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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 3
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P., R.: Düsseldorfer Kunstbrief
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J., F.; Jeffen, Jarno: Berliner Kunstsalons
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0051

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Nr. 3

4- Die Aun st-Halle

39

Gebhardt hat seinen Beruf zum Monumentalmaler im
großen religiösen Stil in den Bildern im Konzertsaal des
protestantischen Klosters zu Loccum bewiesen, aber es
handelte sich für ihn darum, die Probe auf das Lxempel
in einem dem Kultus gewidmeten Raume, in einer Kirche
zu machen.
Ls ist das Verdienst des preußischen Kultusministeriums,
daß dem Meister die Probe ermöglicht wurde, bei der nicht
geringe prinzipielle Bedenken von verschiedenen Seiten zu
überwinden gewesen waren. Nun da die beiden chaupt-
bilder, für die vorläufig die Kosten gedeckt waren, vollendet
sind, kann diese Probe als glänzend gelungen bezeichnet werden
und von diesen Bildern an wird eine neue Epoche in der
kirchlichen Kunst zu datiren sein. Die Friedens-Kirche ist
in einer wenig angenehmen Backsteingothik erbaut. Man
hatte damals eben noch nicht daran gedacht, sie in dieser
weise künstlerisch anszumalen. Neben dem Lhor befinden sich
zwei unregelmäßig gestaltete wände, welche mit der oberen
Lhornische dem Künstler zu Verfügung gestellt wurde m
Als Zukunftsxlan bleibt die Bemalung der Wandflächen
zwischen den Fenstern und an der Mrgelwand. Mit
Rücksicht auf diesen plan, der hoffentlich in absehbarer
Zeit verwirklicht wird, wurden die Motive der jetzt voll-
endeten Bilder an der Lhorwand so gewählt, daß sie als Ab-
schluß eines Bilderreichs gedacht sind. Links die Taufe
im Jordan, als Abschluß der alttestamentlichen Reihe,
rechts die Verklärung Christi, als Abschluß des neuen
Testaments.
Gebhardt hat in diesen Bildern einen neuen gewaltigen
Schritt vorwärts gethan in seiner Kunst, die ihn schon so
hoch geführt hatte. An Kraft der Kombination, an Le-
bendigkeit der Gruppen und des Ausdrucks der Kräfte
übertreffen die Bilder fast noch die große Pimmelfahrt in
der Nationalgallerie. In koloristischer Pinsicht zeigen sie
Gebhardt auf dem Wege, den er schon in Loccum ein-
geschlagen hat, nämlich in einer sichern, fertigen und
durchaus monumentalen Anwendung von fast ausschließlich
Hellen und leuchtenden Farben, die im direkten Gegensatz
stehen zu den tief gestimmten Staffeleibildern seiner
früheren Zeit, aber pand in pand gehen mit der Ge-
sammtwirkung des ganzen Interieurs.
Besonders kommt dies zur Geltung bei der Verklärung,
während bei der Taufe im Jordan der Zug der weiß-
gekleideten Täuflinge in dem grünen sonnendurchleuchteten
deutschen Pochwald eine fast realistisch pleinairistische
Färbung mit wenigen großen Farbtönen erzielt ist, die
aber nicht minder groß in der Wirkung erscheint. Die
Komposition paßt sich der wand an, die aus einer spitz-
bogig abschneidenden Fläche mit nach der Lhornische zu
anhängender schmaler Erweiterung unterhalb des Bogens
besteht. Auf der Verklärung erscheint Lhristus in weißem
golddurchwirkten Gewände mit Moses und Elias oben
rechts auf dem Felfen, unten ist die zahlreiche Versamm-
lung des lebhaft um den besessenen Knaben beschäftigten
Volkes in wirkungsvollen Gruppen dargestellt. Auf der
Taufe im Jordan steht vorne rechts die überlebensgroße
Gestalt des Täufers, der über den ganzen Zug der Täuf-
linge hinwegblickend Lhristus anschaut, der in rothem
Gewände von der pöhe zum Wasser herabsteigt. Diese
Parallele der beiden Bilder ist schon aus der Ferne von
mächtiger Wirkung, in der Nähe entwickeln sich dann die
zahlreichen Schönheiten der einzelnen Gestalten und Gruppen,

von denen namentlich auf der Taufe die eines von zwei
Begleitern geführten uralten Mannes von größter Schön-
heit ist.
Auf Einzelheiten einzugehen verbietet leider der
Raum. Km die Gebhardtschen Bilder zu analysiren, genügen
die Spalten eines kurzen Berichtes eben nicht. In der
Lhornische sind in strenger archaisirender Gestaltung die
Engel gemalt. In dem nach außen aufgeklappten Triumph-
bogen find in je drei Stockwerken übereinander die über-
lebensgroßen Gestalten der zwölf Apostel vorgesehen. Die
Decke und die vorläufig noch nicht mit Gemälden ver-
sehenen wände sind in stilvoller und farbig harmonischer
weise nach Entwürfen von Professor Adolph Schill
ornamentiert.
wenn einmal die ganze Kirche in der begonnenen
weise mit Gemälden ausgeschmückt sein wird, was wie
gesagt für eine nicht allzuferne Zeit zu erhoffen ist, so
wird die Düsseldorfer Monumentalmalerei ein Werk von
seltener Eigenart und höchstem künstlerischen Werth zu
verzeichnen haben, das vielleicht so manche Plattitüden,
die in den letzten Jahren gemalt worden sind, ver-
gessen läßt.
In den Ausstellungen ist nicht viel Neues oder Er-
freuliches zu sehen, doch plant die rastlose Firma Bis-
meyer L Kraus zum halben November eine allgemeine
Aquarellausstellung, von der man das Beste hoffen darf.
Line kleine Kollektion von farbigen, meist französischen
Radirungen, die dieselbe Firma in ihren leider etwas be-
schränkten Räumen veranstaltet (die Aquarellausstellung
wird, wie gewöhnlich, im Kunstgewerbemuseum stattfinden),
zeigt viel Interessantes und Werthvolles, wenn auch manches
mehr kapriziös als künstlerisch erscheint. R. p.
X
Heifiiysis ^uysksgloys.
perbst-Ausstellungen bei Keller & Reiner und
Lassirer.
^^^ie neue Saison ist bei Keller L Reiner mehr mit
einigen Lffektproben, als mit guter Kunst eröffnet
worden. Im Eingangsraum ist in großen Lettern der
Leitsatz ausgezeichnet: „Der Zeit ihre Kunst, — der Kunst
ihre Freiheit." wir vermuthen die unausgesprochene Prämisse,
daß die gute Kunst für alle Zeiten ist. Durch einen
reichen Bazar internationaler Nippes und Nutzwaaren, aus
dem eine Sammlung ungarischer Thongefäße wie irisirendes
Metall leuchtet, führt die Treppe nach oben. Drei Zimmer
mit Möbelausstattungen aus eigener Werkstatt bieten jedes
eine eigene Farbensymphonie. Man hat dieses Mal in
jedem Raum das Prinzip der Verwendung einer oder
höchstens zweier Grundfarben, die in verschiedenen Nüancen
auftreten, durchgeführt. So ist das erste Zimmer gelb
und grün, das zweite blau, das dritte weiß und gelb
gehalten. Man muß es der Firma zugestehen, daß sie zu-
weilen mit ungewöhnlichen Mitteln geschmackvolle Ensembles
erzielt. Ein überraschender Theaterkoup erscheint der nun
folgende Schmuckraum, wir betreten hier einen wie zu
einem Begräbniß völlig dunkel ausgeschlagenen Raum. Die
Decke stellt das Firmament dar, aus dem einige Kometen
 
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