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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 8
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M., C.: Dresdner Kunstbrief
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0140

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Die Run st-Halle

Nr. 8

Mpestlyep ^uystbi-ief.
on dein sächsischen „Kunstverein" ist aus den
letzten Wochen nur wenig zu berichten, wenn auch
stets manches gute Bild dort zu finden ist, so kommt ein
Einzelnes unter der Menge des Mittelmäßigen und wenig
Künstlerischen, was man passiren läßt, nicht zur Geltung.
Interessant war eine kleine Kollektivausstellung von Friede.
Heyser, einem Künstler, der vor Kurzem hierher an die
Stätte seiner Schulung — er war speziell Schüler Leon
Pohles — zurückgekehrt ist. Ls waren Porträts, die alle
den Stempel ernsten künstlerischen Strebens trugen; be-
sonders gelungen war das ältere Bild des Dichters G. zu
Putlitz und die geistreiche, leicht getönte Zeichnung eines
jungen Musikers; auch das Bildniß einer Dame im Straßen-
kostüm und Schleier verdient wegen der gut gelösten Be-
leuchtungsaufgabe und der soliden Durchführung erwähnt
zu werden. Ferner fielen einige feintonige Landschaften
von Paul Mathieu-Brüssel, besonders eine Allee bei
Dämmerung, vortheilhaft auf. Line ziemlich umfangreiche
Ausstellung des Müncheners Lairati war diesmal geeignet,
einen günstigeren Eindruck von dem Können des geschickten
Künstlers zu hinterlassen, als seine früheren. Ls ist ja
Alles bei ihm nur chic, äußerliche Mache, die sentimentale
Effekte anstrebt, aber seine Effekte sind gegen früher feiner-
geworden, die Farbenstimmungen geschmackvoller und, was
viel heißen will, die Zeichnung korrekter. Eine in elegant
nachlässiger Haltung auf einem Sopha sitzende Dame in
lila Kleid und die „Sommernachtsvision", ein Triptychon
in duftiger Farbenstimmung, verdienen hervorgehoben zu
werden, weiter sei der Nachlaß des vor Kurzem ver-
storbenen Münchners Karl Scherbring, der manches feine
Bild brachte, und ein vortreffliches Gebirgsbild vom
Schiern von Fritz Rabending als ein das Niveau der Kunst-
vereinsausstellung weit überragendes Stück rühmend
erwähnt.
In Einil Richters Hofkunstausstellung war in der
Zwischenzeit eine manches Interessante bietende Ausstellung
von künstlerischen Photographien von Erwin Raupp her-
gerichtet, der eine solche von Werken von 5 Dresdner
Künstlern folgte; es sind dies die Maler Karl Bantzer,
Wilhelm Richter, Georg Müller-Breslau, Anton Joseph
Pepino und der Bildhauer Peter Pöppelmann. Der Ge-
sammteindruck des Saales ist ein vortrefflich harmonischer.
Nichts sällt störend heraus und alle Leistungen halten sich
auf respektabler Höhe. Aber als das temperamentvollste
Talent erscheint mir wieder wie früher, wenn ich seine
Sachen unter denen anderer Dresdner sah, G. Müller-
Breslau. Bei ihm habe ich weniger das Gefühl, als bei
seinen Genossen, daß er einer „Richtung" angehört, daß
er modern sein will, und er ist der Vielseitigste von ihnen,
da er Landschaften großen Stils, intime Detailstudien, Ent-
würfe zu Wandgemälden, graphische Arbeiten und Plakate
ausstellt. Durch alle seine Arbeiten geht ein großer sym-
pathisch berührender Zug, und bei aller Breite der Be-
handlung ist ein vortreffliches Maaß von Durchführung
bewahrt. Seine Bilder aus dem Riesengebirge, „aus dem
Rothwasserthal" und „aus dem Hirschberger Thal", sind
sehr schön, farbig frisch und naturwahr und originell in
der Fassung des Motivs.

Ebenso sind unter den landschaftlichen Pastellen aus-
gezeichnete Sacher: und in den dekorativen Entwürfen für
Fliesengemälde und Wandbilder, sowie in den Plakaten ist
der Stil derartiger Arbeiten glücklich getroffen und mit
feinem Geschmack angewendet. Demnächst ist Karl Bantzer
zu nennen mit einem sehr schönen älteren Damenbildniß
in ganzer Figur, auf tiefes Grün und Schwarz gestimmt,
vornehm in der Auffassung und vortrefflich gemacht; auch
ein Kinderbildniß wirkt sehr sympathisch in der Auffassung.
Von den Landschaften, die alle feines Gefühl für Natur-
stimmung zeigen, seien „die Waldwiese" und „die Heimkehr
durch die Felder" als poetisch empfundene Bilder hervor-
gehoben. Farbig wesentlich stärker und bewegter ist
Wilhelm Ritter in seinen Landschaften aus Dresdner-
Umgebung und der sächsischen Schweiz; scheinen sie in der
Nähe leicht etwas bunt, so wirken sie aus einiger Ent-
fernung überraschend harmonisch und feingestimmt; der
„Abend an der Elbe" ist außerordentlich glücklich in der
Stimmung und die Figuren, als Silhouetten gegen die
Luft gesehen, erfüllen ihren Zweck vortrefflich. Auch der
Blick auf die seltsam geformten Berge der sächsischen
Schweiz mit der mit Vogelbeerbäumen bestandenen Land-
straße im Vordergründe sei neben der größeren idyllischen
Herbstlandschaft rühmend hervorgehoben. Anton Pepino
endlich ist mit 8 Bildern vertreten, einem älteren „Donau-
kanal in Wien", Helle dunstige Nachtstimmung, und neueren,
von denen der aus dem Wasser ragende Kopf einer Nixe
wegen des faszinirenden Ausdruckes und der Blick auf die
herrliche, sonnenbeschienene Albrechtsburg in Meißen be-
sonders erwähnt sei.
Von den kleinen plastischen Arbeiten Peter Pöpxel-
manns ist vor Allem die fein beobachtete Bronzefigur eines
stehend lesenden Mädchens zu bemerken und eine nackte
weibliche Brunnenfigur; indeß giebt das hier Ausgestellte
nur einen kleinen Begriff von dem Können des feinsinnigen
Künstlers.
Im Dresdner Kunstsalon vonArno w olfframm waren
im gleichen Zeitraum die sehr interessanten dekorativen
Stickereien von Friedr. Rentsch, der seitdem seinen Wohn-
sitz nach Leipzig verlegt hat, ausgestellt; diese Arbeiten, die
der Künstler im Verein mit seiner Gattin ausführt, Wand-
schirme, Wandfüllungen, Supraporten, Kissen und Tisch-
decken zeigen alle auserlesenen, farbigen Geschmack und
originelle, durch Verbindung von Aufnähearbeit, Stickerei
und leichte Tönung erreichte Wirkung; es war ein erfreu-
liches Gesammtbild, das der Raum in seiner vornehmen
Ausstattung bot, und so war auch die Theilnahme des
Publikums eine rege. Line interessante Ausstellung von
Werken Hans Thomas folgte, Gelgemälde aus älterer und
neuerer Zeit und eine reiche Auswahl seiner von dem
Künstler selbst auf der Handpresse hergestelltenallbekannten
Steindrucke, von den Ersteren sei besonders das ernst
gestimmte Felsenthal, eine Rheinlandschaft und die reizend
liebliche Lngelwolke p87st), sowie das Gouachebild des
träumend unter glotzenden Robben sitzenden Meergreises
erwähnt. E. M.
 
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