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Heidelberger Zeitung (60) — 1918 (Juli bis Dezember)

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Seite 2

Heidelberger Zeitung

Dienstag, den 12. November 1918

Fernsprecher Nr. 82 und 182

Nr. 265

Stcdtrat Trunk in ihre Acmter ein. Die neuen
Minister kielten kurze Ansvracken. in denen sie die
Beamten um ihre pflichttreue Mitarbeit ersuchten.
Em Vertreter der Beamtenschaft antwortete dar-
aus unk» iaats. dis Beamtenschaft «werde ibre -ganze
Kratt einseken soweit das mit ihrer llebsr.zeu.qung
vereinbar sei. Der neue.Uitterrrcktsminister Stock-
inaer wird erst beute. Dienstag, sein Amt an-
treten. Die Soldatenräte stellen lick zur
Ausreckterkaltuna der Ordnung in den Dienst der
Reaisruna. ?.u iknen ist b«mte eins neue Orsan.i-
satiom getreten, die von den Gewerkschaften gebil-
det wuitde. der A r L e i t er r a t. Zu. Ausschreitun-
aon ist es erfrsulickerweiie nickt gekommen.
Uber die Vorgänge
di« lick am Samstag und Sonntag, -wkivielten. wird
noch folgendes bekannt: Die Belebung des Bakn-
l ois wie der Kasernen durch die Vertreter ldes Ar-
beiter- und, Soldatenrats ging nahezu widerstands-
los von statten, nur bei der Grenadierkaserne gab
es kurzen Widerstand, der jedoch raiick überwunden
wurde. Um Mitternacht wurde der komman-
dierende General entwaffnet und ihm die
Fordoruinaen des Arbeiter- und «Soldatonrats vor-
aelcat. die er genehmigte. Nickt gebilligt werden
von der Regierung dis Degradierungen auf offener
Strane und im Vn.lmboi an Soldaten und Osfizie-
rou. denen man die Kokarden «und UKfeMAcke ab-
icknitt. Ebenso war man mit einigen Zemurmass-
nabmen und Haussuchungen bei einzelnen Redak-
teuren nickt einverstanden. Von dcr neuen Regie-
rung wurde ausdrücklich volle Pressfreiheit
zuncisqät. Es mag noch bemerkt werden, das; in den
ersten Nackmittaasstunden des Samstags der Wobl-
snlTrtsausschus; und der Soldatenrat getrennt ar-
beiteten. sioäter aber kick zuiamni.enfa.nden und die
Beratungen u. Beschlüsse gemeinsam fakten. Wäh-
rend diele im kleinen Ratkauss-aal tagten befand
sich in einen, Nebenzimmer Staatsminister v. Bod-
man nrit dem Oberbürgermeister Siegrist, de-
nen die Beschlüsse mitgeteilt wurden, worauf der
EtaatsnrinMrr diele dein Grosskerwa überbrachte.
— Der Straßenverkehr war am Sonntag vor allem
in der KMevstrasse und auf dem Marktvlaü sebr
lebhaft. er ging a-er alati und okne jede Störung
von statten. Die SckutzniannWaft ist völlig von
der Strane verschwunden. Wachmannschaften des
Soldatenrats «kalten die Ordnung, aufrecht. Am
Montag batte die Stadt ikr aewöhnlickss Verkehrs-
bild wieder erlangt
In Mannheim
ist das Ltvatzenbild wieder auf das gewohnte Matz
zurückgekehrt, die roten Abzeichen der Soldaten
und Zivilisten fallen schon nicht mehr auf. Im
Laufe des gestrigen Tages wurde der Arbeiter-
und Soldatenrat straffer organisiert, er besteht
jetzt aus 70 Personen, und zwar je 25 Vertretern
der Mehrheitssoziakisten und Unabhängigen und
Lü Soldaren. Aus «dieser Zahl heraus bildete sich
ein zehnköpfiger Aktionsausschuß,
bestehend aus je 3 Mitglieder der Mehrhoitssozia-
listen. Unabhängigen undSoldaten.' sowie einem
Vertreter der Schutzmannschaft. Von 3 bis halb 9
Uhr tagte dieser Ausschutz gestern, es wurden ver-
schiedene Aufrufe erlassen, in denen zur RUH« und
Ordnung ermahnt und verfügt wird, dass jugend-
liche Personen unter 18 Jahren von abends 6(4
Äs morsens 7 Uhr nicht auf der Strasse sein dür-
fen, dass das Militär den Anordnungen des zum
Mi litärbefehlshaber ernannten Major a. D.
Fritsch! zu folgen hat, und dass Personen, die
sich an fremdem Eigentum oder Lüben vergehen,
mit der Todesstrafe bedroht sind. Das Be-
zirksamt hat sich ebenfalls den neuen Gewalten,
unterstellt. Der behördliche Apparat läuft unge-
stört weiter, er wird nur von dem Arbeiter- und
Soldatenrat überwacht. In den «Fabriken wird
wie bisher gearbeitet, gestreikt wird nirgends. Die
Wrma Venz hat den Achtstundentag beschlossen.
In den Städten Ober- nnd Mittelbadens
sind überall Arbeiter- und Soldaten-
Räte gegründet worden. Leider «gab es in Frei-
burg einen unerfreulichen Zwischenfall. Ein Of-
fizier, Führer einer Patrouille, der die Menge
zum Aussinandersehen aufgefordert hatte, und
schliesslich von seiner Waffe Gebrauch machte,
wurde getötet.

Umsturz in Frankreich?
Bremen, 11. Rov. Der Weserzsitung wird
initgeteilt: Dcx A.- und L.-Rat hat mit der in
seinem Besitz befindlichen Funkenstatisn an der
Nordsee die Meldung empfangen, daß die fran-
zösische Regierung gestürzt und Poin-
care aus Paris gefloh e n sei.
Bases, 11. Dov. Der Schweizerische Pretztslegraph
meldet: Trotz «der eifrigen Massnahmen der fran-
zösischen Regierung, über die Bewegung
im Innern des Landes in den letzten Tagen mög-
lichst wenig bekannt werden zu lassen, lässt
sich die Tatsache nicht länger verschweigen, dass auch
in «Frankreich seit zwei Tagen eins Arbeiter- und
Volksbewegung ausgebrochen ist, die sich ziemlich
rasch entwickelt.
In Paris
fan'dsn grosse Versaw m lungen und llmz ü«g e
statt. Dis soziale Sektion St. Louis hielt eine
grosse Versammlung ab,' in der Marcel Cochin,
Lonquet und May erat gegen die Regierung
aufkvaten. Cochi-n warf Elemenceau vor, er
suche «den Völkerbund'zu vereiteln. In
Paris fanden in der Rue l'Hospitale, Rue le Jourbe
und «auf dem Boulevard l'Hospitale Kundgebungen
statt. Die Bewegung ist überall in Frankreich im
Anschwellen.' In Paris geht das Gerücht von der
Bildung von Solbatenräten an der Front, die mit
den deutschen Soldatenräten in Verbindung getre-
, tM! «seien.
Marcel Cachin fordert Elemenceau auf, alle ver-
hafteten Arbeiterführer, namentlich Laillaur,
freisulaffen. Die Regierung trifft Massnah-
men gegen die Ausschreitungen der Arbeiter.
Die Baseler Meldung enthält wenigstens einiger-
massen positive Mitteilungen. Alles anders aber
ist nock lcdialick unverbürgt. Es lei Lakc-r drin-
gend vor iealicker LeicktaläubiaMt gewarnt!
Der Kaiser in Holland
WTB. Berlin, 18. Nov. Der Arbeiter- und
Soldatenrat teilt mit: In Maastr i ch t find in
Aulsmobilen der frühere Kaiser, die Kaise-
rin und der Kronprinz eingetroffen und er-
warten dort die Entscheidung der holländischen Re-
gierung über ihre Zulassung in Holland.
Amsterdam, 1V. Nov. Aus zuverlässiger Quelle
verlautet, dass die holländische Negierung die In-
ternierung des Kaisers beschlossen habe.
Haag, 11. Nov. Amtlich wird gemeldet: Nach-
dem der Bericht -eimgsgan-gen war, dass der ehema-
lige d eutsch e K'a iser auf holländischem
Gebiet angetangt war, wurde der Kommissar
der Königin in der Provinz Limburg beauf-
tragt, mit dem Gesandten Daude van Troostvyk,
dem Ehef dos Kabinetts des Ministeriums des
Wsüssern und dessen Generalsekretär «sich nach Maast-
richt zu begeben, um wegen der vorläufigen Aufent-
hllltsregslung vorbehaltlich späterer definitiver
Verfügung ErwägiMgen anzustellen.
Holländische Matter melden ferner: Heute früh
7 Mr trafen im« Eysden «auf der Strasse von Wie
Ker 10 -Mutes mit dem kaiserlichen Warmen ein. Dis
Jnßasssn -waren -der Kaiser, der Kronvrinz.
Keneralfeldmarschall v. Hindenburg fliehe da-
gegen unten! Sckrfftlta.). «höhere Offiziere unÄKof-
würdenträasr. Sie verliessen Svaa um 5« Mr mor-
gens und fuhren über Verviers und Battico. Um
8 Übr morgens traf in Eysden der Hoftug mit Ar-
chiven u«nd dem Personal des Grossen Hauptauar-
tiers «ein. Die Autos wurden auf Waggons gela-
den. umd mit der Eisenbahn «setzte der Kaiser sind
sein Gsfolae in «nörbl'cker Ni Klung di e Reffe fort.
Dis b eu ticke Gesandtschaft aab die Er-

kläruna ab. dass sie sich durckaus zur Verfü-
gung der neuen Regierung kalte und dass
ikr Bestreben vor allem darauf gerichtet sein werde,
an der Einheit und Ordnung innerkalb des Deut-
schen Reiches zu arbeiten. Die Eekandtickaft wird
in ikrsm Amte bleiben, io lange nickt bolicke-
wiftffck Unruksn nack rusiiickem Mutter in Deutsch-
lanlb ausbrecken.
Haag, 11. Nov. Aus Eysden wird gemeldet
datz alle deutschen Offiziere, die sich in
Begleitung des früheren deutschen Kaisers in Arn-
heim befinden, interniert werden. Vom Kai-
ser soll nicht verlangt werden, dass er das üb-
lich« Ehrenwort der Internierten gibt. Es
wird stillschweigend angenommen-, dass er über die-
ser moralischen Verpflichtung steht. Es wird jhm
eins ziemliche Bewegungsfreiheit zugebilligt wer-
den.
Hindenburg nicht in Holland
Berlin, 11. Nov. Wie der A.- und S.-Rat mit-
teilt, trifft die «Meldung holländischer Blätter, daß
H i n d enü u r g in Holland eimgetroffen sei. nicht
zu. Auch die Kaiserin soll sich noch in
Deutschland befinden. Sie sei schwer
krank und die Kronprinzessin weile mit ihrer, Kin-
dern bei ihr.
Nuhe in Berlin
Berlin. 11. Nov. Am heutigen Morgen war
das St raß en bild in Berlin nur unwesentlich
verändert. In einer grösseren Anzahl von Wer-
ken ist di e Arbeit wieder ausgenommen.
Di«e Büros arbeiten zum größten Teile wieder und
die Straßen zeigen das gewöhnliche Bild. Di« Au-
tos mit Schutzm-annschaft-en «eilen weiter durch die
Straßen und sind eigentlich das einzige Merkmal
dafür, dass sich eine vKkmtliKe Veränderung voll-
zogen hat. Auch das Schießen das noch während
der Nacht fortdauerts. hat vollständig aufgs-
Hört. Ink Reichstagsgebäude tagt der Arbeitsr-
und Soldatenrat, um an dem Ausbau der neuen
Volksrepublik zu arbeiten.
Auch die R e i chs t a gs f r a kt i one n halten
beute Sitzungen ab. Es tasten die Fortschritt-
liche Bolksp artet und die Konservati-
v-sn, die beide zu der neuen Lage Stellung neh-
men. Auch im Abgeordnetenhaus ist die Fort-
schrittliche Bolkspartsi versammelt. Es wird leb-
haft bedauert, daß anscheinend die neue Regie-
rung jede Mitarbeit bürgerlicher
Kreils ableknt. Ans Kreisen des Arbeiter-
nnd Soldatenrates wftd mitaeterlt. daß man vor
«allen Dingen die Einberufung der Konsti-
tuante betreiben- will. Die Wahlen sollen nach
einem gleichen «allgemeinen und direk-
ten Verhältniswahlrecht erfolgen, und
zwar nach Kreisen und Provinzen.
Die NaiionaMbsralen
haben einen Barteiaussckuß eingesetzt zur Vor-Le-.
rsitung der Wahlen, zum taktischen Zusammen-
gehen mit «der Fortschrittspartei und zum« Entwer-
fen eines Wahlaufrufs. Darin sind von der Frak-
tion die Abgeordneten Stresümann. List, Wollart,
Vöitger. Ri esse r. Held.
Der Bürgerkrieg mutz vermieden
werden
An das Heimatheer!
Berlin, 11. Nov. Der Waffenstillstand steht vor
der Tür, der Frieden wird ihm folgen. Der Augen!-
ülick naht, wo das Blut v er gi etz en ei «nEn de«
hat. Auch in der Heimat wurde trotz «der tief-
greffenden Umwälzungen das Blutvergießen bisher
iäst ganz vermieden. Die Männer der neuen
Negierung erklären^ dass Recht und Ordnung unter
allen Umständen aufrecht erhalten werden müssen.
Daher muss auch das Feldheer und das Heimathcer
mit allen Kräften Mitwirken, nur «dann kann die
ordnungsmässige Zurückführung des Feldheeres und
die Entlassung der Mannschaften stattfinden, nur
dann kann MH die Ernährung von Volk und Heer
wieder gesichert werden. Der Bürgerkrieg muß

vermieden werden. Alls militärischen DienststeAB
haben ihre Dienstgeschäfte unverändert wsitertzuftM
ren. Die Bildung von Soldateurätcn und dis
teiligung «dieser Soldatenräte an der Abckicklu'nW
des Dienstes ist bei allen Formationen durchSufüÄ
ren. Ihrs Hauptaufgabe ist, bei der Einrichtung
des Ordnungs- und Sicherheitsdienstes mitzuwik-
kcn und das engste Einvernehmen zu den Mann-
schaften und deren Führern herzustellen. Von dek
Waffe gegen Angehörige des eigenen Volkes ist
nur in der Notwehr oder bei gemeinen« V« r^
brechest und zur Verhinderung vost
Plünderungen Gebrauch zu machen.
Ebert, Reichskanzler, Scheuch, Kriegsminister.
Goehre, Mitglied des Reichstags.
Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung"
Berlin. 11. Nov. Die von dem linken Flügel
der Unabhängigen in Beschlag genommene ..Nord-
deutsche Allgemeine Zeitung", die während der
letzten Tage als international erschienen ist. wird
von beute, ab wieder als Organ der gesam-
ten Regierung erscheinen und soll wieder den
Titel ..Navddeutscke Allgemein Zeitung" führen.
Der ..Berliner L o k a l a n ze i a er" schreibt
in eigener Sacke: Samstaa nackmittaa erschienen
Vertreter der Srartakus-Grurwe in Begleitung
von Soldaten in unseren Geschäfts- und Arbeit«--
räumen und nahmen unter Drobuna mit Gewalt
bei etwaigem Widerstand Besitz von unserem Haus-
Das Personal wurde genötigt, das Blatt unter
Kem Namen ..Die roteFabne" zu drucken.
Nachdem nunmehr die neue Regierung, die insbe-
sondere den unbedingten Sckutz des Arivateiü-en-
tiims gewährleistet, die Wiederherstellung der Ord-
nung in dis Weae geleitet Kat. sind wir «sofort vor-
stellig asworLen auck in unserem Haus« für die
WiebeöbeMellung der in allen Zivilisiertem Ländern
geltenden Rechtsordnung zu loraen. Di Regierung
Kat uns ihren Sckutz zuaelaat und inwlaedessin sind
wir ick der La«e. unser Blatt wieder unter
dem alten Titel erscheinen zu lassen.
Nack der Umgestaltung der Regierung sind auck
im Wolff-Bureau die enRvreckenden Perst-
nalberänderunasn voraenommen worden. Mit der
Leitung fft vom Arbeiter- und Soldatenrat M-
Herz cm Stelle des aussckeidsndea Carle betraut
worden. Verantwortlich.zeicknet -der Sozialdemo-
krat Rossmann.
Bildung eines Studentenrates
Berlin, 11. Nov. Die Berliner Universität ist
geschlossen. Es hat sich ein Studentenrat
gebildet, der im Reichstagsgebäude tagt.
Aufruf au alle Eisenbahner
Berlin. 11. Nov. „Die Beamten der vreussil ck-
hessiicken Staats- und Reickseisen-
üabn der allgemeine E-isonbaknevver«baNd. dc»
Zentralverban-d deut ick er Effsnbakmer Elberfeld,
das Reickskartel l «der Staatsanacistellten. d^
Elberfslder Verband vreussish-beffischer Lokomotive
ftikrer srlasien folgenden Aufruf: i
Air alle Eisenbahner, Beamte und Arbeiter! Zur
Sicherung der Dolksernährung ist es notwendig, daß
der Eisenbahnverkehr in dem bisherigen Umfang
aufrecht erhalten bleibt., «Wir richten des-«
halb in dieser ernsten Sch icksalsstunde Deutschlands,
die dringende Mahnung an alle Beamten und Ar-
beiter des Eisenbahnbetriebes: Haltet Ruhr
und Ordnung im Betriebs, tut Eure
Pslicht als Eisenbahner. In, diesem Sinn«
macht Euren ganzen Einfluss «geltend, damit diM
Mahnung restlos zur Durchführung ü^
langt.
Gleichzeitig fühlen sich die oben genannten Or^
ganisationen verpflichtet, das dringende Ersuche"
an die Verwaltungen su richten, die Leistungsfä-
higkeit des Personals dadurch zu «erhalten und L"
fördern, daß sofort geeignete Schritte zur Behe-
bung der wirtschaftlichen Notlage dÄ
Eisenbabnangestellten getan werden. Zur Ver-

Es ist keine List über Frauenlist. ^9
Jesus
plaLansnaAES Nr.I4
Roman von vr. P. Meißner.
^meritzonisckes Lopyrixkt 1916 kkok. kutr, 8tuttgort
Nachdruck verboten — Alle Rechte Vorbehalten.
R (34. Fortsetzung.)
„Darf ich mal etwas sagen, Fräulein Lilly?
«Sehen Sie, die Möglichkeit, dass Sie Ralf in ab-
sehbarer Zeit sprechen können, ist ausgeschlossen.
Ich kenne zu genau die Gepflogenheit der Unter-
suchungsbehörde. zumal bei «einem solchen Verdacht
Ihre «einzige Pflicht bleibt, sich gesund zu erhalten,
das «sind «Sie Ihrem Verlobten «schuldig. Sie kön-
nen hier nichts nützen. Sie können aber viel nützen
wenn Die später bei der Verhandlung rrisK und
munter sind, dann sind Sie dem armen Angeklag-
ten eine wirkliche Stütze. «Seien «Sie brav, und
folgen Sie mir-".
„Lilly tu. was dlr Doktor für gut hält! Der
weiß doch am besten, was das Richtige N. Es ist
ja leider nun mal so, dass diese Männer immer
mehr verstehen, wie wir «armen Weibsbilder".
Delbsi- Lilly konnte sich «hei diesen halb verzwei-
felt gesprochenen Worten Irmas eines leisen Lä-
chelns nicht erwehren. Sie fühlte wobl. daß Helm-
stedt recht hatte. Was sollte sie hier? Den ganzen
Tas brüten und traurigen Gedanken nachhänsen,
damit nützte sie ja niemanden. Und sie merkte
wohl, dass ihre an sich «nicht gerade kräftige Ge-
sundheit dieiss Leben in «ewiger Erinnerung an das
Entsetzliche nicht aushalten würde.
, „Wenn Sie es für gut halten. Herr Doktor?"
„Nun sehen Sie wohl, das ist brav, Fräulein
Lilly, So weit wären- wir. Nun käme es mir
-noch auf die Frage an, wohin?"
„Irma, was meinst du«, wenn wir nach dem
Harz gingen, wo wir voriges Jahr waren, nach
den, Torfhause Le', Harzburg?"
„Famos, Mutring, ganz famos, da sind herr-
cke Spaziergänge, man sieht den Brocken, vor sich

oder besser gesagt, man sieht ihn meistens nicht.
Ach du, Lilly. — und das Frühstück beim Hegemei-
ster. kuhwarme Milch, frische Butter mit Lchwarz-

„Jrma, Irma, sei dock nicht so materiell! Als
ob es «darauf ankäme".
„Natürlich kommt es darauf nicht an. gnädige
Frau «Mutter, aber schön ist so ne Butterstulle

doch".
Alle lachten und Helmstedt blickte mit unver-
hohlener Freude auf das lustige Geschöpf, das so
natürlich sprach, an dem so sar nichts Gekünsteltes

und Gezwungenes war.
„Also — abgemacht — wir gehen aus ein paar
Wochen aufs Torfhaus".
„Wann können Sie reisen, gnädige Frau?"
„Ja, wann meinst du, Irma? Heute ist Don-
nerstag. Wie ist es denn mit der Wäsche? — Ich
Lenke, am Sonntag morgen ginge es wohl".
„Ausgezeichnet, gnädige Frau, wollen Sie mir
die F-rcUde machen, mir zu gestatten, dass ich alle
nötigen Vorbereitungen treffe, Quartier bestelle,
Billetts besorge und so weiter? Das ist ja mein
Metier lange Jahre gewesen".
„Sehr freundlich. Herr Doktor, aber Ihre kost-
bare Zeit! Das können doch auch die Mädchen
machen".
„Bitte, nein, das möchte ick so gern tun".
„Gut. Herr Doktor, dann werden wir alles
packen und Sie kommen vielleicht ,am Samstag zu
uns zu Tisch?"
„Ach ja. Herr Doktor, bitte!"
Irma errötete, als sie das «gefast hatte. Sie
merkte an einen! verwunderten Blick der Mutter,

„Du, Irma, die sonst zu keinem Briefe zu be-
wegen ist?"
Die Mutter konnte ein Lackeln nicht unter-
drücken.
„Erlaube mal. Mutter, Las ist dock jetzt etwas
ganz anderes. Soll vielleicht Lilly, die sich erholen
soll, auf die Berichte von Herrn Doktor Helm-
stedt antworten? Nein, das wirk ganz geschäft-
lich und ordnungsgemäß gemacht. Ihr sagt mir
alle eure Wünsche und Gedanken, und ich gebe
diese dann an unseren Berliner Vertreter weiter."
Sie «lachte hell auf vor Vergnügen, und ihre
Lustigkeit «bannte das Gedrückte und Ernste, das
zu Besinn des Gespräches über allen gelegen
hatte.
„Ja, meine Damen. Sie wollen jetzt essen, und
ich muh auch zu Tisch. Also gestatten Sie mir,
gnädige« Frau, dass ich mich verabschiede!"
„Essen Sie doch mit uns. ganz einfach, es ist
genug da".
Gern hätte Helmstedt Ja gesagt, er fühlte sich
so wohl in diesem traulichen Heim, und dis Nähe
Irmas tat ihm so gut, aber er konnte nicht. Eine
Menge wichtiger Dinge musste geschehen, und jeder
Auffchub konnte verhängnisvoll sein. Auch hatte
ihn doch der Justizrcft anrufen wollen, nein, so
gern er geblieben wäre, er musste nach Hause.
„Cs geht leider nicht, vielen Dank! Was glau-
ben Sie, würde meine brave Frau Waitz sagen,
wenn ich nicht käme? Nein, ganz ausgeschlossen,
dazu habe ich gar nicht den Mut".
„Aber Herr Doktor".
„Leben Sie wohl, ich spreche morsen vor".
-k ff s

daß sie das wohl hätte nicht tiun dürfen. Helm-
stedt «hatte wohl gemerkt, dass dieses reizende Ge-
schöpf mehr gesagt hatte, als sie sollte, aber er
freut« sich darüber. Sie hatte sick ihm ein Mnz
klein wenig verraten und das tat ihm gut. Es
überkam ihn ein eigentümliches Gefühl inneren
Glückes. Warum, war ihm wohl nickt ganz klar,
er fühlte es ohne volles Bewusstsein.
„Selbstverständlich müssen wir während Ihres
SlufentkaltSs jn ständiger Verbindung bleiben,
und ich werde Ihnen wöchentlich zweinrak genaue
Berichts schicken".
„Die Korrespondenz übernehme ich!" rief Irma
mit überzeugtem Tons

„Das Essen wartet seit zwanzig Minuten, Herr
Doktor, hatten auf zwei Mr befohlen".
„Schon gut, Frau Waitz, es schadet nichts, es
wird schon noch schmecken".
Sichtlich verstimmt verließ die treue Seele das
Zimmer. Sie fand es entsetzlich, wenn ihr Herr
nicht pünktlich Leim Essen war. Sonst so n ordent-
licher Mann, so proper und akkurat, aber das
Essen! Daran waren nur die Verbrechen schuld.
Wenn er das nur ließe! Wie es einein Menschen
Freude machen konnte, sick immer wieder mit sol-
chem Gesindel herumzuschlaasn. Sie verstand
das nicht,
sFortsetzun siolat.)

Theater und Musik
Mannheimer Hof-Theater
„Don Carlos".
Vom Intendanten selbst inszeniert uO
da sind wir noch jedesmal «mit dankbarer und w-
hobener Stimmung aus dem Theater gegangen
und von Ludwig Sievert mit stilvollen Vny^
nenbildern bedacht, gelangte zu Schillers Geburts-
tag das reifste Jugenddrama des Dichters L<r
AusMrung. Freiheit und Menschenbeglückung
lautet die Sehnsucht des Helden und seines orM-
freudigen Freundes Posa. Das Echo, das diezo
Ideen zur gegenwärtigen Zeit heim ganzen Publi-
kum finden wußten, war überwältigend. Aller-
dings war auch die Aufführung danach. Schiller
als Prophet voll zur Geltung zu bringen.
Robert Garrison war ein überraschend sk-
ter König, «der unbarmherzige Despot der
schichte, rührend in ihrem harten Los die König'"
der Emmy Pregier aus München. Fritz O d e -
mars Don Carlos stellte sich den übrigen kAW
jchen Rollen des Künstlers würdig zur Seite, AM
Wenzel Hoffmann, etwas zu hastig, wie immer-
konnte mit seinem Posa zufrieden sein. Hans Go-
de k s Herzog Alba verträgt noch einige.grausame
Züge mehr,' desgleichen Fritz Albertis Gross-
inquisitor. Mär Grünberg hat mich noch M
enttäuscht, also auch sein Domingo nicht. Alic«
Lis?o hätte eine noch bessere Eboli sein könnem
wenn sie mit ihrer Stimme sparsamer umgegangen
wäre. Karl Neumann - Hoditz und Ee>M
Köhler seien in kleineren Rollen lobend or-
wähnt. ... .u-H
Im Rosengarten spielte an drei Abcndck
das Tegernseer Bauerntheater. -"H
Vorstellungen zogen nicht recht, und der erst»
Abend war für niemand ein Gewinn. Die beide-!
anderen Male gings, dank der besseren« ss-usA
ganz flott und sauber her. Dis Truppe verfug
«auch über ansprechende musikalische Kräfte. Gle'U
wohl scheint das Unternehmen in den letzten «s»^
gen zu lieo-n m»oiUescat! . <
Alfred Macker«^

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