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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 10
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Meyer, Bruno: Berliner Kunstsalons
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0179

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Nr. (0

4- Die Aun st-Halle -z-

Diese unheimlichen kleinen See-llngethüme reizen die Neu-
gierde, aber bildmäßig betrachtet, stehen sie auf einer gar
zu niedrigen Stnse. Massenhaft und ansprechend sind auch
Heinrich und Konrad Lessing vertreten. Neu ist meiner
Erinnerung nach „In der Sommerfrische" von Hermann
Seeger, durch die kräftige, Helle Harmonie seiner Töne
und die gediegene Zeichnung, namentlich auch der an-
muthigen Menschlein, recht anziehend. Die Plastik vertritt
in diesem Kreise besonders Ioh. Schichtmeyer in seiner
bekannten Meise, deren zarte Anmuth z. B. in seinem
polychromen „Gretchen" mir reizvoller und ungekünstelter
erscheinen will, als die scharfe Charakteristik seiner kleinen
Büsten.
Zwei weitere Sammlungen bieten H. Richter-Lefens-
dorf - Berlin und Wilhelm Herwarth - Berlin. Des
Ersteren „Herbstbilder aus Ahrenshoop" enthalten ein be-
langreiches Studien-Material, das aber deswegen noch
keiner besonderen Wirkung auf den Beschauer fähig ist.
Dazu gehört immer wenigstens eins von zwei Dingen: ent-
weder muß der Gegenstand unmittelbar packend sein —
wie die Aufzeichnung eines Epigramms im Notizbuche —
oder die Behandlung muß bereits von dem künstlerischen
Interesse des Gegenstandes eine Andeutung gewähren.
Jene Skizze, die der abgekürzten Tagebuchnotiz entspricht,
— für den Urheber werthvoll und vielsagend, für jeden
Anderen unverständlich und daher werthlos —, diese seit
einiger Zeit mit Borliebe kultivirte Gattung verdient den
Mißkredit, in den sie augenblicklich zu fallen im Begriffe
steht. Mit dem Ausstellen von Studien darf man auf-
hören, aber nicht anfangen; und am wenigsten darf man
dabei stehen bleiben!
Herwarths Aquarelle sind sicher davor, daß ähnliche
Betrachtungen an sie angeknüpft werden. Sie sind sorg-
fältig detaillirt und auf das Feinste ausgesührt. Aber es
mangelt ihnen vielfach an der „schönen Seele der Natur",
die uns die landschaftliche Kunst offenbaren soll. Die
Sachen haben etwas Herbariumartiges — ein vergleich,
der auch dadurch nahe gelegt wird, daß die räumliche —
Tiefen- — Wirkung oft eine erstaunlich geringe ist: über
der liebevollen Behandlung auch des Kleinsten wird körper-
lich wie geistig die Perspektive der Dinge vergessen. Da-
gegen sind wir besonders empfindlich geworden. — Den
Ruhm der größten Leinwand tragen diesmal F. Klein-
Ehevalier und Karl Becker in Düsseldorf mit ihren „Nord-
(eefischern" davon. Aber dabei bewendet es auch. „Nur
die gesättigte Kraft kehret zur Anmuth zurück." Diese
Kraft aber scheint sich noch lange nicht gesättigt zu haben;
und daher wirkt sie etwas ungeschlacht, — so sehr aucy
manche gute Einzel-Beobachtung anerkannt werden mag.
Eine der genußreichsten Darbietungen in der gegen-
wärtigen Sammlung ist wohl die „Isola di Eapri" von
Karl Böhme-München. Es ist wunderbar, wie sehr es
dem Künstler gelungen ist, eine Ahnung von dem uner-
gründlich tiefen Blau des Wassers dort in der unmittel-
baren Nachbarschaft der „blauen Grotte" zu geben, ohne
die stoffliche wirknng des Wassers auszugeben und auf
eine fast erhaben zu nennende Harmonie der Farben zu
verzichten. Mit besonderer Meisterschaft ist die Ansicht von
oben nach unten behandelt und zur Steigerung der eigen-
tümlichen Wirknng des Gegenstandes benutzt. Auch der
eigentümlich streng gezeichnete Rahmen dient dem ge-
schlossenen Gesammt-Eindruck. — Ein kleineres Bild:


„Traum am Meer" hat es schwer, sich neben jenem zu be-
haupten, verdient aber auch beifällige Hervorhebung.
von großer Feinheit ist eine Landschaft breitgestreckten
Formates von Karl Heffner-Dresden, trotz ihrer zu schweren
Wolken. — Felix possart läßt sich durch einen nicht üblen,
fast lebensgroßen weiblichen Akt vertreten.
Endlich ragen hier noch zwei ältere, ihrer Urheber
wegen beachtenswerte Bilder in unsere Gegenwart herein:
ein weibliches Bildniß von Adolph Menzel aus dem Jahre
Z8H5, bei dem man sich erinnern muß, daß der Naler
Menzel damals noch in den allerersten Anfängen seiner
Entwickelung stand, und „Ein Blick auf den Vesuv" vom
Bosilippo aus von Karl Graeb, ein Werkchen, das den
Wunsch erregt, es möchte der gegenwärtigen Generation
einmal durch eine größere Graeb-Ausstellung demonstrirt
werden, was der Mann vermochte. B. M.
2. Salon Ed. Schulte.
Dem Salon Ed. Schulte ist dieses Mal eine Zu-
sammenstellung von weit überwiegend deutschen Werken
vortrefflich gelungen. Im Hauptsaal liefert die heimst che
Künstlergruppe „Jagd und Sport" mit einer sehr viel-
artigen Sammlung den Beweis, daß das Thierbild in der
heutigen Malerei sich ausgedehnter Pflege erfreut. Nicht
Jeder dieser Meister weiß zwar für die gewählte
Spezialität die malerische Schönheit zu finden, die das
Bild auch zum echten Kunstwerk stempelt, aber sie ver-
stehen doch sämmtlich ihr Handwerk so brav, daß zum
Mindesten alle waidgerechten Leute unter den Beschauern
ihre Helle Freude an den Sachen haben. Das letztere
darf ganz besonders für G. Koch's Sportbilder von Renn-
plätzen gelten. Aber auch künstlerisch stehen Werke wie
die Auerhahnbalz von L. Kapp stein auf einer be-
trächtlicher! Stufe. Einzelne, wie W. Sammler („Auf der
Gemsjagd") und Karl Zimmermann („Rehe auf den
Rabenklippen im Harz") bieten auch landschaftlich Er-
freuliches. Die wilden Bestien polarer und südlicher
Gegenden werden von R. Friese und W. Kuhnert meister-
haft wie stets wiedergegeben. Karl Wagner ist als Maler
wie R. Rusche als Bildhauer ein vorzüglicher Beobachter
des Schwarzwildes.
Der zweite Schwerpunkt bei Schulte liegt zur Zeit
in dem kleinen letzten Raume, der eine Sammlung nicht
gewöhnlicher Bildnißschöpfungen von F. von Lenbach, PH.
Läszlö, ferner von Bennewitz von Loefen und Ernst Heile-
mann vereinigt. Dem letzteren ist durch mehrere große
Leinwandflächen Gelegenheit geworden, sich dem Publikum
sehr repräsentativ zu zeigen und zwar das zu geben, was
er von Parisern und Amerikanern, von Meistern wie
Sargent und Boldini, dank seiner Geschicklichkeit glücklich
erlernt hat. Auch Heilemann kostümirt seine jugendlich
schlanken Franenmodelle so, wie es die frohe Laune des
Nalers verlangt und er inalt sie init virtuosem Vortrag,
jener schneidigen Eleganz in Pose und Bewegung, die
wir an den genannte» Vorbildern allerdings weit höher
schätzen, als an der noch so geschickten Nachempfindung.
Solchen prätensiösen Werken gegenüber erscheinen die
Arbeiten von Bennewitz von Loefen, G. L. Meyn, Jos.
Michael u. a. malerisch schlicht und unserm geistigen Wesen
entsprechender. Lenbach zeigt in 0rei Schöpfungen, den:
Profilbildniß der Gräfin L. Wedel, der pompösen Halb-
figur einer Gräfin Schwerin und dem aus dunkelm Grunde
 
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