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Heidelberger Zeitung (60) — 1918 (Juli bis Dezember)

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Ni. 252

Heidelberger Zeitung

Montag, den 28. Oktober 19L8

Fernsprecher Nr. 82 und 182

Seite 3

Theater und Musiki
Heidelberger Stadttheater
„Easparone"
Operette von Millöcker.
Als Gasparon« Neuheit und die Heidelberger
Operette noch recht jung war. du «ab es Eas-pa-
ronvauWhrungen, zu denen sich ganze Rechen von
Mannheimern herüberbsmüht Hatton. Ausführun-
gen mit einem Strauß schöner Stimmen und einem
ganzen Garton von Anmut und Lustigkeit. So lang«
das her ist, die Operette ist jung geblieben mit
ihrer entzückenden, wirklichen Musik und ihrer
spatzigen, seinen Handlung. Aber das Publikum-
verdorben durch die Hüpfoperette, das seichte Ber-
liner Spielzeug nach Art von Püppchen, findet
keine rechte Fühlung mehr mit dem Besserem
Opernmätzigen.
Und . die Operettenbühnen haben kerne Stim-
men mehr- können sich ohne diesen Luxus dürch-
mokeln.
Radig mit dem tüchtigen Orchester hatte Se-
stern gewiß Alles getan, was man der schönen
Partitur an Liebe antun konnte, hielt den schwa-
chen, willigen Chor selbst in den anspruchsvollen
Sätzen, kräftig, man möchte sagen, krampfhaft zu-
sammen. Ob das Publikum aber so mitging wie
einst?
Es war ja Alles in Soli besetzt, so daß -auch
Alles gebracht wurde. — aber Stimmen — Stim-
men, danach sehnte man sich. Ganz fehlten sie ja
nicht. So Lei den beiden ernsten Hauptrollen, der
Gräfin Larl-atta nmd dem Conte Erminio. Er-
stere war einem Gast anvertraut. Frau Schetters.
Eine nette, blonde Persönlichkeit, aber noch wenig
Gebietendes, Gräfliches, mit einer sehr hübschen
Sopranstimme. die nur unter dem vielen Zutief-
singen an Wirkung einbützte. Ahr" gräflicher Mit-
spieler, Herr Kramer, hat auch noch nicht dis
Bühnengewandtheit einzusetzen, um dem Aben-
teuernden Persönlichkeit zu »eben, obgleich er sich
offenbar strebend müht. Unter den Herrenstim-
men besitzt er die einzig ernster zu nehmende. In
der Ties« ist der Tenor schwach, aber je mehr nach
oben, desto mehr entfaltet er sich. Da dis Stimme

Aus Baden
Mannheim, 27. Okt. Im Stadtteils Lindenhss
hatte sich ein 14 jähriger Schüler in den Be-
sitz eines seinem auf Urlaub gekommenen Bruders
gehörigen Revolvers gesetzt und besuchte damit
seinen Schulkameraden Hetz- Auf dem Hofs spielte
das einjährige Schwesterchen des Hetz. Auf dieses
legte der Junge an im Glauben, der Revolver sei
nicht geladen. Ein Schutz krachte und das Kind
brach durch den Kopf getroffen tot zusammen.
Mannheim, 27. Okt. Ein Transport mit 51
A u s tau s chg e f a ng en en aus hiesigen Regi-
mentern stammend, kam gestern abend nach 11 Uhr
auf dem Hauptbahnhofe an. Zur Begrützung der
Krieger war der Standortälteste Oberst Camp-
p-ell mit dem Offtziersstabe erschienen, ferner
Bürgermeister Dr. Finter als Vertreter der
Stadt. Beide Herren fanden warm« Worte des
Willkomms und gaben dem Dank der Heimat
Ausdruck. Einer der Austauschgefangenen ant-
wortete im Namen seiner Kameraden. Die Ein-
fahrt des Zuges war von dem Sviel der Grena-
dierkapelle begleitet. Herzergreifende Wieder-
fehensszenen spielten sich ab.
Bretten, 27. Okt. Der Erlös für die während
der Unterrichtszeit durch die Schüler der hiesigen
Volks- und Mädchenbürgerschule gesammelten
Mengen an Laubhou und Brennesseln mit 1126
Mark wurde Lis Mr späteren Beschaffung von
Unterrichtsmitteln bei der Sparkasse in Kriegs-
anleihe angelegt.
Offenburg. 27. Okt. Die 17 Jahrs alte Dienst-
magd RÄa Kaiser aus Krotzingen. die am 1-
Januar 1918 das Gebäude der Kreishaushaltungs-
schuls in Bühl vorsätzlich in Brand gesteckt hatte,
wodurch dem Kreis Baden -ein Schaden von 42 02g
Mark, den Lehrerinnen ein solcher von 1290 Mark
erwachsen ist. erhielt für diese Tat ein Jahr
Gefängnis. " -
Klengen b. Villingen. 28. Okt. Ein Unglücks-
fall ereignete sich bei der Scheuer des Land-
wirts Bartler hier. Landwirt Johann Schütz,
der die Dampfdreschmaschine zu bedienen hatte,
war tm Begriff, mit noch anderen dis schwere
Maschine mittels Winden vom Platze zu bringen,
als die Dreschmaschine sich plötzlich gegen ihn neigte
und ihn erdrückte, sodaß der Tod auf der
Stelle^ eintrat.
Zusenhofen b. Oberkirch. 28. Okt. In dem An-
wesen des Bäckermeister Busam brach auf noch
nicht aufgeklärte Weise Feuer aus Das OeLo-
nomisgsbäude. ein Teil des Wohnhauses bis auf
die Bäckerei fiel dem Feuer zum Opfer. Großer
Schaden entstand dadurch, daß beträchtliche Hsu-
und Strshvorrate mitverbrannt sind. Nack dem
Brande wurde ein Küabe des Bäckermeisters
vermißt und später als Leichs auf den Resten
des verbrannten Hsulspeichers vorgefunden. Wie
das Kind in das Feuer geriet, ist noch nicht zu er-
klären.
Freiburg. 26. Okt. Die wissenschaftliche Gesell-
schaft hielt heute vormittag im großen Hörsaal
der Universität ihrs Jahressitzung mit einem ge-
dankenreichen Vortrage von Geh Rat Prof. Dr.
v. Kries über „Die Merkmale des Lebens" gab-
Dem Bortrage folgte eine geschlossene Mitglieder-
versammlung mit Rechenschaftsbericht und Vorlage
der Jahresrechmmg.
Meersburg. 27. Okt. Die hiesige Stadtverwal-
tung wird von dsp als vorzüglich bekannten
Weinen ihrer Reben diesen Herbst ein größeres
Quantum zurückbebalt en; es soll an die Ar-
men und Kranken der Stadt zum Preis von 2 Mk
pro Liter abgegeben werden.
Mit schwatzhaften Soldaten ist ein
Feldheer übel beraten!

Ein neuer Brief der Liselotte
.. In dem städtischen Archiv inHeidelberg wurde
breser Tage, versteckt zwischen alten Akten und Fas'
Mein, ein Brief der Liselotte von der Pfalz
Befunden, von dem es noch nicht feststeht, wie er
dorthin geraten ist. Da der Inhalt des Schreibens,
aller der köstlichen Briefe der tapferen Frau am
Hofe Ludwigs XIV. ebenso ansprechend wie interes-
isant ist, sei er nachstehend originalgetreu wieder-
Segeben. Er lautet:
arger betrübnuß und trauer hab ich ge-'
hohret, wie der schreckliche kriegk auch in Meinem
X-eutschlandt verspüret wird, ohngeachtet die tapffere
srmLs die gräntzen behütet undt weybber undt kindec
vaheim vor schrecknussen bewahret, so sie einstens
mein liebb hepmatlandt, die Pfaltz undt insonders
Mnne tewre vatterstadt heydelbergk heimgesuchet.
schlagt mein trewteutsches Hertz auch heute noch vor
möcht auch lautt aufjauchtzen, daß das
rmtsche Volk so tapffer die maleften undt ckikkulteten
so ertraget, maßen mich frcylich auch die
""bt schahmlohsen leütt, so sich den rantzen
ck übel^/"?" des Volks arg frieren undt ich
verspüret^- sie an großen undt starken
zu sehen. Sintemalen aber die
fortgeschritten undt die raissn ck'Ltat es
Illvitsnckten bis Preyße steigen undt die
will ich mich begnügen, daß
des Verstands genug habe, solche staats-
Zu eompronckrierev. Fretzlich ist es ab-
scheuhlich wie die leütte styn, man könnte es nit
es nit hört und siecht. Mein
aber alß, daß ihr, liebe schwestern, euch solltet zu-
ui aompaZmie undt euch miteinander ver-
fchworen, gegen derartigen wuck-- gemehnheyt,
!«uch undt euren Mannspersonen so sie ,nt bey der
armes seyn. undt euren lind-Ke M fromme» und
^nutzen, dem staatt aber zu hil'.
- du bin ich schon bey . - > puncto, so ich mit
ieuch beredten will. Auch die Wehbsp-rsoiren müssen
«em vatterlandt helfen in seinen fah.uI'en. Sage
,mir kehns, daß sie zu schwach seh, solches zu begin-
ue»- Prätendiere, daß auch ich, ein arm schwach undt
Zitfloses frawenzimmer gewest undt hab doch nach
»rasten mehnein armen vatterlandt zu Helsen ver.

suchet, hab auch ein weniges helfen können. Mehn'
aber alß, daß sich dennoch grade itzt ein gutter Weg
zehget, so ihr wandeln könnet. Ihr wißt, daß der
staatt viel gsld, dukatten. talers, marck und Penning
brauchet, will er sich der feyndte erwehren undt die
armee kleiden undt ausrüsten, daß sie standt halt«
den uttaquen der engelländter undt frantzosen, sowie
deren hilfsvölker, s« ihnen zum succurz geeilet sind,
als da sehn die welschen, die lusitanier undt hindianer.
Hat aber schon der alte Montecuculi seelig gesaget,
daß zum kriegführen geldt, geldt undt abermals geldt
gehöre. Könnet nun auch ihr geben gleich den män-
nern ? Ich sag alßja, undt will euch gleich zeygen,
wie ihr trotz der ckepeusen und sonstigen ausgaben
geldtes entbehren könnet, ohne beschwernuss« eure-
wagens. Ich weyß zwar alß schon zu meynen zeyt-
ten so, daß viele von euch allwöchentlich zusammen-
kommen, zu ehner lasse cEe, so man ein klätschlein
oder ein kräntzgen nennet. Wird auch Heuer noch da-
für sehr viel ausgegeben, um die b äntzgen-Schwestem
zu entretenisren. Prätendiere, daß manche eynen
dukatten opfert, um so delicatte fachen, wie choco-
latte, caste« und the undt kuchen wie tordlen zu
kauffen, obzwar sie sllndthaffte preyß dafür zahlen
muß. Seynd ihr aber nur vier, so in einem kräntzgen
vereinigt, undt lasset ihr eure klatschersh undt rederey
nur einen monatt aussallen, gebet ihr aber das geldt
dem vatterlandt, so habet ihr bereits zusammen so
viel, um euch ein Papierlein zu hundertt marck zu
kauffen, aufs daß euch der staat sogar noch intereffen
giebet. Ist es denn ein arg opffer, auf gaumsnkitzel
zu verzichten, wenn ihr gedenket all der abscheulichen
tatiLuen, so die arme« auszuiechten hat, wannen sie
hungert undt dürstet, undt den kriegsknechten ein
stücklein brodt ober ein trüncklein bei den astairou
undt dataillen köstlicher danket denn himmelsmannah?
Werdet nit gleich verhungern, könnet euch auch sonst
amitie undt freundftchkeiten genug erweisen. Jp
solchen fällen muß mau nit bang erscheinen! So ihr
aber tuet nach meynem gehetzß, werbet ihr dem vat-
terlandt Helffen, eu'e feldyerrn aber, so noch größer
sind alS Conds oder Turenne, demmaiech»! cke camp
Hindenburgk nebst dem Wackern conetsdis Ludten»
dorff, gaudieren ,daß auch die wetzbsleütt zu ihnen
stehen. Die größte freud aber werdet ihr damit
machen ewrer alten getrewrn LisoloNs.

Deutsches Reich
* Im Reichstag hat der Abgeordnete Werner-
»isßen (Deutsche Fraktion) folgende Anfrage ein-
»ebracht: Die Partei der Unabhängigen
Sozialdemokraten veranstaltet in den rhei-
j"sck - westfälischen Industriegebieten fortgesetzt
Versammlungen, in denen offen zum Umsturz der
bestehenden Staats- und Wirtschaftsordnung ach-
-ges ordert wird. .Der Reichstags-abgeordnets Dr.
Herzfeld hat in einer Versammlung in Iserlohn
Den Bolschewismus gefeiert und sine unge-
ordnete Demobilisation unseres Heeres als für die
«wecke der Revolution erwünscht bezeichnet. Dazu
Auen die Unabhängigen bolschewistische Aufrufe in
Unzahl durch das Land gehen. Mas gedenkt der
Reichskanzler gegen dieses staatsgsfährliche Trei-
ven zu tun?

Reichstag
ivurde am Samstag die dritte Lesung der
verfassungs - Vorlagen vorgenommen,
Der Fortschrittler Dr. Müller - Meiningen be-
gründete im Namen der Mehrheit dis neuen An-
träge. wobei er auf ihre Abstammung aus dem
Fahre 1917 und auf die Jenaer Rede des Fürsten
Bismarck von 1892 hinweist, die schon im Grund-
tatz die jetzt eingeführte Parlamentskontrolle for-
derte- Er hat auch gegenüber den schwärzesten Be-
fürchtungen daraus hingömichen, datz Eingriffe der
Regierung in rein militärische -Fragen ja ausse-
Motzen seien. Dis Konservativen aber beruhigt
das nicht. Herr von Gräfe bestreitet die Not-
wendigkeit, sich so beeilen zu müssen, und malt die
«folgen der vorgeschlagenen Verfassungsänderungen
mit den vunMsten Farben. Er hofft immer noch
auf den Widerspruch der Generäls und des Kaisers
indem er an Bismarck und Karl den Großen er-
mnert, und redet sich, während er ruhig begonnen
Hat, allmählich in starke Erregung hinein. Dsm-
iegenübcr bleibt Herr Gröber, der heute zum
Men Mals als Staatssekretär sprach, sehr ruhig.
Tr erklärt die Zustimmung der Reichsleitung zu
)en Anträgen, begründet das sachlich und wartst
brit Erinnerungen an BisckarÄ., Bülow und Veth-
nann auf, die sämtlich den Standpunkt vertreten
Mten. daß die politische Leitung der -militäri-
chen übergeordnet sei. Der Sozialdemo-
krat Landsberg - Magdeburg dagegen nimmt
»en Appell des Herrn von Gräfe an die Armee als
Putschversuch auf und geißelt ein solches Uitterfan-
'en mit den schärfsten Worten. Auch Eduard
Bernstein, der Unabhängige rsgt sich sehr dar-
über auf.Zum Zeugnis dafür, daß das Militär die
.Verfassungsänderungen keineswegs so tragisch auf-
Nßt, wie Herr von Gräfe, erhebt sich zum -Schluß
^r Kriegsminister. Schon Staatssekr,etär
vröber hatte gesagt, das persönliche Treuevsrhält-
!"s der Offiziere zum Kaiser werde in voller
Maler Tiefe fortbestehen. Dem schließt sich Genera!
pcheüch mit wenigen kräftigen Worten an. Das
feste Gefüge unseres Heeres werde durch die An-
träge nicht gefährdet und die deutsche Mannen-
steue nicht -angetastet. Diesmal hat er den leb-
haften Beifall der Mehrheit äuf seiner Seite, wäh-
lend die Konservativen schweigend vor dem Un-
-egveiflichen stehen. Auch bei den Abstimmungen
öleiben sie diesmal allein sitzen. Nur ein. Teil der
Neichspartei leistet ihnen Gesellschaft, während
Aon Männer wie Graf Posadowskv und Dr.
Arendt mit der Mehrheit stimmen.
Dis Verfassungs - Anträge der Mehr-
»eitsparteien werden unter lebhaftem Beifall ge-
hen die. Stimmen der Konservativen und einiger
Mitglieder der Deutschen Fraktion an gen onl-
ine n.
Vizepräsident Dove erhält die Ermächtigung,
hie nächste (Sitzung anzuberaumen.

* Das neue Preußen. Die Enbloc-Annabme der
preußischen W a b l r e fo r m L-uack das Her-
renhaus. unter Stimmenthaltung der in der alten
Fraktion zuiammenaeschlosienen Konservativen, lei-
tet die neue Zeit in Preußen ein. Das Preußen
des gleichen Wahlrechts bat für Vorrechte einzel-
ner Stände und Klaffen keinen Raum, mehr. Das
ganse Volk, und- nur das Volk, wird über die wei-
tere Fortentwickluna bestimmen. Und diese jetzt
unter der Wucht der Verhältnisse überraschend
icknell geLo-mme-ne Entscheidung wird für alle Dauer
Geltung haben. So ,aut wie ietzt die konservativen
Versuche, durch neue Berufs- und MsttickastsMup-
vierun-krow das gleiche Wahlrecht wieder aussu-
ickalten. gleich im Aniana gescheitert sind-, werden
auch in Zukunst alle Antastungen des gleichen
Wahlrechts zerschellen. Die jetzt im Herrenbause
d-urchgesübrt-e Vereinbarung wird, s-o schreibt die
Frankfurter Zeitung nach Ablauf der veriassungs-
mäß men Fristen im Abgeordnetenbause mit glei-
cher Einmütigkeit endgültig bekräftigt werden und
dann wird sich zeigen, daß das neue Preußen an
innerer Kraft und Entwicklungsfähigkeit io gewal-
tig gewonnen bat. daß es auch den schwersten Auf-
gaben «wachsen ist.
s Neuordnung in Hessen. Im Verfassungs-
ausschuß der Zweiten Kammer gab, wie
aus Darmstadt berichtet wird. Staatsminister Dr.
von Ewald eine für das innerpolitische Leben
des Grotzherzogtums Hessen hochwichtige Erklä-
rung ab. Nach dieser soll das Mehr st i m m en-
recht auf geh oben und die Verhältnis-
wahl für die Kreise, in denen mehrere Abgeord-
nete zu wählen sind, ein geführt werden. Fer-
ner ist die Regierung bereit, mit dem Ausschuß
über weitergohende Wünsche zur Aenderiung
des Wahlgesetzes und der Berwaltungsgssetze
zu -beraten. Auf Anregung seitens des -Staats-
ministers hat sich der Großherzog bereit erklärt,
die Berufung von Ministern von der Z u-
stimmung der parlamentarischen Kör-
perschaften abhängig zu machen. Um die
Bahn für diese Entwicklung frei zu machen, sind
hierauf der Staätsminister sowie der Minister des
Innern zurückgetreten. Die Demission des Fiwainz-
ministers würde vom Großherzog in Hinsicht auf
dessen besondere Vertrautheit mit dm Finanzen
Hessens ab gelehnt.
Die Umgruppierung in Wachsen. Wie aus
Dresden gemeldet wird, entließ der König den
Staatsminifter Grafen Vitzthum von Cck-
städt auf sein Ansuchen aus seinen Aemtern und
nnstzog nachstehende Ernennungen: Justizminister
Staaatsminister Dr. Heinze zum vor sitzen-
den Staatsminister und Minister des
Aeußern, Ministerialdirektor Mrrkl. Geb. Rat Dr°
Schroeder zum Finanznrinister. Ministerial-
direktor Geh. Rat Dr. Koch zum Minister des
Innern, dm Gesandten v. Nostiz - Wallwitz
Mm 'Minister des Kultus und öffentlichen Unter-
richts.
* Ein Ausfuhrverbot für Anzeigen. Ein Aus-
fuhrverbot sür Anzeigen tritt -am 1- November d.
Js. in Kraft. Von diesem Tage ab werden die
periodischen Druckschriften mährend der ersten 14
Tage nach ihrem Erscheinen nur entweder ganz
ohne Anzeigen oder mit unleserlich gemachtem
Anzeigenteil zur Ausfuhr zu-gelassen. Hiervon aus-
genommen sind die Anzeigen amtlicher Stellen,
Geschäftsberichte und solcher Anzeigen, die 14 Tage
vor dem Ausgsbetevmin zur Ausnahme angenom-
men sind. Von dem Verbat wird der amtliche
Versand, der Feldpostoersand sowie der Versand
ins besetzte Gebiet und nach Oesterreich-Ungarn
nicht betroffen. Die Druckschriftensendnngm. dis
entgegen dem Verbot abgesandt werden, sollen
_ vom Postversand durch die Postanstalten ausge-
schlossm werden.

Aus Stadt und Umgegend
* Das Ehrenbürgerrecht der Stadt Heidelberg
wurde anläßlich seines 80. Geburtstages Herrn
Max Klingel Lier verliebem Wie wir eisah-
ren. wurden Herrn Klingel zu dieser Auszeichnung
Glückwünsche vom Grob Herzog übermittelt.
* Stadtbeater. Morgen. Dienstag gelangt das
Lustspiel ..Wenn der iunae Wein blüht"
von Baörnstierne Wörnson zur Darstellung. Es
sind beschäftigt die Damen: Allien. Berny. Bühlau
Landory. Mankos. Marlow. Nevill und die Herren
Gübne (zugleich Spielleiter). Schmid und Lapotka.
* Weilmochtsvakerocrkebr nach dem Felde. In
der Zeit vom 3. Lis 25. Dezember werden Pakete
iür das Feld, die über ein Militär-Paketamt ge-
leitet werden sollen, zur Beförderung nicht ana-e
nommen . Weiknachtsfendungen sind daher bis 2.
Dezember einschließlich Lei den Postanstalten aui-
zuseben. Für entfernter gelegene Gebiete wirv
möglichst frühzeitige Auslieferung emvioLlen. Für.
Frwcktstllckgüter tritt eine Annahmeivsrre nickt ein.
Der Päckchenverkebr wird durch diese Anordnung
nickt berührt.
* Tagesbericht vom Roten Kreuz. Die der Hei-
delberger Erfrisckunasstelle im Kriegsaebiet. deren
Frvntbetrieb eingestellt ist. gehörige DLckerba-
rack e ist vom Pfleger F eck e r-Zieaelkausen
bierber gekrackt und nun zur Benutzung Lei Aus-
nahme Verwundeter und Kranker aui dem hiesigen
Güterbahnhof ausgestellt worden.
* Abbau der Schnellzugsialirvreiie? Dem ..B.
L. -A." gebt aus Eisen'baknfachkreisen folgende Mit-
teilung zu: Die Verwaltungen des Deutschen
Eisenbahn-Verkekrsverbaiides haben sich jetzt ent-
schlossen. der Lösung der brennenden Frage des all-
mählichen Abbaues der Scknellzuassabrvreise nä-
her zu treten. Die jetzigen Preist sind für weite
Vevökkerunasü-chichten unerschwinglich. Die neuen
Tarife sollen am 1. Avril kommenden Fabres
in Krafft treten und so -getaktet werden, daß die
jetzigen Zuschläge um etwa 50 Prozent herabgesetzt
s Militärrenten. Die Zusckiäge zu den Hinter-
blieben-enbezUgen mit Nachzahlung vom 1. Juli ab
werden für hiesige Empfänger erstmals am 29. d.
M. . sowie künftig zusammen mit den lausenden
Renten gegen besondere Quittung gezahlt. Die
Z-ablung erfolgt nur gegen Vorlage einer Beschei-
nigung des Bürgermeisteramts Wer empfangene
Familienunterstützung. Die erste Quittung wird
durch die Postanstalt ausaeiertigt die spätere Quit.
tunasaiusiertiguna hat der Empfänger selbst zu ba»
sorgen. „ ,
* Auszeichnung. Oberarzt Dr. Eugen Kogel
wurde mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse ausge-
zeichnet.
* Berfonalmeldun». Der Schutzmann Johann
Schollmeier ist von Konstanz nach Hoidelbom
verletzt. .
-r- Volizeibericht. Verkästet würbe eine Kell-
nerin wegen Umkerziehens. Zur A n z e i g e ka-
men drei jugendliche Personen, -weil -sie sich abends
aus der Straße Herumtrieben, und 2 Personen we-
gen Unfugs. — Eins Friseurseheftviu von Mann.
heim sMu« ihrem Sckwaaer einen Brügel aus
den Kovf. Die Familie soll schon längere Zeit
in Unfrieden leben. Gestern abend 6.30 Ubr bekam
em Hausdiener in der Straßenbahn a!m Msmarck-
vlatz einen Tobsuchtsanfall und wurde udch
seiner Wohnung verbracht.
:: Sandhaufen, 26. Okt. In der Nacht vom 24
zum 25. Oktober wurden hier drei Ziegen aus
erschwerte Meise entwendet. Eine der Zie-
gen wurde im Stalle a-bgeschlachtet. Die beiden
anderen sind wahrscheinlich aus dem Felde äbge-
schlachtet worden.
nicht ganz schlecht ausgebildet ist. kann etwas dar-
aus werden, wenn der Sänger di« Fehler: nasal«
Tongebung. Jneinanderschloifen der Noten und zu
breite Vokale, loswird.
Die ganze Operettenwirkuug ist aui das rei-
zende Paar BenozzosSora gestellt. Der männliche
Teil war dürch Herrn Schüren gesichert. Diesel
Spielt-enore ist ja gewiß ein« Perle ffür unsere und
die Zeitverhältmffe. Voll Temperament, leiden-
schaftlich bei der Sache, lustig und deutlich, für
neue Sachen (Einst im Mail) ganz vorzüglich.
Spielte so auch einen echten, nur etwas M schar-
fen Benozzo. Aber. — zumal da er auch indis-
poniert war, dieser Benozzo muß auch gchüngen
werden, wirklich schön gesungen (der Walzer "soll
klingen vom ersten zum letzten Ton!) und da. hat
man sich eben mit Ersatz zu -begnügen. Aehnlich
liegt die Sache bei Fräulein Monti. Operettenblut
völlige -Sicherheit, ausgezeichnet im Modernen,
Aber aus der Sora muß -etwas gang anderes ast
Klang und anmutigem Reiz herwusgsholt werden.
Die komischen „singenden Alten" der -alten
Operette sind ausgestorben. Das Fach bat sich ver-
jüngt. Hier in Frckn HÄnme-Wener. die für die
köstliche Zenobia sehr viel guten Willen und guten
Geschmack, auch etwas Stimme bereit hatte und
dinen Anlauf zu Komik- Sie unterstreicht zu viel
durch Bewegungen.
Eine Prachtfiaur der Operettengalerie ist der
Podesta. Herr Dodl war nur eine 'Figur, «der aber
alle komische Wirkung abhanden gekommen, weih
er zu lange braucht, bis er das Woirt erhält, das
dann wirkungslos verpufft.
Selbst sSindulfo muß in seiner Fadheit bedeu-
tender sein.
In der gestrigen Aufführung war -alles Mög-
liche gemacht, nett gemacht, sauber gemacht, und
das Publikum, dem es an Vergleich fehlt, kam
auf sein« Kosten. Es könnt« auch heute noch auf
Mehr kommen, wenn man noch verstünde (Regie)
aus der Sache herauszufchöpfen. was sie birgt. Ich
bin überzeugt — sch» halte mich „einmal prinzi-
piell" etwas lange bei der Besprechung auf — daß
das Pnblikam anders gepackt worden wäre, wenn
es überhaupt Vet komischen Handlung, die ein gu-
tes Lustspiel ist, gewahr geworden wäre. Wie viele
haben wohl verstanden, wie die ganze Jntrigus
 
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