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Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik — 3.1889

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Konody, A. M.: Photomechanische Reproduction und Verleger
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https://doi.org/10.11588/diglit.44067#0139

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Photomeehanische Reproduction und Verleger.

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man scharfe, detailreiche Druck cliches; das Bildniss einer
ernst und trotzig blickenden Dame wünscht der geehrte Auf-
traggeber in ein heiteres, lächelndes Antlitz verwandelt, ein-
gleichgültig in die Welt blickendes Auge soll den Ausdruck
inniger Frömmigkeit erhalten, im Vordergründe einer actuellen
Begebenheit ist dem Herrn Redacteur zu wenig Staffage, im
Hintergründe des Seebildes fehlen die Berge, das Knäblein
auf einer Rafael’schen Madonna hat Etwas, was im Interesse
der Keuschheit beseitigt werden muss .... Und all das soll
etwa nicht durch Umzeichnen der Vorlagen, nein, direct durch
die photomechanische Procedur erzielt werden und möglichst
scharf und möglichst schnell und möglichst billig! — —
Das klingt wie Uebertreibung und ist doch aus dem vollen
Verlegerleben gegriffen. In demselben Masse, in dem die
Ansprüche dieser Herren in Bezug auf die Qualität der Repro-
ductionen wachsen, in demselben Masse kürzer werden die
Termine für die Herstellung der Cliches. Ich könnte hierfür
hundert Beispiele anführen. Hier nur Eines für Viele: Der
Herausgeber einer illustrirten Zeitschrift übergibt einer Repro-
ductionsanstalt des Morgens 160, sage einhundertsechzig Photo-
graphien. Damenporträts verschiedener Grösse, Visit-, Cabinet-
und Imperialformat, lichte und dunkle, ganze Figur, Kniestück
und Brustbild, mit und ohne Hintergrund und wünscht allen
Ernstes, dass bis zum Abend desselben Tages aus diesen
160 zusammengewürfelten Photographien auf autotypischem
Wege zwei überaus geschmackvolle Tableaus im beiläufigen
Ausmass von 400 qcm zu je 80 Porträts hergestellt werden
mögen, auf denen die Köpfe in gleicher Grösse, deutlich er-
kennbar, „photographisch ähnlich“ zu erscheinen haben. Nur
mit Mühe ist dem Manne begreiflich zu machen, dass sein
Begehren ein unmögliches sei, er gibt einen Tag zu, aber in
zweimal 24 Stunden müssen die tadellosen Cliches der Druckerei
abgeliefert werden. Dem Maschinenmeister bleiben nur wenige-
Stunden für die Zurichtung, der Druck muss beschleunigt
werden und nun gehen täglich aus der Schnellpresse 6000 bis
7000 Drucke hervor, auf einem Papiere, das zum Theil aus
Holzschliff, zum Theil aus mineralischen Bestandtheilen zu-
sammengesetzt ist und die Zinkcliches gar bald unbrauchbar
macht. Dass Illustrationen, die solcher Art entstanden sind,,
das Publikum nicht sonderlich entzücken und mit der Zeit
eine Voreingenommenheit gegen die Erzeugnisse der Aetzkunst
hervorrufen, versteht sich wohl von selbst.
In Folge der oft unvernünftigen Ansprüche der Herren
Verleger — unvernünftig gerade im Hinblicke auf die mangel-
 
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