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Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik — 3.1889

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Jandaurek, Heinrich: Technik der Negativ-Retouche
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https://doi.org/10.11588/diglit.44067#0036

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Technik der Negativ-Betouclie.

Technik der Negativ-Reto uclie.1)
Von Heinrich Jandaurek in Teschen.
Vor 25 Jahren gab es noch wenige Negativ-Retoucheure;
äusser den nothwendigsten Punkten und Flecken wurde im
Allgemeinen Nichts weiter im Porträt retouchirt und die
Resultate, die man der Kundschaft ablieferte, waren nicht
selten — zumal Brustbilder — „hässlich anzusehen.“ Sommer-
sprossige und blatternarbige Gesichter sahen fürchterlich aus
und es wurden Beleuchtungsanstrengungen gemacht, um die
bei älteren Personen sich bildenden Gesichtsfalten möglichst
unauffällig aufzunehmen. Man sperrte das Oberlicht stark
ab, liess Vorderlicht in’s Gesicht fallen, man half sich wie
es eben ging, um das günstigste Resultat zu erzielen, doch
auf die heute moderne sogenannte „Bleistift-Retouche“ der
Negative verfiel man noch lange nicht; man versuchte vorerst
mit allerhand Farben, denen man Gummi arabicum beimengte,
die Unschönheiten etwas zu mildern. Der Eine fand die
Tusche, der Andere Graphitpulver (geschabten sogen. Bleistift)
gut, wieder ein Anderer lobte diese oder jene Farbe, was
sich aber ganz egal blieb, wenn sie nur zur entsprechenden
Deckung der zu retouchirenden Stellen geeignet war. Die
Farben wurden thunlichst sauber mittels kleiner Aquarellpinsel
(auf einem sogen. Spiegelpulte) in der Durchsicht aufgetragen
und zwar auf das labkirte Negativ; man versuchte bereits
mit Geschick die Unschönheiten und Mängel artistisch zu be-
seitigen und freute sich über etwaige diesbezügliche Kunst-
fertigkeit und Errungenschaft. Später, als man statt der
Farbe und Pinsel den Graphitstift verwendete, war die Technik
der Negativ-Retouche wieder wesentlich vereinfacht; man
retouchirt heute fast ausschliesslich mit Graphitstiften die
Matrizen und behandelt höchstens solche durchsichtige Stellen
des Negativs mit (gummihaltiger) Tusche, welche nicht ge-
nügend mit Stift gedeckt werden können. Dank dieser Er-
rungenschaft hat es nun der Porträtphotograph bezüglich der
Sommersprossen, Leberflecken, Falten u. s. w. seiner Kunden
heute nicht mehr so schlecht, als vor 25 Jahren: er vermag
neben der Schönheit seiner Werke auch der Eitelkeit seiner
Kunden Rechnung zu tragen, doch leider begeht er in ent-
gegengesetzter Richtung oft Fehler; „er verschönert zu viel“;
die allgemeine Retouche-Misere wird gefördert, anstatt sie zu

*) Vergl. auch die erste Mittheilung des Herrn Autors über den-
selben Gegenstand im 2. Jahrgänge unseres Jahrbuches S. 248.
 
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