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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Pecht, Friedrich: Die beiden Münchener Ausstellungen für 1888
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Bley, Fritz: Kloster Loccum
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0255

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Die beiden Münchener Ausstellungen für <888. vom kerausgeber — Aloster Loccum. von Frih Bley <95


Feinde unserer heutigen Kunst, und sie gilt es, zu bekämpfen! Möge uns die nächste Ausstellung mehr von
solchem Kampf sehen lassen, als es ihre Vorgängerin in Berlin that! Denn eine Kunst ohne Jdeale sinkt bald
zum bloßen Handwerk herab, das im besten Fall verzieren statt veredeln will.
Frank Kirchbach hat eben jetzt ein höchst zeitgemäßes Bild gemalt: wie Christus die Verkäufer ans
dcm Tempel treibt — nun, glaubt man, cr würde sie elwa im Tempel der Kunst gelassen haben?

Rloster Lorcurn
Uon Lritz Bley


^TIsn einem lanschigen Waldverstecke des Hannoverlandes
liegt das alte Cistercienserkloster Loccum, welches
demnüchst durch den ihm zu teil werdenden künst-
lerischen Schmuck die Aufmerksamkeit aller kunstliebenden
Kreise auf sich lenken wird. Das Kloster hat eine
seltsame Geschichte. Jn aller Stille zur Lehre Martin
Luthers übergetreten, entging es der Säknlarisierung
nnd entwickelte sich schließlich zu einem protestantischen
Predigerseminar, in dessen klösterlicher Stille sich manche
Zierde von Kanzel und Katheder herangebildet hat, —
es genügt an Pastor Sackmann, den Großmeister
des plattdeutscheu Kanzelhumors, zu erinnern, der auch
einmal ein fröhlich-ernster „Irospes" von Loccnm war.
Dem geistigen Leben der weltabgeschiedenen An-
stalt wird allseitig nachgerühmt, daß der theologischen
und philosophischen Forschung freieste Bahn geöffnet,
wie auch, daß ein gesundes Christentum die jungen
Geistlichen beseele, welches sich fern hält von totem
Orthodoxismus.
Wenu daher ein Ort geeignet war, von der Hand
des bedeutendsten der heutigen positiv-christlschen Maler,
vou Eduard v. Gebhardt, seinen höchsten Schmuck
zu erhalten, so war es gewiß dieses Loccum. Gebhardts
künstlerische Eigenart ist ja aus seinen glühend andachts-
vollen Passionsbildern, in welchen er das Seelenleben
der mittelalterlichen Meister in die Anschauung unserer
Tage zu übersetzen sucht, zur Genüge bekannt. Er
steht im denkbar schärfsten Gegensatze zu den Modernen,
Eduard oon Grbhardk nicht yur ^ jenen, welche die religiösen Stoffe zum
Nach einer phowgraxbie v°n Zrnnz tzanfstängl Vorwande für virtuvse Lappenmalerei nehmen, sondern
auch zu jenen, welche wie Menzel und Munkacsy
mit genialer Schärfe in historisch-objektivem Sinne dem thatsächlichen Vorgange der biblischen Ereigniffe
beizukommen suchen. Jhm ist die Darstellung christlicher Geschichte untrennbar von der Beimischung
germanischer Gemütstiefe; und da er in dem 'ganzen Formengefühl unserer Tage vergeblich nach einem befrie-
digenden Ausdrucke des alten deutschen Sinnes und Wesens sucht, so entschloß er sich mit der seinem tief-
innerlichen Empfinden eigenen Entschiedenheit, da wieder anzuknüpfen, wo die deutsche Kultur und Krmst durch
den vom dreißigjährigen Kriege ihr aufgezwungenen fremden Geist unterbrochen war: bei den alten deutschen
und niederländischen Meistern. Die Memling, Roger von der Weide, van Eyck, Dürer und Holbein sind
nie leidenschaftlicher als von Gebhardt studiert worden und nie hat sich ein Maler tiefer als er in ihr Em-
Pfinden eingelebt. Nächst ihnen hat er freilich auch, insbesondere in den letzten Jahren, die Altitaliener,
namentlich Fiesole in seiner herben Größe, zu seinen Schutzpatronen erkoren. Geist vom Geiste jener alten
Meister aber ist es, der aus den Steinen von Loccum zu dem sinnenden Betrachter spricht. Das
Kloster steht baugeschichtlich in der Epoche des Überganges vom romanischen zum frühgotischen Stile, dessen
edle konstruktive Einfachheit der schlichten Sinnesweise der Cistercienser gar wohl entsprach. Sowohl in der
Klosterkirche mit ihren spitzbogigen Kreuzgewölben und der runden Apsis, als in einigen Wohngebäuden tritt
jener letzte leise Anklang an das Romanische, beziehungsweise der erste Durchbruch der gotischen Anschauung

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