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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 3
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Jeffen, Jarno; J., F.: Berliner Kunstsalons
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0053

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Nr. 3

Die Aunst-Halle

Blumen der Rachel Ruysch, eines Mieter de peem, die, je
näher gesehen, se mehr entzücken, unvergleichlich bessere
Kunst, Pier werden die Gebilde der Schöpfung zer-mosaizirt,
in lauter Mätzchen geht die Wahrheit unter. Aber ab-
gesehen von der Methode, die schließlich hinter dem fertigen
Werk zu verschwinden hat und den Kunstliebhaber, der
doch auch ein wesentliches Publikum für den Künstler
bedeutet, garnicht interessirt, — was malt d'Espagnat
wirklich gut? Seine Früchte ustd Bäume, sein Wasser und
Land und vor Allem seine Menschen sind schwächliche,
kindische Gebilde, die stets in einem flauen, süßlichen Kolorit
wiedergegeben werden, wie unfrei sitzt die Frau auf dem
Bilde „Die Badende", und die neben ihr knieende Aktfigur,
mit der durch das Schnürleib entstellten Taille, hat Tatzen
statt der Füße, wie gelangweilt schaut das „junge Mädchen"
drein, und man beachte auf dem Bilde „Mädchen von
Paris", wie Menschengesichter entstehen. Lin grauer und
zwei rothe Tupfen bilden eine Nase, ein rother Rand
und drei weiße Punkte einen lachenden Mädchenmund,
wenn solche Künstler ihre Medien finden, haben sie ein
Anrecht auf die Maxime: erlaubt ist, was gefällt. — Von
Monet sind ein paar kindische Pinseleien eingerahmt. Die
ausgestellten Bilder von Zorn und Pissarro sind hier
genugsam bekannt. LineKollektionvonPastellen Pofmanns
enthält meist der Form und dem Inhalt nach Nichtigkeiten.
Das Gruppenbild „Mythologie" von Marrses ist in seinen
bronzefarbenen Menschenkörpern mit den aufgetönlen Lichtern
langweilig. Das ungeschickt eingeknickte Spielbein, die
häßlichen Füße, die puppenhaften Gesichter dieser als Ideal-
gestalten beabsichtigten Wesen können nur dem Auge des
fanatischen Verehrers verborgen bleiben. — Trübner zeigt
sich hier mit dem Konterfei der „Kohlköpfe" weit zu-
verlässiger als mit dem der eigenen Person. Lr hat sich
offenbar allzustark in den Schatten gestellt und die eigene
Nase derart behandelt, daß sie von manchem Standpunkt
bedauerliche Mißwüchse aufweist. *
So wäre auch die Neuausstellung im Salon Tassirer
nur mit einem lachenden und einem weinenden Auge zu
begrüßen. Jarno Jessen.
Bei Lduard Schulte.
Ls gilt abermals von eineff neuen Ausstellung
bei Schulte zu berichten, bereits der dritten der erst
kürzlich eröffneten Wintersaison, wieder ist die Mannig-
faltigkeit der Erscheinungen ebenso bemerkenswerth wie der
Reiz einer Anzahl Gemälde von lebenden und zwei ver-
storbenen Künstlern. Dem Andenken Max Koners,
Berlin, und pugo Königs, München, sind beträchtliche Wand-
flächen gewidmet. Ueber Koner, der Jahr für Jahr viel
ausstellte, läßt sich auch angesichts dieser tl Stücke, Ab-
bilder berühmter Männer und schöner Frauen, nichts Neues
melden. Lr war ein farbenfroher, glücklicher, liebens-
würdiger Gestalter; und ohne je ein tiefer Physiognomiker
zu sein, wußte er über die gemalten Personen ungefähr
Alles zu sagen, was zu ihrer Erkennung und Lharakteristik
nöthig und was gleichzeitig den Modellen angenehm war,
daß Andere es in so geschmackvoller Vorführung sehen
konnten, pugo König — bei Lebzeiten minder gewürdigt
— ist demungeachtet ein größerer Künstler als jener ge-
wesen. Nicht nur vielseitiger, und dabei ein tüchtiger
Techniker, sondern auch ein wirklicher Poet. Seine umfang-
reichste Leinwand, doch nicht beste Leistung, ist eine als

weiße Nonne gekleidete lebensgroße Madonna mit dem
Kinde in einer Landschaft. Sonst sind von ihm Bildnisse,
Studienköpfe, Landschaften, Stillleben in pülle und Fülle
vorhanden: sie repräsentiren seinen künstlerischen Nachlaß,
der schon anderwärts sehr beachtet wurde. Unwiderstehlich
wirkt vor Allem die zarte Poesie seiner mit Figürchen
staffirten kleinen Wald- und Wiesenausschnitte; hier erinnert
er manchmal an Spitzweg oder Diaz. Aber auch in seinen
weiblichen Köpfen liegt jene holde Naivetät der Empfindung,
die nur bei wenigen sich mit so sicherer Mache vereinigt.
Lin Dritter, der hier um die Gunst des Publikums
wirbt, ist der junge Münchener Edmund St epp es, der
aus dem Kreise von Pans Thoma kommt und zwar —
außer einer lebensgroßen, blühend gesunden nur zu glatt
und sorgfältig gemalten Damenfigur in einer Landschaft
-— mit durchweg größeren landschaftlichen Kompositionen.
Steppes stilisirt das Bild der Natur, in der ihn seltsame
pittoreske Formen und atmosphärische Erscheinungen be-
sonders reizen, noch weit entschiedener als der vorbildliche
Meister. Aber trotz seiner outrirten gesuchten Gestaltungs-
weise wird selbst Derjenige, der sie nicht goutirt, den
künstlerischen Ernst des Urhebers, die immerhin wirkungs-
volle, fleißige, manchmal freilich störend harte Behandlung
nicht unterschätzen, am wenigsten in den Gemälden „Der
einsame Baum", „Das vergessene Schloß", „Adagio", „Ge-
witter", „?ost nubila ?llosbusff
Der künstlich beleuchtete Nebenraum bei Schulte hat
sich dieses Mal den Mitgliedern des hiesigen Künstler-
westklubs gastlich geöffnet. A. Normann mit seinen
eigenthiimlich gestrichelten dunkelvioletten Nordlandbildern
tritt hier in den Vordergrund, wer an seiner jüngsten
Manier des Vortrags nicht gerade Anstoß nimmt, wird sich
gern durch den stark dekorativen Reiz dieser Bilder, den
weihevollen Ernst dieser grandiosen Szenerien, schneever-
hüllter Bergriesen, hochmalerisch umrahmter Fjorde, Seen
bei Mond- und feurig sinkender Sonnenbeleuchtung packen
lassen, von den beiden Porträtmalern der Gruppe ist
Pauns Fechner in einer meergrün bekleideten jugendlichen
Damenfigur, zwar nicht der kräftigere, aber unbedingt der,
bei welchem wollen und Können auf gleich respektabler
Stufe stehen, während G. L. Meyn trotz seiner burschikos
freien Art der Gestaltung und Pinselsührung gewöhnlich
unausgeglichen, selbst unfertig wirkt. Vielleicht gelingt es
ihm als Nachfolger Koners die unschönen Schlacken, die
seiner Porträtknnst einweilen noch anhaften, abzustreifen;
es wäre freilich schade um die Kraft, wenn sie nicht durch
ein pöheres, sondern nur durch Gefälligeres ersetzt werden
sollte. Die übrigen Mitglieder des genannten Klubs, Max
Schlichting, R. possin, Pans Looschen, w. Pamacher u. A.
sind, jeder in seinem Gebiete, angemessen vertreten.
Aus der Fülle des Sonstigen seien lediglich heraus-
gegriffen: ein farbensattes, romantisches Idyll von F. Stuck
mit einem lustwandelnden, lüsternen jungen Zentauren-
paar — es ist nicht das erste, das die Wege des Künstlers
kreuzte —, eine etwas leblose pistorienszene des berühmten
Pradilla, die den Abschied Boabdils von Granada PH92)
mit allerlei hübschen malerischen Einzelheiten, die der
reisende parem des Maurenfürsten naturgemäß bietet, in
einem hellgrauen Gesammttone schildert und schließlich zwei
verspätete Gemälde des letztens schon gewürdigten Spaniers
Zuloaga. Mehr noch in diesem Lildniß der pausbackigen
Zwergin Donna Mercedes und der „weinvertheilung im
 
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