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Heidelberger Zeitung (60) — 1918 (Juli bis Dezember)

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Heidelberger Zeitung

Dienstag, den 5. November 1918

Fernsprecher Nr. 82 uns vu-r

Seite 2
Kaiser in Gegenwart des Reichskanz-
lers beim Emwiana der neuen Staatssekretäre
und Unterstaatssekretäre gebalten bat. und in der
ÄaMmann sine« wichtigen' Beweis Air die Gesetz-
und Verfaffunasmäbigkeit der neuen Entwicklung
erblickt. Der Kaiser sagte am 21. Oktober:
Zn den furchtbaren Stürmen des Weltkrieges ist
u,rs die Aufgabe gestellt, den Bau Les Reiches im
Innern durch msus und breitere Grundlagen SU
sichern. Die Erschütterungen des Welik.isces ha-
be>i uns erkennen lassen, wo die Stützen des uns
alle beschirmenden Hauses schwach und veraltet find
und der Erneuerung bedürfen. Sie haben uns aber
auch die neuen schwellenden Kräfte zur Anschauung
gebracht, die in unseremVolke zum Lichte streben.
Der neuen Zeit soll eine neue Ordnung entspre-
chen. Diesem Entschluß habe ich in einer Reihe von
Kundgebungen bekräftigt. In umfassender Weise
soll das deutsche Volk berufen sein, an der Gestal-
tung seiner Geschichte mitzuwirken. Es soll an po-
litischer Freiheit keinem Volk der Erde nachstehen
und, was Ärmere Tüchtigkeit und feste Staatsgesin-
nung betrifft, keinen Vergleich zu scheuen bra ch n.
Mit Ihnen, meine Herren, die ich heute als meine
Mitarbeiter begrüße, weiß ich mich eins in dem
heiligem Willen, das Deutsche Reich aus der Not
dieser Zeit zu einer ruhigen und friedlichen Ent-
wicklung zunückzu führen.
Warum werden alle Liese so überaus wichtigen
Dinge, wie auch der Erlaß vom 28. Oktober erst so
spat der Oeffentlichkeit bekannt gegeben? Wie
viel Unsinn und Klatsch, ia frivole Ketzeret hätte
vereitelt werden können, wenn derartig- Air die
Beurteilung des Kaisers sehr wertvolle Aeußerun-
aen sofort mitaeteilt würden! Versagt die Regie
auch bet der neuen Negierung?
Für Kaiser and Reich!
Zm .Deutschen Kurier" veröffentlicht Regis-
rumasoat Vrof. Dr. Leidig. Vorsitzender der na-
1iona.lltbei.alem Vartei in der Provinz Branden-
burg. einen .Makler und Reick" überschriebenen
LMatz. in dem er die Kaiserkraae behandelt und
für den monarchischen Gedanken ein-
tritt. Er schreibt u. a.:
..Ich werfe Panier auf: Kaiser und Reick! Wer
lest mit mir die Sckwurfinaer an die Fahnen-
stange: Für Kaiser und Reick!? Fürwahr, weit
At es gekommen, daß sick in Deutschland wieder
Neigungen und Stimmen beroorwasen. die Liefe
Notzeit Deutschlands zu Rheinbundgedan-
ken und Abionderunssvlänen für geeig-
net kalten. Diele Zeit, die uns nack den vier
Kriegs- und Durckbalteiabren zusammengeickmie-
det Laben müßte wie mit ehernen Klammern. Und
weit Ut es gekommen, daß wir während der Feind
auf untere Grenzen ickläat. fiirundwiderden
Kaiser reden und streiten. Der Kaller ist Leute
nur Repräsentant des Willens des einheitl cken
Volke». Das soll er aber auch bleiben. Tas ist
er Air all«, für Millionen Deutscher, die im Herzen
monarchische Gesinnung Laben. Diese Millionen
find mit dem Kaisertum auch innerlich menscklich
verbunden. Wer wagt es. diesen Millionen ihr
Hoiliiaes zu nehmen, das dis andern nickt stören
wnd schädigen kann? Denn die staatsrecht-
lich«! Stellung Les Kaisers enllvricki -e-
nau der des Präsidenten einer Volksdemokratie.
Weshalb allo darum kämmen?"
Die nationalliberalen Mitglieder
der Leiden Kammern des badischen Land-
laas Mammen mit dem Goschästskübvsndsn Aus-
schuß der Partei Laben am Samstag an den Reichs-
kanzler das folgende Telegramm gerichtet:
„Mit Hanger Sorge verfolgen wir den Kampf
um Vie Person des Kaisers. Unser Volk erblickt
in dem Träger der Kaiserkrone d'e Verkörperung
des Reichsgedankens als Sinnbild deutscher Ein-
heit und Größe. Di« Erhaltung des Kai -
s« rtums ist eins Lebensnotwendig»
keit und eine Ehrensache des deutschen
Volkes.

Kunst und Wissenschaft
* Bon den Hochschulen. Zm Alter von 74 Jah-
ren verschied der Professor des Sanskrit an der
Leipziger Universität Geheimer Rat Dr. phil.
et. theol. h. c. Ernst Windisch. Der bekannte
Sprachforsä-er erhielt 1869 di« venia, legendi in
Leipzig, wurde 1871 Extraordinarius daselbst, war
dann als Ordinarius in Heidelberg und
Straßburg tätig und kehrte 1877 an die Leipziger
Hochschule zurück, als deren Rektor er 1894—95
fungierte. — Dem Oberinspektor der Mentlichen
Untersuchungsanstalt für Rahrungs- und Eenuß-
«nittel in Speyer. Dr. Hermann Müller ist
anläßlich feiner Versetzung in den dauernden Ruhe-
stand der Titel Professor verliehen worden. —
: Der Dresdener Orthopäde, Sänitätsrät Dr.
Alfred sSchanz, ist von der Deutschen Orthopädi-
schen G^euschaft für 4919 zum Vorsitzenden ge-
wählt worden. — Der zum MerreichNchen Mini-
ster für soziale Fürsorge ernannte Universitäts-
Professor Dr. theol- Ignaz Seipel gehört feit
Michaelis 1917 den: Lehrkörper der Wiener Uni-
versität als Ordinarius für Moraltheologte als
Nachfolger Franz M. Schindlers an, nachdem er
früher an der theologischen Fakultät in Salzburg
.. gelehrt hals'!,. Seme zahlreichen Aufsätze 'und
Werke betreffen Moraltheologie und Soziologie;
. ferner Katechetik und Homiletik. — Zum Rektor
der Christian-BlhrechtsÄniversität zu Kiel ist
. für das Rdktoratsiahr März '1919 Lis März 192Ü
der Vertreter der alttestamentlichen Exegese und
Theologie Geh. Konsistorialrat Prof. Dr. theol, et
Phil. Ernst ISellin gewählt worden. — Dr.
meid. Rudolf Kohler. Assistent an der 1. uiedi-
zinifchsa Klinik der Charite, habilitierte sich in
der Berliner medizinischen Fakultät als Pri-
- vatdozent für innere Medizin. Dr Kohler, zur-
zeit landsturmpflichtiger Arzt am Militärgouverne-
men'tslazarett C-enstoch.au. ist ein geborener Würz-
! L.-rger Seine'Spezialavbeitsrichtung ist die phvsi-
- ka.'iscke Wemie in der inneren Medizin. — Dr.
> phil, Karl Roller, Direktor der Höheren und
Erweiterten Mädckensck"le in Gießen, wurde
die venia legendi für Pädagogik an der dortigen
Universität erteilt. — Der Historiker Geheimer
Mchivvat Dr. phil. Julius von Pflugk-

OesLerreichs Schmach und
Untergang
In diesen beiden Worten ist die Kritik der
Waffenstillstands - Bedingungen, dis Oesterreich-
An sarn anzunehmen gezwungen war. enthalten.
Selbst dis schwächliche Form dss versuchten Pro-
testes, den sich die österreich-ungarische Regie-
rung, oder was sich noch so nennt, zu erheben be-
müht fühlt, kann nicht darüber hinwegtäuschen,
daß die Donaumonarchie erledigt ist. Es hat auch
keinen Zweck, sich darüber entrüsten zu wollen, daß
diejenigen Stellen, die für die Annahme dieser ent-
würdigenden Waffenstillstands - Bedingungen ver-
antwortlich find, in eine Fassung gewilligt ha-
ben. die ss der Entente ermöglicht, durch österr.-
ungarischrs Gebiet hindurch sogar noch unter Be-
nützung der eigenen Transportmittel und -Wegs
Deutschland in den Rücken zu fallen. Der Mensch-
heit ganzer Jammer faßt einen angesichts dieses
Zusammenbruchs an, auch insofern, als Oester-
reich - Ungarn trotz des würdelosen Nachloufens,
ja der offensichtlichen Preisgabe des bisherigen
Bundesgenossen, es nicht hat durchsetzen können,
daß es die Bedingungen erhält, die auch nur ei-
nigermaßen den Begriffen von Recht und Gerech-
tigkeit entsprechen. Die nötigen Rückschlüffe für
uns ergeben, sich daraus von selbst. Vor allem
sind wir. und das ist vielleicht das eine gute da-
bei. nunmehr in der glücklichen Lage, auch jeg-
liche Rücksichten auf den bisherigen Verbün-
deten fallen zu lassen und fortan nur die
deutschen Interessen zu wahren. Ansonst geben
diese Bedingungen einen kleinen Vorgeschmack,
von den Bedingungen, die wir van der Entente
zu erwarten haben, wenn es uns nicht gelingt, so-
wohl die äußere Front zu kalten als auch in der
inneren geschlossen und einig dazusteken. Nur ei-
nem besiegten unL zu Boden geworfenen Deutsch-
land wird die Entente gleiche Bedingungen zu
stellen wagen, wie dem bisherigen Bundesgenos-
sen Deutschlands Daß e« nicht dahin kommt, ist
die erste Pflicht Aller daheim und an der Front!
Kaiser Karl und der Waffenstillstand
Aus unterrichteter Wiener Quelle erM-rt das
B. T.: Kaiser Karl fand die Waiffenftillstands-
bedi-ngungen, insbesondere soweit sie sich auf das
ds"tich-Araler Gebiet beziehen, so drückend hart
und beschämend, daß er seinen Namen nicht un-
ter das Abkommen setzen wollte. Er
teilte daber den Generälen und den Mitgliedern
der Regierung mit, daß er fortan die oberste
militärische Gewalt nicht mehr aus-
üben werde Da General Koeveß. dem als
Hächstkommandier enden in erster Linie die Auf-
gabe der Unterzeichnung zufie-l mit feiner Heeres-
gruppe sich nack Ungarn zurückgezogen hat. über-
nahm es der Gkes 'm--, Generalstabes von Arz
die Wafsenstillstandsbedingungen zu unterzeichnen.
Zur angebliche« Abdankung Kaiser
Karls
Die angeblich» Abdankung Kaiser Karls, di«
gestern von verschiedenen Seiten gemeldet worden
war bat sich nach Feststellungen der Berliner öster-
reichisch - ungarisck-n Botschaft bisher n i chff be-
wahrheitet. Die Natichaft hat aus ihre An-
frage in Men dis Mitteilung erhalten, daß der
Kaiser weder auf den Thron verzichtet hat, noch
nach -er ISGveiz abgereist ist. wie ebenfalls be-
hauptet wurde. Auch das Gerückt von einem An-
ichlaa auf die K-n-i-in Zita ist als gegen-
standslos bezeichnet worden.
Ungarische Blätter melden dem gegenüber frei-
lich, die Königsfamilie dürfte binnen kürzester
Leit Oesterreich verlassen und sich nach
der Schweiz begeben.
Die Tschechen beschlagnahmen deutsche
C-rsenbahnzüge
Di« Tschechen haben laut einer Wiener Meldung
der Täglichen Rundschau sämtliche deutsche Esn-
bahaziige m Böhmen an der Grenze beschlagnahmt
und das Bahnhosspersonal zurückgeschickt, Lo-
koMotiven und Mären dagegen zuvückbehalte».
Geschieht eigentlich von der deutschen Regie-
rung nichts daasaen?

Hartung, Archivar am Geheimen Staatsarchiv
in Berlin und ord. Universitätsproseffar a. N-,
begeht am 8. November den 70. Geburtstag. Geh.
Rat v- Pflusk-Harttung, geboren zu WarMow,
Priegnitz, war seit 1877 Privatdozent und später
a. o- Professor in Tübingen. 1886—89 ordentlicher
Professor für allgemeine Geschichte in Basel, lebte
dann als Privatgeiehrter in Leipzig und ist feit
1893 als Archivar in Berlin tätig. Sein Haupt-
studium war lange Zeit das Urkundenwesen der
älteren Päpste bis 1200. später wandte er sich der
Neuzeit Zu.
* Nachrichten von Anmndssn. Von dem norwe-
aikcken Generalkonsulate in Archangelsk M in Chri-
stian ia dis Meldung einigegaSKsn. daß von-Ro a l d
A m und!« n s ..Mckud"-ErtMütion daifsWst. Psst
eingetrsOfen ist. Sie stammt vom 4. September
und ist von der Dickion-Zniföl abgrfandt woben.
Dort tst Ämnndsi'n seinem Blaue gemäß »standet,
um -seinen Betroli'umvor nt an Bord zu nehmen.
Es stobt zu erwarten, daß die in Archangelsk ein-
asAsnaenen Briefe bereits in nächster Zört in Ehri-
stianta eintvrGon werden. Ferner wvrd über das
bisherige Sckacksal der Unternehmungen b richtet,
daß sie in der Zugor-Mraße auf günstige Etsver-
bältniffv «Müßen istz^ Nmundiens Absicht war. Ält-
lich der nousibirischrn Znfeln gegen Ende Septem-
ber sich in das Treibeis Zu begeben. Waren nun
die EisverhältnMe die die Expedition antraff. so
'Mitstia. daß er seine Absicht auss'ühben und Zur
gsvläntzLn Zeit ustd an der aevlämten StEe M ckas
EÄ'-«Mn lfoWrle so muß die ..Mmtd" jetzt bereits
ihre Driftiahrt über das Polarmeer amretreten
haben. Sollte hingegen Am-undsen nickt an der
von Nm ins Auke gefaßten Stells z^cktMKg ins
Eis gekommen sein, so war seine Absicht, ein volles
Fahr zu warten. Das Ergebnis der DriMabrt.
hängt iw bekanntlich ganz und war davon ab. daß
sie am mMsven Punkte mwetveten wird. -
* Ein Pilz, der Zitronensäure erzeugt. Die
Zitronensäure, die zu mancherlei Zwecken «rwen-
det wird, wurde bisher zum überwiegenden Teile
aus Italien bezögen. Das wird jetzt mutmaßlich
anders werden, denn es ist einem deutschen Che-
miker K. A. 'M arti n, gelungen «in Verfahren
ausfindig zu machen, Zitronensäure aus
Zück er zu gewinnen. Martin bedient sich

Die Lage in Wien
Wien. 4. Nov. Gestern haben in allen 'mili-
tärischen Formationen die Wahlen für den
Soldatenrat statt gefunden. Jede Unterab-
teilung wählte zwei Soldatenräte. die dis Be-
schwerden der Soldaten an den Staatssekretär für
das Heerwesen weiterleiten werden. Di« Wäh-
len, denen Ansprachen vorausgingen, vollzogen
sich in aller Ruhe. In den jStraßon -sMt man viele
kriegsgefangen« Russen und Italie-
ner, die ihre Lager verlassen und sich auf der
Durchreise befinden. Die Polizeibehörde ist eifrig
bemüht, Wien von den Kriegsgefangenen zu säu-
bern. Die Kriegsgefangenen erhalten Unter-
kunft und Verpflegung und werden dann unver-
züglich nach der Grenze gebracht.
Ruhe in Prag
Men. 4. Nov. (WTB. Nichtamtlich. Dis
Sonn- und Montags-Zeitung meldet aus Prag:
In Prag herrscht Ruhe und Ordnung wie im tief-
sten Frieden. Dem tschechisch - slowakischen Natio-
nalrat ist es gelungen, jeden Versuch, nach bolsche-
wistEcher Art Unruhs zu stiften, bereits im Keims
zu ersticken. Nur die auf dem Ringplatz befind-
lich« Mariensäule, die als Symbol der Un-
terdrückung der Huffiten den Pragern stets ein
Dorn im Ause war. ist von der Volksmenge u mge-
worfen.
Rumänien beansprucht Siebenbürgen
Vasile, der Präsident des rumänischen Na-
tionalrates und Vertreter in Amerika, gleichzeitig
Offizier der rumänischen Legion, die in Frank-
reich kämpft, hat dem Staatssekretär Lansing eine
Note überreicht, in der die Ansprüche Rumäniens
auf Transsylvanien (Siebenbürgen) histo-
risch und ethnographisch begründet werden. Der
Präsident wünscht, daß dis Grenzen auf der Frie-
dens - Konferenz festgesetzt werden und
protestiert in dieser Denkschrift heftig,, aus Sieben-
bürgen einen Sonderstaat zu machen.
Aorthcliffe oder Wilson
Der Kampf zwischen Nortbcliffe. dem
enalücken Vrovagandaminister. einerseits und
Wilson andererseits wird nunmehr tn der
NortbclMövreffe. wo er bisher nur zwischen den
Zellen wütete, öffentlich geführt. Bekanntlich ver-
tritt Lord Nortbclifie jene Grupps, die für eine
vollständige Unterwerfung der gegne-
rischen Partei eintritt und dabei die alle Abir st n
Dedmaunaen -aufzuerlegen wünscht. Diese Absicht
siebt natürlich mit dem Programm Milsons
im schroffen Geaensatz. Se t einigen Tag «
erscheint nun in den Nortbclrffeblättern eine be-
sondere Rubrik, betitelt' „No tbcliffe oder Wil-
son?" Man merkt daraus, daß dis englischen
Kreise gewillt sind, es auf das Aeußevste ankom-
men zu lassen.
Zn Berliner maßgebenden politischen Kreisen ist
man der Nationalzeitung zufolee der Ansicht daß
die am 5. November stattsind enden Wahlen zum
amerikanischen Senat von ganz außeror-
dentlicher Bedeutung für die künftigen Ere'g-
niffe lebt- werden, da von ihrem Msaang wahr-
scheinlich die Entscheidung über d'e Wassenst'N-
ttands- und Fr-ed-snebedi" g"naen abhängen wird.
Auf Grund.vorliegender Nachrichten ist man zu der
Annahme berechtigt, daß ein Entwurf Wil-
sons für einen Waffenstillstand verliest und
einer van der E n k e n t e. d-r hauvtsächl'ch Un-
ter dem Einfluß Frankreichs entstand und wosentl'ch
schärfere und maßlose .Bedingungen
enthält. Angesichts dieser Gegensätze dürste be-
schlossen worden sein, die awerikmMen NAU-n
akzuwarten um zu sehen ob Mllon "eck d»s Ver-
trauen des Landes genießt. Sollte Mllsn mit sei-
nem Vraaaamm sie^-'e'ch aus den Wasil-m twr-wr-
oeben. so 'st anz"n-ynwst. er sei"e Bedtumn-
aen auch bei den Alliierten wird durchsetzen können.
* * *
Verschiedene Blätter veröffentlichen eine, wie sie
selber gleich binzufügea. unverbürgt e Liste der
Bedingungen. Da in diesen Tagen der Gerüchte-,
mackerei und des Klatsches ieal'che Unterstützung'
des Gerücht,eunn'as vom Uebek ist. vevzjchtsn wir
auf den Mdruck dieser ..Bsdingünaem".

scr. --vs

Die Haltung der Sozialdemokratie
Ein Flugblatt -er sozialdemokratischen Partei-
leitung
Die sozialdemokratische Parteileitung verblei'
tete in der Nacht zum Montag folgendes FliE
blatt:
Arbeiter. Parteigenossen l Durch Unterschrift^
lose c^liugotäller uao o»rch Agitation von Mund
zu Mund ist an Euch die Auflorverung er-
gangen, in Den nachgen Tagen die Betriebe
verlaßen, uno auf oie Straß« zu gehen
Wir raten Euch dringens, die,er Aufforderung
nicht zu folgen. Me Zyr alte wißt, befindet si4
drs soziatdemokratffcye Partei im tiug« einer
sehr wichtigen Aktion. Sie trat einige Ge-
noßen in die Regierung entsandt, damit diese
sa-^nigjt Miesen icyecege uns im Innern alle
bürgerlichen Frei y eiten yerstelle, deren
die Arveitertiaße zu ihrer weiteren EntwickluisS
bedarf. Seit dem Eintritt unserer Genoßen in die
Regierung hat diese an die Gegner ein Angelds!
gerichtet, das in kürzester Zeit zu Waffenstill-
stand und Frieden füyren muß. das gleiche
Lvuytrecht in Preußen durchsetzt, dem Reichs-
tag die Stellung der eigentlichen Zentral'
gewalt im Reiche verschafft, und das persön-
liche Regiment beseitmr, die Unterstellung der
Mrtitärgewalt unter die Zivilgewalt
durchführt und damit den Militarismus des
stärksten Rückhaltes beraubt, die Preß- und
Versammlungsfreiheit erweitert. Lied-
knecht und viele andere aus dem Gefängnis be-
freit. Dies alles genügt nicht. Wir arbeiten wei-
ter. um kriegshetzerische Strömungen zu bekäm-
pfen und dis Demokratisierung Deutschlands Kid
aufs letzte durchzusühren- Wie Ihr alle aus dU'
Zeitungen wißt, hat Genosse Scheidemann i^
Einvernehmen mit der Partei dem Reichskanzlei
empfohlen,, er möge dem Kaiser raten, zu-
rückzutreten. Ueber Liefe Frage schweben
diesem Augenblicke noch wichtige Verhand-
lungen.
Arbeiter. Parteigenossen l Mr fordern EM
auf, diese Verhandlungen nicht durch unbesonne-
nes Dazwischentreten" zu durchkreuzen. Wir stehe»
vor den schwersten Entscheidungen. Je-
den Tas können wir in die Lase kommen, EM
auffordern zu müssen, daß Ihr Euer Wärt in d>e
Wagschale werfen mögt. Jetzt gilt es aber ru-
higes Blut und Disziplin zu bewahre»
und sich von keinen Verwirrungsplänen einfange»
zu lassen. Je geschloffener Ihr unser« Aktion M
terstützt. desto früher werden all« militärische»
Einziehungen und sonstigen,Maßnahmen, die EM
beunruhigen, wieder rückgängig gemacht werde»'
desto sicherer werden wir rasch zu einem dauer»-
den Frieden gelangen, desto ohnmächtig^
werden alle Versuche der Reaktion blechen. M
wieder in den Sattel zu fetzen. Aus unbesonnene»
Streichen kann aber Einzelnen von Euch und Lei
Ge-amthÄt namenloses Unglück ierwaMen. Ak-
tionen, die Erfolg versprechen sollen, müsG»
von der Gesamtheit der Arbeite^
schäft getragen sein. Für solche ist aber fetzt de»
Augenblick nicht da. Folgt darum keiner Parot«,
die van einer unverantwortlichen Minderheit
passe geben w ird.
Der Vorstand der sozialdemokratischen
Partei Deutschlands. i 1

Deutsches Reich
» Das Befinden des Reichskanzlers hat sich
weit gebessert, daß er in der allernächsten
wieder persönlich an den Sitzungen des
KriegskaLinetts teilnehmen wird.
* Graf Schwerin-Löwitz ff. Der Präsident
preußischen Abgeordnetenhauses Graf von Schwe-
rin - Löwitz ist gestern nachmittag in seiM
Amtswohnung in Berlin seinen! Leiden erlege»-
Geboren am 19. Mai 1847 zu jSchwerinsburg (K»'
Anklam), trat er als 18jähriger in das Halber-
städter Kürassier-Regiment Nr. 7 ein. mit dem
die Feldzüge gegen Oesterreich und Frankreich Mw
nvachtd. Als Rittmeister und' Eskckdronchef naM
er 1881 den Abschied, um dis Bewirtschaftung des
Familiengutes Löwitz zu übernehmen. In rastloser
Arbeit entwickelte er es Zu einem Mustergut er-
sten Ranges. Seine politische Laufbahn besau»
er 1893 mit seiner Wahl in den Reichstag, wo--

genwart gewidmet. Griechisch- und römische So-
BalgeWWe, dis KlaffengesMchts der neueren
Kulturvölker und die soAale Eefamtentwicklung
sind-'hier Schmovers Gegenstände.
* Wie Rußland seine Gelehrten unterstützt.
Die VetmsHuroer Blätter melden disser Tage,
die LollchewMschs Regierung gewähre dem Ge-
lsbrtestsiackde a"f wiederholte Anträge, feine wis-
senschaftliche Arbeit in den Dienst der Sowfet-
sache zu stellen, eine Reihe von Erleichterungen.
Einmal erhalten die Gelehrten bessere Verpfle-
gung.-ittdem sie in die erste Kategorie der Ratio-
nierung. dis etwa unseren Schwerarbeitern ent-

Neuss aus Mer Welt
* Bon einem tollen Hund gebissen. In W":-
warts im Kreise Gersfeld biß vor Monatsfrist
tollwütiger Hund Vieh And Menschen. Von
gebissenen Tieren mußten bisher fünf Kühe
schaffen werden. Der 63jährige Bauer KirchM
der auch gebissen wurde, begab sich erst nach jff,
Wochen in das Berliner Institut. Es war le^,
zu spät. Unter furchtbaren Leiden ist der M»»'
dort der Tollwut erlegen.
* Der Wunsch eines Toten. In Klatta»
B-bmen war der Sokn des Kaufmanns H
Krematorium zur Einäscherung gebracht werde»
sollte. Am Abend seines Todestages brach
dem SterbehMse ein Brand aus. Die Lm«
konnte Nicht geborgen werden, sie ist verbrannt
* 34 450 Mars für zwei Briefmarken.
Marken, pnd Ganzsachenhaus veranstaltete '.
Künsilerhaus zu.. Berlin die fünfte Kriegsoerm,
gerung, auf der mehr als 3000 .Marken versteig
wurden. Der höchste Preis wurde am Montag ?
zielt, und Mar für zwei seltene Bergedorfmail
die verkehrt gegen einander gedruckt war '
34 450 Mark bezahlt, das ist der höw»-,
Preis, der bisher auf einer Brieim-arkenoerw

ihrer Wol)nung noch ein Arbeitszimmer, ec»'
Biblischek und ein Laboratorium zugestanw^
falls so etwas schon vorhanden war — — beka«»'
lich sind in Rußland jetzt auch die Wohnungen
tioniert. Endlich werden die Gelehrten von M
Ablieferung warmer Sacken zwar «üM öelÄt'
aber falls sie in Geld ihre Lieferung abMÜtffü
kann ihnen der Betrag aus vier Monate verteil'
werden.
Die Archive von Lille. Herr L a n g l o i s. b
neraMrektor der franz. Akademie, teilte in Le
Sitzung vom 22. Oktober der Pariser Akademie^
— ..... .. ----^Ärschri.ftsn mit. daß er durch ejws RadiodepqP?
zielte er schließlich eine SSüreavsbeule von 43 «.^om Archivisten Drucket benackricktÄt worden n'-
- daß dis ÄrckWS Son'Ditls. k'e.xneK Pck
Acstzje der deutschen Besetzung erlitten haben. E
Omont-eMärte. daß dsdfclbe auch, von ddn Vchl^'
Urioten urld' kostbaren Bäckern der Stadt _sM.

dabei, eines Pilzes, der wahrscheinlich der gleiche jpricht.^eingereiht werden. Dann erhalten ste^^
wie Eytromyceg tollensianus Wehner ist. Ein«
Zuckerlösung wird mit den Sporen des Pilzes ge-
impft, dann wird die Pilzkujtur unter'Luftzutritt
bei 20 Grab Celsius gehalten. Nach vier Tagen
wird das Wachstum der Pilzkultur sichtbar; nach
füns Tagen macht fiE ÄtroneuWure bemerkbar,
unL nach 24 T<wen war bei den Versuchen das
Höchstmaß der 'Säuvebildung erreicht: ein Fünftel
tel des Zuckers war M Zitronensäure umsewan-
delt. . Es gelang Martin jedoch, die, Säuremenss
noch weiter zu steigern; indem er kohlensaurer
Kalk hinMffügte. um dis Säure M neutralisieren
und den Versuch auf 60 Tage Dauer ausdehnte, er-^

H, des Gewichtes des ange-wendeten Zuckers. Nach"
seiner Ansicht ist es mösliK, das Verfahren
Quszuarbelten, daß es - technisch im großen Ma-K-
Mab« .-^n-emmndt. werden kann. Mit anderen Wo!-,
ten: die Industrie würde- dann cke« .Bedarf an .Ai-
tronensaure decken können.; - v - . -- ,..
s Schsnollers politisches Vermächtnis. In Gu-
staiv ßHnollers Nachlaß befindet sich ein großes
Werk L b e r die soziale Fraäe Mn im No-
vember bei Duncker und Humblot erscheinen wird.
Im ersten Teil handelt c^chmoller Wer die lorale
Klaffenbildung, über ArbeitsleMung, Eidentüm'
Rnd seine Verteilung, geseioch-ftliche Kloffenbil-
dung, - Der heutige Arbs-terstLnd der KulturstaK-
ten wird im Meiten Abschnitt dargMellff in deen
Schm-Ver n-ch-licke und wirt^chMliche^ Lagei
des Nrbeiterstandes und die wicktiMen neuen so-
zialen Institutionen auseinanderfetzt Der dritte
Teil fst dem Kloffenk-mnk,fn Geschichte und' Ge-.^§estorhen, der seiner letzten Verfügung nach in
 
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