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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Révész, H.: Ausstellungsräume!: Humoreske
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https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0453

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Ausstellungsräume!

Humoreske von L. Revesz.

^H;>ännchen? — Kommst du morgen
„ mit zur Eröffnung?"

— „Nein!" — Auf den süßen Flöten-
ton meiner besseren Hälfte hatte ich wohl-
berechnet mein eisigstes „nein" gesetzt. „Jetzt
wird sie Ruhe geben", dachte ich, aber ich
hatte mich geirrt. Schon fuhren schmeichelnd
ihre schlanken Finger durch meinen Haar-
schmuck: jedes einzelne Stämmchen schnellte
kerzengerade empor, ein leibhafter Protest
gegen derlei Zärtlichkeit — es half nichts!

„Du, hör' mal" — begann sie wieder,
„vielleicht geht's doch, ans ein Stündchen
nur?"

— „Du weißt doch ein- für allemal,

daß ich mich absolut nicht auf die Schlacht-
bank schleppen lasse, daß ich nie zu Eröff-
nungen gehe — — und noch dazu dieses
Dämmerungsexperimcnt Heuer-"

„Aber gerade diesmal ist's doch anders,
dein Bild ist ja schon verkauft, es hat also
gewissermaßen die Feuerprobe schon be-
standen — —"

Einen einzigen Blick schleuderte ich
ihr zu, aber der muß etwas Medusen-
haftcs gehabt haben, denn sie fing an, an
der Lampe herumzuschrauben, zupfte das Tisch-
tuch zurecht und entwich so schrittweise aus
meiner Nähe.

— „Endlich!" — Eine Zentnerlast fiel

von meiner Seele — da — plötzlich, beim
Kleiderschrank angelangt, machte „Sie" eine
halbe Wendung rechts und drehte mir voll
ihr Antlitz zu: „Aber teurer Karl-"

Aufspringen, Hut und Stock ergreifen,
war die Sache eines Augenblicks und —
„Nun, nun, deshalb brauchst du nicht um
3/^10 abends das Haus verlassen —ich kann
ja morgen allein gehen, das heißt wenn die
Einladungskarten —? Gewiß wieder eine
Nachlässigkeit der Post", setzte sie halblaut
hinzu, als ob ihr doch noch einiger Zweifel
geblieben wäre. „Gute Nacht!" Frostig fiel
es von ihren Lippen, dann stand sie noch
einen kurzen Augenblick wie wartend in der
Thüre — schurr! schloß sich endlich etwas
ausdrucksvoller als nötig, die Klinke.

— „Für diesmal ist Ruhe!" zog es

Bildnis, von G- Hakobides. beglückend durch mein Inneres — wie weit

Iahresausstellung »8AZ der Nünstlrrg-noff-nschaft zu München. es eben „beglückend" ziehen kann in einem

Interieur, wo kunterbunt Fetzen von Angst,
Erwartung und geheimer Unzufriedenheit
umherflattern, eingehüllt in den dichten Nebel eines moralischen Katzenjammers erster Sorte. Was thut der Mensch
und Künstler in solcher Lage: Er geht schlafen! Wenn er das nämlich kann. — Ich, meinesteils, wälzte mich
ruhelos auf meinen Kissen hin und her, als wäre mein Schädel ein Seelentränker auf wildwogender See. — Ich
steckte meine Füße weit aus der Decke hervor, ein gutes Mittel, sagt man, um das Blut vom Kopfe abzulenken;

es half insoferue, als ich zu frösteln begann: „brr-— jetzt — Ja, hier zieht's ja zum Mrrischwetden

in diesen Ausstellungsräumen!" Die Diener schleppen ein Bild um's andre herbei und lassen alle Thüren weit
offen! Immer mehr, immer größere kommen an, ich ducke mich rasch hinter einen breiten Goldrahmen, denn mich
 
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