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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 10
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Grünewald: Miteigenthum der Frau am Geisteswerke des Mannes
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Meyer, Bruno: Noch einmal: zur Frage des Schulzeichnens
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0172

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M

4- Die Aun st-Halle

Nr. so

nicht aber an ihrem Vorbehaltsgute, wozu insbesondere
auch gehört, was sie durch selbständige, mit willen
oder wissen des Mannes oder menigstens ohne seinen
Einspruch geübte Berufsthätigkeit (auch künstlerische
oder wissenschaftliche) erwirbt. Bei Scheidung der
Ehe erhält die Frau nur ihr Eingebrachtes zurück,
weitere Ansprüche hat sie gegen den Mann nicht,
also auch nicht daraus, was der Mann während der
Ehe durch seinen Beruf erworben hat und was er
nach aufgelöster Ehe insbesondere aus seinen in diesem
Zeit geschaffenen Geisteswerken bezieht. Die nämlichen
Grundsätze sind maßgebend, wenn das geschiedene
Ehepaar für die Dauer ihrer Ehe Gütertrennung
vereinbart hatten.
verschieden davon sind aber die Ansprüche der
geschiedenen Gattin, wenn die Eheleute eine der drei
gesetzlich statthaften Vermögensgemeinschaften als
Güterrecht vertragsmäßig festgesetzt haben. Bei der
allgemeinen Gütergemeinschaft bildet das ge-
summte, von den Gatten in die Ehe gebrachte Ver-
mögen und ebenso das, was Zeder von ihnen in der
Ehe erwirbt, von Nechtswegen ein Gesammtgut,
„Gemeinschaft zur gesummten Hand". Bei der
Errungensch afts gemeinschaft wird nur der
Erwerb Beider und bei der Fahrnißgemeinschaft
ebenfalls dieser, sowie die von Jedem eingebrachte
bewegliche Habe, also mit Ausschluß des liegenschaft-
ligen Vermögens, gemeinschaftlich, wird in diesen
Genieinschaftsfällen die Ehe durch Scheidung aufge-
löst, so erfolgt Auseinandersetzung und Thellung der
Gemeinschaft. Von dem nach Tilgung der Gesammt-
gutsverbindlichkeiten verbleibenden Ueberschuß erhält
jeder der bisherigen Gatten die Hälfte. Verbleibt
hierbei dem Manne sein Geifteswerk, so behält die
ehemalige Ehefrau mangels anderweiter Verein-
barung hieran auch fernerhin insofern das Miteigen-
tum, als ihr an den Erträgnissen, die der Mann
nachher noch hieraus bezieht, die Hälfte zukommt.
Der Künstler, der sich bei Geltung der dargelegten
Gemeinschafts-Güterrechte in der Ehe scheiden läßt,
ist demnach verpflichtet, seiner früheren Frau nicht
nur die Hälfte des Erlöses aus der Veräußerung
seiner während der Ehe geschaffenen Kunstwerke zu
geben, sondern auch mit ihr die übrigen Erträgnisse
daraus z. B. was ihm aus deren Nachbildung, Ver-
vielfältigung oder ihren: Verlage zufällt, zu theilen.
Er kann nach solcher Auflösung der Ehe einseitig
überhaupt nicht mehr über die in der Ehe entstandenen
Kunstwerke frei verfügen; er ist hierbei an die Zu-
stimmung der früheren Frau gebunden, will er also
hierüber rechtsgültige Verträge abschließen, so muß
er in dieser Hinsicht vorher mit ihr ein Ueberem-
kommen treffen, und letztwillig kann er rechtswirksam
nur über die Hälfte des Geisteswerkes verfügen.
. Diese erschwerenden Umstände mögen unseren
Künstlern eine Mahnung dafür sein, den traurigen
Schritt der Ehescheidung thunlichst zu verhüten.

Noch einmal:
Lur frage üe; Scbulreicbnens.
Schulreformerlaß des Kaisers,
der für die demnächstige Gestaltung
unseres höheren Unterrichtswesens von
ausschlaggebender Bedeutung werden muß, berührt
in einem kleinen Hassus auch die Znteressen der
Kunst, insofern er sich mit den demnächst zu formu-
lirenden Aufgaben des Zeichenunterrichtes
an Gvmnasien und gleichstehenden Anstalten be-
schäftigt. Leider ist gerade dieser Theil des Erlasses
vielleicht der am wenigsten präzise gefaßte, und trotz-
dem dürfte er zu manchen Ausstellungen schon Anlaß
geben. Derselbe lautet:
„Für den Zeichenunterricht, bei den: übrigens
auch die Befähigung, das Angeschaute in rascher
Skizze darzustellen, Berücksichtigung verdient, ist bei
den Gvmnasien dahin zu wirken, daß namentlich die-
jenigen Schüler, welche sich der Technik, den Natur-
wissenschaften, der Mathematik oder der Medizin zu
widmen gedenken, von: fakultativen Zeichenunterricht
fleißig Gebrauch machen."
Hier ist also nur von den Gvmnasien die Nede,
auf denen, wie es scheint, nach wie vor nur fakul-
tativer Zeichenunterricht, wenigstens in den oberen
Klaßen, ertheilt werden soll. Von der Ausdehnung
und den Zielpunkten des Zeichenunterrichts an den
beiden nunmehr den Gvmnasien gleichzustellenden
Anstalten, dem Nealgvmnasium und der Gberreal-
schule, wird gar nicht gehandelt.
Das zunächst aufgestellte Ziel nun, die Schüler
zum Festhalten in rascher Skizze zu befähigen, ist
kaum als ein unmittelbar in Angriff zu nehmendes
zu betracbten, da das Skizziren, wenn an die Aus-
führung irgend welche Ansprüche gemacht werden,
eine bedeutende Fertigkeit in der zeichnerischen Dar-
stellung überhaupt zur Voraussetzung hat.
Außerdem ist es wohl unrichtig oder gänzlich
zwecklos, für den Zeichenunterricht derjenigen besondere
Bestimmungen zu treffen, welche sich bestimmten Be-
rufen dereinst zu widmen wünschen, da in denjenigen
Klassen, für welche diese Anordnungen doch bestimmt
sind, der zukünftige Beruf der Schüler noch nicht
festzustehen pflegt und außerdem eine besondere Be-
handlung dieser Schüler sich im Klassenunterricht
kaum durchführen lassen würde, so sehr sonst gerade
der Zeichenunterricht, bei den: doch schließlich jeder
Einzelne für sich arbeitet, eine Anbequemung an die
Zndividualitäten in höherem Grade als anderer
Klassenunterricht gestattet.
Jedenfalls zeigt dieser Hassus, daß die Frage
der Gestaltung des Zeichenunterrichtes an den höheren
Lehranstalten noch außerordentlich der Klärung be-
darf, was den: genauer Zuschauenden auch aus den
mannigfachen Aeußerungen klar werden kann, welche
die letzte Zeit anderweit gebracht.
Was vor nunmehr bald 30 Zähren der ver-
storbene Themiker Lothar Meyer ausgesprochen
hat, muß bei den Anforderungen, die an den Schul-
zeichenunterricht gestellt werden, als Grundsatz aner-
kannt werden, daß nämlich neben der Befähigung in
mündlicher und schriftlicher Gestaltung der eigenen
Gedanken und Vorstellungen auch die Befähigung
zur zeichnerischen ebenmäßig entwickelt werden muß.
Daraus ergiebt sich, daß der Zeichenunterricht bis
zu einem gewissen Grade auf allen Bildungs-
 
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