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Heidelberger Zeitung (60) — 1918 (Juli bis Dezember)

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Nr. 260 Heidelberger Zeitung

Mittwoch, den 6. November 1918

'Fernsprecher

«larsph ke!r Löhne
k-iokmLbsissbr-ik Telepin 7Z5
supt8tr^88s 79. I-isicis dsoZ ffelcs kZiLNSllLtc.
^olrnriNAseinricktunZen
'n eivfsciier dis feinster ^usftikrnnA.

Ne ich nichts getan. Eifersüchtig wurde darüber ge-
wacht, daß die deutschen Staaten tick nicht ver-
größerten. Die Zurückgewinnung Elias! - Lothrin-
gens hätte sich damals erzwingen lassen, aber
Franz I. und Metternich haben nur dynastische
Interessen im Auge-gehabt.
Die Zeit, die darauf folgte, und die man.als
die des Mettsrnichschen Systems bezeichnet, war
die der Reaktion und des Klerikalismus. Man
kann wohl sagen, daß diese beiden Prinzipien den
Habsburgern das Grab gegraben haben. WM ge-
lang es ihnen, den deutschen Bundestag in Frank-
furt. dieses klägliche Gebilde, ganz mit ihrem
Geiste zu durchtränken und in den Karlsbader Be-
schlüssen die Dömagogenverfolgung zu einer deut-
schen Sache zu machen, aber den deutschen Geist
vermochten sie nicht mehr niederzuschlagen. Der
15. März 1848 bedeutete das Ende dieses rücksichts-
losen Regiments, das sich gern als das patriacha-
lische bezeichnete. Wäre der Romantiker auf dem
Throne der Hohenzollern ein anderer gewesen, so
hätte schon damals Oesterreich seine deutsche Rolle
ausgespielt. Das Jahr 1866 brachte das Ende.
Italien bildete sich zu einem Einheitsstaat, den
Venetien abrundete, während im Preßburger Frie-
den Oesterreich auf feds Einmischung in die deut-
"chen Angelegenheiten .verzichtete und aus dem
Deutschen Bunde ausschied. Damit war sein
Schicksal besiegelt. Seine deutschen Staatsangehö-
rigen wurden zu einer Minderheit, die nur solange
^'nen Einfluß ausüben konnte, als die Slawen
der Monarchie untereinander uneinig waren.
Eine geschickte Politik hätte auch damals noch
das deutsche Gesicht Oesterreichs wahren können,
liujmal Ungarn sich unter Andrassys und Drakes
Führung aus dem Verbände losgelöst hatte und
vur noch durch die Personalunion durch das ge-
meinsame Heer und die gemeinsame Außenvertrs-
lung mit der andern Reichshälfte zusammenhing.
Diese Politik ist in Oesterreich nicht befolgt wor-
den Gewiß war es nicht leicht, sie durchzuführen,
da der Parteihader der Deutschen immer neue
Schwierigkeiten bot. Möglich war sie trotzdem.
> statt dessen brachte man den Polen Galiziens im-
mer neue Opfer, sodaß die Herren aus Lemberg
M Krakau in der Hofburg eine entscheidende
stnnme hatten. Ebenso liebäugelte man mit den
Tschechen, die unter Badeni und Thun geradezu
>uf Kosten der Deutschen bevorzugt
. !"Mden. Dieser slawische Volksstwmm. der seine
üultur' ausschließlich den Deutschen verdankte.
Langte unaufhaltsam vor. und bemächtigte sich
.»anzer Gebietsteile, die früher kerndeutsch gewesen
Karen. Kraftlos stand di« österreichische Regierung
Ps sie wirklich die Gefahr erkannte, ihr gegenüber.
Lvaaz Josef versuchte es, durch ein demokratisches
Wahlrecht die Völker seiner Monarchie noch ein-
nal zurückzugewinnen, aber schon das Verhalten
°es damaligen Thronfolgers Franz Ferdinand
»and dem entgegen. Es ist fast ein« tragische
"*vnie zu nennen, daß dieser Slawenfreund, der
»uch eine Slawin geheiratet hatte, durch die Ku-
»el eines Slawen getötet worden N.
., Es ist sehr, schwer, heute über die Vorgänge, di«
"Hdort während des Krieges abgespielt habeih
und vorurteilslos zu sprechen. Der Massen-
LZD" . r einst kaisertreuen Ruthenen war eine
»din Politik, die dem Palen, diesem bru-
mmen Unterdrücker, dis Ruthenen ausgeliefert
Ungarn standen die Dinge nicht an-
ders. Wohl hatten die Magyaren ein sehr straffes
»egimeyt geführt, aber sie hatten es nicht verstan-
»en. dre Fremdvölker für sich zu gewinnen Es
m.,.. Ä luune gedauert, bis sie mit den Deut-
m,en Siebenbürgens in ein gedeihliches Verhält-
ß's kamen. Mit den Kroaten und Rumänen stan-
"e bis zuletzt auf Kriegsfuß. Am schlimmsten
' tschechisch« Gefahr. Die deutschen Trup-
pen verbluteten an der Front, di« tschechischen gin-
si» F^nde über und ihr« politischen Führer,
iu>n -Aussaryk. Klofatsch. -und Kramarcz übten offe-
cuna^li erfolgte nach drm Regie-
Antritt Kaiser Karls lene Amnestie, dis von
^".Deutschen mit Recht als eine Katastrophe be-.
"acyiet wurde.
Die Völker der Monarchie lassen
u/ten Staat im Stiche. Galizien hat sich
losgsrlssen und Polen anseschlossen. die Tschechen
tboni?«^^^--^^^Eern Cis- und Translsi-
Aie Ukrainer und Rumänen suchen An-
an dre Nachbarstaaten. Es ist nur noch dis
n age offen, ob die Deutschen den Weg zu ihrem
^iten Vaterlands finden

»Kriegsbeschädigten - Rentengut" — Preis
die ganz« Reihe also 1— Mk.) Es
ben i um wirkliche Ausschnitte aus dem Le-
vrahrheitsgetreu und liebevoll von einem
da«-!n^ wiedergegeben, daß die einzigartige Reihe
ou/r?d historischen Wert behalten wird und
1 Sammlern nicht warm genüg empfohlen
a»eroen kann.
Aenastlichkeit. Ein politisch aufge-
lin < Mskaermeister in der Wranaslstraße in Ber-
66 Arbeit fein Guthaben von
06 M. ben einer Berliner Bank in barem Gelds
... e n und die Scheine in seiner Wohnung
^..Eecken. Ernbrech er suchten ibn schon am
Tage beim und fanden die Summe. Bis
li^r ^nd die Diebe nicht gefaßt, obwohl die Vo-
rur Stelle war und die Verfolauna ausnahm.
hab es mir zum Trost ersonnen
-I" dieser Zeit der schworen Not.
Zn dieser Blütezeit der Schufte.
Ä dieser Zeit von Salz und Brot:
nickt, es muß sich wenden.
""b »eiter wird die Welt erstehn.
R; 5"^" der eckte Keim des Lebens
>ck-t ohne Frucht verloren sehn.
,Fritz Reuter.
Humor vom Tage
kl, "Eue Reichtum. ..Wat sind denn det sor
Erbschaften, wo du jetzt bist?" - ..Der jnädije
L '?"der bei uns die Preßkohlen jebrackt!"
^bre Herbstreise nach Wiesbaden se-
macbt? — Wce soll ich das willen? Die Fahrkar-
IkLbat mein Diener gelöst! lUlk.f

Deutsches Reich
* Der Reichstag. Der Zusammentritt des
Reichstags wird sich noch um einige Tage ver-
zögern. Präsident Fehrenbach ist wieder m
Berlin eingetroffen und nahm gestern vormittag
an einer Sitzung des interfraktionellen Ausschusses
töt!
* Wechsel im Staatssekretariat des Re'chs-
wirtschaftsamts. Wie dis politischen parlamenta-
rischen Nachrichten erfahren, steht ein Wechsel »m
Staatssekretariat des Reichswirtschaftsamts be-
vor. Staatssekretär Freiherr von Stein »st aMts-
Abgeordnete der Mehrheitsparteien an der
Front. Auf Einladung der Obersten Heereslei-
tung begab sich gestern abend eins Anzahl Ab-
geordneter der Mehrhsitspartsien auf etwa 4
Tase an die Front. Die Abgeordneten sollen
dort aus eigener Anschauung die Lass kennen,
lernen und. soweit angängig, auch durch Anspra-
.chen an die Truppen diese über die neue Lass in
der Heimat aufklären.
* Die preußische Wahlreform. Das Abgeord-
netenhaus tritt dem Vernehmen nach am 19. No-
vember zur Verabschiedüng der Wahlrechtsvorlags
zusammen, . . ,
-i- Jeder Arbeiter aus seinen alten Arbeitsplatz.
IN einem Aufsatz über dis Demobilisierung
schreibt der „Vorwärts": Oberster Grundsatz wird
sein: Jeder Arbeiter und Beamte soll an seinen
alten Arbeitsplatz zurückkehren. Die Entlassung
der Soldaten wird nach der Volkswirtschatfswich-
tigkeit der Berufsgruppen erfolgen, daneben wird
die namentliche Anforderung seitens der Unter-
nehmer sehr erleichtert, aber auch der Ueberprü-
fung durch« dis Gewerkschaften unterworfen wer-
den. Einrn kreil der sozialen Lasten der Demobili-
sierung wird die Industrie zu übernehmen haben,
möglich, daß die Kündigungsfristen verlängert
oder Bestimmungen über die Lohnhöhe und Daue.r
der Arbeitszeit getroffen werden.

Aus Baden
* Eigenerzeugung durch die Eisenbahnkantinen.
Da die Belieferung der Kantinen der Badischen
Staatsbahnen durch die Badische Nähvmittslver-
sorsung immer geringer wurde, und die vermehrte
Tierhaltung in größerem Umfange Futtermittel
erfordert, mutzte von der Staatsbahnverwaltung
der Frage näher getreten werden., ob di« Kan-
tinen nicht noch mehr und in größerem Stil zur
Eigenerzeusung übergehen sollten, oder wie sie sich
sonst etwa durch Abschluß von Lieferungsvert ra-
gen mit leistungsfähigen landwirtschaftlichen Be-
trieben ihren Bedarf selbst decken können. Zü die-
sem Zweck wurden in Ettlingen und in Mug-
gensturm größere Flächen teils bahnsisen,
teils gepachteten Geländes in eigens Bewirtschaf-
tung genommen. Weiter wurden mit größeren
Eutspächtern Verträge über Lieferung von Nah-
rungsmitteln abgeschlossen. Um dem Personal
Einblick in die Fragen der Nahrungsmittslversor-
gung zu gewähren, und es zur lebendigen M,ft-
arbeit heranzu,ziehen, wurden- in Besprechungen
mit den Arbeitervevbänden dis getroffenen Maß-
nahmen erörtert und ein Ausschuß gebildet, der
in die Geschäftsführung der Landesversorgung
Einsicht nehmen und eine Kontrolle ausüben soll.
Müllheim, S. Nov. Dis Markgräfler Nachr.
berichten Aber einen empörenden Vorgang, der
sich jüngst auf dem Bahnhof Schliengen abgespielt
hat. Zahlreiche Personen mußten ziemlich lang«
auf den Zug warten. Unter ihnen befand sich eine
Dame mit zwei kleinen Hündchen, die mit Schin-
ken belegten Butterbroten von der Reisen-
den gefütter t wurden.
Ettlingen, 6. Nov. Man beabsichtigt hier die
Zahl der Esmeinderäte von 11 auf 12 zu iv-
tzöhen. Durch diese Erweiterung des Gemeinde-
rats wird es möglich, daß auch die Sozial-
demokraten eins Vertretung darin er-
halten.
Freiburg, 5. Nov. Am Sonntag früh wurde
im Gswerbskanal die Frau eines Werkmeisters
bewußtlos aufgefunden. Sie wurde aus ihrer Lags
befreit und in das benachbarte St. Josephshaus
gebracht, wo sie nach kurzer Zeit verschieden ist.
Vermutlich ist die Frau in der Dunkelheit in den
Kanal gefallen. '

Theater und Musik
Heidelberger StadttheKter
„Die Schwestern und der Fremde".
Es ist zu begrüßen, daß neben den Kassenfül-
lern auch noch Platz für ernstere Werke geschaffen
wird. Nach „Sigurd Braa" ging gestern abend
ein .zweites modernes Werk, das Schauspiel von
Bruno Frank „Die Schwestern und der
Fremde" über die Bretter, Dieses Schauspiel ist
drei Akten (denn dis Bezeichnung des svsten Aktes
als Vorspiel ist nichts weiteres als eine technische
Spielers!), ist im Grunde genommen nichts ande-
res als eins auf die Bühne versetzte erpressiom-
stische, psychologische Novelle, in.der leider sehr
viel geredet wird. Man fühlt es ordentlich z. B. im
ersten und dritten Akt, wie sich Bruno Fränk den
Rock zurechtrückt und sich in geistige Positur setzt,
und nun seinen wehrlosen Zuhörern eins Vor-
lesung über Probleme hält, die auch nur Spie-
lerei sind. Nach moderner Manier schließt diese
sonderbare Geschichte des fremden Mannes, dessen
Nähe alle beglückt und dem die Frausnherzen zu-
fliegen wie die Motten ins Licht, der aber geistig
und seelisch nur ein lebender Leichnam zu sein vor-
gibt, (warum und wieso, das zu ergründen über-
läßt Bruno Frank freundlichst don Hörern) mit
mehreren Fragezeichen, die zu lösen oder zu besei-
tigen wir uns (aus. Papiermangel) versagen
müssen. Vermutlich hat Bruno Frank auch selber
di« Lösung seiner theoretisch aufgebauten Kon-
struktion nicht gewußt und so läßt er denn, weil
es auch einmal so üblich ist. raick den Vorhang
fallen. Kurzum, das Stück ist Bluff, aber, und
das ist wiederum sein Vorzug, nicht unangenehmer,
im Gegenteil, inan kann an verschiedenen Klsin-
und Feinheiten seine Freude haben, zumal Bruno
Frank es versteht, einige Bosheiten gegen Kul-
tur und Geftllschaft in äußerlich liebenswürdige
Form zu kleiden Im ganzen genommen bietet
also das Schauspiel einen unterhaltsamen Abend,
allerdings unter einer Voraussetzung: es mutz
nicht mystisch-tiefsinnig, sondern ruhig-nüchtern ge-
spielt werden.
Darin fehlte es aber in der gestrigen Auffüh-
rung. Wenn es auf Rechnung der Spielleitung

Aus Stadt und Umgegend
Ausschaltung des Fremdenverkehrs
Die' Karlsruher Zeitung schreibt halbamtlich:
Der Staatssekretär des Ernährungsamts hat sich
damit einverstanden erklärt, daß dSr Fremdenver-
kehr für einzelne Ortschaften mit Wirkung bis
zum 31. DezEmL'r vollkommen ausgeschaltet wird.
Die Kommunalverbände wurden daher ermächtigt,
für alle oder einzelne der in Betracht kommenden
Ort« die Dauer des Aufenthaltes ortsfremder
Personen noch weiter einzuschränken, als dies bis-
her zulässig war. oder den Aufenthalt und die
Aufnahme von Fremden völlig zu untersagen. Bon
diesen Anordnungen werden nicht betroffen solche
Personen, deren Aufenthalt auch bisher an eine
bestimmt« Frist nicht gebunden war.^ insbesondere
Fremde, deren Aufenthalt durch Berufs- oder Er-
werbsnotwendigkeiten begründet ist. ferner Fremde
di« bei nahen Verwandten unentgeltlich beher-
bergt werden, sowie mit nachstehender Einschrän-
kung Kranke. Hinsichtlich der Kranken hat der
Staatssekretär des Kriegsernährungsamtes ohne
zeitliche Begrenzung sich damit einverstanden er-
klärt. daß der Aufenthalt solcher Personen hinsicht-
lich der Dauer beschränkt wird, welche auf Grund
eines amtsärztlichen Zeugnisses ausgenommen
werden müssen. Die Kommunalverbände können
hiernach anordnen, daß die Dauer des Aufenthal-
tes von Kranken durch den beamteten Arzt oder ei-
nest hierzu durch den Kömmunalverband besonders
ermächtigten Arzt festgesetzt wird.

* Von der Universität. Am 22. November fi-n-
d'et. wie üblich, die Gedenkfeier für den zweiten
Gründer der Universität, Großherzog Karl Fried-
rich. verbunden mit der akademischen Preisvertei-
lung. im Neuen Kollegienhaus statt. Das Fest-
mahl fällt aus.
* BürgerausschuMtzung. Auf die Tagesordnung
der morgigen BürgerausschuMtzung ist nachträg-
lich noch di« Pachtung von Grundstücken
auf Gemarkung Ku dach und die pachtweise
Uebernahmie des Gutes Dörnthal gesetzt worden.
Es handelt sich dabei um di« im Besitz der Stadt
auf der Gemarkung Kudach einspringenden
Grundstücke sowie das an die Gemarkung Kudach
nördlich angrenzende Gut Dörnthal tm Gesamt-
flächengehalt von 410 Mörsen. Der Pachtprsis
beträgt 20 Mark, für den Morgen: das Inventar
nebst Futter- und Strohvorräten ist auf 150 800
.Mark geschätzt. Der Stadtrat bittet um Ermäch-
tigung Mm Abschluß eines Pachtvertrages sowie
zur DEung der Kosten des Inventars aus An-
lehensmitteln.
s Rechtsanwalt Hei ar ick Müller f. Als ein Op-
fer der Grippe -ist Rechtsanwalt Heinrich Müller
in einem Feldlazarett gestorben. Sein Histscheiden
wird in wMen Kreisen der Bürgerschaft schmerzlich
bedauert werden. Rechtsanwalt Müller ent-
stammt einer alten Heidelberger Bürastfamilie.
Sein Vater war der Inhaber der bekannten Bäcke-
rei und Gastwirtschaft zur Kümmelivalterei. Der
Verstorbene, der ein Alter von nur 47 Jäbren er-
reickt bat. besuchte dis hiesigen Schulen, genügte
seiner Milttärvflickt beim diesigen Bataillon und
widmete lick an der Heidelberger Universität dein
Studium der Rechtswissenschaft. Nack Beendigung
seiner beruflichen Ausbildung ließ er sich als
Rechtsanwalt in Heidelberg nieder. Leiste Pflicht-
treue und sein gewinnendes Wesen verschafften ihm
in. Stadt und Land viele Freunde und er war un-
ter seinen Kollegen allgemein geachtet und beliebt.
Den Gewerböbanck Heidelberg gehörte Müller als
juristischer Berater und Aufsichtsratsmitglieid an.
Politisch war der Entschlafene ein überzeugter An-
hänger der nationalliberalen Partei und als an-
fangs des Jahrhunderts die iunaliberale Ve-
wegMia in Heidelberg ins Leben gerufen wurde,
wurde er zum Eisten Vorsitzenden des Junglibera-
lsn Vereins berufen, an dessen Spitze er ein Jahr
lang stand. Müller 'war keine Kampsnatur und
der politische Streit war seinem innersten Mesen
fremd. So zog er sich, nachdem er an dem AnNau
der Organisation tüchtig tstilgswübsitet batte, bald
vom volitischsn Kampfplatz zurück, ohne indes sch-
nei» liberalen und nationalen Ideen jemals un-
treu zu werden. Als der Kries, ausbrach, zog Hein-
rich Müller als Hauvtmastn ins Feld und mit Be-
geisterung liat er vom ersten Tag an unter der
Kurt Gühnes zu setzen ist. daß sich die Mehr-
zahl der Mitspieler, namentlich die Damen, eines
geheimnisvollen Flüstertones bedienen, der den
Zuhörern allmählich zur Qugl wird, so sei sie
dringend gebeten, hier von Grund auf einzuwir-
ren Ist die Spielleitung aber nicht daran schuld,
so sei es allen Mitspielern dringend ans Herz ge-
legt, in Zukunft so zu sprechen, daß die Hörer
nicht fortgesetzt vor akustische Rätsel gestellt wer-
den. Wenn es auch gewißlich nicht schade war,
daß manche Feuilletonismen Herrn Franks unter
den Tisch fieln. so darf unmöglich das Verständnis
erschwert werden. Die Aufführung wurde , ge-
tragen von Walter Horst und Kurt Gühne
beide in ausgezeichneter Charaktermaske und Dar-
stellung. Auch Klarissa Manhof siel durch
ein gewisses abgeklärtes Spiel angenehm auf. Dis
Ueberräschung des Abends war Irmgard Ai-
li en, di« die leidenschaftdurchglutete Cordula mit
einer fraulichen Innigkeit des Gefühls ausstattete,
daß diese an sich schon liebenswerte Figur des
Stückes geradezu verklärt erschien.' Dadurch ver-
kleidete sis gewisse sprachtechnische und spielerische
Unebenheiten, die wohl ihrer Bükmenneuheit zuzu-
schreiben sind. Trotzdem kann Fräulein Allien sich
diese Cordula auf der Haben-Seite buchen. Auch
Else Lande,ry bewegte sich in den Bahnen, die
wir erfreulicherweift an ihr gewohnt sind) Wenig
befriedigen konnte dagegen Paul Schmidt und
Edith Miet Hase, die über rein deklamatorft
sckfts nicht hinauskamen. Anna Hemme-
Weyers Name sei mit einem Ausrufungszeichen
vermerkt.
Die Ausstattung bewegte sich in aufsteigender
Linie. Namentlich das Biedermeierzimmer des
letzten Aktes bot mit Ausnahme des fürchterlichen
Oeldrucks im Hintergründe einen freundlichen An-
blick. Das Publikum bswies zwar nicht immer
das richtige Verständnis, nahm aber das Schau-
spiel, dSm mehrere Wiederholungen zu wünschen
wären, mit freundlichem Beifall auf. X. ll.
Gebt für die
Heidelberger Bürgerstrstung!

Nr. 82'und 182

Seite 3

Falmie gestanden als mutiger Führer und wohl-
wollender Kamerad. Mr seine Tapferkeit wurde
er wiederholt mit hoben Ehrenzeichen ausgezeich-
net. Nun ist er nach vierjähriger treuer, vor-
bildlicher Pslichterfülluna auf dem Felde der Ehre
gestorben. Alle aber, die Rechtsanwalt Heinrichs
Müller im Leben näher treten durften. Werden An
in gutem Andenken behalten. )
* Ueber di« Witterung des kommenden Winters,
spricht sich der meteorologische Mitarbeiter des
Schw. Bote auf Grund des Verhaltens und Auf-
tretens von Sonnenflecken dahin -aus. daß nach ek-
nsm Stärkst-Auftreten, wie es im August 1817
vorkam, dem übernächsten Winter meist etwas
mehr Kälte als einem mittleren Winter zu-
lommt, und dies vorzugsweise nach Weihnachten
in Rechnung zu nehmen sei, und daß wir etwas
überreichlich Niederschlag, also namentlich Schnee
zu erwarten Hütten.
* Vom Roten Kreuz. Sowohl im Ossizierslaza-
rett. als in den Lazaretten sonst hier sind von den
daselbst unter-gebrackten Offizieren und Sanitäts-
offizieren Sammlungen zur Svende für Weib
nacktsaaben an die Truppen iw Feld erfolgt und
durch aütiae Vermittlung des Oberstleutnants
Sck'önaartb dem Roten Krem die Ergebnisse mit
236 M und mit 260,50 M. zur Verwendung über-
sandt worden.
* Ausfallende Schnellzüge. Vom DonnersJTT^.
November an fallen die Scknellzüge D
Saarbvücken-WUrzbura-Erfurt Mannheim ab
!,.15 vorm.. und D 32 Erfurt—Würzburg—Saar-
brücken Würzburg ab 6.23 nackm.. aus der ganzen
Laufstrecke vorübergebend a U s. Schnellzug D 3.
endiat am 6. November in Ludwigshafen a. Rb.
-r° Beförderung. Unteroffizier Jos. Beierlinr
bei einem Krieasaefanaenen-Arbeitsbataillon »r
Wilna wurde »um Komvnanisftldwebel befördert.
* Waren gegen Lebensmittel. Ist es erlaubtj
den Verkauf irgendwelcher Waren von der Li»
ferung von Lebensmitteln abhängig zu machenr
Ist der Händler strafbar, der für Butter »ich Eie,^
alles, für Geld aber aar nichts.bat. Das KrreüK-
evnÄhrungsaiml leut mit, das; dreste Magie
rig zu beurteilen sei, wenn di« Absicht einer un-
mittelbaren Preissteigerung bei einem solchen
Verkauf nicht vorliegs. Strafbar wird der Per-
käufer erst, wenn er Lebensmittel in solchen Men-
gen oder von solchem Werte fordert, daß das ge-
forderte Entgelt einen übermäßigen Gewinn ent-
hält Erstrebt der Verkäufer, di« Notlage des
Käufers ausnutzend, einen übermäßigen Vorteil,
so ist er strafbar. Sichen Leistung und Gegenlei-
stung in angemessenem Verhältnis, so »st dem
Händler kein Vorwurf zu machen. Ein.Grund zum
Einschreiten bietet sich jedoch immer dann, wenn
der Verkauf der Ware von de« Lieferung rat»o-.
vierter Lebensmittel abhängig gemacht wird.
Der Verkäufer -macht sich damit einer Zuwider-
handlung gegen die Rationierungsvorschrrften
schuldig und ist strafbar. .
* Neuausgehängt sind in den Aushangekasten,
an unseren» Haufe di« Bilder: Die feindlichen
Lüaenberichte über unser« Räumung Flanderns,
widerlegt durch Aufnahmen vom Jähre ISIS. —:
Deiutsch« Soldaten bei Löscharbeiten des in! Brand
geschossenen St. Souplet. — Der vlelunikämipste
Ort Dixmuiden. Die Kirchenfragmente. an de neck,
ersichtlich, daß bei unserem Rückzug« nichts mehr>
zur Zerstörung übrig blieb. — Em zerstörter Stra-
ßenzug in Reihet. Das noch heute in unserem Be-
sitz befindliche Rechel in der Champagne, welches
genau so zerstört ist wie ander« Orte. — DiH
Ruinen des kürzlich geräumten Vigneulles beii
St. Mihiel mit einer Propiantkolonn«. — Das
unsäglich zerstörte Lens.
(!) Kirchheim. 5. Nov. Obereisenbahnsekretäk.
Joseph Werner hier, wurde Mm Oberstations-
kontrolleur ernannt. . -
:: Dossenheim, 5. Nov. D»e Gemeinde Dossen-
heim zeichnete zur 9. Kriegsanleihe Mr die Geß
msinde 40 000 Mark, wovon 20 000 Mark aus Au-
lebens- und 20 000 Mark aus Wirtschaftsmitteln
bestritten werden. .
:: Wilhelmsfeld, 5. Nov. Die Famil'e de»
Aufsehers Reinbold ist in den letzten Tage
schwer heimgesucht worden. Ain Samstag ist ein«
Tochter von 28 Jahren beerdigt worden, gestern
starb eine Tochter im Alter von 20 Jahren, wich-,
rcnd sämtliche, übrigen Kinder schwer krank darz,
nieder liegen. Die ganze Gemeinde uiim-mt regen
Anteil an dem tragischen Geschick der Familie.
— Ursenbach, b. Altenbach. 5. Nov. Der hie-
sig,; Kreiswegewart Adam Li «bau er ist plötz-,
lich an der Grippe, zu der sich Lungenentzündung
'eingestellt hatte gestorben Dreißig Jahre lang
hat der Verstorbene in hiesiger Gemeinde! seinen
Dienst als Wegwart versehen, bis der Tod ihn
dahinraffte. Di« Einwohner Ursenbachs verlie-
ren in ihm einen geachteten Mitbürger.
Eberbach, 6. Nov. In der Mcckargegend bet!
Zwingenberg werden schon seit Jahren auf dem./
badischen Jagdgebiet eine große Anzahl von)
Fischreihern gehegt, um das Aussterben der)
Fischreiher im Neckartal zu verhüten. Die Fisch-,
reiher haben sich aber so schnell vermehrt, daß in-
den Fischerkreisen des Neckartales und ,hei den)
Fischzüchtern der Kleinfischwasser Klagen über die.s
Plage der Fischreiher herrschen.
:: Meinheim, 5. Nov. Hsute morgen wurden.
Stadtpfarrer Issel und seine Gattin t ot a uf-
gefunden. Die Leich« der Mau Issel las im!
Bett während die Leiche des Stadtpfarrers in ei-,
ner Ecke des Schlafzimmers auf der Erde las.,
Ueber die Todesursache wird erst die gerichtsärzt-
liche Untersuchung Klarheit ergeben. .
Weinheim. 6. Nov. Fabrikant Heinrich Kl eh.
Inhaber der DaMpfteigfabrik Kleb und Henk hier.'
ist im Alter von 58 Jahren gestorben. Der
Verstorbene gehörte seit 10 Jahren dem Bürgeraus-
schuß an und war erster Vorsitzender der Bürger--
Vereinigung.
Karlsruhe. 5. Nov. -Wie die Badische Landsz-j
zeitung ckeldet. hat am 1- November (Allerheili-
gen) Großherzogin Luise «n den Gräbern der
Fliegeropfer und der Krieger Kränze niederlegen
lassen. »!
Kleine KriegsnachrichLen
* Aus dem „freien" Ungarn. Einige Arbeiter
haben mit Zustimmung des Nationalrates die in
der Bester Kadettenschule untergebrachle. früher
vor der Königsburg gestandene, über 406 Doppel-
zentner wiegende Kupferstatuc des Generals
Hentzi. der den Sieg Oesterreichs über Ungarn
im Jahre 1849 versinnbildlichte, vollständig zer-
stört
 
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