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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Pecht, Friedrich: Unsere Bilder, [25]
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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler etc. - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Vermischte Nachrichten -Kunst-Literatur und vervielfältigende Kunst - Vom Kunstmarkt
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Unsere Rilder — Persoiial- imd Ateliernachrichten

es, die Großartigkeit der Gebirgswelt in so imponierender
Weise zur Erscheinung zu bringen als hier und in un-
serem Gemüte dadurch jenes Gefiihl der Ehrfurcht zu
erzeugen, das man dem Ungeheneren nnd Überwältigenden
gegenüber imnier empfindet. Obwohl Pilotyschüler, hat
Ludwig immer das Streben gehabt, den geheiinnisvollen
Zanber wiederzugeben, den die Hochgebirgswelt auf uns
ausübt und wir verdanken demselben eine Reihe meister-
hafter Leistungen, von denen diese nnstreitig zn den besten
gehört. Es ist dies aber um so verdienstvoller, als der
Meister hier keinerlei klassische Vorbilder hatte, da die Alten
das Hochgebirge fast nie malten, eben der Schwierigkeit
seiner Darstellung halber, wie ihm auch die Neueren
meist aus dem Wege gehen. Für seine Richtung. welche
die Schönheit der Linien mit der Poesie der Stim-
mung zu verbinden sucht, war er daher fast ohne Bor-
gänger.
Wie man es fertig bringen kann, selbst cine an sich
ebenso spannende als ergreifende Szene in ein so kleines Ge-
häcksel von eckigen Einzelnheiten aufzulösen, daß der Blick
durch das nnruhige Gezappel der Linien unaufhörlich ge-
reizt und geguält wird, das zeigt nns des Spaniers
Aranda „Unfall beim Stiergefecht". Wenn es der Beruf
der Kunst ist, uns schon beim ersten Blick auf ihre Werke
nervös zu macheu, so hat der Maler hier diese Anfgabe
meisterlich gelöst. Allerdiugs wollte er uns die atem-
lose Spannnng zeigen, die man empfindet, wenn ein
Unglück vor unseren Augen droht oder wirklich geschieht,
und der Eindrnck dadnrch noch mächtig verstärkt wird,
daß Tausende gleichzeitig mit uns dieselbe Empfindnng
teilen. Das ist dem nüchternen Realisten denn auch
durchaus gelungen, erbaulich ist der Anblick aber trotzdem
ebensowenig, als es der eines Stiergefechtes überhaupt für uns
sein würde, die wir im Gegenteil nur zu sehr daran gewöhnt
sind, die Ochsen siegen zu sehen, während sie doch hier schließ-
lich allemal nnterliegen. Wenn man also dem Talente des
Malers alle Gerechtigkeit widersahren lassen muß, der uns
die Szene mit solch packender Lebendigkeit zu schildern
verstand, so ist man ihm besonders dafür dankbar, daß er
das that, ohne daß man den wahrscheinlich vom wütenden
Stier gerade wohlverdientermaßen bearbeiteten Kümpfer
nur sähe, sondern sich damit begnügte, nur sein Pferd zn
zeigen, das den Reiter verloren. — Weshalb Aranda wie
fast alle Spanier zur Darstellung dieser sich heute gerade
so gnt als vor hundert Jahren ereignenden Szene das
Kostüm der Revolutionszeit gewählt hat, das ist aber
unerfindlich, wenn man cs nicht durch Fortnnys Beispiel
erklären will, der es in die Mode gebracht.
Es ist nur gut, daß die Röcke der Herren und
Damen, die uns Gebler in langer Prozession durch den
Schnee watend vorführt, niemals aus der Mode kommen,
weshalb sie denn auch der Maler mit so großer Meister-
schaft schildern konnte. Leider ist das vorderste Mitglied
dieser interessanten Gesellschaft gerade ins Eis eingebrochen,
worüber die anderen so sehr erschrecken, daß sie, ganz so,
wie es auch dazu besser befähigten zweibeinigen Wesen oft
zu geschehen Pflegt, völlig vergessen, ihm zn Hilfe zu
kommen, das vielmehr dem Hirten überlassen. Das
blöde Staunen und Erschrecken der Vordersten ist denn
auch unübertrefflich wiedergegeben, wie die Neugier der
hinten Nachdrängenden und die Hilflosigkeit des armen
Opfers selber. Aus ihr kann man denn auch die
Moral ziehen, daß man sich vor nichts so sehr zu hüten

habe, als einem Schafe gleichznsehen. Es würe denn, gar
eines zu werden.
Mit welcher Gewandtheit sich Dircktor von Schrau-
dolph in den Stil der dcutschen Spätrenaissance hineinge-
arbeitet hat, sehen wir dann aus den graziösen Fignren zweier
Tageszeiten mit denen er, wenn wir nicht irren, die Stirn-
scite einer Stuttgarter Villa in Fresko geziert hat. Man
kann sich da anch überzengeu, daß der eine zeitlang ruhende
historische Stnrmwind, der die Gewänder aller Damen
der Cornelianischen Schule anfblies, auch jetzt bereits
wieder als Verräter durch die ihrer Enkelinnen flattert.

Personal- und Melirrnachrichkrn
— Bildhauer Richard Grüttner, welcher die ihm über-
tragenen, mühevollen Rcstaurierungsarbeilen an dem HermeS deS
Praxiteles und anderen wertvollen Fundstücken antiksr Skulptur
in Olympia mit bestem Erfolge zu Ende geführt hat, begibt sich,
da seine Mission damit in Griechenland erledigt ist, im Herbst
nach Jtalien.
vm Nachdem vor wenigen Wvchen erst Winfried von
Miller ein BildniS Sr. Kg'i. Hoheit des Prinzregenten für die
Universität Erlangen vollendet hat, ist jetzt Prof. Auaust Holm-
berg bereits mit einem nenen Porträt des hohen Herru be-
schäftigt, welches ihn im Ornat des Hubertusordens darstcllen
nnd den großen Saal des Münchener Rathauses zieren wird.
Ebenso erhielt Rudolf Wimmer eine längereSitzung zn eineiu
großen Porträt bewilligt, welches für den Sitznngssaal der General-
Zolldirektion zu München bestimmt ist.
vm Dem jungen Ehepaare Lenbach hat die Münchener
Künstlergesellschaft „Allotria" zu deren beliebtesten Mitgliedern
der Neuvermählte zählt, einen eben so originell erdachten, wie
prächllg dnrchgeführten Empfang bereitet. Bei dem ersten Be-
suche nämlich, den Lenbach seinem noch ini Entslehen begriffenen
neuen Ateliergebäude mit seiner jnngen Gemahlin abstattete, sand
er alle Werkleute, Maurer, Steinträger nebst Gehilfinnen eifrig bei
der Arbeit, unter den bestäubten und bekalkten Hüten und —
Kopftüchem aber blickten ihm, sröhlich lachend ob des gelungenen
Scherzes, die Gesichter seiner sümmtlichen Vereinskvllegen und
Brüder in arte entgegen. Schnell umgaben diese uun daS Paar
zu einem fröhlichen „Willkommen" und ließen sich die Ülufforderung
des Banherrn gern gefallen, die ülrbeit auf den Ruf „Bierzeit"
zu Gunsten eines äußerst animierten und dauerhaften Feierabends
zu suspeudieren. Verdienen sämtliche Darsteller für die vortreffliche
Durchführung der überiiommenen Rollen uneingeschränktes Lob,
so sei doch noch ganz besonders eines sehr bekannten Humvristen
und eifrigen Mitarbeiters unseres verbreitetsten Witzblattes gedacht,
welcher als Mörtelweib den Typus dieser nützlichen Zunft ganz
klassisch in sich verkörperte.
— Maler Max Prätorius hat seinen künstlerischen
Nachlaß, bestehend iu eüllgen ausgesührten Aquarellen und einer
größeren Sainmlung von Studienblättern, welche er auf seinen
Reisen in Deutschland und Jtalien gesertigt, dem Germanischen
Nationalmiisenm zu Nürnberg verniacht. Ebenso hat der Kupser-
stecher Prof. I. L. Raa b der Stadt Nürnberg eine umsangreiche
Kollektion eigener Kupferstiche und Zeichnungen geschenkt.
st: München. Hermine Schmidt- von Preuschen sendet
zur diesjährigeu Berliner «lkademischen Ausstellung ein größeres
allegorisches Gemälde -kclors imperatorr. Der mit dem Hermelin-
mantel bekleidete Tod stürzt Thronsessel, Szepter und Krone um,
nllt der Nechten das Schwert fassend. Durch die meisterliche
Behandlung des Kolorits gelangt der in dem Titel ausgedrückte
Gedanke voll zum ?lusdruck.
vm Von dem Maler August von Heyden hat die Groß-
herzogliche Gemäldegalerie zu Karlsruhe ein größeres Geschichts-
bild des Künstlers „Die Rettung Wittichs" zuni Gescheuk er-
halten.
** Berlin. Jn der Ruhmeshalle arbeitet Prof. Geselschap
gegenwärtig an dem Karton zu seinem großen Wandgemälde
„Die Ankunst der Helden in Walhall".
— Professor C. G. Hellquist hat für die diesjährige
akademische Ausstellung, ein großes Historienbild vollendet,
welches Johaun Huß' Gang zum Scheiterhaufen zur Darstellung
bringl.
 
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