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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 14
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Imhof, Franz; Jessen, Jarno [Contr.]: Berliner Kunstschau
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Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0255

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Die Aunst-Halle

Nr.

22s

hinsichtlich der Gemälde dieser Sammlung sagt das
Vorwort: sie biete zwar nicht die für die jüngste Ent-
wickelung der Kunst typischen Meister und Werke, aber
gerade das habe sie vor dein Schicksal vieler moderner
deutscher privatgallerien bewahrt, schon nach kurzer Zeit
ein altmodisches und verwelktes Aussehen anzunehmen,
hier ist, wenn auch nicht allzutief, die Eigenschaft dieser
Sammlung gekennzeichnet und außerdem sehr richtig die
Schattenseite allzugroßer Modernität für den Sammler
angedeutet. Der Schwerpunkt der Bildergruppe liegt, wenn
auch mehrere gute deutsche Malereien vorhanden sind, un-
leugbar in den Werken der fremden, zumal italienischen
Meister, so ist Segantini mit seiner großen Leinwand
„Rückkehr des Todten in das väterliche Dorf" und zwei
minder erheblichen Gemälden vortrefflich vertreten. Be-
sonders aufgefallen in der Zahl guter Arbeiten ist mir ein
älteres Bildniß eines Sängers von A Bocklin, drei zum
Eheil skizzenhaft und höchst geistvoll behandelte Genrestücke
des venetianers Favretto, eine landschaftliche Studie von
A. Feuerbach, ein Männerporträt von Leibl, eine umfang-
reiche, koloristisch prächtige Darstellung von Luigi Nono,
„Die Festohrringe", Hans Oldes ganz in weißes Licht
gebadete Winterszenerie, ein famoses farbiges Freilichtstück
„Knabe und Rind" von Zügel, und sonst noch bemerkens-
wertste Arbeiten von h. prell, A. Zorn, L- Knaus, Skarbina,
und nicht zu vergessen sechs mit eminenter Technik nach
Otto Lessings Zeichnungen ausgeführte Emaillen von
L. Bastarner. Es sind wahrlich nicht die schlechten Sachen,
welche die Gallerie der Freigebigkeit der Erben des Heim-
gegangenen Sammlers, der bei Lebzeiten so viel für das
Werk des Künstlers that, verdankt, und es berührt unsere
Anerkennung, die solcher Großmntb in jedem Falle gebührt,
auch nicht, wenn wir mit einigen Bedenken gegenüber
den letztjährigen Schenkungen an die Nationalgallerie nicht
zurückhielten. F. I.
2. Knnstsalon Gurlitt.
Stark nivellirende Tendenzen bewegen unsern Zeit-
geist. Trotzdem herrscht auf den: Gebiet der Kunst ein
Kultus der Sonderinteressen. Der Salon Gurlitt zeigt
das Werk des böhmischen Malers Ioza Ubrka, dessen
Schilderhebung östreichische Verehrer veranstalteten, heut
wird eine übertriebene Wcrthschätznng auf den Begriff der
heimathkunst gelegt. Man verlangt, daß der Künstler nur
seine Scholle male.*) Dekorativ stilisirende Vergröberungen,
impressionistische Oberflächlichkeiten oder skizzenhafte Roh-
heiten werden hingenommen in dem Hochgefühl, daß ein
nationales Prinzip gewahrt wurde. Für uns kann immer
nur die Frage entscheiden, ob gute Kunst geleistet ist. Un-
möglich ist es uns, in die österreichischen Dithyramben über
Ioza Ubrka einzustimmen. Er erscheint uns weniger ein
czechischer Barbizonist, als der impressionistische Illustrator
des slovakischen Bauernthums im südlichen Mähren. Mit
Temperament und Geschick weiß er den derbknochigen
Menschenschlag in seinen originellen Trachten wiederzngeben,
die Männer in ihrem bebänderten Putz und die Frauen
mit ihren gepufften Battistkleidchen und Männerstiefeln.
Lr zeigt uns diese Typen bei ihren profanen und heiligen
Festen, in all ihren Berufsthätigkeiten auf den Feldern der
hannakei. Immer beobachtet er, was sich unter der Sonne
h wir wünschen allerdings, daß jeder Künstler sozu-
sagen eine Muttersprache rede. D. Red.

zuträgt. Weißes Licht flutet überall auf dem grellen Roth
der Kleidungsstücke, den geblümten Schürzen und gestickten
Stoffen. Diese Helle des Künstlers hat aber das Kreidige,
Sandige der schattenlosen Ebene. Lr regt uns auf mit de
Monotonie seines scharfen Lichtes, und er weiß uns auch
nicht zu besänftigen, wenn er die Poesien der Dämmerung
wiederzugeben versucht. Plastisch sind seine Gruppen,
bewegt die Gestalten, fesselnd das fremdländische Kostüm;
aber wir vermissen die Harmonie einer reichen Farbenskala,
die Feinheit eines subtil nachbildenden Pinsels. Kein
großer realistischer Maler, nur ein charakteristischer Farben-
illustrator ist uns Ioza Ubrka.
Mit einer Sammlung meist mythologischer und allego-
rischer Radirungen fällt Georg Schalter auf. Er geht
auf Klingers Bahnen, aber die Wucht seiner Anatomie
wird an Menschen- und Thierkörpern bis zur Anform ge-
steigert. Dennoch gelingt ihm einerseits eine Art titanischer
Charakteristik der Gestalten, wie andererseits ein feines
Nachschaffen und vornehmes Komponiren des Naturbildes.
Jarno Jessen.
«Ki
Aunstchromst.
* Berlin. Die Große Kunstausstellung, welche
in diesem Jahre ein internationales Gepräge erhalten
wird, soll am Mai eröffnet werden. Sie wird für die
Anordnung der Werke ein von vielen Seiten gewünschtes
Prinzip zum Ausdruck bringen: den heimischen Künstlern
die Mittelsäle zur Verfügung stellen. Bisher hatte man
in Berlin die den Fremden gebührende Gastfreundschaft
etwas zu stark auf Kosten des eigenen Interesses in den
Vordergrund gerückt; damit fand man aber überall anders
so wenig Gegenliebe, daß man hier endlich das in Dresden
und München beliebte Verfahren übernahm. Die Be-
theiligung wird so umfassend sein, daß alle Räume in Ge-
brauch treten werden. In geschlossenen Gruppen werden
die Künstlergenossenschaften von München, Düsseldorf und
Karlsruhe, die Luitpoldgruppe und vom Auslande die
Ungarn, Italiener und Spanier sich zeigen. Unter den
Sonderausstellungen werden Lenbach, F. A. v. Kaulbach,
Saltzinann, Julius Iaeob, sowie die in Paris lebenden
Maler Bridgman und Tarlo Braneaeeio durch größere
Sammlungen vertreten sein; Lenbach hatsichdasArrangement
seiner Ausstellung persönlich Vorbehalten. Mit kleineren
Sammlungen werden sich anschließen: der Bildhauer und
Radirer Ernst Moritz Geiger, die Maler L. henseler,
Hoffmann-Fallersleben, Konrad Lessing, Asean Lutteroth-
hamburg, Werner Schuch, Müller-Kurzwelly und Adolf
Schlabitz. Die Oesterreicher kommen diesmal nicht; Fran-
zosen und Engländer werden in der Gesammtausstellung,
nicht in besonderen Gruppen erscheinen. Aus Frankreich
sind der Leitung an tOO Werke in Aussicht gestellt. Inner-
halb der Graphischen Abtheilung wird der verband
deutscher Illustratoren auch in diesem Jahre eine Aus
stellung von Werken seiner Mitglieder veranstalten. Dem
verbände ist wieder der letzte große Mittelsaal zur Ver-
fügung gestellt. Die Plastik wird einen großen Raum
eiunehmen. In der großen Wandelhalle werden unter
Anderem auch die Entwürfe aufgestellt, die auf die Richard
Wagner-Denkmalskonkurrenz einlaufen. Die Architektur
wird mit dein Kunstgewerbe Hand in Hand gehen; die
Vereinigung Berliner Architekten hat eine Kommission mit
Baumeister Wolffenstein als Vorsitzenden gewählt und die
Einrichtung mehrerer Säle und Rundgänge übernommen.
In der Westhalle bereitet die Stadt Berlin ihre schon er-
mähnte Sonderausstellung vor. An Auszeichnungen für
Künstler sind wieder drei große und sechs kleine goldene
Medaillen vorgesehen. Bemerkenswerth ist, daß die Kom
Mission, welche Vorschläge über die Verleihung der goldenen
Medaillen zu machen hat, in diesem Jahre schon am 3. Mai,
 
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