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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Pecht, Friedrich: Josef Wenglein
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https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0231

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Von Fr. j?echt. l?9

Aus I. Wenglrins Skixzrnbuch.

augenblicklich, daß es eine Hochebene, keine Niederung ist, die der Maler darstellt und meint den kräftigen,
nervenstärkenden Hauch der Gebirgslnft einzuatmen. Am meisten Aufsehen und einen kolossalen Erfolg er-
zielte jedoch der Künstler in späteren Jahren mit einem der Nachbarschaft des Jnnthales entnommenen Hoch-
moorbild, auf dem er mit erhabenem Ernste den Eintritt des Winters im Gebirge darstellte. Während der
Herbstnebel die Vorberge halb verhüllt, hat der erste Schnee schon das eigentliche Hochgebirge hinterm Inn
in sein Leichentuch gehüllt, dessen Silberglanz noch durch den schwarzen Tümpel davor und die roten Heide-
krautfelder, die sich von oben zu ihm herabziehen, mächtig gehoben wird. Man konnte das Absterben der
eben noch mit ihren glühendsten Farben prangenden Natur im Spätherbst nicht erschütternder schildern, es ist
als ob in diesem, von Weißen Bergen überragten schwarzen See das Grab sich vor uns aufthäte, so ge-
geheimnisvoll drohend und unheimlich sieht er uns an — kurz, das Bild ist ein vollendetes Meisterwerk. Der
Künstler hat dies Motiv eines Hochmoors dann noch öfter, so bei unserm aus der Nachbarschaft von Aibling
geholten kleineren Bilde wiederhol! (siehe S- 187). Ebenso hat er das Eintreten des Winters im Gebirg dann
noch einmal mit besonderer Wirkung ans einem großen Jsarbild geschildert, welches zu den weitaus wirksamsten
Landschaften unsrer letzten Ausstellung zählte, wie er denn als großartig machtvoller Stimmungsmaler von
keinem andern in Deutschland überboten worden ist, keiner aber auch das nationale, ja spezifisch allbayerische
Element so eigenartig und zwingend herauszubilden verstand.

Natürlich hat es dem Meister an Auszeichnungen aller Art nicht gefehlt, obwohl seiner schlichten,
bürgerlichen Art nichts ferner liegt, als dergleichen durch künstliche Reklamen zu provozieren. Daß er schon
1883 zum Professor, 1886 zum Ehrenmitglied der Münchener Akademie ernannt ward, ist ohnehin fast selbst-
verständlich. Wichtiger ist jedenfalls, daß der unermüdlich Strebende bis jetzt noch immer Fortschritte gemacht
und keinerlei Zeichen von Ermattung gezeigt hat, wie so viele andre. Natürlich hat er stark auf die Schule
gewirkt und Nachahmer genug gefunden, von denen freilich keiner seinen männlichen Ernst und die packende
Macht der Empfindung bei ihm zu erreichen vermochte.

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