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Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik — 3.1889

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Jandaurek, Heinrich: Technik der Negativ-Retouche
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https://doi.org/10.11588/diglit.44067#0038

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Technik der Negativ-Retouche.

naturwahre Lichtzeichnung halten; er wünscht dieselbe von
den vorhandenen, individuellen Unsehönheiten zu be-
freien, um sie dem Auge gefälliger zu repräsentiren. Was
zu retouchiren ist muss jeder Retoucheur aus dem Vergleiche
mit der unretouchirten Matrize erkennen. (In jedem besseren
Geschäfte werden ja 2 Aufnahmen auf eine Platte, wenig-
stens in kleineren Formaten gemacht.) Sowie der Maler der
in Folge Vergleichs mit dem Originale corrigirt, so hat auch
der Laie besonders die Vergleichung des retouchirten mit dem
nichtretouchirten Negative vorzunehmen. In manchen Ateliers
ist die Lieferung eines Rohabzuges der unretouchirten Matrize
eingeführt, was die Arbeit dem Retoucheur sehr bestimmt vor-
zeigt; indessen benutzen nicht immer geübte Retoucheure
solche Vorlagen. Der gute Geschmack, die vernünftige Be-
urtheilung sagt dem Retoucheur was zu thun sei. Dieses
Verständniss lässt sich durch kein Lehrbuch eintrichtern
und ebenso wie in anderen Künsten macht auch hier der
practische Unterricht und die Uebung den Meister! Verfasser
dieses, der bereits ein Vierteljahrhundert practischer Photo-
graph — sowie auch als Retoucheur und Colorist (in allen
bekannten Methoden) kein Autodidakt — ist, hofft mit diesen
Zeilen zur richtigen Beurtheilung der Ziele der Negativ-
Retouche beigetragen zu haben. Zum Schlüsse sei noch Fol-
gendes erwähnt:
Die Negativ-Retouche ist den Verhältnissen der Haut-
Structur des Individuums anzupassen. Der Verständige wird
nicht der glatten Structur einer Dame oder eines Kindes ein
grobes Korn anretouchiren ; ebenso umgekehrt nicht aus dem
Antlitze des robusten Mannes eine glatte Porcellanpuppe heraus-
kritzeln. Ob zart gestrichelt oder körnig-porös gearbeitet
werden soll, sieht man ja, wenn man das Negativ vor die
Augen hält. Selbstverständlich hat die Retouche im Negative
peinlich sauber und gleichmässig zu geschehen, damit selbe
womöglich auf den positiven Abzügen die thunlichst geringste
Nachbesserung nöthig hat. Charakteristische Merkmale eines
Gesichtes aber müssen immer strenge gewahrt bleiben, höch-
stens da, wo sie unschön wirken, darf man sie mildern, nie
aber ganz entfernen. Warzen z. B. dürfen (unbeschadet der
Aehnlichkeit) in Photographien meistens beseitigt werden,
während man in grösseren gemalten Porträts ab und zu eine
Warze auch wiedergibt. Es kommt überall auf die richtige
Erkenntniss an' und in der richtigen Erkenntniss liegt das
Gute!

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