,
seinen Freund an diös-em Studium sMuiagen
nehmen, soweit es dessen mufitoMcke Studien
laubten.

LhöM^
seim'«
 
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