Heidelberger Familienblätter.
Belletriſtiſche Beilage zur Heidelberger Zeitung.
M54.
Samſtag, den 8. Juli
1876.
Das neue Botel „Frankfurter Bof“
in Frankfurt a. M.
In dem neuen, durch wahre Prachtbauten ausgezeich-
neten Stadttheile, zunächſt den Weſtbahnhöfen, mit der
Front nach drei Straßen: der Kaiſer⸗, Friedens⸗ und
Bethmannſtraße, liegt das durch eine Actiengeſellſchaft
erbaute neue große Hotel. Der nach den Plänen der
Herren Architecten Mylius und Bluntſchli ganz in grauem
Sandſtein aufgeführte Neubau, welcher in ſeinem Aeußern
ſeit Kurzem vollendet iſt, zeichnet ſich ſowohl durch das
Ebenmaß der architectoniſchen Verhältniſſe als auch Schön-
heit der Formen in der äußeren Ausſtattung, durch zahl-
reiche Balkons, Gallerien und großartigen Arkadenbau
äußerſt vortheilhaft aus. Letzterer verbindet die beiden
nach dem Kaiſerplatz führenden Fluͤgel des Hauptgebäudes.
Nach dem Kaiſerplatz zu iſt es eine doppelte Säulenreihe,
welche eine breite offene Gallerie trägt und zwiſchen denen
in Stein gehauen die Wappen von Berlin, Wien, Paris,
London, St. egrobere und Rom ſich befinden. Im
Innern der längs des Hauſes fortlaufenden Arkaden be-
finden ſich Verkaufshallen, wovon die erſte links am
Eingange ſchon jetzt als Fremden⸗Auskunfts-Bureau des
äußerſi thätigen Frankfurter Vereins zur Hebung und
Förderung des öffentlichen Verkehrslebens geöffnet iſt und
von Fremden fleißig benutzt wird. Der zwiſchen dieſen
liegende freie Raum bildet ein von Herrn Siesmayer
angelegtes reizendes Blumenparterre.
Ein geſchmackvoll decorirtes Veſtibul verbindet die
Arkaden mit der großen, im pompejaniſchen Styl, pracht-
voll gemalt, mit Gold und Stukkatur reich verzierten
Treppenhalle, deren Fußboden, der übrigen Decoration
entſprechend, eine reizende Malerei in Moſaik darſtellt,
zu welcher links durch ein großes Säulenportal der
eigentliche Verkehr (von der Bethmannſtraße) der ankom-
menden und abreiſenden Gäſte führt. Die 4,20 Meter
breite Treppe bringt uns direkt vor das mit Säulen
und Figuren überraſchend ſchön geſchmückte Portal des
großen Speiſeſaals, welcher ſo groß iſt, daß 300 Per-
ſonen bequem Table d'höte ſpeiſen können; mit dieſem
verbunden iſt der Wintergarten und 2 kleine Säle fuͤr
Diners à part, Garderobe und Toilettezimmer. Die
decorative Ausſtattung dieſer Räͤume iſt wahrhaft fürſt-
lich und macht den ausführenden Künſtlern Gebr. Schön-
brunner aus Wien (Malerei), Herr Born von der Firma
Holzmann u. Comp. hier (Stukkaturarbeiten), alle Ehre,
ebenſo zeichnen ſich die Gaslüſtres aus der Fabrik von
Ridinger in Augsburg durch ihre graziöſen leichten For-
men ſowie nuancirte Vergoldung ſehr vortheilhaft aus.
Von dem Speiſeſaal ab führen zwei 3 Meter breite
ſteinerne Treppen auf beiden Seiten des Hauſes bis in
den 4. Stock. Die Corridors ſind hoch, hell, 2,50 bis
3 Meter breit, im Winter, ebenſo das große Treppen-
haus durch Dampf erwärmt. Logirzimmer zählt das
Etabliſſement 250 mit 350 der vorzüglichſten Betten.
In jeder Etage befinden ſich 2 Säle, 2 Badezimmer mit
kalten und warmen Douchen und ſonſtigem Comfort,
electriſche Schellen und Telegraphen durch's ganze Haus
in Winterthur.
und aus jedem Zimmer, von der renommirten Fabrik
von Hipp in Neufchatel. Sämmtliche Räume dieſes
großen weitläufigen Hauſes werden durch Dampf und
Waſſer geheizt. In jedem Zimmer ſteht ein eiſerner
runder Cylinder, in welchem das darin befindliche Waſſer
durch Dampf erhitzt wird und in kurzer Zeit den betr.
Raum erwärmt, wobei beſonders erwähnenswerth, daß
jeder Raum für ſich geheizt werden kann, indem Zu-
und Abgang des Dampfes durch Krahnen leicht ermög-
licht wird. ö
Die Ausführung dieſer ganzen Einrichtung iſt von
der berühuten Maſchinenfabrik der Herren Gebr. Sulzer
Auf den Gängen aller Stockwerke be-
finden ſich mehrere Hydranten mit Schlauch und Spritzen,
zum ſofortigen Gebrauch bei Feuersgefahr eingerichtet.
Ein durch Waſſerdruck in Betrieb geſetzter Perſonen-
zug, welcher in Form und Einrichtung einem elegant
ausgeſtatteten Eiſenbahncoupee 1. Claſſe gleicht, bringt
die Bewohner des Hotels nach Belieben und vollſtändig
ſicher in die verſchiedenen Etagen. Auf dieſelbe Weiſe
werden daneben die Gepäckſtücke der Reiſenden in die
betr. Stockwerke befördert.
Sämmtliche Zimmer ſind mit Teppichen belegt und
je nach den progreſſio feſtgeſetzten Normalpreiſen von
Mark 2,50 aufſteigend mit dem entſprechenden Comfort
möblirt. Im Parterre mit Eingang von der Treppen-
halle befindet ſich rechts der Rauchſalon in brann antiquer
Holzverkleidung, und links der große Converſationsſaal,
weiß mit reicher Goldverzierung im reinſten Rococoſtyl
mit Kamin in weißem Marmor — prachtvolle Bild-
hauerarbeit — daneben der Leſeſalon in Eichenholz.
Dieſem gegenüber die Bureaux des Hotels. Neben die-
ſen, mit der Ausſicht nach der Bethmannſtraße, iſt dann
auch den Einheimiſchen oder Paſſanten, welche nicht die
Räume des Hotels beſuchen wollen, ein großer hoher
Saal als Reſtauration zur Verfügung geſtellt, wohin
Küche und Keller des Hotels ihre gaſtronomiſchen Er-
zeugniſſe ebenſo gut wie in die Prunkgemäͤcher der erſten
Etage liefern werden.
Hier ſei noch erwähnt, daß ſämmtliche Fußböden der
Gänge und Hallen in Moſaik durch die Herren Odarico
den iupen in wunderbarer Schönheit ausgeführt wor-
en ſind.
Wenn wir nun alle die Einrichtungen für den Ge-
nuß geſehen, dann bleibt uns nur noch ein Gang zur
Stätte des Triebwerkes, zu dem großen Maſchinenhaus
und deſſen mächtigen Dampfkeſſeln. Daſſelbe liegt ganz
getrennt vom Hauptgebäude, führt aber ſeine Dampf-
röhren bis unter das Dach deſſelben und heizt alle Säle‚
Zimmer, Gänge und zuletzt die großen Küchen, welche
ſich in einem Gewölbebau von 23 Fuß Höhe unter dem
Speiſeſaal befinden. Die große Speiſeküche, deren Fuß-
boden ebenfalls in Moſaik, enthält u. A. einen Herd von
5,50 Meter Länge und 1,65 Meter Breite, verſchiedene
Anrichten, daneben die große Kaffeeküche mit den mäch-
tigen Dampfkochtöpfen, ringsum die vielen Vorraths-
räume, die Speiſenaufzüge, die Spülſäle, das Bureau
der Küchendirection mit telegrapiſcher Leitung, und end-
Belletriſtiſche Beilage zur Heidelberger Zeitung.
M54.
Samſtag, den 8. Juli
1876.
Das neue Botel „Frankfurter Bof“
in Frankfurt a. M.
In dem neuen, durch wahre Prachtbauten ausgezeich-
neten Stadttheile, zunächſt den Weſtbahnhöfen, mit der
Front nach drei Straßen: der Kaiſer⸗, Friedens⸗ und
Bethmannſtraße, liegt das durch eine Actiengeſellſchaft
erbaute neue große Hotel. Der nach den Plänen der
Herren Architecten Mylius und Bluntſchli ganz in grauem
Sandſtein aufgeführte Neubau, welcher in ſeinem Aeußern
ſeit Kurzem vollendet iſt, zeichnet ſich ſowohl durch das
Ebenmaß der architectoniſchen Verhältniſſe als auch Schön-
heit der Formen in der äußeren Ausſtattung, durch zahl-
reiche Balkons, Gallerien und großartigen Arkadenbau
äußerſt vortheilhaft aus. Letzterer verbindet die beiden
nach dem Kaiſerplatz führenden Fluͤgel des Hauptgebäudes.
Nach dem Kaiſerplatz zu iſt es eine doppelte Säulenreihe,
welche eine breite offene Gallerie trägt und zwiſchen denen
in Stein gehauen die Wappen von Berlin, Wien, Paris,
London, St. egrobere und Rom ſich befinden. Im
Innern der längs des Hauſes fortlaufenden Arkaden be-
finden ſich Verkaufshallen, wovon die erſte links am
Eingange ſchon jetzt als Fremden⸗Auskunfts-Bureau des
äußerſi thätigen Frankfurter Vereins zur Hebung und
Förderung des öffentlichen Verkehrslebens geöffnet iſt und
von Fremden fleißig benutzt wird. Der zwiſchen dieſen
liegende freie Raum bildet ein von Herrn Siesmayer
angelegtes reizendes Blumenparterre.
Ein geſchmackvoll decorirtes Veſtibul verbindet die
Arkaden mit der großen, im pompejaniſchen Styl, pracht-
voll gemalt, mit Gold und Stukkatur reich verzierten
Treppenhalle, deren Fußboden, der übrigen Decoration
entſprechend, eine reizende Malerei in Moſaik darſtellt,
zu welcher links durch ein großes Säulenportal der
eigentliche Verkehr (von der Bethmannſtraße) der ankom-
menden und abreiſenden Gäſte führt. Die 4,20 Meter
breite Treppe bringt uns direkt vor das mit Säulen
und Figuren überraſchend ſchön geſchmückte Portal des
großen Speiſeſaals, welcher ſo groß iſt, daß 300 Per-
ſonen bequem Table d'höte ſpeiſen können; mit dieſem
verbunden iſt der Wintergarten und 2 kleine Säle fuͤr
Diners à part, Garderobe und Toilettezimmer. Die
decorative Ausſtattung dieſer Räͤume iſt wahrhaft fürſt-
lich und macht den ausführenden Künſtlern Gebr. Schön-
brunner aus Wien (Malerei), Herr Born von der Firma
Holzmann u. Comp. hier (Stukkaturarbeiten), alle Ehre,
ebenſo zeichnen ſich die Gaslüſtres aus der Fabrik von
Ridinger in Augsburg durch ihre graziöſen leichten For-
men ſowie nuancirte Vergoldung ſehr vortheilhaft aus.
Von dem Speiſeſaal ab führen zwei 3 Meter breite
ſteinerne Treppen auf beiden Seiten des Hauſes bis in
den 4. Stock. Die Corridors ſind hoch, hell, 2,50 bis
3 Meter breit, im Winter, ebenſo das große Treppen-
haus durch Dampf erwärmt. Logirzimmer zählt das
Etabliſſement 250 mit 350 der vorzüglichſten Betten.
In jeder Etage befinden ſich 2 Säle, 2 Badezimmer mit
kalten und warmen Douchen und ſonſtigem Comfort,
electriſche Schellen und Telegraphen durch's ganze Haus
in Winterthur.
und aus jedem Zimmer, von der renommirten Fabrik
von Hipp in Neufchatel. Sämmtliche Räume dieſes
großen weitläufigen Hauſes werden durch Dampf und
Waſſer geheizt. In jedem Zimmer ſteht ein eiſerner
runder Cylinder, in welchem das darin befindliche Waſſer
durch Dampf erhitzt wird und in kurzer Zeit den betr.
Raum erwärmt, wobei beſonders erwähnenswerth, daß
jeder Raum für ſich geheizt werden kann, indem Zu-
und Abgang des Dampfes durch Krahnen leicht ermög-
licht wird. ö
Die Ausführung dieſer ganzen Einrichtung iſt von
der berühuten Maſchinenfabrik der Herren Gebr. Sulzer
Auf den Gängen aller Stockwerke be-
finden ſich mehrere Hydranten mit Schlauch und Spritzen,
zum ſofortigen Gebrauch bei Feuersgefahr eingerichtet.
Ein durch Waſſerdruck in Betrieb geſetzter Perſonen-
zug, welcher in Form und Einrichtung einem elegant
ausgeſtatteten Eiſenbahncoupee 1. Claſſe gleicht, bringt
die Bewohner des Hotels nach Belieben und vollſtändig
ſicher in die verſchiedenen Etagen. Auf dieſelbe Weiſe
werden daneben die Gepäckſtücke der Reiſenden in die
betr. Stockwerke befördert.
Sämmtliche Zimmer ſind mit Teppichen belegt und
je nach den progreſſio feſtgeſetzten Normalpreiſen von
Mark 2,50 aufſteigend mit dem entſprechenden Comfort
möblirt. Im Parterre mit Eingang von der Treppen-
halle befindet ſich rechts der Rauchſalon in brann antiquer
Holzverkleidung, und links der große Converſationsſaal,
weiß mit reicher Goldverzierung im reinſten Rococoſtyl
mit Kamin in weißem Marmor — prachtvolle Bild-
hauerarbeit — daneben der Leſeſalon in Eichenholz.
Dieſem gegenüber die Bureaux des Hotels. Neben die-
ſen, mit der Ausſicht nach der Bethmannſtraße, iſt dann
auch den Einheimiſchen oder Paſſanten, welche nicht die
Räume des Hotels beſuchen wollen, ein großer hoher
Saal als Reſtauration zur Verfügung geſtellt, wohin
Küche und Keller des Hotels ihre gaſtronomiſchen Er-
zeugniſſe ebenſo gut wie in die Prunkgemäͤcher der erſten
Etage liefern werden.
Hier ſei noch erwähnt, daß ſämmtliche Fußböden der
Gänge und Hallen in Moſaik durch die Herren Odarico
den iupen in wunderbarer Schönheit ausgeführt wor-
en ſind.
Wenn wir nun alle die Einrichtungen für den Ge-
nuß geſehen, dann bleibt uns nur noch ein Gang zur
Stätte des Triebwerkes, zu dem großen Maſchinenhaus
und deſſen mächtigen Dampfkeſſeln. Daſſelbe liegt ganz
getrennt vom Hauptgebäude, führt aber ſeine Dampf-
röhren bis unter das Dach deſſelben und heizt alle Säle‚
Zimmer, Gänge und zuletzt die großen Küchen, welche
ſich in einem Gewölbebau von 23 Fuß Höhe unter dem
Speiſeſaal befinden. Die große Speiſeküche, deren Fuß-
boden ebenfalls in Moſaik, enthält u. A. einen Herd von
5,50 Meter Länge und 1,65 Meter Breite, verſchiedene
Anrichten, daneben die große Kaffeeküche mit den mäch-
tigen Dampfkochtöpfen, ringsum die vielen Vorraths-
räume, die Speiſenaufzüge, die Spülſäle, das Bureau
der Küchendirection mit telegrapiſcher Leitung, und end-