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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 2
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Galland, Georg: Neues vom Künstlerhaufe
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Nr. 2

4- Die Kunst-Halle

Aenderung so lange bestehender, ungünstiger Ver-
hältnisse, zu deren Durchführung es glücklicher weise
im „Verein Berliner Künstler" an Organisations-
talenten nicht fehlt. Außer der feinfühligen Kraft
Ernst Hausmanns haben sich neuerdings z. B —
wenn man den I. Vorsitzenden als künstlerische
Autorität und Geschäftsführer par exoellenotz außer
Wettbewerb stellt — Professor Gruft Henseler und
F. Hoffinann - Fallersleben bei der historischen
Weimar-Ausstellung, der eifrige II. Vorsitzende Mar-
Fritz namentlich durch seine eminent ersprießliche
Berliner Wanderausstellung hervorragend bewährt.
Zur ersten That der Herbstsaison darf die neue
Ausstellungsleitung beglückwünscht werden. Neben
dem künstlerischen Erfolg offenbart sich auch ein
moralischer, oder anders gesagt: die äußere Kunst-
politik erscheint so glücklich wie die innere. Der
eingeweihte Leser wird schon den Erfolg begreifen,
wenn er zunächst nur eine Anzahl Namen dieser
Herbstausstellung des Künstlerhauses kennen lernt.
Da lassen wir auf die alten Berliner Koryphäen
A. von Menzel, Ludwig Knaus, Zos. Scheurenberg,
Paul Meyerheim, Karl Ludwig, Albert Hertel,
Lugen Bracht, renommirte Meister wie Paul Flickel,
Haus Meyer, Ernst Koerner, F. Hoffmann-Fallers-
leben, Max Fritz, Hanns Fechner, Ernst Hausmann,
E. Döpler d. Z., Karl Nöchling, Franz Bombach,
Julius wentscher, K. Müller - Kurzwelly, Ernst
Henseler, G. Günther-Naumburg, Bildhauer G.
Zanensch folgen, denen sich von jüngeren Künstlern
z. B.: B. Genzmer, H. Wilke, Müller-Münster/
v. Freudemann, Wilhelm Feldmann, A. Gesteritz,
Müller-Schönefeld, A. Achtenhagen, Alfred Scherres,
M. Weblus, die Bildhauer Hugo Lederer und
Meyer-pyritz anschließen. Aus Dresden sind wohl
nur Mitglieder der „Sezession" erschienen: der
hochbegabte Richard Müller, Max Pietschmann mit
einem lebensgroßen, gemalten Frauenakt, Georg
Müller-Breslau, Otto Fischer. Karlsruhe hat
Viktor weishaupt, Ludwig Dill, Hans von Volk-
mann, München u. v. A. H. von Heyden, Franz
Hoch, Walther Thor, B. Buttersack, Düsseldorf
Eugen Kampf, H. Liesegang, Andreas Dirks ent-
sendet. Eine frappante Kopfstudie Ed. von Geb-
hardts entgeht keinem aufmerksamen Besucher. Frank-
furt a. M. ist ausschließlich durch Wilhelm Trübner,
Weimar durch Th. Hagen, O. Nasch und Lambrecht
vertreten, vom Ausland kamen, außer dem Hol-
länder N. v. d. waay, die pariser Künstler Zules
Lefbbvre, Pointelin, Le Gout - Gerard, Henri Pille,
L. pelouse, F. L. Fran^ais, Th. Duvent.
Es ist sicherlich nicht Alles unanfechtbare große
Kunst. Einzelnes steht sogar noch unter dem üblichen
Durchschnitt. Aber es sind viele Zeugnisse ernster
künstlerischer Arbeit geboten; und das verdient Her-
vorhebung. Ebenso ist anerkennenswerth, wie die
Sachen durchweg gehängt sind, wie die wände


ruhig, harmonisch wirken durch die geschickte weite
Vertheilung der Bilder uud die Rücksicht auf deren
Gesammtton, wie ferner das Gute des heimischen
jungen Künstlers nicht etwa achtlos bei Seite gehängt
ist, sondern dicht neben das Werk des großen Meisters,
nur weil es hier und nirgends anders aus künstlerisch-
technischen Gründen paßt. Man sehe z. B. wie
prächtig im zweiten grünen Saale die vollsaftig
poetische Landschaft mit den Ziegen von den: jungen
Achtenhagen, das feine Stimmnngsbildchen „Gehöft
bei Danzig" von Alfred Scherres, die Arbeiten der
Münchener Walter Thor (Selbstbildniß) und Hans
von Hayek neben den Gemälden von E. Bracht,
von Volkmann, Buttersack, L. Henseler, Hoffmann-
Fallersleben, Hub. von Heyden und Ludwig Dill
wirken.
Sogenannte Todtenkammern giebts hier nirgends.
Die hintersten Kompartimente, die früher gern ge-
mieden wurden, enthalten sogar bevorzugt schöne
Stücke, zumeist Zeichnungen: mehrere köstliche Menzel-
studien, landschaftlich-figürliche Kreidezeichnungen und
Radirungen von Richard Müller, die theilweise eine
geradezu Holbeinsche Ehrfurcht vor der Natur ver-
rathen, darunter den Karton der „Nonne", des in
Paris mit dem Grand-Prix ausgezeichneten Gemäldes,
ferner ältere feine Stiftstudien von Ed. und Paul
Meyerheim, flotte landschaftliche Federzeichnungen von
K. Hagemeister, reizvolle Aquarelle von B. Genzmer
und Max Fritz u. v. a. Zm Hauptsaale lenken am
meisten eine großzügige Landschaft mit einem Ochsen-
gespann von V. weishaupt, eine farbig leuchtende
Strandszenerie von Z. wentscher, werthvolle Werke
von Th. Hagen, H. Fechner, Pietschmann, w. Trübner,
A. Hertel, V. Freudemann die Aufmerksamkeit auf sich.
Zm vorderen Straßenzimmer bildet ein idealer weib-
licher Profilkopf von vornehm blonden: Farbenton,
eine Arbeit von Meister Lefsbvre, den Mittelpunkt
einer kleinen gewählten französischen Kollektion.
Das Erfreulichste dieser ersten Herbstausstellung
im Künstlerhause ist aber wohl weniger der Um-
stand, daß das Publikum die Bekanntschaft mit einer
Reihe berühmter Namen erneuern kann, als vielmehr
daß es Ernst Hausmann gelang, gute sehenswertste
Bilder von unberühmten, oft zurückgedrängten
Urhebern zu finden. Das war aber nur dadurch
möglich, daß er nicht ruhig abwartete, was ihm
mangelnde Selbstkritik empfahl, sondern daß er nach
eigenem Ermessen in den Ateliers persönlich die Aus-
wahl traf, anstatt sie den Betheiligten zu überlassen....
Hier dürfte vielleicht der weg vorgezeichnet sein, den
eine Jury künftig zu gehen hätte, der es ernst ist:
ohne die Person zu verletzen der Sache zu dienen,
dem Künstler nützlich zu sein.
G. G.
 
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