Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik — 3.1889

DOI issue:
Original-Beiträge
DOI article:
Jandaurek, Heinrich: Technik der Negativ-Retouche
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.44067#0037

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Technik der Negativ - Retouche.

21

bekämpfen. Dieses ist nicht des Verfassers alleinstehende An-
schauung, die Thatsache wird von Kunstförderern und Capaci-
täten auf artistisch - photographischem Gebiete bestätigt. Alle
Ehre den Leistungen mancher Retoucheure, die mit wahrem
Verständnisse arbeiten, obwohl nicht Alle eine academische
Bildung haben, sie wagen kein Attentat auf die Charak-
teristik des Porträts und gerade das ist ihr Vor-
theil! Verfasser kennt einige academische Maler, die als
Retoucheure mit wenig Erfolg arbeiten; sie verderben that-
sächlich den psychologischen Ausdruck; die Physiognomie
wird verändert, Alles wird in der naturwahren Lichtzeich-
nung umgemodelt, geändert, eine neue Structur der Haut ge-
geben, der Blick wird corrigirt, kurzum, es ist Nichts im
Lichtbilde diesen gelehrten Herren recht, das Resultat aber
ist eine „Porzellanfigur“ und zwar darum, weil des Guten
zu viel gethan wird, und weil sich diese Herren zu viel (auf ihre
Kenntnisse vertrauend) an die Naturwahrheit der Photographie
heranwagen! Sie vergessen ihre wahre Mission, nach welcher
sie nur zum Nachhelfen und theilweisen Verschönern, nicht
aber zum Um arbeiten des Porträts da sind.
Die Negativ-Retouche ist kein Kunstfach, welches den
Besuch einer Acädemie nothwendig macht, wiewohl ent-
sprechende Kenntnisse im Zeichnen hierzu unbedingt
erforderlich sind. Den Jüngern unseres Kunstgewerbes sei
darum der Besuch unserer Fachschulen, die von bewährten
Kräften geleitet werden, wärmstens empfohlen; sie lernen dort
Alles was sich auf Photographie bezieht, folglich auch die
Retouche gründlich.
Für den Laien ist das Erlernen der Negativ-Retouche
aus Büchern nicht zu empfehlen. Die meisten derartigen
Lehrbücher sind „zu schwülstig“ verfasst. Der Laie ver-
zweifelt, wenn er ein solches Buch liest. Anatomie, Physiologie,
Psychologie u. s. w. sind erschöpfend behandelt, von Corpulenz
und Magerkeit, ja sogar von Gemüthsstimmungen ist die Rede.
Der eigentliche Zweck der Negativ-Retouche, sowie deren
Technik jedoch ist spärlich behandelt. Der Laie, der ein
solches Werk vor Augen hält, wird eher abgeschreckt als er-
muntert. Der Photograph braucht wohl nicht zu wissen, wie
der oder jener Gesichtsmuskel heisst, welche Gemüthsstimmungen
ihn in diese oder jene Form zwingen u. s. w. Der Porträt-
maler hingegen, der die Zeichnung und Charakteristik eines
Porträts „selbst herstellen muss,“ bedarf eines gründlicheren
Studiums einschlägiger Wissenschaften und erlernt sie auch
an der Maler-Acädemie, Der Photograph muss sich an seine
 
Annotationen