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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler etc. - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Vermischte Nachrichten - Kunstliteratur und vervielfältigende Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0172

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Äunst-Litteratur u. vervielfältigende Aunst — <§rklärung

lLS
nehmen ließ, uin sie nach Berlin in die Nationalgalerie bringen
zu lassen. Dies verdienstliche Uilternehinen gab zugleich Beranlassuug
zu der vorliegenden Belöffentlichllng derselben in photographischen
Nachbildungen. Dieselben sind so gut gelungen, als es unter
diesen Umständen eben möglich war. Jedenfalls sind sie ganz
geeignet, uns eine weit genanere Vorstellung von allen acht Bildern
zu verschafsen, als dies durch die davon existierenden Kupferstiche
uud Lithographien mvglicb war, die wohl siimtlich nach den Kar-
tons nnd nicht nach den Bildern angefertigt wurden. Bekaunt-
lich haben dieselben die Geschichte des äghptischen Josephs zum Vor-
wurf und Cornelius, Overbeck, Veit und Schadow zu Berfassern.
Des letzteren zlvei Gemälde sind iiun weitaus die schwächsten,
kommen nber die hölzeniste Nachahmung der dllten nicht hinaus.
?luch Veit ist in seiner Frau des Potiphar noch steif und nininit nur in
den „sieben fetten Jahren" einen aliicklichen Anlaus zu größerem
Leben, obwohl seine um die Mutter spielendeu Kinder immer noch
auffallend wenig dkaturbeachtung und Naivität zeigen. Weit
grandioser ist die Auffässiiug der „mageren Jahre" bei Overbeck,
dessen Verkauf Josephs danu direkt au Pinturichio erinuert, in seiner
liebeuswiirdig ungeschickten Art, die, soust voll echteu Talents, doch
bei den Schuflen von Briidern nicht iiber die einmal eingelernten
gottseligen Gebärden hiuwegkommt, sclbst wenn sie wie hier ihr
eigenes Blut verschachern. — Sieht man auch bei Lverbeck nur
erst einzelne Spuren vvn jener selbständigen Naturbeobachtung,
die doch erst den großen Kiinstler vom Nachbeter uuterscheidet,
so bleibt niau bei deu beiden Bildern des Cornelius um so weniger
in Zweifel, welcher von beiden Klassen es angehöre. Seinen
Brüdern in der Wiedererkennungsszene traul man solche Schurkerei
wvhl zu, sie sind offenbar alle iu uud uni Rom aufgelesen, echt
italienische Spitzbuben, voll GemütShärte, die sich vor dem Joseph
nur ducken, weil er ein grvßer Herr geworden, der sie einstecken
lassen kann, die ihn sonst aber anch jetzt noch lieber als Sklaven
verkaufen würden, wenn sie nur kvnuten. — Das schlechte Ge-
wissen ist mit merkwürdiger Kraft und Größe der Auffassung bei
jedem einzelnen wieder anders ausgesprochen. Sieht man dies
Bild oder den Karton in der Nationalgalerie, so muß man ge-
stehen, daß in Bezug auf Ausdruck und Jndividualisierung
Cornelius diese Koinposition später kaum je mehr erreicht, ge-
schweige denn iiberboten hat. Man begreift daher auch heute
nach siebzig Jahren das Aufsehen gar wohl, welches sie damals
machte, wo sie zur Priifung des Künstlers durch König Ludwig
führte. Es wiirde auch heute nicht geringer sein. Man niuß
das Blatt mit Hoffmaniis einst bemundertem Stich vergleichen,
uni zu ermessen, wie viel mehr es gibt. Das gilt auch von der
Traumdeutung Josephs, wo wir wiederum über den tzlerv erstauuen,
den Cornelius in seine Gestalteu legte. Man siihlt sich da ge-
stiinint, es sast zu bedauern, daß der große Meister niin alsbald
mit dlufträgen so nberhäust ivard, daß er notwendig bald erlahineu
mußte und weitab von der Vollkommenheit geriet, die er hier schon
erreicht hatte. llm so dankbarer muß maii wie gesagt sein, daß
diese beiden Dleisterwerke uns jetzt für immer gesichert sind, deren
Wert man im Lürm des Tages viel zu sehr vergesscn hat. Möchte
sich doch jeder Historienmaler diese Photographien neben denen
der Rafsael'schen Älpostelgcschichte nach den KartonS zu Hamptoii
Cvurt ins Zimnier hängen. Er wird dann nicht nur sehen, daß
sie selbst diese Nachbarschast vertragen, sondern er wird auch an
Kuiist und Größe nnerreichte Vvrbilder haben.
b. 8. Vou Fr. Pechts Deutschen Künstlern ist die
zweite Reihe soeben in einer bis zur Gegenwart ergänzteu Auflage er-
schienen. iNördlingeu, Beck'sche Buchhdlg. brosch. 5'/- M-, geb.
6^/z M.) Dieselbe briugt die Biographien von C. Rottmann,
Defregger, W. v. Kanlbach, Lenbach, Rethel, Böcklin, Rauch,
Passini, Genelli, Menzel und Makart. Der llmstand, daß der
Autor als Herausgeber an der Spitze dieses Blattes steht, ver-
bietet unS, an dieser Stelle mehr als diese kurze Anzeige zu geben,
das aber wird Nef. auch hier zu versichern gestattet sein, daß er
Fr. Pechts Darstellungskunst, nämlich jene Gabe, den Einfluß der zeit-
lichen und örtlicheu Verhältnisse auf den Enlmicklungsgang des
Kiinstlers dem Leser klar vvrzustellen, selten so ausrichtig zu be-
wundern Gelegenheit hatte, als in diesen Künstlerbiographien, die
sich als voll ausgereiste Arbeiteu eines überlegenen Geistes dar-
stellen. Jni Gedächtnis der Nachwelt werden sie als „deutscher
Vasari" sortlebcn.
O. Henne am Rhhn: Kulturgeschichte des
deusschen Volkes. Mit vielen Tafeln, Farbendruckeii und
zahlreichen Abbildungen im Text. Bollständig in 5 Lieferungen
L 4 Mark. Gebunden in 2 Prachtbänden M. 25. Berlin, G.
Grotesche Verlagsbuchhandlung 1886. Für ein Geschichtswerk sind
Jllustrationen, wenn wir sie auch als belehrende Zugabe gern ent-
Redigiert unter

gegennehmen, doch nur von nebensächlichem Wert; eine Kultur-
gejchichte, und nicht nur die populär geschriebene, verlangt sie
geradezu. Ju dem angezeigten soeben vollendeten Werke wird
diese Forderung unseres Wissens zum erstenmal ini weitesten
Maße erfiillt. Ter anschaulichen, auf wissenschaftlicher Gruudlage
beruhenden Darstelluug ist durch eiue Fülle trefflich gewühlter
und ebenso ausgeführter Jllustrationen Leben verliehen worden.
Die größeren Blätter, von A. von Heydens mittelmäßig gezeich-
neten Kostiimsiguren abgesehen, und die Jllustrationen ini laufen-
den Text zeigen nur Nachbildungen von dokumentarischem Wert,
denen daher der Charakter von Geschichtsguellen innewohnt. Vom
Jnhalt der Gräbersunde der Steinzeit bis zu den Jllustrationen
zum „Lustgarten" des Herrad vvn Landsperg, Jost dlmmans
Holzschnitten zu Hans Weigelts Trachtenbuch und von Flemings
„Vollkommeneni deutschen Soldat" werden getreue Nachbildungen
gegeben. Seltene, bis jetzt noch nicht reproduzierte Blätter ver-
schiedener Bibliotheken und Kunst-Sammlungen erwecken auch
die Teilnahme des Geschichtsforschers. Das Jnteresse unseres
Volkes ist in den letzten Jahren vorwiegend aus das deutsche
Mittelalter und mehr noch auf die Renaissance geleitet worden;
der langsam wieder aufkeimenden Kultur der Zeiten nach dem
dreißigjährigen Krieg und des beginuenden achtzehnten Jahrhun-
derts wurde nur eine geringe Ilufmerksamkeit zugewandt. dlnders
in dem vorliegenden Werke: mit derselben Ausführlichkeit, derselben
Liebe, welche man der sröhlich sich entwickelnden Kultur des
Mittelalters und der Nenaissance zugewendet hat, werden die Zeiten
der daniederliegenden und mühsam wieder auflebenden Äultur
geschildert. Einen unvergleichlichen Mitarbeiter für die Schilderung
der Knltur des achtzehnten Jahrhnnderts findet der Verfasser in
Daniel Chodowiecki. Kein anderer Abschnitt deutschen Lebens
und deutscher Kultur hat einen so beredteu und geistreichen Sitten-
schilderer. Mit Recht wird im illustrativen Teil eine größere
Anzahl seiner Schöpfungen gegeben. Was für einen mächtigen
Jnterpreten der Verfasser mit dem beginnenden neunzehnten
Jahrhundert in dem nüchtern und scharf beobachtenden Chodo-
wiecki verliert, wird dem Leser recht fühlbar. — Eine Kultur-
geschichte des neuiizehnten Jahrhunderts im neunzehnten Jahr-
hundert schreiben zu wollen, ist ein unmöglicher Versuch. Der
Verfasser hätte besser gethan, sein Werk mit dem Beginn der
französischen Revolution zu beschließen. Was er darnach gibt,
ist Ivertlos. Jm illustrativen Teil hingegeu fallen noch einige
interessante Blätter auf; ich erwähne nur: „Jn Richters Kaffee-
haus in Leipzig um 1800", „Eine Sitzung des Wiener Kongresses",
die „Ludwigs-Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth" (1835), und
die originellen Darstellungen aus dem Studentenleben der Burschen-
schaster zwischen 1820 und 1830. Zu dem allgemeiiiLN Jnteresse,
das das Werk in hohem Maße verdient, wird noch das besondere
der Künstler konimen, denen die Fülle kostüm- und waffenge-
schichtlich bedeutender Abbildungen ein nicht zu verkennendes
Hilfsmittel ihrer Studien bietet. Die Vorzüglichkeit der AuS-
führung und der gennge Preis werdeu das ihrige dazu beitrageu.
-t L. Leutz. Die gotischen Wandgemälde in der Burg-
kapelle zu Zwingenberg. (Karlsruhe, Bieleseld. Pr. M. 1.80.)
Diese Mouographie bietet einen Beitrag mehr zur Kenntnis, wie
groß die Thäligkeit der Moniimentalmalerei bei uns schon im
frühen Mittelalter war, wie denn seit der epochemacheiiden Auf-
deckung der Reichenauer Wandgemälde schon eine ganze Anzahl
weiterer unter der sie überdeckenden Tünche srüberer Zcilen hervor-
gehvlt worden ist.

Krklcrvung
dluj Wunsch des Herrn Max Bernstein konstatieren wir
hiermit, daß im Manuskript seines in letzter Numnier abgedruckteu
Ärtikels der Schluß lautet:
„Bruno Piglhein hat seine große und schöne Aufgabe groß
uud schön gelöst. Er hat es erreicht, daß, wenn diese seine
Schvpfung gewllrdigt werden soll, daS Fenilleton schweigt — weil
davon die Kunstgeschichte reden wird."
Wir haben diese Sätze insolge redaklioneller Erwägungen
gestrichen.
Aedaktion der „Kunll fnr Ulle"

dnbalt des achten ldeftes: Lert:Fr. v. Rcbcr. übcr Biihncnkostiime —
^r.^pccht Goltsricd Rcureuthcr und daS ncue MünchencrAkademicgcbiiude —
<z. Mohr. ?lphorismcri — Georg Voh. Das Berliner Lessing-Dcnkmal —
Bilder — Franz Adam — Kunstnotizen rc. — Mirdcrbeitagen: I.
Zwci Groswäter — K. Osterley jr , Oldcnvand im Nordfjord —
-s?. Sremiradzki, Christus bci Maria*und Martha — F. v. Defregger,

verantwortlichkeit der verlagsanstalt für Riinst und wissenschaft vorm. Fr. Bruckmann (vorftaud: A. Bruckmann)
Bruckmann'sche Buchdruckerei in München
 
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