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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 2
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Imhof, Franz: Berliner Kunstsalons
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Kunstchronik
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26

Die Aunst-Halle -s-—

Nr. 2

figur w. Leibls „der Savoyardenknabe", die bereits ;86H
in Paris entstand.
wie Lenbach einst gemalt hat, sieht man an dein
kleinen nachgedunkelten Kops A. Böcklins ans der Weimarer
Zeit: wie fein, fest, verschmolzen und wie ehrbar im Aus-
druck I Und wie frei bewegt, beinahe pathetisch und modern-
nervös empfunden sind dagegen die Köpfe der Ivette
Guilbert und Marie Barkany. Verehrer der Uhdeschen
Bibelschilderung werden voraussichtlich mit Genugthuung
zwei bildmäßige, helltönige Studien zur „Flucht nach
Aegypten" und zur Tobiaslegende sehen; daß aber selbst
die eingeschworenen Verehrer M. Liebermanns z. B. von
dessen alter Bäuerin am Strande, die „In banger Er-
wartung" über das wie aus Pappe geschnittene Meer
schaut, entzückt sind, läßt sich schwer vorstellen. A. Lcht-
lers Halbstgur der Madonna wirkt durch die Kraft der
leuchtenden Farben und tiefe Beseelung. Auch Leibls
Studienkopf eines Griechen giebt einen kräftigen Farben-
akkord. Die figürlich anspruchsvollste Leinewand hier ist
eine Allegorie von Dagnau-Bouveret „Die Malerei vor der
Batur", nicht übel gemalt, aber gedanklich recht fade.
Zwei Malereien von Thoma und von Klinger sind
der Sommer betitelt. Die Thomasche Landschaft, vorn mit
einen: nackten Reiter, hinten mit einem Mädchenreigen,
vor längerer Zeit von uns hier veröffentlicht, ist von
wahrhaft idealer Farbenschönheit. Klinger gruppirte um
einen fast unmöglich geformten Baum einige anmuthig
bewegte, musizirende Frauengestalten. Des Ersteren feines
blaugetöntes Badeidyll „vor Sorrent" scheint, gleich dein
„Kampf" eines Seezentauren mit einem Seelöwen, eine
ältere Arbeit. Dein guten Eindruck dieser Werke ent-
sprechen auch einige landschaftliche Sachen, z. B. von
G. Sperl, Aibling, ein zierliches Seestück von G. Schönleber.
Jenny Schweminski ist mit früheren Bildern schon glück-
licher gewesen, als mit den diesmaligen Freilichtstudien:
„Blauer Rittersporn" und „Kanal in: Spreewald"; da-
gegen verdient das kleine reizvolle Triptychon „Sommer
im Harz" Beifall. Im letzten Raume bei Gurlitt hat
eine erlesene Sammlung von Handzeichnungen und Ra-
dirungen von Menzel, Thoma, Klinger, G. w. Roederstein,
Leibl, Liebermann, F. von Schennis u. A. Aufstellung
gefunden, von Plastiken müssen zwei polychrome alt-
hellenisch stilisirte Frauenbüsten in Marmor von A. von
Volkmann und H. Berwald-Schwerins kraftvoll edle Bronze-
büste Paul Meyerheims hervorgehoben werden.
Franz Imhof.
(Die Fortsetzung der „Kunstsalons" folgt in Nr. ö.)
G
Aunstchronik.
* Berlin. In Lasxers Kunst-Salon, Behren-
straße ^7, dessen Räume zur Aufnahme von Gemälden er-
weitert worden sind, wird für Ende Oktober eine Ge-
mälde-Ausstellung vorbereitet, die neben älteren Werken
von Reynolds, Gainsborough, Eonstable, Erome, Troyon,
Eorot, Segantini auch erlesene neue Arbeiten lebender
Künstler umfassen wird.
* Berlin. Städtische Kunstpslege. Die Kunst-
deputation des Magistrats beschloß den Ankauf des letzthin
wiederholt erwähnten kolossalen „Bogenschützen" von
E. M. Geyger, eines in Kupfer getriebenen Werkes, für
loooo Mk. — Die Stadt beabsichtigt eine kollektive Be-

theiligung mit eigenen Arbeiten an der nächstjährigen
großen Moabiter Kunstausstellung. — Aus dem Kunstetat
des letzten Jahres sind u. a. folgende Posten zu entnehmen:
Mk. tZOOOO für den O. Lessingschen Herkulesbrunnen auf
dein Lützowplatz, Mk. 287 200 für die plastische Aus-
schmückung am Eingang des Friedrichshains, Mk. 50000
für neue Wandbilder im Rathhause, die L. von Hofmann
malen soll.
* Berlin, vom Goldschmiedetage. Am Abend
des 2. Novembers wird im Festsaal des Künstlerhauses die
-toojährige Gedenkfeier für Benvenuto Eellini statt-
stnden. Ihr geht eine Eröffnungssitzung Vormittags voran.
Line Besichtigung der Theilnehmer gilt auch der Silber-
kammer des alten Stadtschlosses, dem sogen. Krontresor,
wozu der Kaiser die Lrlaubniß gab.
* Magdeburg. Vakanz. Gesucht wird an der
Kunstgewerbeschule und Handwerkerschule sofort einArchitekt
mit voller Hochschulbildung als Lehrer für Projektionslehre,
Bauhandwerker- und Kunstschlosser-Fachzeichnen, architekto-
nische und ornamentale Formenlehre. Gehalt Z600 Mk.
Bewerbungen bis s. November an den Vorstand der ge-
werblichen Lehranstalten.
* Kiel. Für den Neubau eines Rathhauses sind
t sooooo Mk. in den nächstjährigen Etat eingestellt worden.
— Für den Ausbau des Thaulow-Museums bewilligten
die Stadtverordneten 80000 Mk.
* Breslau. Im Mai dieses Jahres hatte die Di-
rektion unseres Kunstgewerbemuseums drei am ;5.
September fällige Wettbewerbe — um ein vx llbris der
Bibliothek, einen künstlerischen Bibliotheksband und einen
Standrahmen für ein gesticktes gothischesKreuz der Museums-
sammlung — für schlesische Künstler und Kunsthandwerker
ausgeschrieben, über die in diesen Tagen entschieden worden
ist. Das Lrgebniß ist bekannt. Jetzt sind alle eingereichten
Entwürfe im zweiten Stock des Museums ausgestellt.
* Düsseldorf. Prof. Ernst Röber hat soeben
die im Auftrage der Staatsregierung herzustellenden Ge-
mälde zur Ausschmückung der Akademie in Münster
vollendet, wir haben es zunächst mit der: für eine Wand-
fläche bestimmten großen Darstellungen der Wissenschaften
zu thun, als deren Mittelpunkt die thronende, von den
Professoren umgebene Mina matsr den Studirenden den
Treueid abnimmt. Ein großes Gemälde und unseres Er-
achtens das bedeutendste ist der Geschichtswissenschaft ge-
widmet. Es bietet eine Mischung von Allegorie und sym-
bolischer Thatsachendarstellung. Das licht farbenprächtige,
phantasievolle Bild, schreibt die „Kölnische Zeitung",
das einen leicht übersichtlichen Gedanken in leichtem
Schwünge der bewegten Komposition vorführt, hat
einen großen Reiz. In ihm weht jener dekorative Ge-
danke großen Stils, der in dem venetianer Tiepolo den
letzten bedeutenden Ausläufer der Hochrenaissance und ihrer
Monumentalkunst gefunden hatte. Das Bild, das wir in
zweiter Reihe hervorheben möchten, ist die Darstellung der
katholischen Theologie. In den Wolken sitzen die Alle-
gorien von Offenbarung, Mystik und theologischer Wissen-
schaft. In einer Landschaft, deren Hintergrund die Silhouette
Jerusalems zeigt, ordnen sich um drei Engel mit goldenen
Palmzweigen als Mittelpunkt Gruppen, die das katholische
Lhristenthum bezeichnen. In dem den „Naturwissen-
schaften" gewidmeten Bilde geht der Maler der trockenen
Darstellung von Retorten, Instrumenten u. s. w. aus
dem Wege. Er zeigt uns unter Baumschatten drei
Frauengestalten vor einem rauchenden geheimnißvollen
Kessel. Andere Frauengestalten im Geleite eines
Löwen, kostbares Gestein und Früchte tragend, treten
heran. In der Luft schwebt ein Adler neben Luftgeistern,
aus dem Wasser tauchen Tritonen und Nereiden auf.
vom malerischen Gesichtspunkt aus hat er ein das Auge
lebhaft ansprechendes Werk geschaffen. Eine eigenartige
Erfindung wird uns in der Darstellung der Rechtswissen-
schaft geboten. Auf den drei Schlußbildern waren um die
Akademie besonders verdiente Personen zu feiern: der
Minister Frhr. v. Fürstenberg, König Friedrich Wilhelm III. und
Oberxräsident v. Kühlwetter. Der Künstler löste die Aus-
gabe dadurch, daß er den betreffenden Büsten durch alle-
gorische Gestalten Westfalens, der Stände, der Vertreter
der Wissenschaft huldigen läßt und dabei sehr schöne kolo-
 
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